Warum sie Mathematikerin geworden ist? „Weil mir Mathe einfach Spaß macht!“ Die Antwort kommt ohne Zögern und wirkt absolut authentisch. Wann immer Prof. Dr. Brigitte Forster-Heinlein von Mathematik spricht, spürt man ihre tiefe Begeisterung für diese Wissenschaft. Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung (DMV) hat die Inhaberin der Professur für Angewandte Mathematik an der Universität Passau nun zur „Mathemacherin“ der Monate Mai und Juni 2021 gekürt. Damit wird unter anderem Forster-Heinleins Engagement im Passauer Mathe-Museum geehrt, das von ihr gegründet und bis heute kuratiert wird. Ziel der Einrichtung ist es, allen Interessierten die Mathematik mit vielen anschaulichen Exponaten im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar zu machen.
„Mathematik ist lebendig und alles andere als trocken“, unterstreicht Forster-Heinlein. Das öffentliche Bild sei geprägt von der klassischen Schulmathematik: „In der Schule wird sehr viel gerechnet und wenig bewiesen“, erklärt sie. Dabei ist es genau der Beweis, der die Mathematik eigentlich ausmacht. „Für mich war es selbst ein Schock, nach dem Abitur in der Uni zu sitzen und nach einem ganz präzisen Beweisschema vorzugehen“, gibt sie zu. „Den Taschenrechner habe ich seither nie mehr gebraucht.“ Vielmehr gehe es in der Mathematik darum, sich zu überlegen, wie man Sachverhalte klar machen kann: durch Verifizieren, durch Falsifizieren, durch das Suchen von Gegenbeispielen. Das erfordere eine extreme Kreativität und viel Training, denn die Hauptlast sei nicht das sture Berechnen von Ergebnissen, sondern das Beweisen oder Widerlegen von Sachverhalten. „Dieses Vorgehen muss man erst lernen, das ist anstrengend“, gibt sie zu. Aber es könne auch sehr befriedigend und erhöhend sein, wenn man einen Beweis wirklich ganz exakt und präzise aufgeschrieben hat. „Wenn die Studierenden feststellen, dass ich sehr grinsen kann, wenn wir einen langen Beweis bis zum Ende durchgezogen und verstanden haben – auf etliche springt meine Begeisterung dann über.“
Viele Menschen empfänden Mathe an sich als schwierig, so ihr Eindruck. Dabei gehe es um etwas ganz anderes: „Mathematik ist sehr klar, man kann nicht lange diskutieren.“ Es sei egal, ob etwas schön formuliert oder hübsch anzusehen ist: Eine Aussage ist entweder beweisbar, oder widerlegbar, oder unentscheidbar, also keines von beidem. „Und wenn etwas nicht stimmt oder man einen Sachverhalt ab einem bestimmten Punkt nicht mehr versteht, muss man es zugeben können. Da gehört auch Mut dazu.“ In der Mathematik könne man sich keine Lösungen schönreden. Genau wegen dieser Präzision und Klarheit brennt Forster-Heinlein für ihr Fach. Und genauso klar trägt sie ihre Begeisterung an ihre Studierenden weiter.
Der Mathematik ein Gesicht geben
Die 1890 gegründete Deutsche Mathematiker-Vereinigung versteht sich als Interessenvertretung der Mathematik in Gesellschaft, Schule, Hochschule und Bildungspolitik. Sie fördert Forschung, Lehre und Anwendungen der Mathematik sowie den nationalen und internationalen Erfahrungsaustausch. Seit 2008 kürt die DMV alle zwei Monate Mathemacherinnen und Mathemacher und zeichnet damit Personen aus, die sich im besonderen Maße für die Mathematik engagieren und ihr ein Gesicht geben.
Lebenslauf von Prof. Dr. Brigitte Forster-Heinlein
Brigitte Forster-Heinlein studierte Mathematik mit Nebenfach Elektrotechnik an der Technischen Universität München (TUM) und der Universität Metz in Frankreich. 2001 wurde sie mit einer Arbeit über anharmonische Fourier-Reihen für die Signalanalyse promoviert. Anschließend forschte die Mathematikerin unter anderem am Helmholtz-Zentrum München sowie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne. Ab 2006 war sie Juniorprofessorin für Mathematical Modelling in Biomedical Engineering an der TUM. Im April 2012 wurde sie auf die Professur für Angewandte Mathematik an die Universität Passau berufen. Für ihre Arbeiten wurde Prof. Forster-Heinlein bereits mehrfach ausgezeichnet, etwa von der Schweizer Gesellschaft für Medizintechnik SSBE und durch ein Marie Curie Excellence Team Grant der Europäischen Kommission.
Ars legendi-Fakultätenpreis in Mathematik
Die Verleihung des Ars legendi-Fakultätenpreises 2021 für exzellente Hochschullehre in der Mathematik an Prof. Forster-Heinlein findet am 10. Juni 2021 ab 18 Uhr als Online-Veranstaltung in Zoom statt. Für Ihre Teilnahme nutzen Sie bitte den nachfolgenden Link: www.zoom.us/j/98248435338?pwd=ZUFzVHZOd1owbyt3SjJNYXlTbXNpZz09