Vogl-Hainthaler, Raymund
Thema: Krankheit, Ehrenamt
M1: 26.09.2012, Nr. 223, S. 8
"Nicht jammern, sondern Hilfe annehmen"
Der Kößlarner Raymund Vogl-Hainthaler (50) wird heute in Heidelberg mit dem Rheuma Preis 2012 ausgezeichnet
von Helmut Weigerstorfer
Kößlarn/ Burghausen. Der erste Sohn, Manuel, war gerade geboren, der Bau des Eigenheims stand an − da ereilte Raymund Vogl-Hainthaler aus Kößlarn eine Krankheit, die sein Leben prägen wird. Morbus Bechterew hieß die Diagnose. Doch von der rheumatische Erkrankung (siehe Info) ließ sich der 50-Jährige nicht aus der Bahn werfen. Im Gegenteil. Der damals 25-Jährige nahm die Krankheit an und lebt seitdem trotzdem glücklich und zufrieden. Und weil er zudem als Chemiewerker überaus erfolgreich arbeitet, wird er am heutigen Abend mit dem Rheuma Preis 2012 ausgezeichnet. Der dreifache Familienvater gehört zu deutschlandweit insgesamt drei Preisträgern.
Erkrankung bereits mit 25 Jahren
Seit 1988 ist Raymund Vogl-Hainthaler bei Wacker Silltronic Burghausen beschäftigt. Ein Jahr nach seiner Einstellung erkrankte er an Morbus Bechterew. Trotz der bitteren Diagnose war der damals 25-Jährige froh, seinen Schmerzen endlich einen Namen geben zu können. "Richtig bewusst wurde mir das Ganze aber erst nach einer Kur, während der ich mich mit anderen Erkrankten austauschen konnte", erzählt er. Sofort war aber für den Kößlarner klar, dass er sich von dieser Krankheit nicht unterkriegen lässt. Mit dem Motto "Nicht jammern, sondern auch mal Hilfe annehmen", ging er fortan durchs Leben. Neben seiner Frau Maria und den drei Kindern konnte sich der Chemiewerker auch immer auf seinen Arbeitgeber verlassen.
Gemeinsam mit der Betriebsärztin wurden die Arbeitsabläufe und -bedingungen an seine Krankheit angepasst. Zusätzlich wurden Sonderkonditionen eingeführt, die es dem 50-Jährigen ermöglichen, problemlos einen freien Tag nehmen zu können. Vogl-Hainthaler, zuständig für die Beschichtung von Siliziumscheiben in Epi-Reaktoren, hinderte das alles nicht daran, im Vier-Schicht-Betrieb zu arbeiten und aufgrund seiner Erfahrung zu einer unersetzlichen Arbeitskraft zu werden. "Im Bezug auf seine Erkrankung bewältigt Herr Vogl-Hainthaler seinen Arbeitsalltag hervorragend", heißt es in der Stellungnahme von Silltronic.
Gleichzeitig engagierte sich der Kößlarner in zahlreichen Organisationen in seiner Heimat. So ist er beispielsweise seit fünf Jahren Marktgemeinderat, seit 19 Jahren Vorsitzender im Elternbeirat und seit 18 Jahren im Pfarrgemeinderat. "Am Liebsten bin ich unter Menschen und Kindern, was für mich Medizin ist", erzählt Vogl-Hainthaler.
Auszeichnung ist auch eine Pflicht
Dieses facettenreiche Leben − trotz der Krankheit − überzeugte die Jury, Raymund Vogl-Hainthaler erhält am heutigen Mittwoch in Heidelberg den RheumaPreis 2012. Der stolze Preisträger sieht in der Auszeichnung aber gleichzeitig eine Pflicht, Menschen, die dieselbe Krankheit haben, zu ermutigen. "Man darf nicht zurückgehen, sondern man muss rausgehen", fordert er von Leidensgenossen. Für den Familienvater ist es besonders wichtig, Morbus Bechterew weiter in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Mit mehr Wissen über die Krankheit werde es einfacher, damit klar zu kommen.
Über den RheumaPreis freilich freut sich der 50-Jährige ganz besonders. Er bedankt sich aber gleichzeitig bei seinem Arbeitgeber, der ihm sehr entgegengekommen ist, und seiner Familie, die immer hinter ihm steht. Seine älteste Tochter, Julia, sagt über ihren Papa: "Er hat das verdient, weil er nie jammert. Ich freue mich sehr für ihn."
Morbus Bechterew: Spondylitis ankylosans oder Morbus Bechterew ist eine chronisch entzündliche rheumatische Erkrankung mit Schmerzen und Versteifung von Gelenken. Morbus Bechterew gehört zur Gruppe der Erkrankungen der Wirbelsäulengelenke und betrifft vorwiegend die Lenden- und Brustwirbelsäule und die Kreuz-Darmbeingelenke. Außerdem kann es auch zu Entzündungen der Regenbogenhaut des Auges und selten auch anderer Organe kommen. (Quelle: Wikipedia)
RheumaPreis: Mit der jährlichen Verleihung des RheumaPreises zeichnet die Initiative Ideen für eine gelungene Einbindung von Menschen mit entzündlichen Rheuma in das Berufsleben aus. Eine unabhängige Jury aus Medizinern, Experten für die berufliche Integration Erkrankter, Arbeitsmedizinern und Patientenvertretern bewertet die Einsendungen. 2012 wurden rund 70 Bewerbungen eingesendet − drei Preisträger wurden ausgewählt. Das Preisgeld beträgt 3000 Euro. Im Internet: www.rheumapreis.de