ZKK: Liebe Frau Junge, Sie beschäftigen sich mit einem Thema, von dem viele unserer Lesenden bestimmt schon einmal berührt wurden. Woher kommt Ihre Motivation sich mit der „Psychologie des Klimawandels“ auseinanderzusetzen?
Eva Junge: Spannende Frage! Man könnte meinen, als Umweltpsychologin sollte es mir leichtfallen, sie zu beantworten. Tatsächlich habe ich den Eindruck, dass ich mit jedem Jahr besser verstehe, wie vielfältig die Antwortmöglichkeiten sind – und wie schwer es mir fällt, mich für eine zu entscheiden. Unter anderem darum soll es auch in unserem Seminar gehen: Unsere Ideen darüber strukturieren, warum Menschen sich (un-)nachhaltig verhalten, was uns motiviert und hindert, und was wir tun können, um umweltschützendes Handeln zu befördern. Um die Frage aber nicht völlig unbeantwortet zu lassen: Ich glaube am prägendsten waren Erfahrungen, wo Klimakatastrophen und Umweltzerstörung für mich ein persönliches emotionales Thema geworden sind. Und gruppenbasierte Aktionen, die sich für mehr Klimagerechtigkeit eingesetzt haben. Konkret bedeutet das, dass ich insgesamt zwei Jahre in Südamerika gelebt habe und mich dort in Zusammenarbeit mit lokalen NGOs gegen den Abbau fossiler Brennstoffe eingesetzt habe. Parallel war meine Politisierung in Deutschland stark geprägt von der Anti-Braunkohle-Bewegung. 2015 war ich das erste Mal im Rheinland und habe die dortigen Tagebaue, umgesiedelte und neu gebaute Dörfer, den Hambacher Wald und die lokale Klimagerechtigkeitsbewegung kennengelernt. In diesem Zuge habe ich mich an vielfältigen Aktionen des Protestes und Widerstands beteiligt. Mein soziales Umfeld, meine eigene Identität und mein Lebensstil sind dadurch schon seit langem sehr geprägt von sozial-ökologischen Träumen und Widerstand gegen den Status Quo. Mein Studium in der Humanökologie in Schweden hat mir geholfen, vieles auf systemischer Ebene besser einzuordnen und zu verstehen.
ZKK: Ein umfangreicher Lebenslauf! Was packen Sie von all diesem Wissen ins Seminar und warum kann das Seminar für Studierende aller Fachrichtungen eine Bereicherung sein?
In dem Seminar wollen wir uns Fragen der Klimagerechtigkeit, der Umweltpsychologie und sozial-ökologischen Utopien widmen. Dies sind Schwerpunkte, die uns alle betreffen und die für jede und jeden von uns unweigerlich immer relevanter werden. Am Ende des Seminars sollen Teilnehmende einen Werkzeugkasten für strategische Klimakommunikation sowie eigene Aktionen und Kampagnenplanung mitnehmen. Dazu gehört, dass wir durch Übungen der Selbstreflexion sowohl Perspektivübernahme als auch Empathie üben und eigene Visionen des guten Lebens entwickeln. Ich bin fest überzeugt, dass wir für eine gesamtgesellschaftliche sozial-ökologische Transformation zusammen anpacken müssen. Doch wo genau wir anpacken, was wir tragen und wohin wir es tragen – darüber wollen wir am Seminarwochenende gemeinsam und fachübergreifend diskutieren.
ZKK: Wie werden diese Inhalte vermittelt?
Neben inhaltlichem Input – um eine gemeinsame Basis zu schaffen – wollen wir verstärkt in den Austausch kommen. Dafür haben wir Gruppenarbeiten, Diskussionen, Reflexionen und vielfältige interaktive Übungen vorbereitet. Wir werden unser Bestes geben, damit wir mental und körperlich in Bewegung bleiben und uns den Fragen nach sozial-ökologischer Gerechtigkeit auf verschiedenen Wegen nähern.
ZKK: Und welche Kernbotschaft wollen Sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf den Weg geben?
Wissensvermittlung alleine reicht nicht. Wir sehen heute, dass unsere Kommunikationsstrategien der letzten 40 Jahre nicht ausgereicht haben und unser Zeitraum für den nötigen Wandel wird immer kleiner. Wir brauchen hoffnungsstiftende Geschichten von sozial-ökologischen Utopien. Wir brauchen viele Hände, die gemeinsam anpacken und zeigen, was möglich ist, weil wir viele sind. Wir brauchen wütende Stimmen, die zusammen auf die Straße gehen, und Gerechtigkeit einfordern. Wir alle können einen Beitrag leisten, sowohl im privaten wie auch auf politischer Ebene. Das ist mehr als nur eine Kernbotschaft. Wir wollen mit den Teilnehmenden Strategien entwickeln, sich selbst Fragen der Klimagerechtigkeit zu stellen, eine eigene Position zu entwickeln und Möglichkeiten aufzeigen, selbst aktiv zu werden. Wir freuen uns darauf!