Manche datieren das „Ende der Privatheit“ auf den 9. Juni 2013: An jenem Tag sind erstmals die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden über die ubiquitären Überwachungsmaßnahmen des US-Geheimdienstes NSA und des britischen GCHQ der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden. Mit Programmen wie PRISM, XKeyscore und Tempora wurden (und werden) Verbindungs- und Kommunikationsdaten in bislang unvorstellbarem Ausmaße abgeschöpft und ausgewertet. Auch den deutschen Sicherheitsbehörden sind weitreichende Überwachungsbefugnisse eingeräumt.
Privatheit wird heute aber nicht nur durch staatliche Zugriffe in Frage gestellt: Auch die freiwillige, aber uninformierte Preisgabe von Daten im Internet, insbesondere über soziale Netzwerke, sowie die undurchsichtige Datenweitergabe durch Apps, Webtracking, Cookies etc. berührt die informationelle Selbstbestimmung. Im Internet der Dinge können nahezu alle Lebensbereiche lückenlos protokolliert werden. Verliert der Mensch seine letzten Rückzugsräume?
„Viele Menschen stellen sich zu Recht die Frage, ob das Private zugunsten der Sicherheit geopfert wird, ob nun unbescholtene Bürger ins Visier der Geheimdienste und Polizeibehörden geraten“, sagt Dirk Heckmann, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und Internetrecht, sowie Sprecher des Graduiertenkollegs. „Wir werden im Rahmen unserer Tagung sowohl räumliche als auch kulturelle Aspekte der Konzeption und des Stellenwertes des Privaten ansprechen. Das Wechselspiel juristischer und rechtsinformatischer mit geistes-, sozial-, kultur- und medienwissenschaftlicher Betrachtung und Theoriebildung lenkt den Blick über die tagespolitische Diskussion hinaus.“
Höhepunkt und Abschluss des Programms ist eine öffentliche Podiumsdiskussion zum Thema „Die NSA-Affäre als Auftrag für Wissenschaft und politische Kultur“ am 17. Oktober um 14.30 Uhr im Raum 017 im IT-Zentrum (Gebäude Innstr. 43). Zu Gast sind Christian Flisek (MdB, SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss), Prof. Dr. Ramón Reichert (Kultur- und Medientheoretiker, Universität Wien) und Julia Schramm (Politikwissenschaftlerin und freie Autorin). Die Diskussion moderiert Prof. Dr. Dirk Heckmann.
Die Tagung steht allen Interessierten offen und ist kostenfrei. Vertreterinnen und Vertreter der Medien sind uns herzlich willkommen. Wir bitten alle Interessierten, sich bis zum 13.10.2014 auf der Internetseite der Tagung anzumelden.
Rückfragen zu dieser Pressemitteilung richten Sie bitte an den wissenschaftlichen Koordinator der Tagung, Henning Hofmann, unter Tel. 0851/509-2372.