Die einzelnen Veranstaltungen der Reihe
Ein virtueller Brückenschlag aus der europäischen Universitätsgeschichte in die Zukunft der Universität Passau
Die Entwicklung der Universität vollzieht sich in mehreren Etappen (Universitäten des Hohen Mittelalters; landesherrliche Universitäten in der Zeit nach der Reformation; die Institutionalisierung der Aufklärung mit der Humboldtschen Universität; die Ausdifferenzierung des Wissenschaftssystems heute).
Universitäten sind Institutionen zur Neuformierung, Weitergabe und Prüfung des Wissens einer Gesellschaft. Elemente aus den verschiedenen Etappen fließen in die Idee der Universität heute ein.
Universitäten können heute nicht allen Aufgaben, die an sie gestellt werden, gerecht werden. Zu beobachten ist eine „Überdehnung“. Deshalb ist eine Konzentration auf sorgfältig gewählte Aufgaben erforderlich.
Münkler schlägt für Passau vor, die „hausinterne Exzellenz“ zu stärken. Dies kann in Gestalt einer Graduiertenakademie sowie einem Institute for Advanced Studies geschehen. Ziel ist es, Forscherinnen und Forscher Zeit zu gewähren, um eigene Forschungsvorhaben voranzutreiben und gleichzeitig die Identifikation mit der eigenen Universität zu stärken.
Die vier großen Aufgaben einer zukunftsfähigen Universität
Ulrike Beisiegel skizziert in ihrem Zuruf vier große Aufgaben, vor denen Universitäten heute stehen. Diese Aufgaben müssen sie anpacken, wenn sie sich als relevante Bildungseinrichtungen weiterentwickeln und ein unverzichtbarer Akteur im gesellschaftlichen Transformationsprozess bleiben wollen. Dies gilt auch für die Universität Passau.
Zu diesen Aufgaben zählt zuerst eine professionelle Governance der Universität. Diese muss sich ausrichten an dem ausbalancierten Zusammenwirken von institutioneller Autonomie, akademische Freiheit und Verantwortung. Sie baut auf eine gute Zusammenarbeit von Wissenschaft, Gremien und Verwaltung und hat immer das Gesamtinteresse der Universität im Auge. In diesem Sinne geht es um die partizipative Leitung eines „akademischen Unternehmens“.
Zum zweiten geht es um die Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen für inter- und transdisziplinäre Forschung. Dabei ist die Balance zwischen fachlicher Tiefe und interdisziplinärer Breite zu wahren und immer wieder neu zu justieren. Für bestmögliche wissenschaftliche Ergebnisse sind Kooperationen mit anderen, nationalen und internationalen Wissenschaftseinrichtungen wichtig.
Im Bereich Lehre und Studium erkennt Beisiegel drittens die Notwendigkeit einer forschungsorientierten interdisziplinären Lehre, um später wissenschaftsbasiert zu handeln und in verschiedensten Bereichen arbeiten zu können. Dies erfordert eine anspruchsvolle Umstellung der Curricula, kooperativ durch die Fakultäten. Ebenso wichtig ist im Studium die Ausrichtung auf Kompetenzorientierung und Persönlichkeitsentwicklung.
Nicht zuletzt ist die Kooperation mit allen anderen Bereichen der Gesellschaft und ein Wissenstransfer im Rahmen der sogenannten ‚third mission‘ eine wichtige Aufgabe der Universitäten. Als zentrale Akteure der Wissenschaft müssen Universitäten auch relevanter Teil einer Bildungsgesellschaft sein und die Verantwortung der Wissenschaft für die Gestaltung der Zukunft übernehmen.
Qualität heißt mehr Individualität und weniger Verschulung
Nach der Auffassung von Ernst Ulrich von Weizsäcker ist das heutige System der hochschulischen Bildung zu sehr – und sogar zunehmend – verschult. Dies zeigt sich auch in den Bachelor-Studiengängen, die ein wesentliches Element der Bologna-Reform sind.
Ernst Ulrich von Weizsäcker plädiert dafür, diese Verschulung des universitären Studiums rückgängig zu machen. Dies will er vor allem für das Bachelor-Studium erreichen. Er bezieht sich dabei auf sein Buch „Baukasten gegen Systemzwänge. Der Weizsäcker-Hochschulplan“, das er vor 50 Jahren publiziert hat und das nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat.
Das Ziel, mehr Individualität im Studium zu erreichen, muss einhergehen mit der Steigerung der Qualität. Dies kann nach von Weizsäcker nur erreicht werden, wenn das Studium mit Tugenden wie Eigenständigkeit, Neugier, Teamarbeit und Mut zum Widerspruch verbunden wird.
Bei dieser Neuorganisation des Studiums ist es wichtig, dass methodisches Vorgehen respektiert wird. Methoden aber sind disziplinär verankert. Ohne die Konzentration auf ein Hauptfach kommt auch Weizsäcker nicht aus. Aber er plädiert dafür, dass das Hauptfach, das 50 % der Studienleistungen ausmachen soll, ergänzt wird durch andere Fächer. Beispielsweise könnte Physik ergänzt werden durch Mathematik und Chemie und einen komplett freien Anteil von 25 %. Jede und jeder Studierende sollte sich dies selbst zusammenstellen, entsprechend der eigenen Neigungen. In inter- und transdisziplinären Herangehensweisen und in den spezifischen Fächerkombinationen kann sich die geforderte Individualität ausdrücken.
Universitäre Forschung: Quo vadis?
Forschungsstärke ist nach Bischof ein wichtiges Ziel von Universitäten. Eine Forschung mit diesem Ziel ist vor allem grundlagenorientierte Forschung. Diese ist nicht primär an Verwertung und gesellschaftlichem Impact orientiert.
Das Alleinstellungsmerkmal von Universitäten ist die Verbindung exzellenter Lehre mit exzellenter Forschung. Damit unterscheidet sie sich von außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Eine exzellente Forschung bedarf „frischer Ideen“ von jungen Leuten mit ihren Dissertationen. Diese sind nach Bischof das „Backbone“ exzellenter Forschung. Mit strukturierten Promotionsprogrammen werden dem wissenschaftlichen Nachwuchs gute Bedingungen geboten. Dies können nur Universitäten leisten.
Exzellente universitäre Forschung ist auch ein Standortfaktor. Forschungsaffine Unternehmen und die besten Köpfe werden angezogen. Der globale Wettbewerb ist dabei ein wesentlicher Faktor. Die universitäre Forschung ist damit auch ein Teil der regionalen Wirtschaftspolitik.
Eine Universität, die forschungsstark werden will, muss Forschung auf allen Ebenen fördern, die Förderung kompetitiv gestalten und die Zusammenarbeit über die Grenzen der Disziplinen hinweg im Auge haben. Wichtige Instrumente sind dabei die wettbewerblich organisierte Anschubfinanzierung, die Förderung von Promotionsprogrammen, die Bereitstellung von Forschungsinfrastruktur und die internationale Vernetzung.
Eine forschungsstarke Universität kann nur aufgebaut werden, wenn die Forschung mit der Lehre verknüpft ist.
Gesellschaftliche Herausforderungen als Impuls für die Entwicklung der Universität
Alle Macht dem Präsidium: Von der Herrschaft der Ordinarien zur total administrierten Universität?
In seinem Zuruf versammelt Richard Münch die Ergebnisse seiner empirisch gesättigten Forschung zum deutschen und internationalen Hochschulsystem. Das neue bayerische Hochschulinnovationsgesetz fügt sich in Entwicklungen ein, die für ihn schon länger zu beobachten sind.
Der Wettbewerb, ein Charakteristikum jeder Wissenschaft als Wettbewerb zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, findet zunehmend als Wettbewerb zwischen Universitäten statt. Es geht nicht mehr nur um Wahrheit, sondern auch um Prestige.
Es entsteht eine akademische Drei-Klassen-Gesellschaft mit unterschiedlichen Freiheitsgraden und eine Differenzierung zwischen kleinen, mittleren und großen Universitäten. Hinzu kommt, dass die großen, prestigeträchtigen Universitäten die meisten Forschungsmittel einsammeln und im Wettbewerb um die besten Köpfe die Nase vorne haben.
Münch zeigt auch, wie die Universitäten im Wettbewerb untereinander immer mehr auf externe Formen der Qualitätssicherung zurückgreifen. Es gibt den Trend zur Audit-Universität. Dabei wird deutlich: starke Universitätsleitungen brauchen eine starke Administration.
Der Trend in Richtung Einwerbung von Drittmittel für die Forschung führt zu einer Stärkung der bereits Starken („wer hat, dem wird gegeben“). Es gibt mehr Forschungsverbünde und weniger Einzelforschung. Der Weg in Richtung unternehmerischer Universität führt weg von der Selbstbestimmung und hin zur Fremdbestimmung.
Im Vergleich der Universitätsentwicklung der Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg macht Münch deutlich, dass der baden-württembergische Weg mit einer multipolaren Struktur (mehrere gleichrangige Universitäten) mit Blick auf den Exzellenzwettbewerb der erfolgreichere sei. Die gegenwärtige Entwicklung in Bayern würde wieder zurück in einen Zentralismus Münchener Universitäten führen.
Deutlich werden. Wissenschaftsskepsis und Wissenskommunikation im Anthropozän
In ihrem Zuruf beschreibt Eva Horn das Auftreten von „Besserwissern“ in den gesellschaftlichen Diskursen zum Klimawandel und zur Covid19-Pademie. Diese „Besserwisser“ üben Wissenschaftskritik, die sich wissenschaftlich gibt. Oft sind es Personen mit akademischen Titeln und Menschen, die sich selbst informieren. Insofern sei dies ein legitimes Vorgehen. Denn es sollte gerade der Alternativlosigkeit von Entscheidungen, die die Politik gerne mit wissenschaftlicher Erkenntnis begründet, etwas entgegengesetzt werden.
Doch diese Wissenschaftskritik beruht auf parasitärem Wissen, sie personalisiert, benutzt die Massenmedien und kann sich nicht auf eigene wissenschaftliche Forschung berufen. Der Dissens zur offiziellen wissenschaftlichen Wahrheit würde vielfach zu einer konkurrierenden Wissenschaft mit alternativen Fakten führen.
Für Horn hat diese Wissenschaftsskepsis auch einen Grund in der Wissenschaft selbst. Es ist nicht einfach nur schlechte Kommunikation, sondern Ausdruck dafür, wie Wissenschaft funktioniert. Die Naturwissenschaften würden sich vielfach als unpolitisch verstehen, während doch ihre Ergebnisse in öffentlichen Diskursen begierig aufgenommen und oft tendenziös interpretiert werden. Hinzu kommt, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler primär ins eigene Fach hinein kommunizieren und einen ausgeprägten Fachjargon wählen. Zudem gebe es eine Prämie für Spezialisierung und für kleine Fächer. Popularisierung würde bestraft, public intellectuals häufig nicht anerkannt.
Frau Horn stellt die Frage in den Raum, was zu tun sei, angesichts des Aneinandervorbeiredens und der von den Medien befeuerten Wissenschaftsskepsis. Sie schlägt vor, die Popularisierung wissenschaftlicher Erkenntnis besser zu honorieren und sie intellektuell aufzuwerten. Das Thema Third Mission sollte z. B. bei Berufungsverhandlungen einen bedeutsameren Stellenwert haben. Zudem würde es genügend kluge und gebildete Laien als Adressatinnen und Adressaten geben. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollten multidisziplinäre Sichtweisen bei ihren Themen pflegen und sich nicht scheuen, auch epistemische Konfliktzonen zu benennen.
Die universitäre Medizin auf dem Weg in die neue Approbationsordnung
Die moderne Universität: eigenverantwortlich – wettbewerbsfähig – engagiert in der Talentförderung
In seinem Beitrag schildert Bernd Sibler, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, den Kontext sowie die zentralen Inhalte und Anliegen des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes, das voraussichtlich im Herbst/Winter 2021/22 vom Bayerischen Landtag beschlossen wird.
Staatsminister Sibler stellt das Gesetz als Teil der Hightech Agenda Bayern (HTA) vor, die im Oktober 2019 auf den Weg gebracht worden ist. Die HTA hat das Ziel, die Hochschulen zukunftsfest zu machen, gerade auch mit Blick auf den sozialen und ökonomischen Wohlstand im Freistaat.
Der Minister macht deutlich, dass die Stärkung der Forschung nicht mit einer Ökonomisierung der Universitäten einhergeht. Wesentliche Anliegen des Hochschulinnovationsgesetzes sind es, die 2.500 Stellen, die im Rahmen der HTA geschaffen wurden, beschleunigt zu besetzen, die Karrierewege für den Mittelbau zu verbessern, die Hochschulaufgabe des Transfers neu auszurichten, die Frauenförderung zu stärken und den Hochschulen mehr Freiheit bei der Gestaltung ihrer Strukturen zu geben. Der Transferbegriff wird dabei nicht ökonomisch verengt, es geht vor allem um den Transfer von Know-how. Daneben sollen auch Ausgründungen noch besser unterstützt werden, etwa indem Studierende mit ihren start-ups auf die Infrastruktur der Hochschulen zugreifen können.
Staatsminister Sibler geht auch auf kritische Stimmen zum neuen Gesetz ein. Hier betont er noch einmal, dass die „unternehmerische Hochschule“ nicht Ziel des Gesetzes sei. Dies betrifft die Stellung der Beschäftigten ebenso wie die externe und interne Governance. Der Freistaat Bayern bleibt Arbeitgeber und für alle Beschäftigten gilt weiterhin das gewohnte Tarifrecht. Neu ist, dass die Hochschulen die Möglichkeit bekommen, die eigene Rechtsform selbst zu wählen. In der internen Governance soll die akademische Selbstverwaltung unter Wahrung bekannter Strukturen wie der Universitätsleitung, des Universitätsrats oder des Senats gestärkt werden.
Das Hochschulinnovationsgesetz soll den Charakter der Universitäten als zentrale Bildungseinrichtungen stärken, ihnen neue Gestaltungsfreiheiten gewähren und sie in einer sich rasant wandelnden Welt zeitgemäß weiterentwickeln.
Die unternehmerische Universität
Die Universität als Ort des bewussten Widerspruchs
In ihrem Zuruf begründet Frau Doering-Manteuffel, warum Universitäten Orte des bewussten Widerspruchs sind und weshalb die Universitäten als Bildungseinrichtungen den Bürgermut zum bewussten Widerspruch als gesellschaftspolitisches Projekt fördern müssen.
Der bewusste Widerspruch ist elementarer Teil der universitären Forschung. Abzuwägen, sich mit gegenteiligen Gedanken, mit der anderen Seite zu befassen, die Dinge aus einer anderen Warte zu sehen, ist Bestandteil der Suche nach Wahrheit. Der bewusste Widerspruch gehört damit zur Vernunftlehre und ist Teil eines Methodenprogramms, das vielen Wissenschaften innewohnt.
Die Wissenschaft muss aber auch bereit sein, falsche Behauptungen zu widerlegen, ihnen zu widersprechen. Dies galt z.B. für den europäischen Okkultismus während der Zeit der Aufklärung – und es gilt auch im Zeitalter der Fake News heute. Zum okkulten Denken als Widerspruch zum wissenschaftlichen Denken hat Frau Doering-Manteuffel die Ergebnisse ihrer Forschung in zahlreichen Publikationen vorgelegt. Auch heute gilt es, den Fake News zu widersprechen. Dazu muss man sich mit ihren Mustern beschäftigen. Die Wissenschaft ist gefragt, weil dabei ein Alltagswissen nicht ausreicht.
Wann aber ist Widerspruch angebracht, wann wird er gar zur Pflicht? Doering-Manteuffel versteht die Universitäten als Ausbildungsstätten für den bewussten Widerspruch. Sie sollen Bürgermut fördern und nicht nur die Suche nach Wahrheit anleiten. Gesellschaftspolitischer Widerspruch ist angebracht, wenn moralische Prinzipien verletzt werden, wenn wissenschaftliche Forschungsergebnisse unser Zusammenleben tiefgreifend verändern, ohne dass dies diskutiert und politisch legitimiert wird. Doering-Manteuffel fordert daher ein Pflichtfach an allen Universitäten: Mit Public Understanding of Science sollte das öffentliche Verständnis von spezialisiertem Fachwissen verbessert werden.
Die Stadt als Campus
In seinem Zuruf reflektiert Prof. Schneidewind seinen Rollenwechsel vom wissenschaftlichen Geschäftsführer des Wuppertal Institut Klima, Umwelt, Energie zum Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal. Dieser Rollenwechsel hat sehr viel mit seinem Wissenschaftsverständnis zu tun. Dieses führt ihn dazu, die Studierenden dazu zu bewegen, dort die Stadt Wuppertal und auch hier Passau als Campus zu begreifen und sich während des Studiums einem praktischen Problem auf diesem Campus zu widmen.
Schneidewind geht davon aus, dass Studierende gerade an den kleineren Universitäten mit ganz praktischen Fragen ihr Studium beginnen. Die Fakultäten hätten die Aufgabe, sie mit disziplinärem Rüstzeug zu versehen und sie gleichzeitig anzuleiten, wie sie zu Lösung dieser Fragen mit anderen Disziplinen produktiv zusammenarbeiten können.
Die Wissenschaft sieht Schneidewind in den letzten Jahrzehnten vor der Herausforderung, die fundamentalen gesellschaftlichen Veränderungsprozesse methodisch adäquat zu erfassen. Er schlägt dazu vor, trans- und interdisziplinär vorzugehen. Die konkreten Fragen machen es nötig mit anderen Disziplinen zusammenzuarbeiten und auch über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Um diese fundamentalen und beschleunigten Veränderungsprozesse zu bewältigen sind Gesellschaft und Politik auf wissenschaftliches Wissen angewiesen. Schneidewind plädiert dafür, gesellschaftliche Experimentalräume (Reallabore) einzurichten, in denen Lösungen für diese Veränderungen erprobt werden können.
Die Universität bekommt damit einen ganz neuen Bezug zu ihrer Umgebung. Die Dimension des Transfers muss neu gedacht werden. Der Elan und die reflexive Power junger Studierender wird genutzt und aus Third mission könnte First mission werden.
Auf die Verständigung kommt es an!
Die Hauptaufgabe von Universitäten ist, die Verständigungsfähigkeit zu fördern, im doppelten Sinne: Zum Verstehen beitragen und sich verständigen wollen. Kurz:
Auf die Verständigung kommt es an!
In ihrem Zuruf begründet und erläutert Frau Schwan ihre These, dass es die wichtigste und vornehmste Aufgabe der Universitäten sei, zur Verständigung der Gesellschaft beizutragen. Für dieses Ethos existieren Freiräume, die nur die Universitäten haben. Sie sind in dieser Perspektive dazu aufgerufen, sich nicht an partikularen Interessen zu orientieren.
An Universitäten wird Wissenschaft betrieben und diese ist der Suche nach Wahrheit verpflichtet. Das, was ist, sollte erkannt werden mit dem Ziel, sich in der eigenen Lebenswelt zurechtzufinden. Dieser Prozess wird durch die Neugier der Menschen angetrieben und er hat auch zu funktionalen Ausdifferenzierungen geführt, indem Wissenschaft nun beispielsweise neben dem Recht, der Politik und der Religion steht.
Mit dem Bologna-Prozess ist die Wissenschaft – und sind Universitäten – stärker in den Dienst ökonomischer Wettbewerbsfähigkeit genommen worden. Frau Schwan hält diesen Weg für eine gefährliche Verengung. Sie ruft dazu auf, diese zu überwinden und den ursprünglichen Sinn von Wissenschaft und die Aufgaben der Universität, wie sie von Wilhelm von Humboldt beschrieben worden sind, wieder in den Mittelpunkt zu stellen.
Erkennen der Realität und Verständigung sind für Schwan die beiden Elemente, die den Weg aus dieser Verengung weisen. Die Endlichkeit des Planeten Erde führt dazu, dass die Menschen ihr Handeln immer auch an langfristigen Folgen auszurichten haben. Und die Universitäten sollen Lehre und Forschung an gesellschaftlichen Verständigungsprozessen ausrichten. Dabei sollen die Spezialisierungen in der Forschung nicht rückgängig gemacht, doch die systemischen Zusammenhänge stärker in den Mittelpunkt gestellt werden. Für diese Aufgabe können die universitären Freiräume genutzt werden. Ebenso wichtig ist aber auch die Grundhaltung des Sich-verständigen-Wollens.
Eine politische Idee der Universität heute?
In seinem Zuruf macht Manfred Brocker klar, dass Universitäten (1.) Einrichtungen der Zukunftssicherung und -gestaltung sind. Um diese Rolle besser erfüllen zu können, müssen ihre Spielräume erweitert werden. Für die Universitäten bedeutet dies in politischer Hinsicht, stärker als „Lobbyisten in eigener Sache“ aufzutreten: für deutlich höhere Budgets, für Forschungsfreiheit, für institutionelle Autonomie. Sie haben (2.) die Aufgabe, die Suche nach Wahrheit in der Politik zu unterstützen und den politischen Diskurs mit ihren Mitteln reinigen zu helfen, weil die Demokratie eine wissensbasierte Regimeform ist. Universitäten und Wissenschaft sind „Hüter der Wahrheit“. Die Suche nach Wahrheit erfordert methodischen Zweifel, um Behauptungen prüfen und bewerten zu können. Brocker fordert dazu auf darüber nachzudenken, ob nachweisbar falsche Behauptungen im öffentlichen Raum nicht in gravierenden Fällen von den Universitäten gerügt und sanktioniert werden sollten.
Universitäten sind (3.) globale Einrichtungen und haben eine internationale Ausrichtung. Nach Brocker sollen sie sich aber auch als regionale und lokale Institutionen verstehen, weil die beschriebenen politischen Aufgaben hier am ehesten erfüllt werden können. Universitäten müssen in beiden Dimensionen gleichermaßen aktiv sein: Forschung und Lehre sind international ausgerichtet, während der Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern und der Politik vor allem auf der nationalen und subnationalen Ebene geführt wird.
Simon Pagany
Matthias Eckmann
Die Studentische Vizepräsidentschaft an der Zeppelin Universität - früher und heute
In ihrem Zuruf stellen Simon Pagany, erster Vizepräsident, und Matthias Eckmann, gegenwärtiger 11. Vizepräsident an der Zeppelin Universität (ZU) das Amt und die Stellung des studentischen Vizepräsidenten an der Zeppelin Universität vor.
Das Amt des studentischen Vizepräsidenten an der ZU hat sich in den letzten 10 Jahren etabliert. Es wurde durch das Präsidium ausgeschrieben und Simon Pagany hat die neue Position mit einer Reihe von Themen konturiert. Wichtig war dabei auch, Akzeptanz von der Seite der Studierenden zu erreichen. Der Einstieg wurde durch das Präsidium leicht gemacht. Die konzentrierte Mitarbeit im Präsidium unterscheidet sich von den anderen Formen der studentischen Vertretung.
Matthias Eckmann stellt die weitere, erfolgreiche Etablierung des Amtes vor und berichtet von der breiten Themen- und Aufgabenpalette des studentischen Vizepräsidenten an der ZU. Die Stelle wird inzwischen regelmäßig ausgeschrieben und bei der Auswahl haben die studentischen Senatorinnen und Senatoren eine wichtige Stimme. Zentrale Aufgaben bestehen drin, in den Gremien präsent und sensibel für die Anliegen der Studierenden zu sein. Ebenso wichtig ist es, Stimmungen aufzunehmen und den Präsidenten über drängende Themen zu informieren.
Das Amt des studentischen Vizepräsidenten hat sich in den nun bestehenden 11 Jahren als erfolgreich erwiesen. Es hat sich etabliert und die studentischen Vizepräsidenten nehmen eine Fülle von Aufgaben wahr, die das Studieren an der ZU attraktiv machen.