Wie lässt sich in Zeiten erneuerbarer Energien ein stabiles Netz organisieren? Ein Team unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Hermann de Meer erforscht im Projekt „cells4.energy“, ob sich mit regionalen Energiezellen das Energiesystem neu strukturieren lässt.
Das Stromnetz in Europa befindet sich im Umbruch. Erneuerbare, dezentrale Energiequellen werden massiv ausgebaut. Da diese wetterabhängig sind, braucht es größere Speicher und Flexibilität beim Stromverbrauch. Der Ausbau von Erneuerbaren soll die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen reduzieren. Allerdings sorgten diese neben der Stromproduktion auch für die Aufrechterhaltung der Netzfrequenz und Spannung. Das muss nun ebenfalls dezentralisiert werden. Die Wechselrichter an den Speichern, Photovoltaik- und Windkraftanlagen müssen um die Bereitstellung von Systemdienstleistungen erweitert werden.
„Der massive Ausbau von erneuerbaren, dezentralen Energiequellen erfordert einen Paradigmenwechsel weg von der zentralen hin zur dezentralen Erzeugung“, sagt Prof. Dr.-Ing. Hermann de Meer, der an der Universität Passau den Lehrstuhl für Informatik mit Schwerpunkt Rechnernetze und Rechnerkommunikation innehat. „Das heißt, dass nicht mehr nur Energie aus dem Übertragungsnetz in die Ortsnetze fließt, sondern auch innerhalb der Ortsnetze ein wesentlicher Energieaustausch stattfindet.“ Der Lastausgleich verschiebe sich ebenfalls zumindest teilweise auf die Verbraucherseite. Aufgrund der Dynamik des Stromnetzes wird eine umfangreiche Sektorkopplung als langfristiger Energiespeicher und als Flexibilität wichtiger.
Wie das gelingen kann, erforscht ein Informatiker-Team der Universität Passau um Prof. Dr.-Ing. de Meer im Projekt „cells4energy“. Es testet ein Konzept, wie sich das Energiesystem als System von regionalen Zellen organisieren lässt. „Energiezellen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich selbst versorgen können und über Möglichkeiten zur Energiespeicherung sowie zur Erbringung von Systemdienstleistungen verfügen“, erklärt Prof. Dr.-Ing. de Meer. Auf diesen Zellen aufbauend definiert sein Team in dem Forschungsvorhaben ein „multi-energy virtual power plant“, ein virtuelles Multi-Energie-Kraftwerk. Es handelt sich dabei um ein intelligentes Steuersystem, das die Nutzung von verbraucherseitiger Flexibilität, Speichern und Erbringung von Systemdienstleistungen koordiniert. Das Besondere daran: das Kraftwerk koordiniert diese Nutzung sektorübergreifend. „Das Energiezellen-Konzept könnte die Integration der Erneuerbaren erleichtern und zugleich dafür sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger bessere Steuerungsmöglichkeiten haben“, sagt Prof. Dr.-Ing. de Meer.
Österreichische Gemeinden als Reallabore
Im Projekt „cells4.energy“ haben sich mehrere Organisationen aus Wissenschaft und Praxis sowie aus Österreich, Deutschland und Norwegen unter der Koordination des Austrian Institute of Technology zusammengeschlossen. Im übergreifenden Projekt erforschen die Partnerinnen und Partner das Konzept eines „multi-energy virtual power plant“, in praktischen Studien testen sie dessen Umsetzbarkeit, wobei österreichische Gemeinden als Reallabore dienen. In Unterprojekten werden thematische Schwerpunkte erforscht. Die Universität Passau entwickelt dabei Konzepte für die Energiezellen, für ein Informations- und Kommunikationssystem innerhalb einer Energiezelle sowie für die Strukturierung des Netzes durch Erneuerbare. Weitere Themen sind unter anderem auch Geothermie und die Umsetzung der Sektorkopplung mit Wärmenetzen.
Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG (www.ffg.at) fördert das Vorhaben “cells4.energy” +mit der Projektnummer FO999904664 über eine Laufzeit von vier Jahren.
Projektleitung an der Universität Passau | Prof. Dr. Hermann de Meer (Lehrstuhl für Informatik mit Schwerpunkt Rechnernetze und Rechnerkommunikation) |
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Laufzeit | 01.11.2023 - 31.10.2027 |
Mittelgeber |
Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG)
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Projektnummer | FO999904664 |