Mein Name ist Anna, ich bin 22 Jahre alt und studiere im sechsten Semester Medien und Kommunikation an der Universität Passau. Mein Studium neigte sich langsam dem Ende entgegen und mit dem Absolvieren eines Pflichtpraktikums sah ich die perfekte Chance, mir zum Schluss noch meinen Traum von einem längeren Auslandsaufenthalt zu erfüllen und das Leben und Arbeiten im europäischen Ausland zu testen. Speziell die skandinavischen Länder mit ihrer weitläufigen Natur und viel Schnee reizten mich schon immer. In meinem vierten Semester besuchte ich ein medienlinguistisches Seminar bei einer Dozentin, die sowohl an der Universität Passau als auch an der Universität Oulu in Finnland lehrt. Die in Rahmen des Seminars gemeinsam durchgeführten Projektarbeiten verliefen sehr gut und als mir die Dozentin dann eine Praktikumsstelle im Bereich Projektmanagement am Germanistik-Lehrstuhl an der Universität Oulu in Finnland anbot, zögerte ich nicht lange und sagte zu. Die Universität Oulu stellte mit ihrem Schwerpunkt in der Wirtschafts- und Werbekommunikation den idealen Ort dar, meine beruflichen Interessen praxisnah weiter auszubilden.
Bevor meine Reise in den weiten Norden starten konnte, gab es aber noch einiges zu tun. Für den insgesamt zweimonatigen Aufenthalt suchte ich im Vorfeld über Airbnb eine Unterkunft und wurde mit einem Zimmer in einer internationalen Studierenden-WG auch schnell fündig. Da für das Praktikum keine Vergütung angesetzt war, machte ich mich auf der Website der Universität Passau auf die Suche nach Möglichkeiten zur finanziellen Unterstützung meines Vorhabens – beim ZKK fand ich mit dem Förderprogramm ERASMUS+ die ideale Chance, mein Auslandspraktikum realisieren zu können. Das ZKK stand mir bei individuellen Fragen rund um den Bewerbungsprozess jederzeit zur Seite, sodass ich nach kurzer Zeit alle notwendigen Dokumente abschicken konnte. Trotz der zu Beginn des Jahres steigenden Zahlen der Corona-Infizierten in Deutschland konnte ich Anfang März noch problemlos nach Finnland einreisen und mein Auslandspraktikum starten. Meine Aufgaben bestanden darin, eine internationale deutsch-finnische Germanistentagung zu organisieren und meine Dozentin bei wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Werbekommunikation zu unterstützen. Die Eingewöhnungsphase hatte ich schnell hinter mir, da mich das Team am Lehrstuhl herzlich aufnahm. Dennoch waren die Medienberichte rund um Corona auch hier Thema Nummer eins und eine gewisse Vorsicht gegenüber neu Eingereisten war zu spüren: Hände schütteln fiel weg und so manche Kolleginnen und Kollegen arbeitete auf eigenen Wunsch bereits im Home-Office.
Arbeiten im Home-Office
Als in Helsinki die Zahlen der Corona-Infizierten rasant stiegen und dort dann teilweise ein Lockdown verhängt wurde, traf man auch in Oulu vermehrt Vorsichtsmaßnahmen. Die Restaurants stiegen auf To-Go-Dienstleistungen um, Museen schlossen und ab Mitte März wurde dann auch das Universitätsgelände gesperrt. Der Übergang zur Arbeit im Home-Office erfolgte daher zwei Wochen nach Beginn meines Praktikums, von wo aus ich schließlich auch den Großteil meines Praktikums absolvierte. Getreu dem Motto „Nehmen wie es kommt“ arbeitete ich ab dann per Laptop, was bei meinen Arbeitsaufgaben aber kein Problem darstellte. Die Entscheidung, mein Praktikum via Home-Office in Finnland weiterzuführen, fiel mir sehr leicht, da in Oulu selbst keinerlei „Corona-Panik“ wahrzunehmen war und ich im ZKK jederzeit eine Ansprechperson hatte, die mich in dieser besonderen Lage unterstützte und über aktuelle Entwicklungen informierte. Zwar ermöglichte die Universität Oulu in kürzester Zeit professionelle Video-Kommunikation durch Online-Plattformen, jedoch war die Umstellung auf langfristiges Arbeiten im Home-Office auch für mich eine Herausforderung. Die räumliche Trennung von Privatleben und Arbeitsplatz fehlte einfach. Tägliche Videokonferenzen am Morgen und am Abend und regelmäßige Spaziergänge halfen mir aber schnell, eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen und den Tagesablauf zu strukturieren.
Leben in Oulu
Die Lage von Oulu am Meer sorgt für eine besondere Atmosphäre und die Innenstadt begeistert mit vielen schönen Restaurants und Cafés. Wer —wie ich— gerne draußen aktiv ist und die Kälte nicht scheut, wird Finnland lieben. Ich unternahm viele Wanderungen auf dem zugefrorenen und mit Schnee bedecktem Meer oder Spaziergänge durch die Wälder Finnlands, was mir einen optimalen Ausgleich zu dem ungewohnten Arbeiten im Home-Office bot. Eines Abends hatte ich sogar das Glück, die Polarlichter sehen zu können —ein atemberaubendes Naturschauspiel und ein einmaliges Erlebnis. Ohne zu ahnen, dass sich die Corona-Schutzmaßnahmen verstärken würden, nutzte ich die ersten Wochen, um die vielen Orte in der Stadt und ihre Umgebung zu erkunden. Gleich an meinem ersten Wochenende reiste ich nach Rovaniemi, die Hauptstadt Lapplands, besuchte dort das legendäre Weihnachtsdorf und hatte die Gelegenheit den nördlichen Polarkreis zu überqueren. Ab Mitte März waren Wochenendtrips mit dem Zug schon kaum mehr möglich. Trotz vielerlei Corona-Maßnahmen und dem— nicht geplanten —Arbeiten im Home-Office konnte ich Finnland auf eine ganz besondere Weise kennenlernen. Ich denke, unter anderem die ruhige und besonnene Mentalität der Finnen sowie die vielen Möglichkeiten draußen aktiv zu sein, halfen mir in dieser ungewohnten Situation. Ich möchte diese Zeit nicht missen und kann nur jeden empfehlen, einmal das Leben und Arbeiten auf Zeit im Ausland zu testen.