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EFI-Kommission mahnt zu rascher Aufholjagd bei künstlicher Intelligenz

Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) hat heute ihr Jahresgutachten an Bundeskanzler Olaf Scholz übergeben. Dringenden Handlungsbedarf sieht die Kommission in Deutschland und Europa bei künstlicher Intelligenz. Gute Nachrichten hat sie bei der Attraktivität von Deutschland als Forschungsstandort. Mit Prof. Dr. Carolin Häussler ist auch eine Wissenschaftlerin der Universität Passau in der Kommission vertreten.

| Lesedauer: 4 Min.

Die EFI-Kommission übergibt ihr Jahresgutachtens an Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger; Foto: David Ausserhofer

Die EFI-Kommission übergibt ihr Jahresgutachtens an Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger; Foto: David Ausserhofer

Prof. Dr. Carolin Häussler; Foto: David Ausserhofer

Prof. Dr. Carolin Häussler; Foto: David Ausserhofer

„China und die USA dominieren im Bereich der KI die Technologieentwicklung, während Deutschland und die EU zurückfallen“, stellt Professorin Carolin Häussler von der Universität Passau und Mitglied der Expertenkommission auf Basis eines internationalen Vergleichs von wissenschaftlichen KI-Publikationen und von KI-Patenten fest. „Auch bei der Entwicklung von großen Sprachmodellen und multimodalen Modellen, die als Grundlagenmodelle für vielfältige KI-Anwendungen dienen, sind Deutschland und die EU nicht führend“, ergänzt Häussler.

Dass Deutschland im Bereich der KI hinterherhinkt, sieht die Expertenkommission mit Sorge. „Dadurch besteht die Gefahr, an technologischer Souveränität einzubüßen“, stellt Häussler fest und erklärt: „Technologische Souveränität im Bereich KI setzt voraus, dass Deutschland gemeinsam mit der EU KI-Technologien selbst vorhalten und weiterentwickeln kann oder über die Möglichkeit verfügt, diese Technologien ohne einseitige Abhängigkeiten von anderen Wirtschaftsräumen zu beziehen und anzuwenden.“

Unternehmensbefragung: Bedenken und Unsicherheit hemmen KI-Einsatz

Bei KI handelt es sich um eine Schlüsseltechnologie, die die technologische und ökonomische Entwicklung in den kommenden Jahren entscheidend prägen wird. „KI kann in vielen Technologiebereichen und Branchen, wie etwa in der Produktionstechnik oder in der pharmazeutischen Industrie, Innovations- und Wachstumspotenziale eröffnen“, erläutert die stellvertretende Vorsitzende der Expertenkommission, Professorin Irene Bertschek vom ZEW Mannheim. „Um die Potenziale der KI nutzen zu können, muss sie auch in der Breite der Wirtschaft zum Einsatz kommen“, so Bertschek.

Dass diese Breite noch nicht gegeben ist, zeigt eine im Auftrag der Expertenkommission durchgeführte repräsentative Umfrage. So haben 2023 in Deutschland 10 Prozent der Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes und 30 Prozent der Unternehmen der Informationswirtschaft KI eingesetzt. Etwa ein weiteres Viertel der Unternehmen in beiden Bereichen plante den zukünftigen Einsatz von KI. Eine hohe Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens auf dem Gebiet der KI bescheinigten sich nur sehr wenige Unternehmen, 6 Prozent im Verarbeitenden Gewerbe und 15 Prozent in der Informationswirtschaft. 

Die Studie zeigt auch, dass einem breiteren Einsatz von KI einige hemmende Faktoren entgegenstehen. „Den Mangel an zeitlichen und persönlichen Ressourcen nehmen Unternehmen sowohl im Verarbeitenden Gewerbe (72 Prozent) als auch in der Informationswirtschaft (68 Prozent) als größtes Hindernis wahr. Zudem herrschen bei vielen Unternehmen noch Unsicherheit über den zu erwartenden Nutzen sowie Bedenken hinsichtlich der Reife und Zuverlässigkeit von KI. Fehlendes Wissen in den Unternehmen sowie ein fehlendes Fachkräfteangebot sind weitere Faktoren, die den Einsatz von KI hemmen“, fasst Bertschek die Befragungsergebnisse zu den Hemmnissen der KI-Nutzung zusammen.

Aufholjagd muss beginnen: KI-Ökosystem kommt Schlüsselrolle zu

Im Bereich der KI gilt es, den Anschluss an die internationale technologische Entwicklung nicht zu verlieren und nicht noch stärker von außereuropäischen Anbietern abhängig zu werden. „Für Deutschland und die EU besteht durchaus noch die Möglichkeit, mit Innovationen eine bedeutende Rolle in der internationalen Technologieentwicklung zu spielen“, betont der Vorsitzende der Expertenkommission, Professor Uwe Cantner von der Universität Jena. Die Innovationsweisen empfehlen, hierzu ein starkes und europäisch vernetztes KI-Ökosystems mit exzellenter Grundlagenforschung und einer leistungsfähigen KI-Infrastruktur aufzubauen. Dazu gehöre Rechenkapazität, an der es derzeit genauso mangle wie an einer wettbewerbsfähigen Dateninfrastruktur. „Zudem können Initiativen, die die Open-Source-Entwicklung fördern, zur technologischen Souveränität in Deutschland und Europa beitragen“, hebt Häussler hervor. Zentral sind jedoch auch Fachkräfte, die über KI-Kompetenzen verfügen und, so zeigt das Gutachten, besonders international mobil sind. Auch mit dem Thema, ob und wie es gelingen kann, Fachkräfte anzulocken, beschäftigt sich die EFI-Kommission im neuen Gutachten. 

Standort Deutschland gewinnt an Attraktivität, aber komplexe und langwierige Verwaltungsprozesse behindern Fachkräfte-Zuwanderung

Neue Analysen zur Mobilität im Wissenschafts- und Innovationssystem zeigen, dass sich Deutschland seit dem Jahr 2014, in dem dieses Thema ebenfalls bearbeitet wurde, auf einem positiven Entwicklungspfad befindet. Aktuell verzeichnet die Expertenkommission einen Nettozuzug von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Auch Auswertungen von Patentdaten deuten darauf hin, dass Deutschland als Standort an Attraktivität gewonnen hat. Unter dem Strich wandern jedoch immer noch mehr Erfinderinnen und Erfinder ab als zu. „Es wäre allerdings zu kurz gesprungen, Schlussfolgerungen aus reinen Ab- und Zuwanderungszahlen in einem bestimmten Zeitraum zu ziehen“, betont Professorin Häussler. „Unsere Daten zeigen, dass viele Forscherinnen und Forscher nach einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt wieder nach Deutschland zurückkehren. Grundsätzlich sind solche zirkulären Wanderungsbewegungen sehr begrüßenswert, da Forscherinnen und Forscher im Ausland wertvolle Erfahrungen sammeln, ihr Netzwerk erweitern und dann häufig noch produktiver in ihr Heimatland zurückkehren.“ Deutschland sollte daher die internationale Mobilität fördern und möglichst attraktive Bedingungen für Rückkehrerinnen und Rückkehrer schaffen. Dazu müsse endlich am Nadelöhr der Zuwanderung gearbeitet werden: den komplexen und langwierigen Verwaltungsprozessen. „Hierfür raten wir dringend ein umfassendes, digitales System einzuführen, dass alle Teilprozesse der Zuwanderung in einen Gesamtprozess integriert sowie alle beteiligten Akteure miteinander verknüpft“, so Häussler.

Weitere Informationen: 

Rückfragen zu dieser Pressemitteilung richten Sie bitte an Dr. Helge Dauchert (EFI-Geschäftsstelle, helge.dauchert@e-fi.de, Tel. 030-322 982 562)

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