In dem Projekt SuSKi (Studierende unterstützen Schüler*innen mit KI individuell) führen Studierende informelle, standardisierte sowie KI-basierte Lesediagnosen mit Lernenden durch und ergreifen basierend auf den Ergebnissen passgenaue Fördermaßnahmen. Dazu besuchen Studierende dreimal im Semester das Auersperg-Gymnasium Passau-Freudenhain und bilden mit den Schülerinnen und Schülern Leseteams.
Die Lesekompetenz von Kindern am Ende der Grundschulzeit ist durch eine große Heterogenität gekennzeichnet: Während einige Kinder über eine hohe Lesekompetenz verfügen, haben andere Schwierigkeiten bei der Erkennung von Buchstaben und Wörtern (McElvany et al. 2023). Dies impliziert einen besonderen Bedarf, die Lesekompetenz von Kindern und Jugendlichen zunehmend individualisiert zu fördern. Lesen stellt eine flexibel einsetzbare Grundfertigkeit dar, die für einen fächerübergreifenden Wissens- und Kompetenzerwerb sowie für die gesellschaftliche Teilhabe von zentraler Bedeutung ist (Heine et al. 2023). Die aktuelle IGLU-Studie zeigt, dass der Anteil an Schüler*innen mit unzureichenden Lesekompetenz zugenommen hat – mehr als ein Viertel der Viertklässler*innen erreichen lediglich maximal das Kompetenzniveau II, was einer geringen bzw. sehr geringen Lesekompetenz entspricht (Lorenz et al. 2023). Mit einer derart schwach ausgeprägten Lesekompetenz haben diese Grundschüler*innen eine äußerst ungünstige Ausgangslage für das Lernen in der weiterführenden Sekundarstufe und es ist zu erwarten, dass sie in vielen Fächern erhebliche Lernschwierigkeiten haben werden (McElvany et al. 2023). Die Relevanz der Förderung der Lesekompetenz zeigt sich jedoch nicht nur in den Ergebnissen von IGLU, sondern auch in PISA: Auch bei den Fünfzehnjährigen hat der Anteil schwach lesender Schüler*innen zu- und der Anteil der stark Lesenden abgenommen (Heine et al. 2023, Lewalter et al. 2023).
Die Ergebnisse der Schulleistungsstudien zeigen die Notwendigkeit, die Lesekompetenz von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Diesem Gedanken folgend ist das Projekt „SuSi – Studierende unterstützen Schüler*innen individuell“ entstanden. Das Ziel des Projektes ist es, Lernrückstände und Bildungslücken im Bereich des Lesens bei Kindern und Jugendlichen auszugleichen sowie besonders lesestarke Kinder adäquat zu fördern. Die Etablierung einer Wissenschafts-Praxis-Partnerschaft mit Kooperationsschulen aus der Umgebung professionalisiert einerseits Studierende durch vertiefende Seminare mit zunehmenden Praxisbezug, andererseits ermöglicht ein solches Format Schüler*innen eine individuelle und an ihren Lernstand angepasste Leseförderung, die in einer Klasse mit einer einzelnen Lehrkraft nicht realisierbar wäre. Im Rahmen des Projekts SuSi bekommen die Studierenden einzelne Schüler*innen bzw. Kleingruppen zugeteilt, mit denen sie eine individuelle Lesediagnostik mit verschiedenen informellen und standardisierten Methoden durchführen. Diese werden theoretisch und fachdidaktisch fundiert in den Seminaren an der Universität ausgewertet und auf Grundlage dieser Ergebnisse adäquate Fördermaßnahmen konzipiert. Den Kindern und Jugendlichen aus den teilnehmenden Kooperationsschulen wird auf diese Weise eine individuelle, an ihren Lernstand und ihre Bedürfnisse ausgerichtete Leseförderung ermöglicht. Die Studierenden werden dadurch für ihre weiterführende berufliche Laufbahn in der Schule professionalisiert und für die divergierenden Voraussetzungen in zunehmend heterogenen Klassen sensibilisiert. Das Projekt erfreute sich sowohl auf schulischer als auch universitärer Seite großer Beliebtheit und mittlerweile zählen einige Grund- und Mittelschulen sowie ein Gymnasium, teils mit Inklusionsprofil, zu den Kooperationspartnern.
Im Wintersemester 2024/25 erfolgt eine Erweiterung der Diagnose der Lesekompetenz um eine digitale, KI-basierte Komponente: Die bisher eingesetzten informellen und standardisierten Verfahren zur Bestimmung der Lesekompetenz (vgl. u. a. Rosebrock/Nix 2020, Pissarek/Pronold-Günthner 2018) werden nun durch das kostenlose KI-gestützte Programm „Lesefortschritt“ ergänzt. Das Tool „Lesefortschritt“ ist ein in Microsoft Teams integriertes Programm, welches automatisch verschiedene Parameter der Lesekompetenz ermittelt, wie beispielsweise die Lesegeschwindigkeit, Dekodiergenauigkeit oder die Intonation. Zudem eröffnet das Tool weitere Möglichkeiten, Diagnosen zu konzipieren: Zu jedem hochgeladenen Text werden automatisch Verständnisfragen sowie Ausspracheübungen generiert, welche die Lehrkraft übernehmen oder bei Bedarf adaptieren und anpassen kann. Infolgedessen können je nach Intention und Aufgabe unterschiedliche Bereiche – so auch u. a. das Leseverständnis – überprüft werden. Der eingelesene Text bzw. die Beantwortung der Fragen werden direkt von dem Programm ausgewertet und die erfassten Parameter der Lehrkraft rückgemeldet. Die Interpretation der Ergebnisse von Seiten der Lehrkraft kann als Grundlage für die Entscheidung weiterer Fördermaßnahmen dienen.
Die Implementierung und Erprobung einer KI-basierten Lesediagnostik leistet zudem einen Beitrag zum verantwortungsvollen und reflektierten Umgang mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz im Bereich der schulischen Bildung. Auf diese Weise werden digitale Schlüsselkompetenzen aller Beteiligten gestärkt und weiterentwickelt.
Das Projekt „SuSi – Studierende unterstützen Schüler*innen individuell“ wird durch die Hinzunahme des Programms „Lesefortschritt“ zum Projekt „SuSKi – Studierende unterstützen Schüler*innen mit KI individuell“.
Im kommenden Wintersemester 2024/25 werden erneut Studierende der Deutschdidaktik mit Schüler*innen einer 5. Jahrgangsstufe an ihrer individuellen Lesekompetenz arbeiten. Zu Beginn des Semesters erfolgt nach einer umfangreichen theoretischen Einführung im Vertiefungsseminar eine Individualdiagnostik, in deren Rahmen die Studierenden nun nicht nur selbstständig durch informelle und standardisierte Methoden die Bestandteile der Leseflüssigkeit (vgl. Rosebrock/Nix 2020) der zugeteilten Lernenden ermitteln, sondern sie führen auch die KI-basierte Diagnose durch das Programm „Lesefortschritt“ durch.
Gemeinsam mit der Kooperationsschule und den beiden teilnehmenden Lehrkräften erfolgte bereits im Sommersemester 2024 eine erste Pilotierung des Tools „Lesefortschritt“ mit einzelnen Schüler*innen der diesjährigen 5. Jahrgangsstufe. Die erste Auswertung und Evaluation der Daten im kommenden Wintersemester erfolgt direkt nach der Erhebung im Oktober 2024 und die Ergebnisse sind wegweisend für die langfristige Etablierung einer innovativen Form von Lesediagnostik an der kooperierenden Schule. Eine Fortsetzung des Projektes nach diesem Schuljahr ist denkbar.
Präsentation des Projekts SuSKi bei der BiSS-Jahrestagung 2024 in München
Projektleitung an der Universität Passau | Magdalena Schlintl (Lehrstuhl für Didaktik der Deutschen Sprache und Literatur) |
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Laufzeit | 23.10.2024 - 31.10.2026 |
Website | https://www.geku.uni-passau.de/deutsch-didaktik/forschung/suski |