Nach dem Studium stellt eine Promotion den nächsten logischen Schritt für eine Karriere in der Wissenschaft dar. Das Graduiertenzentrum der Universität Passau bietet Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern Unterstützung und Beratung in allen Phasen des Promotionsprozesses. Promotionsinteressierte Studierende finden hier eine hilfreiche Anlaufstelle. Wir haben mit Dr. Petra Redel, der Geschäftsführerin des Graduiertenzentrums, gesprochen und wertvolle Tipps für angehende Promovierende erhalten.
ZKK: Liebe Frau Dr. Redel, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein kurzes Interview nehmen. Sie haben selbst promoviert. Warum haben Sie sich persönlich für eine Promotion entschieden? Was finden Sie an einer Promotion reizvoll?
Dr. Petra Redel: Die Entscheidung für eine Promotion ist mir leichtgefallen, da mir eine sehr gute Promotionsstelle in einem internationalen, interdisziplinären und wissenschaftlich hochkarätigen Forschungsumfeld an der Ludwig-Maximilians-Universität angeboten wurde. Zudem gab es für mich keine „großen Unbekannten“: Die Finanzierung war für einige Jahre über eine erfolgreich eingeworbene Drittmittelstelle sichergestellt, mit den primären promotionsbetreuenden Personen pflegte ich bereits über längere Zeit ein sehr gutes Arbeitsverhältnis und thematisch baute das Promotionsthema unmittelbar auf meinen Arbeiten als studentische Mitarbeiterin und meiner Diplomarbeit auf. Mir ist bewusst, dass dies in keiner Weise dem „Normalfall“ entspricht. In der Regel sehen sich Promotionsinteressierte oder Promovierende zu Beginn der Promotion mit zahlreichen offenen Fragen und damit verbundenen Herausforderungen wie der Finanzierung der Promotion konfrontiert.
Als Diplom-Psychologin mit klinisch-neuropsychologischem Schwerpunkt fand ich es reizvoll, die Arbeit mit Patienten und die Untersuchung diagnostisch relevanter qualitativer sowie quantitativer Forschungsfragen weiter zu vertiefen, insbesondere an den Schnittstellen zur Informatik und Mathematik (grundlegende Theorien und Forschungsparadigmen) sowie Medizin (z.B. Alzheimerpatienten) beziehungsweise Nuklearmedizin (Korrelationen mit bildgebender Diagnostik) und Genetik (Zusammenhänge mit genetischen Dispositionen). Herausforderungen haben mich damals gereizt und auch heute stelle ich mich immer wieder gerne neuen Aufgaben.
ZKK: Ab wann ist eine Promotion für Studierende möglich? Welche Voraussetzungen müssen sie erfüllen?
Dr. Petra Redel: Vermutlich ist nicht allen Promotionsinteressierten bekannt, dass der Einstieg in die Promotion bereits mit dem Bachelorabschluss möglich ist (z. B. Fast-track Promotion) und parallel zum Erwerb des Masterabschlusses ein signifikanter Anteil des Promotionsvorhabens erarbeitet werden kann. Bei sehr guten Leistungen kann die Zeitersparnis im kompetitiven Wettbewerb um Stellen in Forschung und Lehre eine bedeutsame Rolle spielen. Insbesondere sehr leistungsstarke Studierende mit dem klaren Ziel einer wissenschaftlichen Karriere sollten sich frühzeitig über die Ausrichtung ihres Studiums beziehungsweise des Promotionsvorhabens Gedanken machen und Beratungs- und Förderangebote nutzen.
Mehrheitlich findet der Einstieg in die Promotion jedoch nach dem Erwerb eines Masterabschlusses oder einer vergleichbaren Qualifikation wie beispielsweise der Ersten Juristischen Prüfung statt. Auch in diesen Fällen lohnt sich eine frühe Auseinandersetzung mit dem Thema „Promotion“, insbesondere, wenn es um die Finanzierung des Promotionsvorhabens über die Einwerbung von Drittmitteln oder eines Promotionsstipendiums geht. Eine Vorlaufzeit von ca. einem Jahr ist in vielen Fällen realistisch.
Neben guten bis sehr guten Studienleistungen zur Erfüllung der formalen Voraussetzung für die Zulassung zur Promotion sollten Promotionsinteressierte zentrale Fragen beantworten können: Warum möchte ich promovieren? Passt die Promotion zu meinen beruflichen Zielen? Habe ich eine realistische Vorstellung vom Beruf „Promovierende/r“ und der damit verbundenen Arbeitsbelastung? Kann und will ich das in den nächsten Jahren leisten? Beratungsangebote an Graduierteneinrichtungen sowie beispielsweise Gespräche mit Promovierenden im eigenen bzw. angestrebten Fachbereich können Klarheit schaffen.
ZKK: Was sind die ersten konkreten Ratschläge, die Sie den Studierenden geben können, die sich für eine Promotion interessieren?
Dr. Petra Redel: Mein zentraler Ratschlag: Suchen Sie das Gespräch! Nutzen Sie Beratungsangebote an Einrichtungen wie dem Graduiertenzentrum und besuchen Sie Informationsveranstaltungen. Sprechen Sie mit Professorinnen und Professoren, die Ihnen Rückmeldung über Ihre potenzielle Eignung zur Promotion bzw. für eine wissenschaftliche Karriere geben können. Sprechen Sie mit Promovierenden im gewünschten Fachbereich, den vielleicht künftigen Kolleginnen und Kollegen am angestrebten Lehrstuhl oder der angestrebten Professur. Werden Sie sich darüber klar, welche mittelfristigen beruflichen Ziele Sie erreichen möchten und welchen Stellenwert eine Promotion dabei einnimmt. Beratung und Information sind wichtig, da Promotionsinteressierte und Promovierende oftmals nicht alle relevanten Rahmenbedingungen kennen oder realistisch einschätzen können, wie beispielsweise die Relevanz des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, die Betreuungsvereinbarung, die tatsächliche Wochenarbeitszeit oder die Finanzierung von Kongressteilnahmen.
ZKK: Welche Möglichkeiten der Finanzierung steht den Studierenden zur Verfügung? Und welche Finanzierungsart ist die beliebteste?
Dr. Petra Redel: Es bestehen vielfältige Finanzierungsmöglichkeiten, allerdings werden ausgeschriebene Qualifikationsstellen an einem Lehrstuhl oder einer Professur, Promotionsstellen in strukturierten Programmen, Stellen in Drittmittelprojekten oder Promotionsstipendien hoch kompetitiv vergeben und sind in den meisten Fällen mit längeren Vorlaufzeiten bis zur Zusage oder Bewilligung verbunden. Es braucht in der Regel Ausdauer, Zielstrebigkeit und neben guten Studienleistungen üblicherweise umfangreiche Antragsunterlagen einschließlich eines Exposés, in dem das Promotionsvorhaben im Detail dargestellt wird. Vergessen wird oftmals, dass auch eine sogenannte externe Promotion mittels Finanzierung durch Nebenjobs oder Stellen in Unternehmen und Institutionen außerhalb der Universität möglich ist. Auch eine private Finanzierung durch einen Studienkredit, durch die Eltern, die Partnerin bzw. den Partner oder durch Selbstfinanzierung ist denkbar. Mit den vielfältigen Finanzierungsmöglichkeiten gehen sehr unterschiedliche Privilegien und Pflichten einher. Sie sollten abschätzen können, wie viel Zeit Ihnen tatsächlich für die Arbeit an Ihrer Dissertation zur Verfügung stehen wird.
Die beliebteste Finanzierungsart ist vermutlich das konkrete Stellenangebot am gewünschten Lehrstuhl oder an der Professur mit angemessenem Stellenumfang und Finanzierungshorizont von einigen Jahren. Jedoch sind solche Angebote selten und stellen auch nicht für jede/n Promovierende/n die beste Finanzierungsoption dar. Je nach Persönlichkeit und beruflicher Zielsetzung können Promotionsstipendien oder eine berufsbegleitende Promotion gegebenenfalls eine bessere Passung liefern. Lassen Sie sich auch zu Finanzierungsmöglichkeiten der Promotion beraten.
Am Graduiertenzentrum wird zweimal im Jahr eine Exposé-Förderung ausgeschrieben, die als Überbrückungsfinanzierung zur Ausarbeitung Ihres Promotionsprojektes und Einwerbung einer Promotionsfinanzierung (Promotionsstipendium oder Drittmittelstelle) dient.
ZKK: Was sind die häufigsten Hürden vor oder während einer Promotion?
Dr. Petra Redel: Einige zentrale Hürden vor der Promotion oder zu Promotionsbeginn haben wir bereits angesprochen: fehlende Finanzierung oder vielleicht auch eine Finanzierung, die die Promotionszeit zunächst nicht abdecken wird.
Weitere offene Fragen können sein: Passt eine Promotion zu meinen beruflichen Zielen? In welchem Land, an welcher Universität oder in welchem konkreten Projekt oder Netzwerk möchte ich promovieren? An welchem Lehrstuhl oder an welcher Professur möchte ich promovieren? Zu welchem konkreten Forschungsthema? Kenne ich die Erwartungen meiner potenziellen Betreuungsperson? Die Betreuungsvereinbarung kann bereits im Vorfeld der Promotion hilfreiche Strukturen zur Beantwortung relevanter Fragen liefern. Hat man die grundlegendsten Fragen für sich beantwortet und mit dem Promotionsprojekt begonnen, kann sich beispielsweise herausstellen, dass die Forschungsschwerpunkte angepasst werden müssen. Betreuende und Betreute definieren das Betreuungsverhältnis auch oftmals unterschiedlich in Bezug auf selbständiges Arbeiten, Häufigkeit von Abstimmungsterminen, Aufgaben am Lehrstuhl oder an der Professur, Finanzierung von Kongressteilnahmen oder Vernetzungsmöglichkeiten. Suchen Sie das Gespräch, klären Sie offene Fragen so früh wie möglich.
ZKK: Mit welchem Angebot richtet das Graduiertenzentrum sich an die Studierenden und Promovierenden?
Dr. Petra Redel: Neben persönlicher Beratung sowie Informations- und Weiterbildungsangeboten bieten wir unterschiedliche Fördermöglichkeiten am Graduiertenzentrum. Dazu gehören die bereits angesprochene Exposé-Förderung zum Promotionseinstieg, aber beispielsweise auch eine Reisekostenförderung für Kongressteilnahmen oder eine Publikationsförderung. Zwei neue Förderprogramme sind insbesondere auch für Promovierende sehr interessant. Die Workshop-Förderung dient zur Umsetzung eines interdisziplinären wissenschaftlichen Workshops. Als Fellow im Exzellenzprogramm „Passau Young Researchers Excellence Centre“ (PYREC) werden kleine Gruppen von außergewöhnlich leistungsstarken und innovativen Nachwuchsforschenden identifiziert und in ihrer Kompetenzentwicklung ab dem Sommersemester 2024 in jährlichen Kohorten intensiv gefördert und gefordert.
ZKK: Was möchten Sie Promotionsinteressierten noch mit auf den Weg geben?
Dr. Petra Redel: Was oftmals vergessen wird: Vernetzung und rechtzeitige Anbahnung von Kontakten für die nächsten Karriereschritte sind wichtig, ob Sie nun die akademische Karriere in Lehre und Forschung anstreben oder eine berufliche Zukunft im Wissenschaftsmanagement oder außerhalb der Universitäten und Forschungseinrichtungen verfolgen. Auch hier nochmals meine Empfehlung: Informieren Sie sich, suchen Sie das Gespräch und nutzen Sie Beratungsangebote, um regemäßig über Ihre berufliche Entwicklung und Zielsetzung zu reflektieren und Meilensteine zu definieren. In der Regel sind Ausdauer und Flexibilität gefragt, denn es kommt oftmals anders als geplant. Hürden und Umwege müssen genommen werden, aber auch unerwartete Möglichkeiten können sich bieten. Seien Sie offen dafür und nutzen Sie sie!
ZKK: Vielen Dank!
Der nächste Beratungstermin zu „Ihr Start in die Promotion“:
25.04. (Stud.IP 71057B), 16.00-17:00 via Zoom
Für weitere Fragen wenden Sie sich gern an
Dr. Petra Redel
Geschäftsführerin des Graduiertenzentrums der Universität Passau
Für den Nachwuchs in Forschung und Lehre.
Tel.: +49 (0)851 509 1500
graduiertenzentrum@uni-passau.de