Einmal selbst aus den Metropolen Europas berichten – für viele Journalistinnen und Journalisten ist dies das größte Berufsziel. Weil mein Studiengang European Studies Major ein verpflichtendes Praktikum im Ausland vorsieht, wollte ich diese Gelegenheit nutzen, um den Arbeitsalltag von Auslandskorrespondentinnen und -korrespondenten hautnah zu erleben. Im Online-Portal des ZDF bewarb ich mich für verschiedene Auslandsstudios des Nachrichtensenders, deren Sprache ich gut genug spreche, um dort als Journalistin arbeiten zu können. Geworden ist es schließlich das Studio in Paris.
Die Wohnungssuche in Paris ist wirklich nicht einfach! Es gehört neben Kontakten auch immer eine gute Portion Glück dazu. „Foyers“ wie das CLJT (Centre du Logement des Jeunes Travailleurs à Paris) oder ALJT (Association pour le Logement des Jeunes Travailleurs) besitzen Studierendenwohnheime in ganz Paris, die vergleichsweise erschwinglich sind (ca. 400-700 € im Monat). Leider kommen die meisten Zimmer zwar möbliert, aber ohne Ausstattung und Internet daher. Pendants zu „WG-gesucht“ sind „Leboncoin“ und „Carte des Colocs“, aber Vorsicht: Man sollte vorab niemals etwas bezahlen, ohne die Unterkunft gesehen zu haben, denn leider sind auf diesen Portalen viele Personen mit betrügerischen Absichten unterwegs. Gute Deals ergeben sich hier meist kurzfristig. Wer frühzeitig Gewissheit will, kann auch ein Airbnb buchen. Preislich ist das kein großer Unterschied, oftmals winken sogar hohe Rabatte für Monatsbuchungen. Eine gute Anlaufstelle ist auch die Facebook-Gruppe „Deutsche in Paris“, worüber ich mein Apartment gefunden habe.
Hinzufügen möchte ich an dieser Stelle auch, dass ich das Praktikum erstmals im März 2020 antrat. Was kurz darauf weltweit passierte, ist bekannt. Aufgrund der heiklen pandemischen Lage Frankreichs, fehlender Hygienekonzepte für Büros und drohender Grenzschließungen, musste ich das Praktikum nach wenigen Wochen abbrechen. Im Frühjahr 2021, ein Jahr später, war die Lage aber anders, weshalb es kein Problem war, das Praktikum erneut anzutreten. Natürlich galten in Frankreich die ganze Zeit über strenge Regeln. Ich würde dennoch jederzeit wieder vor Ort sein wollen, um das Praktikum zu absolvieren. Über Microsoft Teams war ich mit allen Korrespondentinnen und Korrespondenten sowie Producerinnen und Producern verbunden und konnte somit auch beim Schnitt oder der Vertonung eines Beitrags dabei sein. Dass ich dank eines guten Hygienekonzepts und meinem eigenen Büro täglich ins Studio kommen konnte, ist dennoch viel wert, denn der größte und spannendste Part des Fernsehjournalismus findet nun mal nicht im Homeoffice statt.
Als Praktikantin oder Praktikant ist man beim ZDF-Studio Paris sehr frei, aber auch auf sich gestellt. Wer gute Ideen für Beiträge hat und diese in der täglichen Redaktionssitzung gut präsentiert, hat die Chance, dass Korrespondentinnen und Korrespondenten das Thema in den Mainzer Redaktionen vorschlagen und es dort gekauft wird. Dann heißt es: Ein Konzept für den Beitrag entwickeln, überlegen welche Bildelemente und Gesprächspartnerinnen und -partner man braucht, Drehtermine ausmachen, Drehgenehmigungen einholen, ein Team aus Kamera- und Tonassistenz einbestellen und die Anfahrt organisieren. Nach dem Dreh folgen Schnitt und Vertonung. Das alles geschieht in Absprache mit der Redaktion, in deren Sendung der Beitrag läuft. Man erhält also nicht nur Feedback von den Auslandskorrespondentinnen und -korrespondenten in Paris, sondern auch von Schlussredakteurinnen und -redakteuren sowie Chefs und Chefinnen vom Dienst in Mainz, was sehr wertvoll ist. Zu den täglichen Aufgaben gehört zudem, dass man sich einen Überblick über die deutsche und die französische Presselandschaft verschafft und überlegt, welche Themen aus Frankreich für das deutsche Publikum relevant sein könnten. Neben der Recherche für die Beiträge dürfen Praktikantinnen und Praktikanten auch häufig Interviews führen, um das Meinungsbild in der Bevölkerung für aktuelle Nachrichtenbeiträge einzufangen. Es besteht auch öfter die Möglichkeit, einen Artikel für heute.de zu verfassen, was ebenfalls eine gute Übung darstellt. Dass ich im Studium den Schwerpunkt Politik gewählt habe und mich auch im Rahmen meiner Bachelorarbeit umfassend über französische Politik informiert habe, kam mir im Praktikum oft zugute. Geschehnisse und Äußerungen müssen schnell in Zusammenhänge gebracht und interpretiert werden. Je schneller man ein Thema durchblickt, desto effizienter recherchiert man und desto reflektierter kann man darüber berichten.
Was den finanziellen Aspekt eines Praktikums in Paris angeht, sollte man sich im Vorhinein einen Überblick verschaffen. Die Lebenshaltungskosten in Paris sind sehr hoch, auch wenn man selbst kocht und Lebensmittel auf den Wochenmärkten kauft. Daher sollte man sich auf jeden Fall für ein Erasmus+ Stipendium bewerben. Auf der Website des Zukunft: Karriere und Kompetenzen wird wirklich jeder einzelne Schritt, der im Zuge einer Bewerbung getätigt werden muss, genau erklärt. Die Mitarbeitenden des ZKK sind ebenfalls immer hilfsbereit. Weil ich nach Abbruch meines ersten Praktikums noch laufende Kosten zu tragen hatte, durfte ich aufgrund der Corona-Pandemie einen Teil meiner Erasmus-Förderung ohne Probleme behalten. Für die Planung ist das Stipendium auch Gold wert, weil man 80 % im Voraus ausbezahlt bekommt und daher keine großen Geldsummen für Kaution o. Ä. vorstrecken muss.
Aufgrund der Corona-Krise konnte ich vieles, was Paris ausmacht, natürlich nicht erleben. Doch auch ohne die Möglichkeit ins Restaurant oder ins Museum zu gehen, hat die Stadt viel zu bieten. Bei meinen Spaziergängen wurde ich dem Anblick der malerischen Boulevards nie müde. Der Eiffelturm, das Musée du Louvre oder das Schloss Versailles sind von außen ebenfalls bewundernswert. Und das typische Pariser Flair entsteht auch, wenn man einfach nur so die Seine entlangschlendert und danach in einem der wunderschönen Gärten einen „Apéro“ mit Freunden trinkt und dabei unfassbar leckeres Gebäck verspeist.