Freundinnen der Donau
Thema: Freiwilligendienst, Eigeninitiative, Gemeinschaft, Schöpfung
M1: PNP, 02.09.2023, Nr. 202, S. 9
Kontemplation und Kampf
Die Freundinnen der Donau: Elfriede Heining und Marlis Thalhammer sind tief im Glauben verankert
PNP 202 / 2.9.2023, 9
Umweltschutz im Zeichen des Kreuzes: Elfriede Heining (links) und Marlis Thalhammer haben sich der Bewahrung der Schöpfung verschrieben. Sie sind auch an den Donausegnungen am Jahresbeginn beteiligt, bei denen am Ufer ein Lichterkreuz leuchtet. Ganzjährig ist das große Holzkreuz am Ufer in Niederalteich ein Treffpunkt für Jung und Alt. −Fotos: Rammer/Martens, pbp
Von Stefan Rammer
Niederalteich. Die eine kommt aus dem Allgäu, ist am Bodensee aufgewachsen und in der Nähe der Iller, die andere stammt aus Cham und war am Fluss Regen daheim. Beide Flüsse münden in die Donau. Und seit geraumer Zeit sind sowohl Marlis Thalhammer (75) wie Elfriede Heining (67) „Freundinnen der Donau“ und an ihr daheim. Marlis Thalhammer war zusammen mit ihrem Mann Josef lange Jahre in Brasilien als Entwicklungshelferin im Einsatz, bevor sie sich mit vier eigenen und einem Adoptivkind in Niederalteich niederließ. Und Elfriede Heining, Mutter eines Sohnes, leitete die Fachakademie für Sozialpädagogik im nahen Deggenau, auch sie wohnt nur einen Steinwurf vom Fluss entfernt.
Seit 1994 Andachten am Donauufer
Beide Frauen eint eine tiefe Verankerung im katholischen Glauben. Beide sehen sich eng verbunden mit Frère Roger, dem Gründer und ersten Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé. Dessen Motto „Kampf und Kontemplation“ treibe sie an, sagen beide unisono, und „Politik und Mystik gehören zusammen“. So sind diese beiden Frauen auch 1987 auch Seite an Seite angetreten für die Donau. Sie haben den Kampf aufgenommen zum Schutz der letzten 70 Kilometer freifließende Donau zwischen Straubing und Vilshofen. Weil die Diskussion um den Donauausbau eine „sehr männlich geprägte Diskussion“ gewesen sei, aggressiv auch im Ton, habe sich um die damalige Osterhofener SPD-Bundestagsabgeordnete, Bruni Irber, ein Kreis von Frauen zusammengefunden, der bald 200 Mitglieder hatte. Ihnen wurde der Strom zur „Schwester Donau“.
Heining und Thalhammer sind auch im Ökumenischen Aktionskreis „Lebendige Donau“ tragende Säulen geworden. Hier werden seit 1994 Andachten am Donauufer in Niederalteich gehalten. Die Auseinandersetzungen um die Ausbaupläne der niederbayerischen Donau mit drei Staustufen und einem zehn Kilometer langen Seitenkanal, trieben auch die hier versammelten Menschen um. Ein verstärktes ökologisches Bewusstsein und eine tiefe Liebe zum heimatlichen Fluss hat das Bewusstsein einer christlichen Schöpfungsverantwortung in der Bevölkerung wachsen lassen. Dass es 2013 zum endgültigen politischen Entschluss kam, die Ausbaupläne nicht mehr weiter zu verfolgen, schreiben sich die Freundinnen der Donau und der Aktionskreis auf die Fahnen. Thalhammer wie Heining betonen freilich, nur Teil eines großen Netzwerkes zu sein, vergessen auch nicht, den mittlerweile verstorbenen Abt der Benediktinerabtei Niederaltaich, Emmanuel Jungclaussen OSB, zu nennen, der die alte Tradition der orthodoxen Christenheit wieder aufgenommen hat, nach der am Tag der Taufe Jesu (6. Januar) die strömenden Wasser gesegnet werden. Die jährliche Segnung und die allmonatlichen Schöpfungsgebete am großen Kreuz am Donauufer in Niederalteich sind bis heute stets gut besucht. Es geht um „Das Geheimnis des Strömenden“, das ist auch der Titel eines sehr ansprechenden Buches, das die beiden Vereinigungen als „Liebeserklärung an die frei fließende Donau“ letztes Jahr herausgegeben haben.
„Fluss ist Sinnbild des Lebens“
Auf die Frage, was sie bis heute antreibt, finden beide Frauen schöne Worte. So meint Marlis Thalhammer: „Was hat uns doch die Donau Wunderbares über das Menschsein gelehrt! Ihr starkes Sinnbild für unser Leben! Immer in Veränderung, an nichts festhalten können, loslassen, fließen lassen... Ihr Atem der ständig wechselnden Wasserstände, der durch die Kommunikation mit den Grundwasserströmen das ganze Donautal durchatmet... Wenn ein Frachter flussaufwärts tuckert, vibrieren die Achatscheiben an unserem Wohnzimmerfenster und klirren leise... Ein besonderes Lied! Die gewachsene Liebe und Ehrfurcht zu diesem Strom, der so viel reiches Leben schenkt und ermöglicht für Mensch, Tier und Vegetation...“
Elfriede Heining zitiert Michael Bär, den Dompropst des Passauer Domkapitels: „Wenn du im Sommer Zeit hast, fahr an die Donau, setz dich ans Ufer und schau an den vorbeiziehenden Strom. Du wirst dein eigenes Leben entdecken und zugleich ruhig werden: Denn dieses Leben mündet in das Meer oder besser gesagt in das Mehr, und dieses Mehr ist Gott“. Für die Sozialpädagogin ist der Fluss „Sinnbild des Lebens, Ausgangspunkt und Zielpunkt. Wir brauchen den Fluss, leben vom Fluss, die ganze Landschaft, die Kultur. Er prägt unsere Heimat und schenkt uns unsere Identität. Wenn man einen Fluss staut, stirbt er. Wir müssen dafür sorgen, dass er und somit wir am Leben bleiben.“
Elfte Station: Niederalteich
„Gelobt seist Du, mein Herr, durch Schwester Wasser“, heißt es im Sonnengesang des Hl. Franziskus. Der Satz ziert einen großen Felsblock am Donauufer in Niederalteich. Die Freundinnen der Donau sehen den Strom als „Schwester“ und führen gerne auch die Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus an. Diese betont die globale Bedeutung bestimmter Gebiete wie des Amazonas und des Kongobeckens als Lungen unserer Erde. Auf der Grundlage des Standes der Wissenschaft richtet der Papst einen Aufruf zu Dialog und Handeln an Politik und alle Menschen, der der Dramatik der sozialen und ökologischen Herausforderungen gerecht wird. Diese Linie verfolgen die Freundinnen der Donau ebenso wie der Gebetskreis.
M2: Bilder von Rammer/Martens
M3: Didaktische Impulse
1. Beschreibt, wie sich Elfriede Heining und Marlis Thalhammer mit der Donau verbunden fühlen.
2. Gibt es für euch selbst einen solchen Ort in der Natur, mit dem ihr eine spezielle Verbindung habt? Tauscht euch darüber in Kleingruppen aus.
3. Orientiert euch an den Freundinnen der Donau und organisiert selbst eine Andacht an einem besonderen Ort in der Natur.