Wittmann, Josef
Thema: Lebensretter
M1: PNP vom 19.06.2008, Nr. 141, S. 14
Wenn der Zufall einem zum Lebensretter macht
Josef Wittmann befreite Mann aus brennendem Haus - Zusammen mit 80 weiteren Menschen aus Bayern bekommt er heute die Rettungsmedaille
von Susanne Wax
Oberengbach/München. In so einem Moment, sagt Josef Wittmann, überlegt man nicht. Da geht man auf das brennende Haus zu. Hält den Atem an, sucht im Rauch nach Umrissen - und rettet ein Leben. Es war am 27. Oktober 2006, als der Landwirtschaftsmeister aus Oberengbach (Lkr. Dingolfing-Landau) einen bewusstlosen Mann aus einem brennenden Haus getragen hat. Für seine Tat verleiht ihm heute in München Ministerpräsident Günther Beckstein die Bayerische Rettungsmedaille. Ausgezeichnet werden 80 weitere Menschen aus Bayern, die sich „Lebensretter“ nennen dürfen.
Als Held will Josef Wittmann nicht bezeichnet werden. „Ich selbst war damals nicht in Gefahr“, sagt der 43-Jährige. Es war gegen halb zehn Uhr morgens, als er mit seinem Bulldog an dem kleinen Weiler Wintersberg vorbeifuhr.
Der Mann lag bewusstlos im ersten Stock
„Ich wollte in der benachbarten Grube Kies für unsere Einfahrt holen. Da sah ich, dass es aus den Fenstern im ersten Stock raucht.“ Weil er in der Nähe des allein stehenden Bauernhofes aufgewachsen ist, kannte er die Bewohner, ein damals 72 und 75 Jahre altes Geschwisterpaar. „Die Frau ist draußen umher gelaufen. Der Mann war nirgends zu sehen“, erinnert sich Josef Wittmann.
Er ließ den Bulldog stehen, trat durch die offene Haustür, ging in den ersten Stock hinauf, der schon komplett verraucht war. „Da lag er, direkt am Treppenabsatz. Der Mann war bewusstlos. Ich hab’ ihn unter den Armen gegriffen und ins Freie gebracht.“ Angst um sich selbst hatte er nicht: „So dicht war der Rauch nicht. Und im Untergeschoss hat es ja nicht gebrannt.“
Zehn Minuten später rückten Feuerwehr und Rettungsdienst an. Josef Wittmann blieb bei dem alten Mann sitzen, bis er wieder zu Bewusstsein kam und in den Sanka gehoben wurde. Mit leichten Rauchvergiftungen kamen der damals 75-Jährige und seine Schwester ins Krankenhaus. So glimpflich, das gibt Josef Wittmann bei aller Bescheidenheit zu, wäre es ohne sein Eingreifen wohl nicht ausgegangen: „Bis die Feuerwehr kam, brannte der Dachstuhl komplett. Wenn der Mann dann immer noch oben gelegen wäre - wer weiß, wie das geendet hätte.“
Als eine Ehre sieht es der Landwirtschaftsmeister dennoch, heute nach München eingeladen zu sein. „Ein Dankeschön gibt einem natürlich ein gutes Gefühl.“ Der alte Mann, den Wittmann gerettet hat, kam nach dem Brand in ein Altenheim, ebenso seine Schwester. Die beiden sind in einem pflegebedürftigen Zustand, richtig Danke sagen konnten sie nicht.
Neben Josef Wittmann, der von seiner Frau Gertrud begleitet wird, sind heute 80 Menschen zur Verleihung in der Münchner Residenz eingeladen. So auch Sebastian Bielmeier aus Niederwinkling (Lkr. Straubing-Bogen). Der damals 13-Jährige war am 1. September 2007 mit seinem Vater bei Waldarbeiten, als dieser von einem herabfallenden Ast schwer am Kopf verletzt wurde. Der Bub lenkte den für unwegsames Gelände umgebauten Allrad-Jeep des Vaters nach Hause, um Hilfe zu holen. Dafür bekommt Sebastian Bielmeier heute die Christophorus-Medaille.
Wolfgang Weber aus Ortenburg (Lkr. Passau) war am 24. Januar 2007 als Begleiter in einem Schulbus, als der Fahrer am Steuer eine Herzattacke erlitt. Wolfgang Weber betätigte die Feststellbremse und brachte den mit 35 Schülern und sieben Kindergartenkindern besetzten Bus zum Stehen.
Frau aus brennendem Auto befreit
Die Landshuter Polizeibeamten Horst Janker und Hermann Zöttl retteten am 13. Mai 2006 bei starker Strömung einen Menschen aus der Isar. Wolfgang Bauer aus Pfeffenhausen (Lkr. Landshut) befreite einen schwer verletzten Fahrer, der nach einem Unfall im Lkw-Führerhaus eingeklemmt war. Kurz darauf fing der Lkw Feuer.
Philipp Krämer aus Landshut kam am 28. Oktober 2007 hinzu, als an einer Straubinger Tankstelle ein Wagen in Brand geriet. Die Fahrerin konnte nicht aussteigen, da die Elektronik die Türen verriegelt hielt. Krämer schlug mit einem Warndreieck die Seitenscheibe ein und befreite die Frau. Gottfried und Helga Graf aus Kastl (Lkr. Altötting) retteten am 1. Juli 2007 eine Frau aus ihrem brennenden, völlig verqualmten Haus. Mathias Berger aus Burghausen (Lkr. Altötting) half am 1. April 2007 trotz beißenden Qualms einem Mann aus seiner brennenden Wohnung.