Beim Reisen ist es meist so, dass alles anders kommt, als man denkt. Am Ende findet sich dann doch immer eine Lösung. Ganz anders als erwartet war auch mein Auslandspraktikum. Statt den heißen, spanischen Sommer zu genießen, hieß es für mich ab nach Hause, zurück nach Deutschland – und das bereits nach fünf Tagen. Aber von Anfang an. Ich bin Amelie und habe meinen Bachelor Medien und Kommunikation im Februar abgeschlossen. Die Möglichkeit, als Studentin längere Zeit im Ausland zu leben, wollte ich mir aber nicht entgehen lassen. Deshalb plante ich, mein eigentlich nur sechswöchiges Pflichtpraktikum auf fünf Monate zu verlängern. Die Wahl fiel schnell auf Alicante in Spanien: Schon immer wollte ich die Sprache lernen und ohne Meer und Sandstrände komme ich langfristig nur schlecht aus.
Business as usual?
Doch wie plant man eigentlich ein Auslandspraktikum? Bei der Praktikums- und Wohnungssuche hatte ich richtig viel Glück. Eine Stellenausschreibung im Internet gesehen, plus eine Bewerbung verschickt, plus zwei Bewerbungsgespräche ergaben nach nur wenigen Tagen eine Zusage. Auch ein WG-Zimmer habe ich schnell gefunden. Ein spanischer Freund hat sich für mich vor Ort verschiedene Zimmer angesehen und das wirklich schönste herausgesucht. Bei Fragen zur Finanzierung des Auslandspraktikums hat mich das ZKK der Uni bestens unterstützt. Durch die persönliche Beratung habe ich schnell von der Erasmus+ Förderung für Praktika im europäischen Ausland erfahren und mich darauf beworben. Nur wenige Tage später hatte ich auch dafür meine Zusage in der Tasche und konnte mir mithilfe dieser Unterstützung mein leider unbezahltes Praktikum ermöglichen. Alicante sollte nun also für fünf Monate mein Zuhause sein. Am 12. März 2020 stieg ich ins Flugzeug, damals übrigens noch ganz ohne Mundschutz oder Sicherheitsabstand.
No! Welcome to the new reality…
Nach meinem Einzug, dem ersten gemeinsamen WG-Abend und dem Kennenlernen einiger meiner zukünftigen Kolleginnen und Kollegen hieß es plötzlich: Zuhause bleiben! Keine Sonne mehr, kein Strand, keine Tapas, keine Bekanntschaften, kein erster richtiger Arbeitstag im Büro. Nicht einmal ein Spaziergang durch die Stadt war aufgrund des Ausbruchs der Corona-Pandemie mehr möglich. An meinem ersten Praktikumstag saß ich also auf meinem orangenen Klappstuhl in meinem kleinen Zimmer mitten in der menschenleeren Stadt Alicante und habe ins Mikrofon meines Laptops gesprochen. Dass das meine neue Arbeitsweise werden sollte, habe ich zu dieser Zeit nicht geahnt. Zwei Wochen sollte der Lockdown in Spanien dauern, am Ende waren es zwei Monate. Ich war heilfroh, noch im März nach Hause fliegen zu können und die schwierige Zeit in Deutschland mit meiner Familie und der Möglichkeit das Haus zu verlassen, zu verbringen.
Seit März arbeite ich nun von meinem Zimmer in Deutschland aus im Home-Office. Mein Zeitmanagement und meine Selbstdisziplin habe ich dadurch definitiv verbessert. Auch meine Praktikumsfirma, eine E-Learning-Agentur, arbeitet seitdem komplett virtuell. Doch persönliche Gespräche sind in meiner Tätigkeit als Projektmanagerin sehr wichtig, deshalb kann es schon einmal vorkommen, dass ich über drei Stunden pro Tag mit Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzen in Zoom-Meetings verbringe. Meine letzten Wochen kann ich nun doch noch in Alicante verbringen! Die Stadt ist verändert, die Menschen bleiben unter sich, die Angst vor einem erneuten kompletten Lockdown sitzt tief. Arbeiten im Büro, Partys am Strand – und die in Spanien üblich vollen Bars sind weiterhin leer. Aber dennoch ist mein Auslandspraktikum zu einer außergewöhnlichen und besonderen Erfahrung geworden, die ich nicht missen möchte. Am Ende hatte ich also doch noch Glück und bin nun um einige Erfahrungen reicher!