Schulprojekt Tina Sträußl
"Heilige" als Vorbilder
M1: Beschreibung des Projekts
Verortung im Lehrplan
Das Thema „Heilige als Vorbilder(?)“ taucht zwar nicht direkt im Lehrplan für bayerische Gymnasien auf, aber es lässt sich trotzdem sehr gut in den Themenbereich „Zwischen Nähe und Distanz – Jugendliche begegnen der Kirche“ der 8. Jahrgangsstufe einordnen, da die „großen Heiligen“ einen bedeutenden Platz in der katholischen Kirche einnehmen und sich mit ihrem Lebensbild sehr stark vom Lebensalltag der Jugendlichen heute unterscheiden (Vgl. Staatsinstitut München, Homepage). Denn die Heiligen wirken fremd, unnahbar und nicht mehr zeitgemäß, distanziert von einem Leben in der heutigen Welt.
Zielhorizont und zentrale Kompetenzen
*Die Schüler sollen ihre Vorstellung von einem typischen Heiligen zum Ausdruck bringen und erkennen, dass ihre Sicht verzerrt ist
*Die Schüler sollen wissen, welche Funktion die katholische Kirche den Heiligen zuschreibt und dass die Heiligkeit der Auftrag aller Christen ist
*Die Schüler sollen erkennen, dass ein Nachahmen der großen Heiligen nicht möglich, aber auch nicht nötig ist
*Die Schüler sollen die wahre Bedeutung der „Gemeinschaft der Heiligen“ verstehen und die „großen Heiligen“ als Helfer auf dem eigenen Weg zur Heiligkeit wahrnehmen
*Die Schüler sollen Personen aus dem Nahbereich finden, die in ihren Augen „heilig“ sind/ handeln und somit für sie Alltagshelden/ “Local Heroes“ sind
*Die Schüler sollen über ihren eigenen Weg zur Heiligkeit und dabei für sie wichtige Werte nachdenken
M2: Verlaufsschema im Überblick
Zeiteinheit: ca. 90 min.
Zeit | Artikulation | Unterrichtsverlauf | Organisation |
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2 Min. | Einstieg | S basteln unter Anleitung von L Leporello, schreiben Seitenzahlen auf jede Seite L erklärt grob weitere Vorgehensweise mit Leporello | Einzelarbeit Material: Pro Schüler ein halbiertes DIN-A 1-Kartonpapier |
8 Min. | Motivation | S zeichnen ein Bild auf zweite Seite des Leporellos, wie sie sich einen typischen Heiligen vorstellen: Gestalt, Größe, Attribute, Wesenseigenschaften,… (Überschrift auf der Seite wird noch frei gelassen) L legt dazu meditative Musik ein | Einzelarbeit Material: Buntstifte, Wachsmalkreiden, Fineliner, Bleistifte, Leporello |
12 Min. | Erarbeitungsphase | 1) Mündlich wird kurz gesammelt, welche Eigenschaften S Heiligen zuschreiben, wie Heilige für sie „aussehen“ L: zeigt anschließend Folie mit Bildern von Heiligen(-figuren) | L-S-Gespräch
Materialien: |
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| 2) L: teilt Klasse in 4 Gruppen auf; jede Gruppe erhält einen selbst erstellten, kurzen Steckbrief von einem typischen und bekannten Heiligen (Hl. Nikolaus, Hl. Florian, Hl. Martin oder Hl. Franziskus) S erhalten Auftrag, mit je einer Person aus den anderen Gruppen zusammenzugehen und sich gemeinsam die Steckbriefe durchzulesen --> Auffälligkeiten/gemeinsame Merkmale herausarbeiten | DIN-A 5 Blätter mit kurzen Stichpunkten zu den Heiligen (Name, Titel, Geschlecht, Familienstand, Geistliches Amt, Heiligsprechung, Heilig, weil…; noch lebend oder bereits verstorben)
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| 3) S dürfen Steckbrief auf der dritten Seite des Leporellos einkleben; Überschrift: „Typisches Leben eines Heiligen…“ | Leporello, Kleber, Stifte |
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| 1) L erklärt, dass Heilige besonderen Stellenrang in der katholischen Kirche haben --> Verweis auf Heiligsprechung | L-Vortrag
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| --> Gotteslob, Nr. 241: „An ihnen lässt sich ablesen, was es heißt, Jesus nachzufolgen“ | Material: |
15 Min. |
| 2) L: Verweis auf den Auftrag zur eigenen Heiligkeit (Bibel: Lev 19,2) | Bibel |
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| 3) S schreiben Mitteilung an einen Mitschüler, in dem sie ihre Gedanken zu ihrem Auftrag der Heiligwerdung zum Ausdruck bringen Thema: „Ich soll ein Heiliger werden?!“ | S-Schreibgespräch
Materialien: DIN-A 5 Blätter, Stifte, Fineliner |
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| --> wird auf Seite 4 des Leporellos unter gleichnamiger Überschrift eingeklebt | Leporello, Stifte, Kleber |
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| Ein, zwei Mitteilungen werden anschließend vorgelesen. | L-S-Gespräch |
15 Min. | Sicherungsphase | L klärt auf, dass mit Heiligkeit nicht Nachahmung von Heiligen gemeint ist, sondern dass die Heiligen zur Orientierung für den eigenen Weg zur Heiligkeit dienen L erklärt, dass Darstellungen von Heiligen problematisch und verzerrt sind (Beispiel: Bilder auf Folie; Legende eines Heiligen, z.B. hl. Martin) S ergänzen Überschrift auf zweiter Seite des Leporellos: „Der Heiligen Schein“ | L-Vortrag
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| L stellt in einem Tafelbild die wahre Bedeutung der „Gemeinschaft der Heiligen“ dar --> S übertragen dieses Schaubild in ihr Leporello, S. 5 | Materialien:
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15 min. | Transferphase | L verteilt auf ein paar Tischen Berichte über beispielhafte Local Heroes (z.B. zum Thema Fairness, Ehrlichkeit und Nächstenhilfe); S sollen rundum gehen und sich die Local heroes genauer anschauen S sollen nachdenken, welche „kleinen Helden“ ihnen aus ihrem Alltag einfallen | Einzelarbeit Materialien:
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| S erstellen eine „Heiligen-Urkunde“ im Leporello (S. 6) : Sie listen --> Personen aus dem Nahbereich --> Local heroes auf, die für sie „heilig“ sind und beschreiben auch, warum diese Personen „heilig“ für sie sind, was sie ausmacht |
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15 Min. | Reflexionsphase | Leporello, S. 7: Überschrift: Auf dem Weg zu meiner Heiligkeit „Das nehme ich mit…“ „Das lasse ich zurück…“ S befassen sich damit, wie sie selbst „heilig“ sein können und möchten: welche Werte und Ideale für sie selbst in ihrem Leben und Handeln wichtig sind, aber auch, wie sie sich nicht verhalten möchten (evtl. in Anlehnung an „typische Heilige“) | Einzelarbeit Material:
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| Anschließend kurzer Austausch über Ergebnisse in 4er-Gruppen | S-S-Gespräch |
8 Min. | Abschlussphase | Kreative und malerische Ausgestaltung der Titelseite und der letzten Seite des Leporellos | Einzelarbeit Material: |
M3: Begründung der Teilschritte und des Gesamtprojekts
Begründung der einzelnen Teilschritte
Zuerst falten die Schüler im Einstieg ihr Leporello selbst und beschriften es mit Seitenzahlen, damit sie die Methode des Leporellos gleich selbst kennenlernen. Dazu wird das halbierte DIN-A-1 Kartonpapier einmal in der Mitte gefaltet und die entstehenden Hälften nochmals in der Mitte gefaltet, sodass nun aufgeklappt je vier Seiten vorne und hinten zur Verfügung stehen. Anschließend erklärt die Lehrkraft noch, dass nun in den weiteren Schritten jede Seite des Leporellos kreativ und durch Malen, Zeichnen oder farbig Schreiben gestaltet wird. Dies soll die Schüler schon mal einstimmen auf das, was sie in den nächsten 90 Minuten erwarten wird.
Der Hauptteil der Unterrichtseinheit ist grob in zwei Hälften eingeteilt. Im ersten Teil, von der Motivationsphase bis hin zum Ende der Erarbeitungsphase ist das Ziel, die Schüler selbst Stück für Stück „erleben“ zu lassen, dass eine Nachahmung der Heiligen nicht möglich ist.
Indem die Schüler ein Bild eines für sie typischen Heiligen malen, wird deutlich, inwiefern ihre Vorstellung von Heiligen geprägt und „gefärbt“ ist durch eine vonseiten der katholischen Kirche scheinbar makellose und überhöhte Darstellung. Demnach liegt dann, wenn ein paar Schüler ihre Bilder im Anschluss kurz präsentieren und erläutern, vermutlich eine Heiligenbeschreibung oder –zeichnung als prächtig und übergroß, ja sogar übermenschlich nahe (Vgl. Mendl 2015, 129). Anhand 4-5 beispielhaften Bildern von Heiligenfiguren in Kirchen oder Heiligenbildern, die ihnen die Lehrkraft auf Folie zeigt, sollen die Schüler typische Merkmale solcher Heiligeninszenierungen herausfinden (z.B. prächtige Kleidung, mit viel Gold verziert, mächtig dargestellt, Attribute) und mit ihrem Bild auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten hin vergleichen.
Dieses erste, oberflächliche Bild, dass die Schüler bislang von Heiligen haben, soll in den nächsten Schritten zunehmend genauer beleuchtet und kritisch hinterfragt werden.
Dazu teilt die Lehrkraft die Klasse in vier Gruppen ein und jeder Schüler erhält je nach Gruppe einen von der Lehrkraft selbst erstellten, kurzen Heiligensteckbrief (Darin werden stichpunktartig Name, Titel, Geschlecht, Familienstand, geistliches Amt und „heilige“ Taten genannt und erwähnt, ob die Person noch lebt oder bereits verstorben ist – Beispiel siehe Materialien). Anschließend findet sich je ein Schüler mit je einem „Experten“ aus den anderen 3 Gruppen zusammen und zu viert vergleichen sie dann die Steckbriefe miteinander und arbeiten Auffälligkeiten bzw. Gemeinsamkeiten heraus. Dadurch sollen die Schüler selbst in einem aktiven Prozess folgende Merkmale der kirchlichen Heiligen erkennen: „Heiliger xy“, männlich, ledig, Bischof/Priester/Ordensmann, heiliggesprochen wegen großer Taten bzw. Wundern, tot (Vgl. ebd. 2015, 50).
Als Ergebnissicherung dieser Aufgabe dürfen die Schüler ihren Heiligensteckbrief auf der dritten Seite im Leporello einkleben und in einem Lehrer-Schüler-Gespräch ihre Beobachtungen schildern. Die Lehrkraft zieht dann als Fazit, dass die Heiligen der katholischen Kirche also alle einem gewissen Grundmuster folgen.
Um den Schülern zu erklären, woher dieses Grundmuster kommt und wo es auch heute noch Bedeutung hat, erzählt die Lehrkraft in einem Lehrervortrag überblicksmäßig vom Prozess und Hintergrund der Heiligsprechungen. Personen müssen, um heiliggesprochen zu werden und damit überhaupt als „Heiliger“ (nach kirchlichem Verständnis) zu gelten, zu Lebzeiten vom Volk besonders verehrt worden sein und mehrere Wunder vollbracht haben, die in einem aufwendigen und sorgfältigen Prozess durch mehrere Instanzen der katholischen Kirche geprüft und abgesegnet werden, ehe eine Heiligsprechung dieser Person überhaupt in Betracht gezogen wird. Letztendlich entscheidet auch allein der Papst über eine Heiligsprechung und vollzieht diese dann in einem feierlichen Gottesdienst. Dieser ganze Aufwand wird betrieben, um sicher zu gehen, dass sich diese Person auch als „heilig“ erweist und nicht jemand willkürlich heiliggesprochen werden kann. Denn schließlich kommt den Heiligen auch eine bestimmte Funktion zu: Sie dienen den Menschen als Beistand in Not und als Fürsprecher bei Gott. Hierbei kann die Lehrkraft auch auf das Gotteslob verweisen, dass ebenfalls den Heiligen eine Funktion zuschreibt: „An ihnen lässt sich ablesen, was es heißt, Jesus nachzufolgen“ (Gotteslob, Nr. 541).
Indem nun auch auf typisch „heilige“ Wesenseigenschaften, die Heiligsprechung und die Bedeutung der Heiligen für uns Menschen eingegangen wurde, sollten die Schüler nun ein umfassenderes und durchaus auch weniger „prächtigeres“ Bild von den Heiligen haben. Denn Ziel der Beschäftigung mit den Heiligen bis zu diesem Schritt ist es, den Schülern bewusst zu machen, wie sehr sich das Leben eines Heiligen von einem schlichten, modernen Menschen der heutigen Zeit und damit von ihnen selbst unterscheidet. Diese Erkenntnis ist jetzt nämlich für die Auseinandersetzung mit dem eigenen Heiligungsauftrag wichtig, was den Abschluss des ersten Teils darstellt.
Mit Verweis auf die Bibel erläutert die Lehrkraft, dass „Heilig-werden“ nicht Schnee von gestern ist, sondern immer noch aktuell und sogar regelrecht ein Auftrag an uns alle ist: „Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig“ (Lev 19, 2). In der Bibel wird also klar ein Heiligungsauftrag an uns Menschen formuliert und die Heiligen, die die katholische Kirche heiliggesprochen hat, haben diesen Auftrag in besonderer Weise bereits erfüllt und sollen uns als Wegweiser für unsere eigene Heiligwerdung dienen. Von daher ist die Beschäftigung mit den Heiligen auch so bedeutend.
Als nächstes erhalten die Schüler die Aufgabe, sich in Form eines Briefes an einen Mitschüler (Auslosen oder Zuteilen sinnvoll, dass auch wirklich jeder Schüler genau einen Brief erhält!) mit ihrem Heiligungsauftrag und den Heiligen als Wegweiser auseinanderzusetzen. Ist es für sie wirklich möglich, so ein Heiliger wie beispielsweise der hl. Franziskus zu werden? Können die Heiligen in ihrer Lebensweise nachgeahmt werden? Oder wollen die Schüler überhaupt heilig werden? Wie denken sie jetzt über die „großen“ Heiligen, nachdem sie sich intensiver damit beschäftigt haben? Sind sie immer noch „tolle, perfekte, himmlische“ Menschen?
Als Abschluss der ersten großen Unterrichtseinheit erhält jeder Schüler den an ihn gerichteten Brief und ein paar Schüler dürfen ihre Briefe vorlesen. Die darin geäußerten Meinungen werden aufgegriffen und in der Klasse diskutiert. Wichtig dabei ist, den Schülern deutlich zu machen, dass ihre Zweifel, die mit Sicherheit auftreten werden, berechtigt und keinesfalls „falsch“ sind!
Die Mehrheit der Schülerschaft wird auch sehr wahrscheinlich die Position vertreten, dass ein Nachahmen der Heiligen für sie selbst nicht möglich und auch nicht erstrebenswert ist, ein Heiligwerden auf diese Art und Weise generell schier unmöglich wirkt und auch von ihnen abgelehnt wird. Dies liegt darin begründet, dass die Heiligen viel zu fern von den Lebensentwürfen der Menschen von heute sind, unter ganz anderen Bedingungen und Zeiten aufgewachsen sind. Dadurch wird ein Nachahmen der Lebensweise von Heiligen erst recht unmöglich (Vgl. ebd. 2015, 129). Und genau zu dieser Erkenntnis sollen die Schüler selbst finden, indem sie sich Gedanken darüber machen und ihre Sicht in einem Brief schildern. Zum Schluss wird der Brief, den die Schüler bekommen haben, in ihr Leporello auf der Seite 4 eingeklebt.
Im zweiten Teil, von der Sicherungsphase bis zum Ende der Transferphase, sollen die Schüler erfahren, dass die katholische Kirche die Heiligen uns Christen nicht zur Nachahmung, sondern zur Orientierung für den Weg zu unserer eigenen Heiligkeit an die Seite stellt und es auch „kleine“ Heilige, zum Beispiel Local Heroes, gibt.
Dazu legt die Lehrkraft nochmals die Heiligenbilder auf der Folie vom Anfang auf und erläutert, dass dieses viele Gold und die Übergröße, mit der die Heiligen dargestellt werden, ein falsches Bild von ihnen vermitteln: vollkommen, makellos, einfach perfekt (Vgl. ebd. 2015, 129). Und auch die Legenden über sie können kaum der Wirklichkeit entsprechen und sind geschönt. Als Beispiel wird folgender Auszug über den hl. Martin vorgelesen und anschließend in der Klasse über die Glaubwürdigkeit dieses Textauszugs diskutiert: „Über niemanden fällt er ein Urteil, niemanden verdammte er, niemandem vergalt er Böses mit Bösem. Denn gegen alles Unrecht hatte er sich mit solcher Geduld gewappnet, dass er, obwohl Bischof, auch von niedrigsten Geistlichen verletzende Worte hinnahm, ohne jene zu bestrafen oder (…) aus seiner Liebe auszuschließen“ (Mendl 2015, 130). Kann so eine Reaktion wirklich menschlich sein? So rein gar nicht böse gegenüber seinen Neidern gewillt zu sein und alles Leid nur stumm zu ertragen? Nein!
Letztlich handelt es sich also nur um „Der Heiligen Schein“ – diese Überschrift wird nun über der Zeichnung zu Beginn ergänzt.
Um sich also an Heiligen orientieren zu können, darf der eigene Blick nicht nur auf die „großen“ Heiligen der Kirche verweilen, sondern muss die ganze und wahre „Gemeinschaft der Heiligen“ in Betracht ziehen, also auch die „kleinen, unscheinbaren Heiligen“. Und diese Gemeinschaft wird in einem folgenden Hefteintrag (Seite 5 des Leporellos) genauer erklärt (siehe Materialien).
Um den darin auftauchenden Begriff der Local Heroes für die Schüler griffiger zu machen, teilt die Lehrkraft ein paar beispielhafte Berichte über Alltagshelden aus der Datenbank „Local Heroes“ des Lehrstuhls für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts der Universität Passau aus (z.B. Stichwort „Fairness“ – Martin Hettmann) und die Schüler lesen sich diese Berichte kurz durch. Ausgehend von diesen alltäglichen Beispielen sollen die Schüler in einer Transferphase überlegen, welche Alltagshelden ihnen aus ihrem Leben einfallen. Dadurch sollen sie erkennen, dass auch sie in ihrem Leben von „kleinen Heiligen“ sprechen können, die ihnen im Gegensatz zu den „Großen Heiligen“ nahe sind und zu denen sie einen Bezug in ihrem Leben haben.
Die Beispiele, die den Schülern eingefallen sind, dürfen sie dann in einer „Heiligen-Urkunde“ auf der sechsten Seite des Leporellos auflisten und die jeweiligen Eigenschaften, die ihre Alltagshelden für sie „heilig“ macht, dazu schreiben. Damit sollen die Schüler Personen aus dem Nahbereich, etwa die Mama oder den großen Bruder, aber auch Local Heroes als „kleine Heilige“ wahrnehmen und sich bewusst nach Beispielen in ihrem Leben umschauen. Dabei können die Eigenschaften, die einen Alltagshelden für die Schüler „heilig“ machen, völlig unterschiedlich sein. Die Schüler sollen dadurch erkennen, dass sie – im Gegensatz zu den „großen Heiligen“, die die katholische Kirche bestimmt – selbst verantwortlich dafür sind, wen sie als „kleinen Heiligen“, als Alltagsheld oder Local Hero erachten und warum. Somit gibt es für jeden einzelnen Schüler ganz persönliche Alltagshelden und Kriterien für ihre kleinen Helden.
Im Anschluss daran, befassen sich die Schüler auf der siebten Seite des Leporellos damit, was sie von den in dieser Unterrichtseinheit auftauchenden Beispielen an „großen“ und „kleinen“ Heiligen selbst für ihre „Heiligwerdung“ lernen können. Die Überschrift auf dieser Seite lautet: „Auf dem Weg zu meiner Heiligkeit“. Ein gezeichneter Weg mitten durch die ganze Seite (z.B. von unten links nach oben rechts) soll die Seite in zwei Hälften teilen. Links schreiben die Schüler „Das nehme ich mit…“ und rechts „Das lasse ich zurück…“. Damit ist gemeint, dass die Schüler Beispiele oder Eigenschaften nennen, die ihnen an den „Heiligen“ oder „Helden“ gefallen haben oder die sie gestört haben. So sehen die Schüler, wie sie die „Heiligen“ und Alltagshelden als Orientierung in ihrem Leben, auf ihrem Weg zur Heiligkeit wahrnehmen können. Sie können ihnen Gutes abgewinnen, bestimmte Werte und Ideale erkennen, die sie selbst auch umsetzen möchten oder für richtig und wichtig in ihrem Leben erachten, oder aber auch sich bewusst gegen einen möglichen Weg zur „Heiligkeit“ oder „Heldenhaftigkeit“ entscheiden.
Anschließend dürfen sich die Schüler in Vierer-Gruppen zusammenfinden und sich über für sie wertvolle Eigenschaften und weniger tolle Lebensweisen austauschen. Eventuell finden die Schüler dadurch auch nochmals andere Anregungen, die sie noch auf ihrem Weg aufnehmen wollen.
Zum Abschluss besteht für die Schüler, sofern noch Zeit bleibt, die Möglichkeit, ihre Titelseite und die letzte Seite des Leporellos malerisch und passend zum Thema zu gestalten und so die kreative Auseinandersetzung mit den Heiligen und Alltagshelden ausklingen zu lassen.
Begründung des Gesamtprojekts
Die Methode des Leporellos wird gewählt, um den Schülern eine neue und kreative Art der Aufbereitung eines Lerninhalts vorzustellen und ihre Kreativität zu fördern. Des Weiteren bietet das Leporello die Chance, alle in der Unterrichtseinheit besprochenen und erarbeiteten Inhalte kompakt auf den Seiten des Leporellos zu sammeln und diese ansprechend zu gestalten.
Zusammenfassend wird das Gesamtprojekt in Bezug auf die lernpsychologischen Modelle eines „Lernens an fremden Biografien“ so aufgebaut, dass im ersten Teil der Unterrichtseinheit den Schülern selbst klar wird, dass ein Nachahmungslernen gerade bei den „großen Heiligen“ problematisch und nahezu unmöglich ist.
Im zweiten Teil wird dann ein „Lernen am Modell“ erprobt, indem die Schüler auf der Suche nach ihren persönlichen kleinen Helden im Alltag sind und sie bestimmte Werte und Ideale der beispielhaften Local Heroes und ihrer Taten auf das eigene Leben übertragen. Dabei spielen die Werterhellung, also die Reflexion der eigenen Werthaltungen und der Werthaltungen anderer Personen, sowie die Wertkommunikation - Werthaltungen und ihre Konsequenzen werden diskutiert - eine Rolle (siehe Reflexionsphase) (Vgl. Mendl 2015, 61).
In beiden Teilen wurde nach dem didaktischen Prinzip Eindruck-Ausdruck-Austausch vorgegangen (Vgl. ebd. 2014, 15).
Insgesamt bietet sich die Form des Leporellos sehr gut für ein entdeckendes und aktives Lernen an. Jede Seite des Leporellos wird zu einem anderen Aspekt des Themas und mit unterschiedlichen kreativen Methoden aufbereitet, verbunden mit einer hohen Eigenaktivität der Schüler und dem Austausch mit Klassenkameraden über ihre Erkenntnisse und Erfahrungen (Vgl. Paintner 207). Daneben wird die Kreativität der Schüler gefördert und die meist noch unbekannte Methode des Leporellos steigert die Neugierde der Schüler und sorgt für Abwechslung. Jeder Schüler erhält durch das eigenständige Bearbeiten des Leporellos sein ganz persönliches und individuelles Werk (Vgl. ebd. 210). Der einzelne Schüler kann sich durch diese Methode des entdeckenden Lernens „auf den Weg machen, um die Dinge und Menschen um sich herum besser begreifen zu lernen“ (Ebd. 207).
M4: Materialien
M5: Quellen- und Literaturverzeichnis
Literatur
Gotteslob (2013). Katholisches Gebet- und Gesangbuch. Ausgabe für die Diözese Regensburg, herausgegeben von den (Erz-)Bischöfen Deutschlands und Österreichs und dem Bischof von Bozen-Brixen, Regensburg.
MENDL, Hans, Modelle – Vorbilder – Leitfiguren. Lernen an (außer-)gewöhnlichen Biografien (Religionspädagogik innovativ 8), Stuttgart 2015.
MENDL, Hans, Theorie religiösen Lernens I. Inhalte des Religionsunterrichts, Skript zur Vorlesung an der Universität Passau im Wintersemester 2014/15, Passau 2014.
PAINTNER, Angelika, entdecken, in: SCHIEFER FERRARI, Markus u.a. (Hg.), Leben lernen. Menschliche Ausdrucksformen als Lernperspektiven im Religionsunterricht, Babenhausen 2010, 202-211.
Internetquellen
Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München, Lehrplan Katholische Religionslehre, Jahrgangsstufe des bayerischen Gymnasiums, http://www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26269 (Zugriff vom 26.03.15)