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Praktikum bei der Friedrich-Naumann-Stiftung in Sofia

Jana studiert StaWi und hat ihr Pflichtpraktikum bei der Friedrich-Naumann-Stiftung in Sofia, der Hauptstadt von Bulgarien, absolviert. Was sie zwischen sozialistischen Denkmälern und Street Art für die Freiheit erlebt hat und warum ihr die Auslandserfahrung eine neue Perspektive auf ihr Studium sowie auf Osteuropa gegeben hat, erfahren Sie im nachfolgenden Rückblick.

Von Bayern nach Bulgarien

Nach zwei Jahren Studium (StaWi) war es für mich an der Zeit, das theoretisch Gelernte im Rahmen meines Pflichtpraktikums in die Tat umzusetzen. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschlossen, meine Idylle in Passau zu verlassen und das Land Bulgarien, konkret die Hauptstadt Sofia, für drei Monate hautnah zu erleben. Für mein Praktikum habe ich mir im Wintersemester 2019/2020 ein Urlaubssemester genommen.
Natürlich hatte ich bereits in meinem Studium von Bulgarien, dem ärmsten Land der Europäischen Union, gehört. Wenn man sich jedoch nicht spezifisch für Osteuropa, insbesondere den Balkan, interessiert und dementsprechend Veranstaltungen besucht, bleibt kaum genug Zeit, sich intensiver damit auseinanderzusetzen. Ich wollte das Land kennenlernen, über das ich zu Beginn so wenig wusste. Vor allem hat mich aber die politische Lage vor Ort interessiert. Da ich die Möglichkeit hatte, Veranstaltungen von der liberalen Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) in Deutschland zu besuchen, fiel meine Wahl bezüglich der Praktikumsstelle schließlich auf das Regionalbüro der Stiftung in Sofia.

Vorbereitung und Finanzierung

Ein Flug nach Bulgarien war schnell gebucht und eine günstige Wohnung über AirBnB ließ sich ebenfalls einfach finden. Meine Praktikumsstelle hatte mir jedoch nichts von den Tücken bulgarischer Altbauten erzählt. Ich rate jedem und jeder, davon Abstand zu nehmen, außer man hat eine Vorliebe für den ein oder anderen tierischen Mitbewohner.
Ein weiterer Tipp, von dem ich leider nichts wusste, ist die Bewerbung auf ein Erasmus+ Stipendium für Praktika. Die Stiftung hat zwar eine kleine Aufwandsentschädigung bezahlt, dennoch habe ich den größten Teil selbst finanziert. Aus diesem Grund kann ich wirklich jedem und jeder ans Herz legen, sich frühzeitig beim ZKK über mögliche Stipendien für Praktika im Ausland zu informieren. Aktuell beträgt die Höhe der Förderung für Bulgarien 435 € pro Monat. Ein solches Stipendium hätte den Aufenthalt auf jeden Fall entspannter gestaltet.

Ostblock-Romantik und Politik in Bulgarien

Seit dem Ende des Kommunismus befindet sich Bulgarien noch immer im Wandel und ist von Gegensätzen und Problemen geprägt. In Bezug auf die Pressefreiheit belegte Bulgarien 2019 zum Beispiel lediglich Platz 111 von 180 weltweit. Journalisten und Journalistinnen leben gefährlich, wenn sie über Korruption oder die Veruntreuung von EU-Geldern berichten. Ihnen drohen zwar keine Gefängnisstrafen, aber eine berufliche Zukunft in Bulgarien ist danach oft nicht mehr möglich, da sie keine Anstellung mehr finden. Gleichzeitig ist allgemein bekannt, dass sich die Regierung über staatliche Zuschüsse, finanziert aus EU-Mitteln, loyale Berichterstattung erkauft.
Der Balkan und Bulgarien sind allerdings extrem facettenreich und können nur dann richtig verstanden werden, wenn man vor Ort ist und in das Leben dort eintaucht. Besonders positiv wird mir unter anderem die Gastfreundschaft der Bulgarinnen und Bulgaren in Erinnerung bleiben – ich habe die Einheimischen als sehr nett und warmherzig erlebt. Auch landschaftlich hat mich Bulgarien beeindruckt. Hervorzuheben sind vor allem die sieben Rila-Seen im nordwestlichen Teil des Rila-Gebirges. Sie zählen zu den Orten, die man unbedingt sehen muss, wenn man Bulgarien besucht. Ein weiteres Highlight ist die südbulgarische Stadt Plovdiv, die auf sieben Hügeln erbaut wurde. In der wunderschönen Altstadt kann man ein von den Römern erbautes Amphitheater besichtigen, wo im Sommer Konzerte und Opern stattfinden.  Schlussendlich hat das Land auch kulturell unglaublich viel zu bieten: Diesbezüglich empfehle ich, den traditionell bulgarischen Tanz „Horo“ auszuprobieren.

Arbeitsplatz mit Blick auf den Hausberg Vitosha

Gleich zu Beginn meines Praktikums ist mir die offene Atmosphäre im Büro aufgefallen: Jeder und jede hat die Möglichkeit, Ideen und Vorschläge frei zu äußern, egal ob er oder sie dort ein Praktikum macht oder festangestellt ist. Als Praktikantin bekam ich somit nicht nur tiefere Einblicke in die politische Lage der Region, sondern hatte auch die Freiheit, mich zu entfalten und meine Fähigkeiten und Interessen konstruktiv einzubringen. Das Vorurteil vom Praktikum, in dem man zum Kaffee kochen degradiert wird, trifft in diesem Fall überhaupt nicht zu.

Workshops, Ausstellungen und Konferenzen

Neben der alltäglichen Arbeit im Büro bekommt man die Möglichkeit, an Veranstaltungen der Stiftung teilzunehmen. Hierbei tritt man mit den Menschen aus der Region in Kontakt, nimmt an Workshops teil und erlebt das Ergebnis der lang geplanten Arbeit mit. Ein solches Ergebnis war zum Beispiel ein internationaler Security Hackathon in Skopje, der Hauptstadt von Nord-Mazedonien, mit Gästen aus ganz Europa. Der Hackathon war das größte und umfangreichste Event des Jahres. Deswegen hat es mich umso mehr gefreut, ein Teil von diesem zu sein und bei der Organisation vor Ort mitzuhelfen. Während meines Aufenthalts gab es zudem noch eine ganze Reihe anderer Angebote, wie z. B. eine Kunstaustellung mit dem Thema „Freedom of Speech“, einen Workshop mit einer Konferenz zum Thema „Solution Journalism“ oder einen Workshop zum Thema „Digitale Bildung in Bulgarien“ mit einem Experten aus Estland. Abgesehen von den Möglichkeiten, die man als Praktikant oder Praktikantin im Büro in Sofia hat, sammelt man auch eine ganze Reihe von Erfahrungen im alltäglichen Leben und bekommt ein besseres Gespür für die Region Süd- und Südosteuropa

Fazit: Man bekommt immer nur das, was man daraus macht.

Zusammenfassend kann ich nur jedem und jeder empfehlen, die Koffer zu packen, sobald das wieder möglich ist, und ein Praktikum in Bulgarien zu machen. Meine Eindrücke und Erlebnisse haben mir eine neue Perspektive auf mein weiteres Studium sowie auf Osteuropa gegeben.

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