Stemplinger, Laura
Thema: Lebensretter, Jugend
M1: PNP, 20.02.2012, Nr. 42, S.22
Hobby: Lebensretter
PNP-Jugendserie (4) − Laura Stemplinger ist verrückt nach Helfen
Von Julia Ried
Maschinengleich bearbeiten die Hände den nackten Oberkörper. Flach übereinander auf der blassen Haut liegend, lassen sie den Brustkorb sich in rascher, gleichmäßiger Folge senken und und heben. Drücken ihn nach unten, ein paar Zentimeter weit, geben nach oben hin nach, drücken wieder. Nach 30 Wiederholungen lassen sie ab. Die junge Frau, der die Arme gehören, führt den Mund an den Mund des Verletzten, bläst Luft hinein, dann noch einmal.
Beherztes Handeln. Es ist nur eine Puppe, die die 15-jährige Laura Stemplinger aus der Innstadt heute wiederbelebt. Doch auch im echten Leben kann die Schülerin der Staatlichen Wirtschaftsschule in solchen Situationen beherzt handeln. Als Mitglied der Jugendgruppe der Malteser beherrscht sie das Repertoire der Ersten Hilfe − von der Reanimation bis zur Hilfe für Menschen mit Knochenbrüchen, Wunden, Verbrennungen, Vergiftungen und Verätzungen. Weil sie genau das wollte, ist sie dem katholischen Wohlfahrtsverband im vergangenen Jahr beigetreten. "Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn ich jemanden sehe, der bewusstlos ist, aber noch atmet und an seiner eigenen Spucke erstickt, weil ich ihn nicht in die stabile Seitenlage bringe", sagt sie.
Dabei hatte das quirlige Mädchen auch ohne den Malteser Hilfsdienst keinen Mangel an Hobbies. Die Achtklässlerin spielt Volleyball beim FC Passau und in einer Schul-Arbeitsgemeinschaft, liest viel, trifft sich gern in der Stadt mit Freundinnen, im Winter fährt sie am Wochenende Ski. Doch sie "wollte auch etwas für die Gesellschaft tun", wie sie erklärt. Die Malteser, die zum Aufbau eines Sanitätsdienstes an der Wirtschaftsschule waren, haben bei ihr deshalb offene Türen eingerannt. Sie und fünf Mitschüler bilden jetzt eine der Jugendgruppen für 13- bis 18-Jährige in der Diözese; in Passau gibt es noch eine weitere, etwas größere in Grubweg.
Laura ist mit großer Leidenschaft dabei. In der Gruppenstunde schnellen ihre Hände als erste hoch, als Gruppenleiter Stefan Wagner Freiwillige für den nächsten Sanitätsdienst sucht. Als es um eine Hilfsaktion für eine Schule in Ungarn geht, fragt sie Wagner, was gebraucht wird, schreibt jedes Detail mit. Sie schlägt vor, Sponsoren zu suchen und stampft dabei vor Begeisterung mit den Füßen auf den Boden. Der Gruppenleiter warnt, das sei nicht so einfach. Laura bietet trotzdem an, Geschäfte abzugehen und um Spenden zu bitten.
Die zupackende Art der 15-Jährigen kommt bei den Maltesern gut an. "Die macht halt einfach", lobt sie Diözesanjugendreferentin Magdalena Lummer.
Lauras Gruppe, in der sie das einzige Mädchen ist, spielt sich gerade ein. Alle zwei Wochen treffen sie und die anderen Jugendlichen sich derzeit in den Räumen des Malteser-Seniorentreffs im Zwinger. Gemeinsam vertiefen sie ihr Erste-Hilfe-Wissen. Sie planen aber auch Übungen, bei denen Menschen und nicht Puppen die Verletzten mimen, organisieren Sanitätsdienste wie den bei der Dreiländermesse im März oder soziale Projekte.
Angst vor Unbekanntem kennt Laura nicht. Im Gegenteil, sie liebt alles, was nach Risiko riecht. Als Kind gehören die Abenteuer der vier jugendlichen Detektive von TKKG zu ihrer Lieblingslektüre. Sie reist gerne, mit ihren Eltern, aber auch alleine wie bei ihrem letzten Sprachtrip nach England in den vergangenen Pfingstferien. "Hätte ich eine Freundin dabei gehabt, hätte ich nie im Leben so viele Leute kennengelernt", schwärmt sie. Ihr Traum ist ein Auslandsjahr nach dem Abschluss.
Doch auch zu Hause sucht sie sich immer wieder einen neuen Weg. Als sie an der Grundschule schlechte Noten schreibt, wechselt sie auf die Montessorischule. Dort langweilt sie sich, probiert deswegen eineinhalb Jahre lang auf der Hauptschule aus, wo sie mit ihren Leistungen steht. Seit der siebten besucht sie die Wirtschaftsschule, ihr Ziel ist die FOS. Wo sie einmal hin will, beruflich und bei den Maltesern, ist für sie noch völlig offen. In den Osterferien nimmt sie zwar an einer Schulung für Gruppenleiter teil, doch vorher hat sie sich noch versichert, dass sie sich zu nichts verpflichtet. "Es kann sich so ergeben, dass ich später einmal eine Gruppe leiten will, aber es kann auch anders kommen."
Ihr Wissen anwenden musste sie bisher nur im Kleinen. In der Schule verband sie einen Kameraden, der sich geschnitten hatte und stand einem anderen bei, der Nasenbluten hatte. Abbringen von ihrem Weg lässt sie sich auch von den Jugendlichen nicht, die Helfen weniger cool finden als sie. "Dann sag ich ihnen, dass das mein Ding ist. Und frage sie: Wollt ihr, dass euch keiner hilft, wenn es euch schlecht geht?"
M2: Bild von Laura Stemplinger
M3: Didaktische Impulse
1. Briefe an Personen schreiben. Schreibt Laura einen Brief, in dem Ihr zum Beispiel Eure Bewunderung zum Ausdruck bringt.
2. Nennt verschiedene Adjektive, die Ihr mit dem Handeln Lauras in Verbindung bringt. Was zeichnet Sie als Helferin aus? Welche Charaktereigenschaften muss Sie mitbringen, um Ihre Aufgabe ausüben zu können?
3. Was spricht für und was gegen Ihr soziales Engagement? Begründet jeweils Eure Meinung.