Der Schlüsselbegriff der Tagung lautete „Kontingenz“. Dieser Begriff geht auf Aristoteles zurück und bezeichnet alles, was weder notwendig noch unmöglich ist. Das kann Schicksal oder Zufall sein, aber auch einfach die Tatsache, dass alles aus verschiedenen Blickwinkeln heraus beurteilt werden kann, Erkenntnis eben relativ ist. Dies anzuerkennen, kann Angst erzeugen, aber auch Handlungsspielräume öffnen. Für eine allgemeine Ethik bedeutet Kontingenz vor allem Legitimationsprobleme, denn wenn nichts notwendig ist, ist keine bestimmte moralische Haltung zu rechtfertigen. Die Tagung diskutierte diese Frage anhand von literarischen Texten, Filmen, Theateraufführungen und Videospielen mit Blick auf die Erfahrung in der Fremde, sei es in Form von Reise, Migration oder Exil, oder mit dem Fremden in der eigenen Kultur.
Rednerinnen und Redner aus Argentinien, Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Österreich sowie Deutschland trafen sich im digitalen Raum, um die Antworten verschiedener Texte auf die Frage moralischem Verhalten in einer kontingenten Welt gemeinsam zu diskutieren: Wer trägt Verantwortung für welche Handlungen? Wie wird Konsens hergestellt bezüglicher ethischer Normen? Gibt der Text am Ende den Versuch moralischen Handelns auf? Angesprochen wurden dabei unter anderem das Republikanische Exil nach dem Spanischen Bürgerkrieg, die Interkulturalität des Maghreb, Migrations- und „Fremdarbeiter“-Erfahrungen, Filme und Romane über das globalisierte Zeitalter sowie mythologische Figuren als Sinnbild einer Fremdheitserfahrung. Als Ergänzung zu den Vorträgen wurde der Dokumentarfilm „Las máscaras de Simón Morales“ (Die Masken des Simón Morales) des deutschen Anthropologen Dr. Claus Deimel gezeigt und diskutiert. Der Film porträtiert das indigene Volk der Rarámuri im Norden Mexikos.
Die Tagung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinde gefördert. Unterstützt wurde Prof. Dr. Susanne Hartwig vom Team ihres Lehrstuhls, Dr. Mirjam Leuzinger, Dr. Soledad Pereyra, Gabriel Alejandro García Fontalvo und Katrin Arkona.