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Universität Passau feiert „Tag der Nachhaltigkeit“ 2024

Das Thema Nachhaltigkeit ist neben Europa und Digitalisierung einer der drei großen Schwerpunkte im Profil der Universität Passau. Am „Tag der Nachhaltigkeit“, den die Universität am Donnerstag, den 20. Juni 2024 mit einer Festveranstaltung feierte, bezeichnete Festrednerin Christiane Grefe in ihrem Vortrag "Die geerdete Gesellschaft – Warum Nachhaltigkeit eine neue Politik für Grund und Boden braucht" Nachhaltigkeit als eine Überlebensstrategie.

| Lesedauer: 7 Min.

Präsident Prof. Dr. Ulrich Bartosch (links im Bild), Festrednerin Christiane Grefe und Prof. Dr. Werner Gamerith, Vizepräsident für Transfer und interne Vernetzung mit der Querschnittsaufgabe Nachhaltigkeit, Foto: Universität Passau

Präsident Prof. Dr. Ulrich Bartosch (links im Bild), Festrednerin Christiane Grefe und Prof. Dr. Werner Gamerith, Vizepräsident für Transfer und interne Vernetzung mit der Querschnittsaufgabe Nachhaltigkeit, Foto: Universität Passau

Die Journalistin Christiane Grefe bezeichnete Nachhaltigkeit in ihrem Festvortrag als Überlebensstrategie, Foto: Universität Passau

Die Journalistin Christiane Grefe bezeichnete Nachhaltigkeit in ihrem Festvortrag als Überlebensstrategie, Foto: Universität Passau

Präsident Prof. Dr. Ulrich Bartosch betonte in seinen Begrüßungsworten die Bedeutsamkeit des Schwerpunkts Nachhaltigkeit, für den er sich auch in seiner verbleibenden Amtszeit einsetzen werde. Klimaschutz dürfe nicht von den derzeitigen politischen Krisen überlagert werden: „In der Bewältigung der Klimakrise verbindet sich unser aller Schicksal, vor allem das unserer Kinder und Kindeskinder“, so Bartosch. „Mit Hochachtung verneige ich mich heute auch vor den Planern dieser Universität, die im Baulichen und Kulturellen ihrer Zeit weit voraus waren. Dieses Erbe werden wir auch zukünftig ehren und weiterentwickeln.“ Abschließend dankte der Präsident den Interessierten und Mitwirkenden, allen voran Prof. Dr. Werner Gamerith und dem gesamten Organisationsteam des „Tages der Nachhaltigkeit“ und der „Nachhaltigen Wochen“.

Gemeinsam mit dem Auditorium erinnerte Präsident Bartosch in einer Schweigeminute an den am 8. Juni verstorbenen Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Klaus Töpfer, ehemaliger Unter-Generalsekretär und Leiter des Umweltprogramms UNEP der Vereinten Nationen. Bartosch würdigte ihn als einen „unglaublich engagierten, zugewandten, offenen und empathischen Menschen. Ein Mann, der die Geschicke der Welt und unsere Wahrnehmung, unser Handeln und unsere Awareness für Fragestellungen von Umwelt, Natur und Leben beeinflusst hat.“ Klaus Töpfer ist am 11. November 2022 als Festredner zu Gast beim Dies Academicus der Universität gewesen.

Der Bayerische Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Thorsten Glauber, war in der Veranstaltung mit einem virtuellen Grußwort vertreten. Glauber bezeichnet Nachhaltigkeit als eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Es sei wichtig, dass Universitäten in Richtung Nachhaltigkeit vorangingen, dass sie erklären, die Ideen hinaustragen und die Menschen vor Ort miteinbeziehen. Eine Universität sei besonders gut geeignet als Nährboden für Nachhaltigkeit: „Wer heute hier studiert und forscht, entscheidet morgen die wichtigen und extrem nachhaltigen Zukunftsthemen.“

Prof. Dr. Werner Gamerith, seit Juli 2024 Vizepräsident für das Ressort „Transfer und interne Vernetzung mit der Querschnittsaufgabe Nachhaltigkeit“, beschrieb Nachhaltigkeit als Gestaltungsprinzip, das in die Zukunft und gleichzeitig auch auf den Bedarf zukünftiger Generationen und deren Leben gerichtet sei: eine Handlungsmaxime, die aus der Zukunft abgeleitet auf die Gegenwart wirken soll. „Vor 2015 galt die Klimakrise als drängendstes globales Problem. Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 wurde die Sorge um eine zukünftige klimatische Unbewohnbarkeit von der Angst um einen nuklearen Krieg zwischen Ost und West verdrängt. Dazu kommt und kam die wachsende Sorge um einen Niedergang der demokratischen Werte in unserer Gesellschaft. Diese ungünstige Situation für die Belange der Nachhaltigkeit hat sich bis heute nicht geändert, die Dringlichkeit des Anliegens hat jedoch weiter zugenommen“, so Werner Gamerith. „Dieser globalen Ebene sind wir scheinbar ohne Einflussmöglichkeiten ausgeliefert – und doch sitzen wir an einer Stelle, an der wir unseren Einflussbereich wirklich nachhaltig gestalten können, in einer Institution, die sich zur Nachhaltigkeit und zur wertneutralen Bildung bekennt sowie der Suche nach objektivierbarer Wahrheit verpflichtet ist.“ Die Universität fördere das Bemühen in dieser Richtung nach Kräften und sei eine Institution, die die Sorgen der jungen Leute um die Zukunft versteht und ernst nimmt und in gemeinsamen Gesprächen, Diskursen und Debatten Lösungsmöglichkeiten auslotet, so Gamerith.

Die Journalistin Christiane Grefe hielt in ihrem Festvortrag „Die geerdete Gesellschaft – Warum Nachhaltigkeit eine neue Politik für Grund und Boden braucht“ ein flammendes Plädoyer für den Boden als Lebensgrundlage der Menschheit. Im Boden liege der Ursprung allen Lebens und unser Umgang mit ihm wirke sich direkt auf unser Leben aus. Dass der Boden lebt, zeigte Christiane Grefe ganz plastisch auf: Allein in einem Teelöffel Erde könnten eine Million Bakterien, 120.000 Pilze und 25.000 Algen leben. Der Mensch aber zerstöre vielerorts mit seiner Lebens- und Wirtschaftsweise diesen Boden. Zur Lösung sozialer und ökologischer Fragen brauche es auch die richtigen Antworten auf die Bodenfrage. Viele verschiedene Interessen prallen hier aufeinander. „Doch schier unüberwindbar scheinen die Beharrungskräfte der fossilen Wachstumswirtschaft im Land der Auto-, Chemie- und Fleischindustrien. Zu groß erscheint der gesellschaftliche Widerstand, der sich in Veränderungs- und Abstiegsängsten ausdrückt, in Dauerempörung und Wohlstandsträgheit. (...) Die Kluft zwischen Haltung und Praxis, zwischen Vision und Wirklichkeit scheint tief“, so Grefe in ihrem Buch „Der Grund. Die neuen Konflikte um unsere Böden – und wie sie gelöst werden können“, das sie gemeinsam mit Tanja Busse publiziert hat. Dennoch sieht Grefe gleichzeitig auch große Veränderungsbereitschaft. Sie selber trägt sicher dazu bei, indem sie mit ihren Arbeiten und Vorträgen das Bewusstsein für unseren Boden schärft. So forderte sie die Zuhörerinnen und Zuhören auch in Passau auf: „Don’t look up, look down!“

Fabian Werner, Schulleiter der Staatlichen Landwirtschaftsschule Passau, machte in seinem Impulsvortrag auf die Problematik „Erosion und Grundwasserneubildung in der Landwirtschaft“ aufmerksam. Er zeigte sehr anschaulich, welche Maßnahmen ergriffen werden, um der Erosion Einhalt zu gebieten. So vermisst die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft z. B. die Felder, um festzustellen, wo sich großes Gefälle auf den Flächen befindet. Dort nämlich fließt das Wasser entsprechend schnell ab. Durch gezielte Bepflanzung könne der Abfluss und die damit verbundene Erosion des Bodens gebremst werden, so Fabian Werner.

„Preis für Forschung mit Nachhaltigkeitsbezug“

Im Anschluss wurden die Preise für besondere Verdienste um die Nachhaltigkeit verliehen. Den „Preis für Forschung mit Nachhaltigkeitsbezug“ erhielt in diesem Jahr Dr. Paul Hamann-Rose vom Lehrstuhl für Englische Literatur und Kultur der Universität Passau. Er beschäftigt sich in seiner Forschung mit literarischen und kulturellen Auseinandersetzungen mit Ökologie und Mensch-Umwelt-Beziehungen. Dr. Hamann-Rose hat eine Monographie zu genetischen Ökologiekonzepten veröffentlicht und forscht zu romantischen Ökologiekonzepten. Er ist in verschiedenen Forschungsverbünden aktiv und organisiert internationale Tagungen zum Thema Nachhaltigkeit. Darüber hinaus integriert er seine Forschung in die Lehre, indem er Seminare zu Themen wie "Energy Ecologies" anbietet. „Im Idealfall wird der Preisträger oder die Preisträgerin nachhaltige Aspekte in seinem oder ihrem gesamten akademischen Lebenswerk aufweisen. Nach Möglichkeit sollen alle Formate akademischer Forschung – Publikationen, Drittmittel, Tagungen – die Nachhaltigkeit tangieren. Wenn dann auch noch die Lehre diese Forschung mit Nachhaltigkeitsbezug weitertransportiert, wäre das eine rundum würdige Preisträgerin oder ein würdiger Preisträger. Unser Preisträger erfüllt tatsächlich alle diese Kriterien. Er zählt zu den vielversprechendsten Nachwuchswissenschaftlern in der deutschen Anglistik“, würdigte Prof. Dr. Werner Gamerith Dr. Paul Hamann-Rose in seiner Laudatio.

„Preis für Nachhaltigkeitsaktivitäten am Campus“

Den „Preis für Nachhaltigkeitsaktivitäten am Campus“ erhielt in diesem Jahr eine Gruppe von Studierenden, die den eingetragenen Verein „Innwerk“ gegründet haben. Das „Innwerk“ ist eine offene Werkstatt, die sich durch das Teilen von Werkzeugen und das gemeinsame Reparieren aktiv gegen die Wegwerfgesellschaft einsetzt. In der Gründungsphase wurde das Projekt von der Universität Passau und dem Europäischen Solidaritätskorps unterstützt. Die ausgezeichneten Studierenden des Innwerks sind Mathilda Dethleffsen, Julia Gasser, Hannes Hieronimi, Bastian Mogel, Georg Seibt und Pepe Voland. „Die Studierenden setzen ein bewusstes Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft und gegen unreflektierten Konsum. Die Initiative begann mit fünf Studierenden, mittlerweile werkeln mehr als zehn Ehrenamtliche in der Innstadt an der Reparatur und Wiederherstellung von Gegenständen aller Art. Nicht nur dies ist nachhaltig per se, sondern auch der Gedanke, dass nicht jeder den gleichen großen Werkzeugkasten braucht, sondern dass die Gerätschaften effizienter eingesetzt werden können, wenn sie öfter – also gemeinsam – in Gebrauch sind. Somit verbindet sich mit dieser Idee auch der Sharing-Gedanke – in Zeiten bewussten Umgangs mit Ressourcen ein essentieller Zugang“, so Prof. Dr. Werner Gamerith in seiner Laudatio.

„Ehrenpreis für Nachhaltigkeitsaktivitäten am Campus“

Den „Ehrenpreis für Nachhaltigkeitsaktivitäten am Campus“ erhielt das Studierendenwerk Niederbayern/Oberpfalz (STWNO). Die Aktivitäten des Studierendenwerks auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit erstrecken sich über verschiedene Bereiche und zeigen ein großes Engagement für Umweltschutz, soziale Verantwortung und ethisches Handeln. So bietet das STWNO ausschließlich Kaffee, Tee und Kakao aus fairem Handel in den Cafeterien an. Durch die Auswahl von Schokoprodukten mit dem Trans-Fair-Siegel wird zudem sichergestellt, dass die Produzierenden gerecht entlohnt werden. Ein weiteres herausragendes Merkmal ist das nachhaltige Engagement des STWNO im Bereich der Berufsbekleidung. Die Entscheidung, Labels wie den Grünen Knopf und fair gehandelte Baumwolle zu bevorzugen, sowie auf zertifiziert schadstoffgeprüfte Materialien zu setzen, unterstreicht das Bestreben des STWNO, auch in der Beschaffung von Textilien höchsten Nachhaltigkeitsstandards gerecht zu werden. Zudem setzt sich das STWNO aktiv für Nachhaltigkeit und besseres Tierwohl ein, wie durch den Beitritt zur Europäischen Masthuhn-Initiative Ende 2020 deutlich wird. Das STWNO leistet zudem durch die Einführung eigener Mehrweg-Pfandbecher und eines Mehrweg-to-go-Systems für Speisen einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von Einwegverpackungen.

Die Passauer Jazz-, Soul- und Funkband „Ghost Note Orchestra“ umrahmte die Veranstaltung musikalisch. Im Foyer und vor dem Audimax gab es zahlreiche Stände und Informationen rund um das Thema Nachhaltigkeit.

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