Wintersemester 2022/23 "Let's talk about racism"- Antirassismus und Intersektionalität im Gespräch
Let's talk about racism - Antirassismus und Intersektionalität im Gespräch
Prof. Dr. Martina Padmanabhan, Lehrstuhl für Critical Development Studies - Southeast Asia
Anti-Rassismus ist Theorie und Praxis, um Diskriminierungen in der Stadt und an der Universität zu begegnen. In der traditionellen Ringvorlesungsreihe Diversity, Gender & Intersektionalität unter der Schirmfrauschaft der Vizepräsidentin Prof. Dr. Christina Hansen und der Universitätsfrauenbeauftragten Prof. Dr. Andrea Sieber und in Zusammenarbeit mit dem Referat für Diversity und Gleichstellung dreht sich diesen Winter alles um Anti-Rassismus und wie wir ihn theoretisch begreifen und praktisch im Universitätsalltag, aber auch in z.B. in der Klimaschutzbewegung leben können. Referierende aus ganz Deutschland und dem Vereinigten Königreich bieten Einblicke in neuste Forschungsergebnisse zu Rassismus in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, in pädagogischen Einrichtungen in Deutschland und dazu, wie wir Rassismus verlernen können. Zum wissenschaftlichen Blick gesellt sich die Perspektive der Zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, wie die der Magazinmacher*innen OF COLOR. Als „Weihnachtsgeschenk“ diskutieren Passauer Bürger*innen und Studierende über ihre konkreten Ansätze anti-rassistischer Solidarität.
All diese Einblicke basieren auf Intersektionalität als theoretischem Ansatz, um die Verschränkungen von Ungleichheit u.a. durch Geschlecht, Klasse, Ethnizität/Nationalität und Alter zu analysieren. Die Universität als Ort des gesellschaftlichen Wandels bietet den Raum für Debatten über strukturelle und institutionelle Diskriminierung und will gleichzeitig verändern. Die Diversifizierung und die Dekolonialisierung der Lehre und Forschung sind nicht nur im wissenschaftlichen Alltag Herausforderungen. Wie dies in Passau, deutschlandweit und international gelingen kann, diskutieren wir mit Wissenschaftler*innen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Studierenden. Die Theorie und die Praxis des Anti-Rassismus steht im Mittelpunkt dieser Ringvorlesung, die bewusst akademische Analyse und gesellschaftliches Engagement in Beziehung setzt.
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Wir untersuchen die Theorie und Praxis von Intersektionalität und Dekolonialität am Beispiel der Universität Passau, um ihre Bedeutung für die Hochschulbildung und Forschung zu verstehen. Ausgehend von feministischer Theorie und Forschungspraxis untersuchen wir intersektionale Ansätze zum Verständnis sozialer Beziehungen an unserer Universität aus verschiedenen Blickwinkeln und wie diese mit Dekolonialität verwoben sind. Ausgehend von studentischen Projekten und unserem gemeinsamen Lernen im Wintersemester 21/22 führen wir in das Konzept und die Praxis der Intersektionalität ein und zeigen, wie soziale Bewegungen eine intersektionale Perspektive sowohl vor als auch nach der Prägung des Begriffs mobilisiert haben. Wir untersuchen unsere eigenen Erfahrungen als internationale und deutsche Studierende an den Schnittstellen von Geschlecht, Alter, Kaste, ethnischer Zugehörigkeit, race und Klasse durch Autoethnographie und eine Vernetzungsübung. Auf diese Weise erfahren wir, wie Intersektionalität als Linse koloniale Sichtweisen destabilisieren kann. Indem wir die Ergebnisse des Forschungs- und Lehrprojekts präsentieren, zeigen wir, warum Intersektionalität für den politischen Prozess der Dekolonisierung unserer eigenen Universität Passau wichtig ist.
Daniela Melissa Escarria Parra ist eine kolumbianische Anwältin mit einer Leidenschaft für Menschenrechte und internationales Recht. Nach ihrem Abschluss im Jahr 2019 wurde sie mit dem Helmut-Schimdt-Stipendium des DAAD ausgezeichnet. Dank dieses Stipendiums studiert sie derzeit einen Master of Arts in Governance and Public Policy an der Universität Passau. Außerdem interessiert sie sich derzeit sehr für Kritische Diskursanalyse und Intersektionalität, um soziale Gerechtigkeit zu verfolgen.
Joeta Ndwiga macht derzeit ihren Master in Development Studies an der Universität Passau. Sie erforscht leidenschaftlich gerne Lösungen, die soziale und ökologische Auswirkungen auf ihre Gemeinschaft und Gesellschaft haben. Ihre berufliche Erfahrung dreht sich um Ernährungssicherheit, Kapazitätsaufbau von Bauerngruppen und die Umsetzung von Bewässerungsentwicklungsprojekten in der nationalen und regionalen Regierung in Kenia. Ihre Studienschwerpunkte liegen in den Bereichen ländliche Entwicklung, Gender und Entwicklung, Nachhaltigkeitsentwicklung und Intersektionalität. Im Rahmen dieser Forschung setzte sie die Forschungsmethode der Autoethnographie ein, um über ihre persönlichen Erfahrungen mit Mikroaggression als internationale Studentin of Color zu reflektieren und darüber, wie diese ihr Studentenleben beeinflusst und geprägt haben. Derzeit forscht sie im Rahmen ihrer Masterarbeit zum Thema Solidarische Landwirtschaft - Passau, als alternative Veränderung des Lebensmittelsystems.
Ferdyani Atikaputri ist Stipendiatin des Helmut-Schmidt-Programms des DAAD und aktive Studentin des Masterstudiengangs Development Studies an der Universität Passau. Bevor sie nach Passau kam, war sie als Entwicklungshelferin tätig und leitete nachhaltige Entwicklungsprojekte für das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und die indonesische Regierung. Ihr Interesse am Entwicklungssektor bringt sie weiterhin durch gesellschaftliches Engagement und Forschung zum Ausdruck. Derzeit ist sie in einer indonesischen Gemeinschaft, Rumah Aman Kita (RUANITA), aktiv, die sich auf psychische Gesundheit, Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau für im Ausland lebende Indonesier*innen konzentriert. In dieser Forschung arbeitet sie mit dem Intersektionalitäts- und Netzkarten-Ansatz, um die Beteiligung von Akteuren im Hochschulsystem und das Wohlbefinden von Studierenden während der COVID-19-Pandemie zu analysieren.
Nicole Borges Steeb (M.A. Governance and Public Policy) verfügt über einen umfangreichen interdisziplinären und internationalen Hintergrund an der Schnittstelle von sozialem Wandel und politischen Prozessen. Trotz eines Bachelors in Europastudien (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) mit Schwerpunkt auf europäischen Sprachen, Geschichte und Kultur ist sie durch ihre Forschungsthemen ständig mit ihrer zweiten Heimat Brasilien verbunden (sowohl physisch als auch). In ihrer Autoethnographie beschäftigt sie sich mit ihrer Zeit als Austauschstudentin in Kolumbien (Universidad de Antioquia). Die Erfahrung als Ganzes zeigt die Notwendigkeit eines intersektionalen und dekolonialen Ansatzes innerhalb der Universitäten, sowohl im physischen als auch im epistemologischen Raum.
Anna Kolb hat sich nach dem Studium der Grundschuldidaktik mit den Schwerpunkten Politik und Gesellschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (erstes Staatsexamen im Herbst 2019) entschieden ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in der außerschulischen Bildung zu erweitern. Seit dem Wintersemester 2020/21 studiert sie den forschungsorientierten Masterstudiengang Bildung und Bildungsprozesse an der Universität Passau mit dem Schwerpunkt Bildungsmanagement. Ihre Interessen und Studienschwerpunkte sind Bildungsungleichheit, Chancengleichheit und Innovation im Bildungsbereich. Darüber hinaus führte sie ein Forschungsprojekt in einem Seminar zur Intersektionalität durch, wo sie sich anhand der Autoethnographie mit der folgenden Frage auseinandergesetzt hat: Inwieweit sind ihre Erfahrungen an der Universität durch ihre eigene Positionierung und Erziehung als Kind aus der Arbeiterklasse geprägt?
In dieser Vorlesungseinheit soll das Konzept der Intersektionalität und Rassismuskritik in der Praxis gezeigt werden. Das Magazin "of Color" als rassismuskritische Plattform steht für Empowerment und Repräsentation von Bi_PoC für Bi_PoC und alle Menschen, die sich rassismuskritisch weiterbilden möchten. Im Juli 2022 wurde die zweite Printausgabe zum Konzept der Intersektionalität veröffentlicht. Wie genau kann das Konzept der Intersektionalität in der Praxis aussehen? Wo liegen die Grenzen intersektionaler Arbeit in "of Color"? Welche Vision steht hinter der Plattform? Diese Fragen sollen im Rahmen der Einheit praxisnah diskutiert und beantwortet werden.
Pia Ihedioha studiert Grundschullehramt an der Universität in Passau. Neben ihrem Studium arbeitet sie als politische Bildnerin und gibt Workshops mit dem Fokus auf Antirassismus und Empowerment. Sie ist die Mitbegründerin des Magazins "of Color". "of Color" ist eine rassismuskritische Plattform, die der Repräsentation von Bi_PoC in den Medien dient. Zusammen mit einem 10-köpfigen Team arbeitet Pia seit 2020 ehrenamtlich an der Vision hinter "of Color".
Wir erfahren die Welt intersektional und zugleich sehen wir Andere als Mitglieder einer Kategorie – Mann, Frau, Schwarz, Jung, Alt. Viele dieser Kategorien sind binär und die Debatten um Personen, die trans* sind (trans* gender, trans* race) verdeutlichen, dass sehr viele Menschen in westlicher Kultur durch Uneindeutigkeiten verunsichert sind. Die Forschung zeigt, dass rassifiziertes Denken so tief sozial verankert ist, dass sogar Menschen, die von Geburt an blind sind, Andere als rassifizierte Subjekte wahrnehmen. Die visuelle „Evidenz“ der menschlichen Differenzen, auf die sich die westliche Kultur, darunter auch Wissenschaft, verlässt, muss daher neu gedacht werden.
Können wir also auf eine Weise sehen, die unserer eigenen intersektionalen Erfahrung als Körper in der Welt ähnelt? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir verstehen, wie aus den visuellen Anhaltspunkten soziale Kategorien entstehen und inwieweit die Kategorien unsere visuelle Wahrnehmung formen. In der Suche nach Möglichkeiten, anders – intersektional – zu sehen, greife ich in meinem Vortrag sowohl auf wissenschaftliche, interdisziplinäre Quellen, als auch auf artistische Praxis. Diese kann uns helfen, das ‚Sehen durch Kultur‘ explizit zu machen und somit den Raum für mehr Intersektionalität öffnen.
Prof. Dr. Magdalena Nowicka ist Leiterin der Abteilung Integration im DeZIM-Institut und Honorarprofessorin am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. Nowicka ist Soziologin mit interdisziplinärem Hintergrund in Politik- und Kulturwissenschaften aus Polen und Deutschland. Ihre Forschungsinteressen sind Transnationalismus von Migrant*innen in Europa, Diversität, Konvivialität und Rassismus. Sie veröffentlichte u.a. zu Rassismus im Kontext von Zuwanderung und Brexit (“I don’t mean to sound racist but … ” Transforming racism in transnational Europe, erschien in Ethnic and Racial Studies 41, 2018) und zur Schnittstelle von Rassismus und Männlichkeit (mit Katarzyna Wojnicka, Understanding Migrant Masculinities through a Spatially Intersectional Lens, erschien in Men&Masculinities 2021). Zu ihren jüngsten Veröffentlichungen gehört das Buch Revisualising Intersectionality (Palgrave, 2022, mit Elahe Haschemi Yekani und Tiara Roxanne).
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Wir alle leben in einer Gesellschaft, die rassistische Praxen und Diskurse seit Jahrhunderten (re-)produziert. Deshalb ist es nahezu unmöglich kein rassistisches Wissen zu besitzen. Dieses (erlernte) Wissen zu erkennen, ins eigene Bewusstsein zu holen und immer wieder neu zu reflektieren ist jedoch möglich und Ziel einer rassismuskritischen Praxis. Doch kann dieses Wissen jemals völlig abgelegt werden?
Dieser Vortrag bietet einen Ein- und Überblick in die Rassismuskritische Migrationspädagogik und deren Entwicklung. Dabei geht es um aktuelle Positionierungen, bisherige Diskurse und um das Zusammenspiel von theoretischen Anknüpfungspunkten und praktische Bildungsarbeit in der Einwanderungsgesellschaft.
Zehranur Manzak, Diplom Pädagogin (Univ.) ist Bildungsreferentin in der Jugendbildungsstätte Unterfranken und hat die Leitung für das Referat couragiert. Im Rahmen ihrer Tätigkeit konzipiert sie Seminarangebote und arbeitet als Trainerin mit unterschiedlichen Gruppen, die sich im Kontext von Migrationsgesellschaft weiterbilden und sich für Rassismuskritische Momente sensbilisieren möchten. Sie ist zudem systemische Beraterin und beschäftigt sich mit Familiendynamiken und Biographie-Arbeit.
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Die scheinbar grenzenlose imperiale Expansion der europäischen Großmächte hat die Welt unwiederbringlich verändert. Als Christoph Kolumbus 1492 von Spanien aus in See stach, hatte Europa bereits mit der Umsetzung einer expansionistischen Politik begonnen, die zum Untergang von Zivilisationen und zu über 400 Jahren Ausbeutung von Land, Menschen und Ressourcen führte. Wie prägt unsere gemeinsame koloniale Vergangenheit unsere Gegenwart? In diesem Vortrag werden wir sowohl historische als auch zeitgenössische Ansätze verfolgen, um zu verstehen, warum Aufrufe nach „Dekolonisierung“ lauter werden. Seit vielen Jahren, schon sowohl während der Zeit der europäischen Imperien, als auch in der Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs, äußern zahlreiche Wissenschaftler*innen Bedenken hinsichtlich der Tendenz, davon auszugehen, dass nur der Westen über nützliches Wissen verfügt. Diese Konzeptualisierung von „Wissen“ untermauert wiederum die vorhandenen Wahrnehmungen, beispielsweise des Fortschrittes oder des Westens als „zivilisiert“ oder „fortgeschritten“ gegenüber einem „rückständigen“ oder „armen“ Globalen Süden. Die Vorstellung, dass der Westen als Vorreiter der Zivilisation oder „Entwicklung“ gilt, spiegelt die dominanten Ansätze in der „Entwicklungshilfe“ wider und stellt ein gefährliches und ahistorisches Verständnis der Vielfalt des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens auf der Welt dar. Dennoch stehenwir heute vor immer komplexeren und miteinander zusammenhängenden globalen Herausforderungen, die eine zunehmende Anzahl von Stakeholder*innen betreffen. Erhöhte Marktunsicherheit, Finanz- und Weltschuldenkrise, Fragen der Ernährungs- und Wassersicherheit, rascher Klimawandel sowie die Ungleichheiten, die sich infolge des Versagens der Weltgemeinschaft die Corona- Pandemie einzudämmen verstärken, werfen viele Fragen auf. Die Aufforderung, unsere gemeinsame koloniale Vergangenheit neu zu untersuchen, ist zumindest Teil einer Antwort auf diese Fragen und kann potenziell neue Perspektiven anbieten, um die historischen Ursachen der heutigen globalen Herausforderungen zu verstehen.
Prof. Dr. Lata Narayanaswamy ist Dozentin für Politik der globalen Entwicklung an der School of Politics and International Studies (POLIS) der Universität Leeds. Seit 2001 arbeitet Prof. Dr. Narayanaswamy als Wissenschaftlerin, Beraterin und Akademikerin an der Schnittstelle zwischen Entwicklungstheorie und -praxis. In ihrer Forschung setzt sie sich kritisch mit geschlechtsspezifischen, intersektionalen und (post-) dekolonialen Dynamiken des Wissens in der Entwicklung und dessen wahrgenommenen Beitrag zur Bewältigung globaler Entwicklungsherausforderungen auseinander. Derzeit beschäftigt sie sich mit angewandter, interdisziplinärer Forschung zu Gender, Feminismus und Intersektionalität, da diese Themen in Zusammenhang zu Klimawandel, Wassersicherheit und dekolonisierender Entwicklung stehen.
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Während fast ein Jahrhundert vergangen ist, seit WEB Du Bois über die globale Farbgrenze schrieb, und es 50 Jahre her ist, dass der guyanische marxistische Gelehrte und Aktivist Walter Rodney "How Europe Underdeveloped Africa" schrieb, haben viele Organisationen, die im Bereich der internationalen Entwicklung tätig sind, erst in jüngster Zeit im Zuge der "Black Lives Matter"-Bewegung zum ersten Mal über Rassismus in der Entwicklung gesprochen. Ein großer Teil dieser Diskussion ging nicht über die Notwendigkeit einer größeren Vielfalt beim Personal der Institutionen im globalen Norden hinaus. In diesem Vortrag schlage ich vor, Rassismus materiell und als global wirkend zu verstehen, als Strukturierung der globalen Ungleichheiten und Muster der Ausbeutung, Extraktion und Akkumulation, in welche Entwicklung eingebettet ist, und als untrennbar mit den anhaltenden Prozessen des Imperialismus verbunden. Ich betrachte einige Formen verkörperter rassifizierter Gewalt, die immer auch geschlechtsspezifisch sind, in der Entwicklung. Und ich schlage vor, dass wir Quellen des sozialen und politischen Widerstands gegen diese rassifizierten Strukturen der Kapitalakkumulation, in denen weltweit andere Welten angestrebt und erkämpft werden, (an)erkennen.
Kalpana Wilson ist Dozentin im Fachbereich Geografie an der Birkbeck, University of London. In ihrer Forschung befasst sie sich mit Fragen zu race/Geschlecht, Arbeit, Imperialismus, Faschismus sowie reproduktiven Rechten und Gerechtigkeit, mit besonderem Schwerpunkt auf Südasien und dessen Diasporas. Sie ist die Autorin von Race, Racism and Development: Interrogating History, Discourse and Practice (Zed Books, 2012) und Mitherausgeberin von Gender, Agency and Coercion (Palgrave Macmillan, 2013). Sie hat vielfach über Themen der internationalen Entwicklung, revolutionäre soziale Bewegungen und reproduktive Gerechtigkeit geschrieben. Sie ist Gründungsmitglied der Kampagnenorganisation South Asia Solidarity Group.
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Die Klimakrise trifft nicht alle gleich, ganz im Gegenteil. Sie unterscheidet nach race, Gender, geografischem Standort, sozioökonomischem Hintergrund, Alter, körperlicher Einschränkung und vielen anderen Kategorien. Am Beispiel von Black, Indigenous und Women of Color (BIWoC) zeigt dieser Vortrag auf, dass einerseits eine besondere Betroffenheit marginalisierter Gruppen in Bezug auf die Klimakrise besteht und andererseits es genau BIWoC sind die nicht nur führende Rollen in der Klimabewegung einnehmen, sondern von deren spezialisiertem Wissen, basierend auf ihrer intersektionalen Unterdrückung, ihrem (Überlebens-)Kampf und ihrer Art Wissen zu produzieren und weiterzugeben, die Klimabewegung auf ungeahnte Weise lernen kann. Anders als häufig angenommen, ist die Klimabewegung im weiten Sinne nicht „zu weiß“, sondern es sind tatsächlich Black, Indigenous und People of Color, die diese Bewegung seit Jahrzehnten prägen. Es wird Zeit, dass sie die Anerkennung und Wertschätzung erhalten, die ihnen gebührt. Auf eine kurze Analyse der Ursprünge intersektionalen Feminismus in Schwarzen Feminismen und den Kämpfen Schwarzer Frauen folgen theorie-basierte und durch Interviews mit BIWoC Klimaaktivistinnen gewonnene intersektional-feministische Guidelines für die Klimabewegung. Sie sind ein Angebot, um der Klimabewegung zu einer Vision zu verhelfen, in ihrem Protest die Verwobenheit und gegenseitige Bedingung globaler Herausforderungen zu berücksichtigen; anzuerkennen, dass diese unterschiedlichen Auswirkungen für marginalisierte Menschen haben und den Schutz von Menschen sowie der Umwelt gleichermaßen in den Vordergrund zu rücken. Um der Klimakrise die Stirn zu bieten, bedarf es einer radikalen Systemveränderung, Klimagerechtigkeit bildet die anzuwendende Strategie und Intersektionaler Feminismus liefert die Perspektive zur Umsetzung.
Sheena Anderson setzt sich mit intersektionalen Perspektiven auseinander und geht der Frage nach, wie diese mehr globale Gerechtigkeit und Verantwortung befördern können. Sie möchte zur Hör- und Sichtbarkeit marginalisierter Stimmen beitragen und diskriminierende Strukturen hinterfragen. Arbeitserfahrung sammelte sie bei der Landeszentrale für politische Bildung BW im Bereich Demokratie stärken sowie als freie Mitarbeiterin in der politischen Bildungsarbeit. Sie absolvierte außerdem eine Weiterbildung zur Anti-Bias Multiplikatorin. Im Zuge ihres Studiums spezialisierte sie sich auf Frieden und Nachhaltigkeit, Intersektionalität, Krieg und Geschlecht, Postkonfliktstaaten und Völkerrecht. Sie ist selbst als Aktivistin beim Black Earth Kollektiv in Berlin engagiert und arbeitet seit 2020 beim Centre for Feminist Foreign Policy.
Als „Weihnachtsgeschenk“ diskutieren wir im Rahmen der Ringvorlesung mit Passauer Bürger*innen und Studierenden über ihre konkreten Ansätze anti-rassistischer Solidarität. Der Passauer Till Hoffmann, Veranstalter des Eulenspielfestivals berichtet über sein Engagement im Bellevue de Monaco in München, einem Hausprojekt mit Geflüchteten, das bundesweite Ausstrahlung hat. Perdita Wingerter, Vorsitzende des rührigen und vielfach ausgezeichneten Vereins „Gemeinsam leben und lernen in Europa“ in Passau gibt Einblicke, wie anti-rassistische Arbeit vor Ort in unserer kleinen Universitätsstadt aussehen kann. Gemeinsam mit ihnen diskutieren wir, wo an der Uni und in der Stadt noch Luft nach oben ist und was zu tun ist, um Passau sicher für alle zu machen.
Till Hofmann, 1970 in Passau geboren und aufgewachsen, ist Kultur- und Konzertveranstalter. Er betreibt Kabarett und Musikbühnen in München und Wien, ein Label und verantwortet Festivals mit dem Eulenspiegel Flying Circus.
Er ist zudem Gründer und Vorsitzender der Sozialgenossenschaft „Bellevue di Monaco“ für geflüchtete Menschen.
Perdita Wingerter ist Geschäftsführerin des gemeinnützigen Vereins „Gemeinsam leben und lernen in Europa", der vielfältige Projekte und Aktionen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfreundlichkeit sowie zur Förderung von Toleranz und Vielfalt erfolgreich umsetzt. Zudem ist sie als Inhaber von IQM Wingerter als selbständige Projektberaterin und Dozentin tätig. Als Expertin für das Thema Ehrenamt, Integration und Chancengleichheit sowie beim Thema Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gibt sie regelmäßig Seminare bzw. hält Vorträge auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene.
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Rassismus ist politisch und das Politische ist geprägt von Rassismus. In vielen Teilen der deutschen Gesellschaft stehen sich Befürworter*innen der Homogenität und Vielfaltsbegeisterte unversöhnlich gegenüber. Lorenz Narku Laing analysiert die posthomogene Gesellschaft und zeigt, dass rassistische Politiken zum Kerngeschäft der Verfechter*innen der Homogenität gehören. Seine postkoloniale Kritik untersucht die tieferliegenden Gründe hierfür und liefert zugleich eine kritische Intervention in die (politik-)wissenschaftliche Forschung. Dabei wird deutlich, dass Rassismus weit mehr ist als Diskriminierung und Benachteiligung: Rassismus ist eine politische Ideologie.
Prof. Dr. Lorenz Narku Laing ist Professor für Sozialwissenschaften und Rassismusforschung an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe. Dr. Laing ist Gründer und Geschäftsführer der Vielfaltsprojekte GmbH, zertifizierter Diversity-Trainer und Rassismus-Forscher. Im Jahr 2020 wurde Dr. Laing als 30 unter 30 der #GenerationGrenzenlos von der Hertie-Stiftung ausgezeichnet. Er erhielt den Preis für exzellente Lehre der Zeppelin Universität und sein neuestes Projekt zu Diskriminierung im Sport gewann den Innovationspreis Ehrenamt der Staatsregierung Bayern. Im Jahr 2022 erschien sein Buch zum „Politischen Rassismus“ im transcript-Verlag. Als Diversity-Berater begleitet er Dax-Konzerne, Fernsehsender und Theater.
Anhand einer Analyse beispielhafter Arbeitsmaterialien des Schulfachs Geographie/Erdkunde wird dargelegt, inwiefern auch und gerade in einem Unterricht, der für Globales Lernen und Bildung für nachhaltige Entwicklung steht, Stereotype reproduziert werden können und mitunter eine Kategorisierung im Sinne postkolonialen Otherings erfolgt. Davon ausgehend werden Notwendigkeit und Potenziale rassismuskritischer Bildung und postkolonialer Perspektiven im Unterricht reflektiert. Entlang ausgewählter Interviewauszüge mit Lehrkräften wird skizziert, inwiefern gerade in der ersten Phase der Ausbildung angehender Lehrkräfte an der Hochschule eine Sensibilisierung für verschiedene Diskriminierungsdimensionen erfolgen sollte. Dabei wird auch auf intersektionale Verschränkungen mit weiteren Bereichen eingegangen.
Triggerwarnung: Im ersten Teil des Vortrags werden wenige Beispiele (Text und Bild) gezeigt, die negative Emotionen hervorrufen können.
Dr. Andreas Eberth hat Geographie, Germanistik und Bildungswissenschaften an der Universität Trier studiert. Von 2014-2022 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Didaktik der Geographie am Institut für Didaktik der Naturwissenschaften an der Leibniz Universität Hannover. Im Wintersemester 2022/2023 vertritt er die Professur für Didaktik der Geographie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Bildung für nachhaltige Entwicklung/Globales Lernen, Visuelle Geographien, rassismuskritische Bildung und postkoloniale Perspektiven im Bildungsbereich sowie regional in Ostafrika.
Ausgehend von empirischen Befragungen von Willkommensinitiativen im Rahmen des BMBF Verbundprojekts "Willkommenskultur und Demokratie in Deutschland" wird die im Projekt erarbeitete Broschüre "Demokratie und Partizipation in der Migrationsgesellschaft" diskutiert. Die Analyse der postmigrantischen Gesellschaft Deutschland und die in sie eingelagerten Rassismen, Sexismen und Heteronormativität stellen dabei den methodologischen Ausgangspuntk des Vortrags dar. Wie können nun genau jene Rassismen, Sexismen und heteronormativen Orientierungen verlernt werden? Wie ist dieses Verlernen mit dem Bewusstmachen und Anerkennen von Privilegien verbunden? Im Vortrag wird ein multimethodisches rassismukritisches und diversitysensibles Vorgehen vorgestellt und als antiessentialistisches Handeln diskutiert.
Prof. Dr. Elisabeth Tuider hat seit 2011 die Professur Soziologie der Diversität unter besonderer Berücksichtigung der Dimension Gender inne. Zu ihren Arbeits- und Forschwerpunkten gehören gender- und queer-studies, cultural- und postcolonial studies, Rassismuskritik und Migrationsforschung. Sie ist geprägt von der Sozialen Ungleichheitsforschung und Sozialen Bewegungen in den Ländern Lateinamerikas. Außerdem war sie im Vorstand der Fachgesellschaft Geschlechterstudien und hat mehrere BMBF geföderte Forschungsprojekte realisiert, u.a. das Verbundprojekt "Willkommenskultur und Demokratie in Deutschland".
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Kann die Hochschulbildung Antworten auf die Frage nach einem ethischen Leben, welches keine strukturelle Verbindung zum unbewussten Konsumverhalten hat, geben? In diesem Vortrag werde ich einige Elemente des dekolonialen Feminismus aufzeigen, die uns dabei helfen werden, uns mit Erfahrungen auseinanderzusetzten und daraus zu lernen, wie wir die Zerstörung der Erde stoppen und Erkenntniswege und -formen finden können.
Dr. Rosalba Icaza ist eine dekoloniale Feministin und Dozentin für globale Politik, Feminismus und Dekolonialität am Institut für Sozialwissenschaften der Erasmus-Universität Rotterdam. Sie ist Mitglied des Red Transnational Otros Saberes (RETOS), ist außerdem zuständig für die Mitgestaltung der transnationalen Lerngruppe „Nurturing (each) Other“ und arbeitet mit Suumil Mookt’an in Sinanche, Yucatan in Mexiko zusammen.
Nach einem Semester mit aktuellem und theoretischem Input zu Anti-Rassismus und Intersektionalität haben wir zum Abschluss die Chance, gemeinsam mit der Vizepräsidentin Prof. Dr. Christina Hansen über Gestaltungsmöglichkeiten und -bedarfe an der Universität zu diskutieren. Konkreter Anlass ist das Diversity Audit, das die Universität zurzeit durchläuft. Dies ist ein konkretes Möglichkeitenfenster, um Strukturen und Prozesse, aber auch informelle Routinen und Sprachlosigkeiten bei vielschichtigen Diskriminierungen anzugehen. Mit von der Partie sind Prof. Dr. Karsten Fitz und Prof. Dr. Karin Stögner, die jeweils erfolgreiche Ringvorlesungen zu Intersektionalität aus der soziologischen und der amerikanistischen Perspektive veranstaltet haben. Alle Erkenntnisse, Geistesblitze und produktive Wut aus den leidenschaftlichen Vorträgen und Debatten wollen wir bei „Walk the talk“ nutzen, um zu kurz- und langfristigen Veränderungen an unserer Universität und darüber hinaus in unserer Stadt anzustoßen und mit offen Augen weiterzuträumen. Wir bauen auf IHREN Beitrag, wo immer Sie auch stehen.
Die Ringvorlesung wird gefördert von Frau Prof. Dr. Christina Hansen, Vizepräsidentin der Universität Passau.