Zedler, Rosalinde
Thema: Eigeninitiative, Unternehmer, Zivilcourage
M1: Eigenbericht der Datenbank Local heroes
Eine Frau, die ihren Mann steht
Erfolgreiche Unternehmerin investierte rund 18.600 Euro in Hilfsprojekte für Bedürftige - Eine Heldin der 90er-Jahre
Eigenbericht der Datenbank Local heroes
Eigentlich wollte Rosalinde Zedler im bäuerlichen Betrieb ihrer Eltern einsteigen, nachdem sie ihre Ausbildung zum "Facharbeiter für Pflanzenbau und Tierhaltung" beendet hatte. Doch die Kollektivierung der Landwirtschaft im Frühjahr 1960 und die damit einhergehende Landwirtschaftliche Produktionsgemeinschaft (LPG) boten ihr keine umfassende Perspektive. Sie entschloss sich, einen zweiten Beruf zu erlernen und wurde Krankenschwester. Viele Jahre arbeitete sie als OP-Schwester im Kreiskrankenhaus, ehe sie dann im Gesundheitsamt für das Impfwesen im Kreis Naumburg tätig war. Doch dann folgt ein verheerender Schicksalsschlag: 1993 verstarb ihr Ehemann Reinhold Zedler, der 1978 eigenständig einen Malerbetrieb aufbaute und diesen leitete. Wie sollte es nun weitergehen?
Gemeinsam mit der Familie
Trotz dieser schwierigen Situation und vieler weiterer Probleme verlor Rosalinde Zedler nie den Mut und konnte auf gute Unterstützung bauen: "Gemeinsam mit ihrer Familie hat sie es geschafft, das von ihrem Mann vor über 20 Jahren aufgebaute Unternehmen im rauhen Klima der Marktwirtschaft erfolgreich über Wasser zu halten", so in einem Zeitungsartikel aus den 90er-Jahren. Derweil war der Maleralltag in der DDR kein Leichtes, galt es schließlich aufgrund vieler Engpässe zu improvisieren und flexibel zu sein. Doch das war für die Firma Zedler, die sich dadurch auszeichnete, dass sie spezielle Materialien selbst entwickelten, weniger ein Problem. Dabei kam Rosalinde Zedler ihre landwirtschaftliche Berufsausbildung zugute, wenn es um den Tauschhandel von Gewächshaus-Gurken, Tomaten und Erdbeeren aus dem Eigenanbau gegen beispielsweise Exporttapeten in Schwedt ging.
Doch die Familie Zedler zeigte nicht nur in unternehmerischen Belangen großes Engagement. So waren es Rosalinde und Reinhold Zedler, die im Herbst 1989 in der DDR an den "Montags-Demonstrationen" in Naumburg zum Protest gegen die SED-Herrschaft mit selbstgemalten Bannern teilnahmen und insbesondere Rosalinde Zedler, die sich gerade in dieser Zeitenwende für Arme und Schwache einsetzte. "Bereits 1987, als nach einem verheerenden Erdbeben in Armenien Tausende ihr Leben und ihre Wohnung verloren hatten, initiierte sie eine Spendenaktion. Sie verschickte an sämtliche Pfarrer im Kreis Naumburg einen Brief, der am Heiligen Abend 1987 in allen Gotteshäusern verlesen werde sollte", wurde in dem Zeitungsartikel weiter berichtet. Dass ein solches, nicht-staatliches Eingreifen zu Endzeiten der DDR viele Probleme und Schwierigkeiten mit sich zog, kümmerte die Bevölkerung wenig und als Resonanz auf den Brief entstand eine große Solidaritätsbereitschaft. So konnten viele Pakete mit warmen Sachen gesammelt und deren Transport finanziell durch eine "Opfer-Kollekte" unterstützt werden.
Auch 1989/90 rief Rosalinde Zedler eine Spendenaktion zugunsten bedürftiger Menschen in Rumänien ins Leben. Was folgte, waren 3500 Pakete voll Kleidung und Lebensmittel, die nach Fagarasch in Siebenbürgen weitergeschickt wurden, um die Not der Menschen dort zu lindern. Aus eigenen Angaben der Familie geht außerdem hervor, dass die Firma Zedler vom Firmenbeginn im April 1978 weg bis Ende des Jahres 2004 eine herausragende Summe von umgerechnet knapp 18.600 Euro gespendet hat, die in internationale Hilfsaktionen für Bedürftige in aller Welt eingeflossen sind.
Neben ihrem sozialen Engagement war Rosalinde Zedler auch umweltbewusst und setze sich nach Kräften für eine sauberere Welt ein. Im Altkreis Naumburg entstand so unter ihrer Federführung der "Naumburger Umweltladen" und zusammen wurden "wilde Mülldeponien (...) kartiert, auf Missstände aufmerksam gemacht, gegen Naturzerstörungen demonstriert, aber auch zu geselligem Beisammensein eingeladen", wie es in einem weiteren Zeitungsbericht, den Familie Zedler vorlegte, geschrieben steht.
Auch im Ruhestand in Aktion
Selbst jetzt, wo Rosalinde Zedler pensioniert ist, steht sie nicht still: So arbeitet sie ehrenamtlich im Neuenburgverein zur Erhaltung und Pflege mit und ist Mitglied der Interessensgemeinschaft Moritzkirche Naumburg, die sich aktuell um eine Neueindeckung des Schieferdaches bemüht. So kann zu Recht als Fazit gesagt werden, wie es bereits in einem Zeitungsbericht der 90er-Jahre hieß, dass sich "im Rückblick auf ihre bewegte Lebensgeschichte (...) der bleibende Eindruck von einer starken Frau, die im harten Berufsalltag von heute ihren Mann steht und dabei ihr weiches Herz für fremdes Leid in dieser Welt nicht verloren hat", manifestiert.
An dieser Stelle sei Dörte Maria Zedler, der Tochter von Rosalinde Zedler, ein großer und herzlicher Dank ausgesprochen für die Übersendung der Zeitungsartikel und Anhänge, die Grundlage für diesen Bericht waren!