Prof. Dr. Grischa Vercamer ist neuer Heisenberg-Professor an der Universität Passau für Geschichte der ost- und mitteleuropäischen Kulturen im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit. In seiner Forschung hat er sich zum Ziel gesetzt, das Verständnis der Darstellung der Herrschaft von Fürsten im Spätmittelalter zu erweitern.
Herrschaft galt im Mittelalter als von Gottes Gnaden gegeben. Man möchte meinen, dass die Religiosität des Fürsten somit eine zentrale Rolle in der vormodernen Geschichtsschreibung spielen sollte. Doch überraschendesweise tritt die Darstellung des frommen oder religiösen Fürsten in den Quellen seltener auf, als man dies erwarten würde.
Dies ist eines der Themen, dem sich der Mediävist Prof. Dr. Grischa Vercamer in seiner Forschung an der Universität Passau widmet. Gefördert wird er dafür fünf Jahre lang im Rahmen des renommierten Heisenberg-Programms. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt damit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ihre Berufbarkeit auf eine Professur durch eine Habilitation nachweisen können und durch besonders herausragende wissenschaftliche Leistungen ausgewiesen sind. Prof. Dr. Vercamer hat sich in einem hochkompetitiven Verfahren erfolgreich durchgesetzt und mehr als 800.000 Euro Mittel eingeworben.
„Ich freue mich sehr, dass wir Herrn Kollegen Vercamer für die Universität Passau gewinnen konnten und gratuliere ihm zu diesem herausragenden Erfolg“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Bartosch, Präsident der Universität Passau. „Seine Forschung zur Darstellung der Herrschaftsformen von Fürsten im Spätmittelalter ist ein bedeutsamer Beitrag zum Verständnis von Macht und Repräsentation in einer historischen Epoche, die bis heute unser Bild von politischer Autorität und kultureller Wahrnehmung prägt“, ordnet er die Bedeutung der Arbeit ein.
Das Vorhaben von Prof. Dr. Vercamer, das im Januar 2025 gestartet ist, sieht zwei Teile vor:
„Vormoderne Geschichtsschreiber inszenierten das Bild ihrer fürstlichen Protagonisten mit einer bestimmten Intention, also oftmals idealtypisch positiv oder negativ“, erklärt der Heisenberg-Professor. „Die modernen Geschichtswissenschaften gewinnen das individuelle Bild eines vormodernen Fürsten und seiner herrschaftlichen Handlungen eben gerade aus historiographischen Werken, reflektieren dabei jedoch häufig zu wenig über die Komplexität der jeweiligen Werke und Intentionen der Autoren.“
Prof. Dr. Vercamer hat sich zum Ziel gesetzt, hinter das derzeit vorherrschende Bild der Herrschaft der Fürsten zu blicken und „die Errungenschaften bisheriger Forschung zur Ideen- und Vorstellungsgeschichte zu bündeln und strukturell zu erweitern“. Er kann dazu auf eigene Vorarbeiten zurückgreifen, darunter auf seine 800 Seiten umfassende Habilitation zum Thema „Hochmittelalterliche Herrschaftspraxis im Spiegel der Geschichtsschreibung. Vorstellungen von ,guter‘ und ‚schlechter‘ Herrschaft in England, Polen und dem Reich im 12./13. Jahrhundert“. Aus seiner 650 Seiten umfassenden Dissertation zum Deutschordensland Preußen entwickelte er das europäisch vergleichende Forschungsfeld zum spätmittelalterlichen „Niederadel“.
Die Universität Passau ist dem Forscher, der von 2020 bis 2024 als Vertretungsprofessor an der TU Chemnitz wirkte, bekannt: Er vertrat von 2018 bis 2020 den Lehrstuhl für mittelalterliche Geschichte. Den Großteil seiner wissenschaftlichen Karriere hat er in europäischen Hauptstädten verbracht, und zwar in Berlin, Edinburgh, Prag und Warschau. Von 2008 bis 2014 forschte er als Mediävist am Deutschen Historischen Institut in Warschau. Der ausgebildete Deutsch- und Geschichtslehrer fürs Gymnasium spricht u.a. fließend Polnisch.
Projektleitung an der Universität Passau | Prof. Dr. Grischa Vercamer (Professur für Geschichte der ost- und mitteleuropäischen Kulturen im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit) |
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Laufzeit | 01.01.2025 - 31.12.2029 |
Mittelgeber |
DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft > DFG - Heisenberg-Professur
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Themenfelder | Geschichte, Frühneuzeitliche Geschichte |