Gott im Spiel - Godly Play
Thema: Eigeninitiative, Gemeinschaft, Glaubenszeugnis, Lebensbewältigung, Seelsorge
M1: Gott im Spiel - Godly Play"
Kommt wer? - Warten im Garten.
von Ludger Schmitz
Am Anfang war da ein Kuscheltier. Der jüngste Sohn unserer neuen Nachbarn spielte in der Garageneinfahrt Kuscheltier-Weitwurf, zusammen mit seinen beiden älteren Brüdern. Wir gesellten uns dazu und wurden immer mehr: die Eltern und Verwandte kamen auch. - Der Kuscheltier-Weitwerfer pries seinen Schatz an Kuscheltieren. Dann ließ er uns teilhaben an seinem Reichtum. Er holte eine ganze Kiste und zeigte seine Lieblinge. Er nannte ihre Namen und erzählte auch den Anlass seines Zuwachses. – Es wurde immer gemütlicher in der Garageneinfahrt unserer Nachbarn. Wir nahmen Bärchen und Hündchen in den Arm und kuschelten.
„Das ist jetzt deine Chance!“, flüsterte meine Ehefrau. Ich zögerte, aber dann gab ich mir einen Ruck, holte meine wohl verschlossene Dose mit den Sachen, sagte meinen Satz „Seid ihr bereit für eine Geschichte?“ und breitete alles aus. Es wurde ganz still.
Das alles war in den Sommerferien. Bald danach schrieben wir diesen Brief:
„Liebe Nachbarn, wir laden euch ein zu biblischen Geschichten im Material- und Figurentheater (godly play). Anschließend gemütliches Beisammensein.
Wann: an den nächsten vier Freitagen im September von 15.30 Uhr bis 16.30 Uhr
Wo: Im Garten von Familie Schmitz, Nikolaus-Kopernikus-Str. 5
Wer: alle Drei- bis Hundertdrei-jährigen
Was mitbringen: einen Stuhl, etwas zu trinken
Was sonst noch: ohne Anmeldung, ganz frei, einfach nachbarschaftlich
Herzliche Grüße: Ela und Ludger Schmitz“
Am ersten Freitagnachmittag kam ein lieber Nachbar mit Stuhl und Trinkflasche. Wir sprachen über Fragen des Lebens. Aus der biblischen Geschichte wurde nichts.
Am zweiten Freitagnachmittag warteten wir nicht erst auf Gäste. Wir luden die drei Nachbar-Jungs per Zuruf ein. Sie ließen sich nicht lange bitten. Weil der Kuscheltier-Weitwerfer dazumal in der Garageneinfahrt von einem kleinen Mann auf einem Baum erzählt hatte, zeigte ich den dreien die Geschichte von dem Zöllner Zachäus. In der Geschichte klettert der kleinwüchsige Steuereintreiber auf einen Baum. Er will unbedingt wissen, wer dieser Jesus ist. Er kann ihn aber nicht sehen, weil die Menschen ihn nicht durchlassen. Vom Baum aus kann er Jesus sehen, und Jesus sieht ihn. Jesus ruft: „Ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein!“ Zachäus lässt sich das nicht zweimal sagen und nimmt ihn freudig mit in sein Haus. Die anderen sind sauer. Sie verstehen Jesus nicht. Sie leiden unter den Sünden des Zachäus.
Besonders schön findet der Kuscheltierweitwerfer, dass der Zöllner Zachäus die Hälfte seines Vermögens an Arme abgeben will, dass er wieder gut machen will, was er falsch gemacht hat. – Es wird richtig gemütlich, als wir mit den drei Brüdern Kekse knuspern und Saft trinken. Wir merken uns die Namen der drei, die ja erst vor kurzem eingezogen sind.
Am dritten Freitagnachmittag kam eine Seniorin mit ihrer Tochter aus der weiteren Nachbarschaft. Wir hatten die beiden persönlich nach dem Gottesdienst in St. Gereon eingeladen. Wir empfingen sie freudig. Auf die Frage: „Sind Sie bereit für eine Geschichte?“, nickten die beiden entschieden. Diesmal zeigte und erzählte ich die Geschichte von einem Mann, der sich nicht mehr bewegen kann. Zwei Freunde graben ein Loch ins Flachdach des Hauses, in dem Jesus zu Gast ist. Sie lassen den Gelähmten auf einer Trage herunter, vor die Füße von Jesus. Die beiden hoffen, dass Jesus ihrem Freund hilft. – Vertrauen auf Jesus macht erfinderisch und überwindet Hindernisse! Mutter und Tochter freuen sich über die gemütliche Stunde im Garten. Sie sagen, dass sie sich alles viel besser vorstellen können. In der nächsten Woche wollen sie wiederkommen.
Am vierten und letzten Freitagnachmittag unserer Aktion rückte der Zeiger immer weiter auf 15.30 Uhr vor. Würde die Seniorin mit ihrer Tochter zum zweiten Mal kommen? – Diesmal kam sie sogar mit ihren beiden Töchtern. Wir waren glücklich. Ich breitete meinen Filzstoff aus. Wieder wurde es still. Ich bot meine Lieblingsgeschichte vom kleinwüchsigen Zöllner Zachäus an. Und mitten im Spiel wurde mir klar: der Satz Jesu „Ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein!“ wird in unserem Garten Wirklichkeit.
Ich konnte nicht anders, ich wagte am Ende ein einfaches Gebet: „Jesus, ich danke dir für den Besuch unserer lieben Nachbarinnen. Ich erkenne dich in den dreien. Du selbst hast uns heute besucht. Amen.“
Wir waren sehr gerührt. Wir fühlten, dass es richtig ist, dass wir uns vernetzen. Nachbarschaftliche Vernetzung ist nach Gottes Willen! Keiner lebt für sich allein. Im März/April 2023 geht es in unserem Garten weiter.
Weitere Angaben zu Handbüchern zu Theorie und Praxis von "Godly-Play", Internetadressen sowie die Adresse der Lindenwerkstätten in Leipzig, die die Godly-Play-Materialien herstellen, finden sich bei:
Steinhäuser, Martin (Hrsg.), Gott im Spiel - Godly Play weiterentwickelt. Jesusgeschichten, Stuttgart 2018 (Calwer-Verlag).
M2: Foto zum Godly Play
M3: Didaktische Impulse
1. Was genau ist unter dem Konzept "Godly-Play" zu verstehen? Recherchiere gemeinsam mit einem:r Partner:in den Begriff und erstellt gemeinsam eine Definition mit eigenen Worten.
2. Vervollständige folgenden Satzanfang: "Wenn ich in der Nachbarschaft von Ludger Schmitz wohnen würde, dann würde ich/würde ich nicht zum Figurentheater gehen, da/weil/aufgrund ... "
3. Welche Argumente sprechen dafür, dieses oder ein ähnliches Projekt in Angriff zu nehmen? Welche Herausforderungen ergeben sich? Sammelt in Kleingruppen zuerst verschiedene Gründe und erstellt mit Zuhilfenahme weiterer Beispiele (die ihr z.B. auf der Local-heroes-Homepage findet) ein Schaubild zum Thema "Gemeinschaft".
4. Sucht in eurer Umgebung nach Menschen, die sich auch ehrenamtlich/sozial engagieren. Interviewt sie nach ihren Motiven und sprecht in der Klasse darüber!