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ZKK-Interview: Yvonne Franke zum Webinar "Entscheidungsfindung"

Yvonne Franke hält am 16. und 17. Januar das Webinar "Entscheidungsfindung" am ZKK. Im Interview haben wir über die Inhalte gesprochen und darüber, warum es nicht immer sein muss, die richtige Entscheidung zu treffen. Außerdem gibt sie ihre persönliche Einschätzung ab und beantwortet die Frage: Herz oder Kopf?

| Lesedauer: 7 Min.

Eisenbahnschienen vor einer Weiche

ZKK: Was sind die Inhalte des Seminars und wie werden diese vermittelt?

Yvonne Franke: Nichts erscheint mehr sicher und verlässlich in unserer sich ständig verändernden, volatilen Welt. Wie kann ich da klug und souverän handeln? Wie treffe ich die richtigen Entscheidungen? Mache ich eigentlich das, was ich will? Wer entscheidet – Kopf oder Bauch? „Entscheidungsfindung“ ist ein tiefgründiges und brandaktuelles Thema, das richtig fordert und dabei Spaß macht. Ein gutes Urteilsvermögen ist in unserer digitalen VUCA-Welt*, in der noch immer rationale Entscheidungen hochgehalten werden, eine unabdingbare Schlüsselkompetenz.

Im Training bedienen wir uns bewährter Methoden aus dem systemischen Coaching. Wir beschäftigen uns mit unserem Unbewussten, unserer Intuition, unseren Inneren Antreibern und unseren Werten. Basis hierfür sind die Grundgedanken von Prof. Gerd Gigerenzer (Mitglied der Leopoldina und Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz / Universität Potsdam) aus seinem preisgekrönten Buch „Bauchentscheidungen. Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition“ und die großartigen wie einfachen Methoden aus dem Züricher Ressourcenmodell von Dr. Maja Storch. Aufgrund der Pandemie wird das nächste Seminar im Januar 2021 digital stattfinden. Ich habe hierfür das Präsenztraining in ein digitales Lernformat mit einem breiten Methodenmix überführt. Die Digitalversion des Trainings besteht aus Ice-Breakern und Warm-ups, Offline und Online Sessions, Diskussionen in Breakoutrooms und im Plenum, Spielen, Einzelübungen, Persönlichkeitstests, Videoclips zur Lernzielvertiefung und Zeit für Erfahrungsaustausch. Es wird also ein abwechslungsreiches und intensives Training sein, in dem wir auch viel gemeinsam lachen werden.

ZKK: Woher kommt Ihre persönliche Motivation bzw. Ihr persönliches Interesse für das Thema?

Franke: Ich muss zugeben, dass ich an meiner Entscheidungskompetenz lange arbeiten musste. Allein die Speisenauswahl im Restaurant sorgten bei mir als Teenager für Schweißausbrüche: Wenn der Bauch zum teuersten Gericht auf der Karte tendierte, der Verstand aber dezent darauf hinwies, dass man damit den zahlenden Gastgebern vor den Kopf stoßen würde. Und dann noch die Ungewissheit, dass etwas serviert wird, was ich absolut nicht runterkriegen würde und damit dann den Kellner brüskieren würde. Hach! Und wie sollte ich mich so zwischen drei unterschiedlichen Studienplätzen wie Jura, Medienwissenschaften und Kulturwirtschaft entscheiden? Diese lebensprägende Entscheidung habe ich dann doch aus dem Bauch heraus getroffen – für mich damals ein wirklich großer Schritt! So bin ich dann zuerst Kulturwirtin geworden, später Führungskraft im Vertrieb in einem Medizintechnikunternehmen, Mutter zweier Kinder und dann selbständige Business Coach und Universitätsdozentin. Ich habe also bisher viele Entscheidungen getroffen und immer wieder habe ich auch „nur“ Gelegenheiten beim Schopf gepackt und eine Richtungsänderung vorgenommen. Mit einigen Entscheidungen habe ich mich aber richtig schwergetan. Eine davon war, meinen sicheren Job, in den ich lange viel Herzblut gesteckt hatte, an den Nagel zu hängen. Geholfen dabei hat mir u.a. ein Coachingprozess. Mit der Zeit bekommt man also Übung im Entscheiden und kann Risiken besser einschätzen. Und da man damit besser zu früh als zu spät beginnt, bietet sich das Thema an für junge Leute, Studierende und zukünftige Führungskräfte, Eltern und alle, die ein selbstbestimmtes Leben führen wollen.

ZKK: Was ist das eigentlich, eine „Entscheidung“?

Franke: In einer Entscheidungssituation befinde ich mich, wenn ich zwei oder mehr Handlungsalternativen habe, aus denen ich selbst wählen kann. Ich entscheide mich für oder gegen etwas oder jemanden. Ich führe eine Veränderung meiner Situation herbei, die Auswirkungen auf mich und mein System haben wird. Eine Entscheidung wird dann schwierig, wenn ich nicht mit absoluter Sicherheit voraussagen kann, welche Auswirkungen sie tatsächlich haben wird. Ich gehe also ein Risiko ein, da „unbekannte Variablen“ im Spiel sind. Wir treffen alle täglich Entscheidungen. Das fängt schon damit an, ob wir gleich aufstehen, nachdem der Wecker geklingelt hat oder was wir frühstücken. Entscheidungen können uns in den Extremen ganz leichtfallen, so dass sie fast unmerklich getroffen werden, oder sie beeinträchtigen unsere Lebensqualität so sehr, dass sie uns schlaflose Nächte bereiten.

ZKK: Warum fühlen sich manche Entscheidungen so furchtbar weitreichend an und wir tun uns schwer sie zu fällen? Andere wiederum fallen uns ganz leicht?

Franke: In erster Linie sind Entscheidungen, bei denen Kopf und Bauch im Einklang sind, eher leicht zu treffen. Entscheidungen, die weitreichend sind, können tatsächlich furchterregend sein – da sie mit einem Risiko der Verschlechterung und der Ungewissheit über die tatsächliche Entwicklung verbunden sind. Wenn man sich dann im Entscheidungsprozess auch noch sehr schwertut, liegt das möglicherweise daran, dass der Verstand etwas anderes vorgibt als der Bauch bzw. das Herz.

ZKK: Ist es wichtig, immer die „richtige“ Entscheidung zu treffen?

Franke: Das kommt selbstverständlich auf das Setting an. Treffe ich diese Entscheidung für mich persönlich oder sind andere Menschen involviert? Treffe ich eine Entscheidung womöglich für Menschen, die selbst nicht entscheiden können? Also für Kinder oder vielleicht pflegebedürftige Personen in meiner Obhut? Und: Geht es um Entscheidungen, die im Verlauf anzupassen sind oder sind sie weitreichend, schwerwiegend und unveränderlich?

Im Businesskontext habe ich als Führungskraft im Vertrieb und Marketing viele Entscheidungen treffen dürfen. Wichtig dabei war, dass Entscheidungen überhaupt getroffen und nicht ständig verschoben wurden. Das hemmt den betrieblichen Ablauf und verringert die Geschwindigkeit, die gerade auch im Verkauf essentiell ist. Außerdem sind aufgeschobene Entscheidungen schlecht für die Stimmung im Team. Wenn ich die Entscheidung über eine kosten- und arbeitsintensive Messeteilnahme ständig verschiebe, wird eine erfolgreiche Ausstellung immer unwahrscheinlicher. Wenn ich mit einem noch nicht ganz ausgereiften Produkt noch immer nicht auf den Markt gehen möchte, werde ich keine Erfahrungen sammeln, was noch zu verbessern ist und dem Wettbewerber den Vortritt geben. Also beißt man dann lieber in den sauren Apfel und bringt das Produkt vor der Konkurrenz auf den Markt. Im ersten Blick für Außenstehende eine schlechte Entscheidung, auf den zweiten oder erst dritten Blick eine richtige Entscheidung, da das Produkt dann am Markt mit den Kundinnen und Kunden gemeinsam weiterentwickelt werden kann und sich so langfristige und starke Kundenbeziehungen ergeben können. Grundlage dafür ist eine positive Fehlerkultur, in der Fehler, also „falsche Entscheidungen“, in erster Linie als Information behandelt werden. 

Ich persönlich versuche mit „Nachentscheidungsdissonanzen“ immer wieder meinen Frieden zu schließen. Entscheidungen treffe ich immer so gut ich es in der jeweiligen Lebenssituation vermag. Mit den Informationen, die mir vorliegen oder die ich mir zusätzlich noch beschafft habe, weil ich das Gefühl hatte, das ich da noch etwas brauche. Mit der Lebenserfahrung und der persönlichen Haltung, die ich in dieser Lebensphase habe. Mit dem Blick auf mein System, mein persönliches Umfeld, welche Auswirkungen die zu treffende Entscheidung auf meine Familie, meine Kinder, meine Freunde haben kann. Und dann schadet etwas Nachsicht und Gnade für sich selbst auch nicht.

Klar, im Nachhinein ist man bekanntlich immer schlauer. Doch es ist mühsam darüber zu grübeln und die Frage zu stellen „Was wäre gewesen, wenn…?“ Viel effektiver ist es, sich zu fragen: „Was kann ich zukünftig besser machen? Welche Veränderung verbessert meine Situation von nun an? Woran genau würde ich erkennen, dass sich meine Situation zum Positiven verändert hat?“ Und: „Was konkret sollte ich dafür tun?“ Dann kann ich wirksam handeln.

ZKK: Was raten Sie Menschen, die Probleme haben, sich zu entscheiden?

Franke: Kommen Sie zu mir ins Seminar! ????

ZKK: Wie sehen Sie das denn persönlich: Bauch oder Kopf?

Franke: Oh! Tatsächlich musste ich erst lernen, wieder auf meinen Bauch zu hören – bzw. ihm „Redezeit“ zu gestatten und ihn genauso ernst zu nehmen, wie meinen Kopf. Ich übe auch immer noch! Kinder können das übrigens von Natur aus ganz leicht. Sie sind sehr entschieden bei den Dingen, die sie essen möchten, was sie mögen und was nicht, wo sie gerne hingehen und womit sie sich gerne beschäftigen. Sie können selbstbewusst von sich sagen: „Das kann ich besonders gut!“

Als „Kopfmensch“ habe ich in „jungen Jahren“ immer erst massenweise Informationen gesammelt, damit mir auch ja nichts entgeht. Zum Beispiel bei größeren Anschaffungen wie Möbel oder Elektrogeräte. Mit der Zeit bin ich da etwas pragmatischer geworden. Ich möchte meine Zeit sinnvoll nutzen, um alle Bälle der Lebensbereiche Beruf, Familie, Kinder, persönliches Wohlbefinden etc. in der Luft halten zu können. Da nehme ich auch einmal eine „schlechte“ Entscheidung hin und tätige eine Investition von der ich weiß, dass es nicht die absolut optimale ist. Dafür habe ich Zeit und Kraft gespart, die Entscheidung ist getroffen, das Thema abgehakt. Bleibt nur zu hoffen, dass das neue Elektrogerät eine Weile funktioniert.

Ich schaffe mir also erst einmal einen Überblick, welche Entscheidungsmöglichkeiten es gibt und begrenze dabei schon bewusst das Spektrum, um mich nicht zu verzetteln. Dann bewerte ich und wäge ab – lasse den Bauch und das Herz auch mal etwas sagen – und dann entscheide ich. Eigentlich ganz leicht!

*„VUCA" ist ein Akronym, das sich auf volatility (Volatilität), uncertainty (Unsicherheit), complexity (Komplexität) und ambiguity (Mehrdeutigkeit) bezieht. Damit werden vermeintliche Merkmale der modernen Welt beschrieben.“ (Quelle: Gabler Wirtschaftslexikon)
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