Sigmund von Birken war einer der vielfältigsten und produktivsten Autoren des 17. Jahrhunderts. Nach seinem Tod hinterließ der kinderlose Autor weite Teile seines handschriftlichen Nachlasses dem Pegnesischen Blumenorden, einer 1644 gegründeten Sprach- und Literaturgesellschaft, die noch heute besteht und in deren Archiv Birkens Hinterlassenschaft größtenteils erhalten blieb. Es handelt sich um den umfassendsten bekannten handschriftlichen Nachlass eines deutschen Dichters des 17. Jahrhunderts. Bislang waren jedoch nur die Tagebücher Birkens ediert und damit einem größeren Publikum zugänglich.
Seit 1980 wurde am Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft der Universität Passau unter Leitung des damaligen Lehrstuhlinhabers Prof. Dr. Hartmut Laufhütte der riesige Nachlass handschriftlicher Texte transkribiert und zur Edition vorbereitet, darunter Werkmanuskripte, Tagebücher, die Autobiographie und zahlreiche Briefe. Birken hat mit mehreren hundert Partnern korrespondiert, meist über viele Jahre hin, und deren Briefe sowie oft ausführliche Notizen aufbewahrt. Mehrere der Korrespondenzen wurden in lateinischer Sprache geführt. Ein Pilotband erschien 1988. Ab 2002 förderte die Deutsche Forschungsgemeinschaft die Erstellung der auf 14 Bände angelegten Ausgabe 'Sigmund von Birken. Werke und Korrespondenz'. Sie entsteht an drei Arbeitsstellen der Universitäten Hamburg, Osnabrück und Passau unter der jeweiligen Leitung von Prof. Dr. Johann Anselm Steiger, Prof. em. Dr. Dres. h. c. Klaus Garber und Prof. i. R. Dr. Hartmut Laufhütte. Zehn Bände sind bereits erschienen, davon 9 als Doppelbände (Textband und Kommentarband), zwei weitere sind durch die Arbeitsstellen soweit vorbereitet, dass sie voraussichtlich 2015 erscheinen können. Nach Ablauf der Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft stellte zunächst die Universität den Fortbestand der Arbeitsstelle in Passau sicher. Mit Beginn des Jahres 2015 setzt nun eine Abschlussförderung durch die Fritz-Thyssen-Stiftung ein, zunächst für zwei Jahre, welche die Fertigstellung der Ausgabe bis 2017 ermöglichen wird.
Die Edition des handschriftlichen Nachlasses Sigmund von Birkens erschließt der Frühe-Neuzeit-Forschung bis dahin unzugängliche und unbekannte Quellenbestände. Nicht nur aufgrund des quantitativen Umfanges ist der Nachlass von unschätzbarem Wert für die Barockforschung. Sigmund von Birken stand mit zahlreichen bedeutenden Persönlichkeiten des Literaturbetriebs seiner Zeit in brieflichem Kontakt. Dadurch sind zahlreiche Schreiben dieser Autoren erhalten, etwa von Georg Philipp Harsdörffer, Philipp von Zesen, Justus Georg Schottelius, Catharina Regina von Greiffenberg, Martin Kempe, Georg Neumark, Johann Rist, Johann Wilhelm von Stubenberg und weiteren. Die Briefe bieten zu diesen Autoren oft Informationen, die in der Forschung bisher weitgehend unbekannt waren. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit war Birken auch einer der bedeutendsten Literaturmanager der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Viele jüngere Autoren hat er beraten und gefördert. Die Dokumente geben auch Aufschluss über Aspekte der Produktion literarischer Werke in der Barockzeit von der Entstehung der Druckvorlage bis zum fertigen Druckerzeugnis. Sie beleuchten die Zusammenarbeit zwischen Autoren, Verlegern, Druckern und Kupferstechern und enthalten Informationen zu Auflagen, Kosten für Verleger und Autoren und Vertriebswegen. So entsteht ein detailliertes Bild der sozio-ökonomischen Bedingungen der Entstehung von Literatur. Schließlich kann die Forschung mit Hilfe des Nachlasses das Leben des Autors Birken, die Entstehung seiner Werke und seine Eingebundenheit in die denkgeschichtlichen Bewegungen seiner Zeit außerordentlich exakt rekonstruieren. Eine vergleichbare biographische Genauigkeit lässt sich für keinen anderen Autor der Epoche erreichen.
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