Ringvorlesungsreihe Diversity, Gender & Intersektionalität
Gewalt. Macht. Schule. - Missbrauch erkennen, vorbeugen und handeln
Die Geschichte der Pädagogik ist auch eine Geschichte der Gewalt. Die Aufarbeitung von Gewaltverhältnissen bedarf eines systemischen Blicks auf Erziehung in Bildungseinrichtungen. Mit der geplanten Ringvorlesung möchten wir verschiedenen Vortragenden aus Wissenschaft, Praxis und Präventionsprojekten Raum geben zu informieren und gemeinsam mit den Studierenden zu reflektieren.
Die Vorträge umfassen folgende Schwerpunkte:
- Sexuelle Bildung für das Lehramt mit intersektionalem Fokus
- Schutzkonzepte in Schulen
- Schwarze Pädagogik
- Cyber-Sicherheit
- Sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen aus Sicht des Bundes
- Präventionsmaßnahmen
- Projekte und Anlaufstellen
Die Ringvorlesung „Gewalt. Macht. Schule.“ wird vom Zentrum für Lehrerbildung und Fachdidaktik (ZLF) der Universität Passau gemeinsam mit der Stabsstelle Diversität & Gleichstellung der Universität organisiert. Neben Lehramtsstudierenden sind auch Lehrkräfte der Region herzlich eingeladen, mit eigenen Erfahrungen und kritischen Fragestellungen aktiv mitzudiskutieren und zu reflektieren.
Anmeldung
Die Veranstaltung findet immer Mittwoch abends, um 18:15 Uhr im HS2 (PHIL) statt. Die Veranstaltungen sind hybrid, eine virtuelle Teilnahme per Zoom ist möglich.
Anmeldung für Studierende via Stud.IP Nr. 68500.
Lehrkräfte können für ihre Anmeldung FIBS nutzen, Veranstaltungsnummer 344303.
Externe Teilnehmende können sich über das Anmeldeformular anmelden.
Die Veranstaltungen finden auf Deutsch statt.
Programm
Realistischerweise muss man davon ausgehen, dass in Deutschland jedes vierte bis sechste Mädchen und jeder neunte bis elfte Junge sexuelle Gewalt erlebt, rund 80% der Täter kommen meist aus dem familiären Umfeld (Bekannte, Nachbarn, Onkel, Stiefväter, Väter, usw.). Kinder und Jugendliche befinden sich zudem in der Institution Schule und [besonders] zu den Lehrkräften und Erzieher*innen in einem strukturellen und persönlichen Abhängigkeitsverhältnis, welches das Risiko für Übergriffe prinzipiell erhöht, so dass sexuelle Übergriffe und sexualisierte Gewalt grundsätzlich auch in jeder pädagogischen Einrichtung vorkommen können. Die Vorlesung führt in die Ringveranstaltung mit drei wichtigen Fragen ein: Was ist eigentlich sexualisierte Gewalt? Warum ist die Thematisierung besonders für (angehende) Lehrkräfte wichtig? Was kann man im Fall des Falles tun?
Für Studierende LA GSP: Die Inhalte der Vorlesung sind klausurrelevant.
Univ. Prof. Dr. Christina Hansen studierte Bildungswissenschaft und Psychologie in Wien. Von 2003-2007 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sonderpädagogik an der Universität Wien, von 2007-2010 hatte sie eine Professur für Begabungsforschung an der Universität Karlsruhe inne.
Seit 2010 ist Hansen Lehrstuhlinhaberin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Diversitätsforschung und Bildungsräume der Mittleren Kindheit an der Universität Passau. Darüber hinaus ist sie wissenschaftliche Leiterin der Abteilung Internationalisierung der Lehrerbildung am ZLF Passau. Seit 2020 ist sie Mitglied im wissenschaftlichen Qualitätssicherungsrat der österreichischen Bundesregierung.
Hansen war bis August 2020 Vizepräsidentin für Hochschulbildung, seit September 2020 ist sie Vizepräsidentin für Internationalisierung, Europa und Diversität.
Ihre Forschungsschwerpunkte sind Diversitätsforschung, Bildung und (sozialer) Raum, Professionalisierung sowie Internationalisierung der Lehrer*innenbildung.
Der Vortrag "Von G wie Grooming bis S wie Sexting - Cyber-Sicherheit im Schulalltag: Lehrerinnen als Schutzschilde gegen Online-Bedrohungen?!" beleuchtet die zunehmende Bedeutung von Cyber-Sicherheit im Bildungsbereich. In einer digitalisierten Welt sind Schüler*innen zunehmend Online-Bedrohungen wie Sexualstraftaten, Betrug und Erpressung ausgesetzt. Doch können Lehrer*innen tatsächlich zu Schutzschilden gegen diese Risiken werden? Diese interaktive Präsentation erforscht die Rolle der Lehrkräfte bei der Aufklärung über Cyber-Risiken, der Förderung von sicherem Online-Verhalten und der Implementierung von Sicherheitsmaßnahmen in Schulen. Anhand von ausgewählten Fallbeispielen und bewährten Praktiken werden mögliche Strategien vorgestellt, wie Bildungseinrichtungen dazu beitragen können, eine sichere Online-Umgebung für Schüler*innen zu schaffen und ihnen die notwendigen Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Risiken zu vermitteln.
Corinna Hörmann ist seit 2018 an der Johannes Kepler Universität Linz tätig und forscht mit ihrem Team im Bereich Didaktik der Informatik sowie an der Umsetzung der digitalen Grundbildung. Hörmann arbeitet an Lehr und Lerninhalten für Schüler*innen und Lehrer*innen, erstellt Unterrichtsmaterial und bildet Pädagog*innen weiter. Sie würde sich selbst als modernen STEMinist beschreiben, die von einer besseren Welt und einem glücklichen Leben träumt.
Statistisch gesehen sitzen in jedem Klassenzimmer bis zu 2 Kinder, welche sexuelle Gewalt erleben oder in der Vergangenheit erlebt haben. Die Zahlen gehen eher hoch statt runter. Um sich als Schule präventiv mit den Thema „Sexuelle Gewalt“ auseinanderzusetzen, der Handlungsunsicherheit entgegenzuwirken und eine Enttabuisierung zu erreichen, werden Schutzkonzepte an Schulen entwickelt. Was sind die Bestandteile eines Schutzkonzeptes? Wer macht mit? Wie wird es an Schule nachhaltig verankert und wo gibt es Unterstützung? Nach einer kurzen Einführung in das Thema „Sexuelle Gewalt“ beschäftigt sich der Vortrag mit der Beantwortung all dieser Fragen.
Christina Reuter absolvierte von 1995 bis 1999 das Studium Grundschullehramt und Schulpsychologie in Eichstätt. Ihr Referendariat legte sie von 2001 bis 2003 in Landsberg am Lech und Starnberg ab. Von 2003 bis 2022 war Frau Reuter Schulpsychologin und Grundschullehrerin in Augsburg. Seit 2022 ist sie Institutsrektorin an der Akademie für Lehrerforschung und Personalführung in Dillingen an der Donau. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Pädagogik, Psychologie und Gesundheitsförderung, besondere Begabungen, Gender und Prävention sexueller Gewalt.
Traditionen erweisen sich als äußerst hartnäckig und änderungsresistent. Das gilt vor allem für solche, die mit Kindheitserinnerungen verbunden sind, selbst dann, wenn die damit einhergehenden Emotionen und Handlungsvollzüge als furchteinflößend erlebt wurden. Als ein Musterbeispiel für die Vereinnahmung einer eigentlich positiv grundierten Heilsgestalt durch die Traditionsgeschichte einer „schwarzen Pädagogik“ kann die Inszenierung des Besuchs des Heiligen Nikolaus und seiner Gefährten um den 6. Dezember herum in Familie, Schule, Gemeinde, Vereinen und Internatserziehung gelten. Die entsprechenden Darstellungen und autobiografischen Berichte verdeutlichen auf erschreckende Weise, mit welcher Selbstverständlichkeit die moralisierenden und demütigenden Begleiterscheinungen dieses vorweihnachtlichen Festrituals nicht nur akzeptiert wurden, sondern den emotionalen Kern des Geschehens bildeten. Was frappiert und entsetzt: dass auch heute noch vielerorts die Inszenierung des Nikolausbesuchs nach den Modalitäten einer schwarzen Pädagogik vonstattengeht.
Prof. Dr. Hans Mendl promovierte 1995 zum Dr. theol. mit der Dissertation "Literatur als Spiegel christlichen Lebens. Religiöse Erzählungen katholischer Autoren von 1750 - 1850". Seit 1999 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Passau, jetzt Department für Katholische Theologie an der Universität Passau. Seine Forschungsschwerpunkte sind Konstruktivismus-Theorien, die konzeptionelle Entfaltung eines performativen Religionsunterrichts und ein Lernen an fremden Biografien mit dem Fokus auf „Helden des Alltags“. Er ist Mitherausgeber des Religionsbuchs für den gymnasialen Religionsunterricht „Religion vernetzt PLUS“ und engagiert sich im Bereich der Lehrerfort- und -weiterbildung.
Im Oktober haben Bund und Länder das Thema Aktuelle Forschungen zu Sexueller Gewalt und Schule als zentrales Thema für die Weiterentwicklung von Schule adressiert.
Das Forschungsprojekt „SeBiLe – Sexuelle Bildung für das Lehramt“ hält für die weitere Entwicklung Empfehlungen bereit: Aufbauend auf einer großen quantitativen Studie unter Lehrkräften und Lehramtsstudierenden und ergänzenden Interviews mit Lehrkräften wurde ein Curriculum für die Thematisierung von Sexueller Bildung und die Prävention sexualisierter Gewalt für das Lehramtsstudium entwickelt. Angelegt als Pilotprojekt sollen ausgehend von SeBiLe die Themen Sexualität und Prävention von sexualisierter Gewalt an möglichst vielen Standorten in die Ausbildung, aber auch die Fort- und Weiterbildung von angehenden und tätigen Lehrer*innen eingehen.
Online zugeschaltet
Wie kann eine Schule Schutz- und Kompetenzort gleichermaßen sein? Der Vortrag von Kerstin Claus behandelt unter anderem die Fragen, welche Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen ergriffen werden müssen, wer welche Verantwortung für Kinderschutz trägt und wie ein Verhaltenskodex oder Schutzkonzept zu mehr Handlungssicherheit im Kollegium führen kann. Damit wird ein gesellschaftspolitischer Bogen gespannt, der eine klare Verbindung zur Rolle von Schulen und pädagogischen Fachkräften im Themenfeld aufweist.
Die Journalistin und Organisationsberaterin Kerstin Claus ist am 30.03.2022 vom Bundeskabinett zur Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) berufen worden. Ihre Amtszeit beträgt 5 Jahre.
Zuvor war sie u. a. als Redakteurin bei ZDF heute, beim SWR-Hörfunk, beim Deutsche Welle TV und für diverse Projektarbeiten bei der Heinrich-Böll-Stiftung (Südafrika) tätig. Kerstin Claus engagiert sich seit Jahren haupt- und ehrenamtlich gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Sie war u. a. Mitglied im Betroffenenrat beim UBSKM (2015 – 2022) und im Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen (2019 – 2022) und berät Politik und Institutionen zum Themenfeld der sexualisierten Gewalt an Kindern.
Hinsehen & Schützen, diese beiden Schlagwörter machen deutlich, dass es einerseits nötig ist, Kinder und Jugendliche zum Schutz vor sexualisierter Gewalt individuell zu stärken. Andererseits müssen für diesen Schutz zudem die Erwachsenen in Verantwortung genommen werden. Insbesondere auch, indem in der jeweiligen Organisation und Institution das Thema sexualisierte Gewalt strukturell eingebunden ist, so wie es im Bistum Passau seit Jahren praktiziert wird (z. B. kirchliche Jugendarbeit).
Die Zuhörer:innen sollen durch den Besuch der Veranstaltung einen theoriegeleiteten und praxisorientierten Einblick erhalten, wie das Bistum Passau den Anspruch von „Hinsehen & Schützen“ umsetzt und warum es sich grundsätzlich lohnt, Präventionsmaßnahmen zu implementieren. Sie erhalten aber auch persönlich die Möglichkeit, im Hinblick einer Professionalisierung im eigenen (Arbeits-)Umfeld, sich mit dem Themengebiet Nähe und Distanz auseinanderzusetzen.
Bettina Sturm ist seit 2019 im Bistum Passau als Präventionsbeauftragte für Prävention sexualisierter Gewalt zuständig.
Sie studierte Sozialpadagogik und Caritaswissenschaften und war vor ihrer Arbeit beim Bistum 18 Jahre lang als Beraterin in einer Beratungsstelle des Diözesancaritasverbandes tätig.
Am 24. Januar 2024 laden wir zu einer Podiumsdiskussion ein. Moderiert wird die Veranstaltung von Katrina Jordan, neben dem Präsidenten der Universität Passau werden auch Dr. Christian Baumgartner von Weißer Ring, Kerstin Harant von IGEL e.V. Passau, Herbert Hugger vom TV Passau sowie Anneliese Fraser, ZLF-Geschäftsführerin und stellvertretende Leitung des ZLF-Arbeitskreis Heterogenität und Diversität am Podium sein. Unter dem Titel „Keine Macht der Gewalt“ werden Projekte und Ansprechpersonen in und um Passau zu Wort kommen.
Univ. Prof. Dr. Christina Hansen studierte Bildungswissenschaft und Psychologie in Wien. Von 2003-2007 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sonderpädagogik an der Universität Wien, von 2007-2010 hatte sie eine Professur für Begabungsforschung an der Universität Karlsruhe inne.
Seit 2010 ist Hansen Lehrstuhlinhaberin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Diversitätsforschung und Bildungsräume der Mittleren Kindheit an der Universität Passau. Darüber hinaus ist sie wissenschaftliche Leiterin der Abteilung Internationalisierung der Lehrerbildung am ZLF Passau. Seit 2020 ist sie Mitglied im wissenschaftlichen Qualitätssicherungsrat der österreichischen Bundesregierung.
Hansen war bis August 2020 Vizepräsidentin für Hochschulbildung, seit September 2020 ist sie Vizepräsidentin für Internationalisierung, Europa und Diversität.
Ihre Forschungsschwerpunkte sind Diversitätsforschung, Bildung und (sozialer) Raum, Professionalisierung sowie Internationalisierung der Lehrer*innenbildung.
Kontakt
Regine Fahn
Stabsstelle Diversity und Gleichstellung, Raum JUR 003
E-Mail: regine.fahn@uni-passau.de, Telefon: +49(0)851/509-1122
Die Ringvorlesung wird gefördert von Prof. Dr. Christina Hansen, Vizepräsidentin der Universität Passau.