Spitzenpfeil, Leah
Thema: Hilfsbereitschaft, Jugend, Nächstenhilfe, Sozialarbeit
M1: PNP, 23.10.2002, Nr. 245, S.27
Leah - mit 14 kümmert sie sich rührend um leukämiekranke Kinder
Auftritt bei der José-Carreras-Leukämie-Gala am Freitag in der Redoute - Kontakte per E-Mail
Von Renate Schmidt-Rellstab/Foto: Thomas Jäger
Leah Spitzenpfeil aus Heining ist erst 14 Jahre alt und doch so etwas wie eine Heldin. Sie ist zwar ein ganz normales Mädchen, das auf dem Gymnasium Latein, Englisch, Französisch und mehr büffeln muss, ein Teenager, der für Sportler und Musiker schwärmt - aber eines unterscheidet Leah von anderen: Sie unterhält sich ganz gezielt mit Kindern, die Krebs haben - und zwar per E- Mail.
Am kommenden Freitag beim 4. Gala-Abend in der Redoute mit viel Musik und Informationen rund um die Leukämie, den Dr. Ralf Peter Filipp zu Gunsten der José-Carreras-Leukämie-Stiftung organisiert, wird sie u.a. neben dem Gitarristen Leon Kappa, dem Chor der Realschule Niedernburg, dem Sponti-Chor-Passau, dem Männergesangsverein Wegscheid und den „Singquinikern" aus Landshut auftreten. Sie interviewt den Skispringer Michael Uhrmann, denn, so sagt sie: „Ich bin Skisprung-Fan."
Aber mehr Zeit als mit Skisprung-Schauen im Fernsehen verbringt Leah am Computer mit Schreiben an kranke Kinder, denn es ist ihr größter Wunsch, Kinderärztin in einer Krebsstation zu werden. „Es ist vielleicht trauriger, dort zu arbeiten. Aber wenn es Erfolge gibt, dann freut man sich doppelt so sehr“, sagt sie. Um dieses Ziel zu erreichen, muss sie sich sehr anstrengen. „Latein macht eigentlich keinen Spaß. Aber ich muss da durch, wenn ich Medizin studieren will.“
Ihr Ziel hat sie ständig vor Augen. So hat sie als 15-Jährige gut sechs Monate lang mit der 15-jährigen leukämiekranken Noréen aus der Gegend von Münster in Westfalen korrespondiert und sich natürlich auch gefreut, wenn es ihr mal etwas besser ging. Aber leider hat Noréen ihre Krankheit nicht besiegt; sie ist vor gut eineinhalb Jahren gestorben. Nun steht Leah per E-Mail mit der ebenfalls leukämiekranken vierjährigen Julia und deren Mutter aus Nordrhein-Westfalen in Kontakt und der 15-jährigen Lisa aus dem Raum Pforzheim, die jedoch ihre Krankheit mittlerweile gut überstanden hat.
„Wir unterhalten uns ganz normal über alle Dinge, die uns interessieren", sagt Leah. Der kleinen Julia holt sie Grußkarten auf den Bildschirm und schickt ihr etwas zum Basteln. Kennengelernt hat Leah die Kinder per Internet. Das Zentrum für Knochenmarkspende hat dort unter www.onko-kids.de eine Homepage, und dort stehen auf der Pinnwand die Adressen von krebskranken Kindern, die miteinander korrespondieren und sich über ihre Krankheit austauschen wollen. Natürlich können auch Gesunde wie Leah mit ihnen Kontakt aufnehmen.
Woher Leah ihre soziale Ader hat? Sie weiß es nicht. „Vielleicht von meinen Eltern. Meine Mutter ist Englisch- und Religionslehrerin und mein Vater Mathe- und Physiklehrer in Niedernburg“ - dort, wo Leah auch zur Schule geht. Wie Leah und ihr 13-jähriger Bruder Lukas helfen auch die Eltern dem Passauer Arzt Dr. Filipp bei den umfangreichen Vorbereitungen für die Gala in der Redoute.
Leah betreut ferner im Jugendheim Heining mit einer Freundin kleine Mädchen in eine Spielgruppe. „Wir spielen, basteln und kochen miteinander. Den Mädchen - meist um die acht Jahre alt - und uns macht es Riesenspaß." Da kann Leah das lästige Latein-Pauken schon leichter ertragen.
M2: Artikel von Leah Spitzenpfeil
aus: Zartbitter. Schülerzeitung des Gymnasiums Niedernburg, Passau
Leah Spitzenpfeil (G8a)
Ich möchte hier keinen unrealistischen, mitleiderregenden und auf die Tränendrüsen drückenden Artikel über ein krebskrankes Mädchen schreiben - davon gibt es schon viel zu viele... Ich möchte euch etwas erzählen, das genau so passierte, wie ich es hier schildern werde, um euch zu zeigen, dass man todkranken Menschen manchmal schon durch etwas so Normales wie E-Mails helfen kann, sich nicht aufzugeben und um das Leben zu kämpfen.
„Die nächste Mail schreib ich dir aus der Klinik ...“
Alles fing damit an, dass Dr. Ralf Filipp - ein guter Freund unserer Familie und Arzt - im letztjährigen Konzert zu Gunsten der José Carreras-Leukämie-Stiftung von einem leukämiekranken Mädchen erzählte, das auf seiner Homepage über seine Krankheit schrieb. Da mich dieser Vortrag sehr beeindruckte und das erkrankte Mädchen auch Leah hieß, fühlte ich mich irgendwie mit ihm verbunden und wollte deshalb von Ralf seine Homepageadresse. Ralf konnte die Homepage dann aber leider nicht mehr aufrufen. Wir vermuten, dass sie aufgelöst wurde, weil Leah verstorben ist. Aus diesem Grunde gab mir Ralf dann die E-Mail-Adresse eines 16-jährigen Mädchens mit akuter Leukämie. Dieses Mädchen hieß Noreen, wohnte in Münster und hatte seit seinem 15. Lebensjahr Leukämie.
Noch am selben Tag, an dem ich die Adresse bekam, setzte ich mich abends vor den Computer und versuchte Noreen eine Mail zu schreiben. Das war aber gar nicht so einfach, weil ich natürlich einen einigermaßen netten Eindruck machen und mich nicht gleich blamieren wollte. Außerdem hatte ich ja gar keine Erfahrungen damit, wie man mit Leukämiekranken umgeht und ich wusste auch nicht, wie Noreen auf meine Fragen reagieren würde und was ich überhaupt fragen durfte und was nicht. Wie man sich wahrscheinlich vorstellen kann, war ich ganz schön aufgeregt, als gleich am nächsten Tag eine Antwort von ihr kam. Noreens erste Mail war ziemlich witzig und sie machte sofort einen sympathischen Eindruck auf mich.
Also schrieb ich ihr wieder - zu der Zeit, als wir uns kennen lernten, schrieben wir uns fast jeden Tag. Das lag daran, dass Noreen in dieser Zeit noch nicht wieder in der Klinik war. Zu dieser Zeit fing sie auch an, mir ein wenig über ihre Ängste vor dem Tod zu erzählen, aber sie fürchtete, mich damit zu vergraulen und hielt sich deshalb, wie sie sagte, noch ein wenig zurück. In einer Mail erzählte mir Noreen, wie ihre Klinikaufenthalte immer so ablaufen und ich fand es toll, dass sie so gut darüber sprechen konnte, weshalb ich ihr in meiner nächsten Mail schrieb, [dass] ich ganz sicher bin, dass sie wieder gesund wird. Als Antwort darauf bekam ich eine Mail, aus der ich euch gerne ein kleines Stück zeigen möchte:
Bitte, bitte sag nicht, dass du dir ganz sicher bist, dass ich wieder gesund werde. Natürlich hoffe ich das auch, aber wirklich sicher kann man sich nicht sein. Eine meiner Freundinnen sagt es auch, um mich zu beruhigen. Vielleicht sagt sie es auch, um sich selbst zu beruhigen. Nein, niemand weiß es, und das macht es auch so schlimm. Wenn es mir schlecht geht frage ich mich oft, ob es sich überhaupt lohnt. Wenn ich 100%ig wüsste, dass der Krebs mal weg geht, dann wäre alles viel leichter. Bitte sei mir nicht böse, dass ich das jetzt geschrieben habe, ok? Die nächste Mail schreibe ich dir aus der Klinik.
Bis bald und viele Grüße! Deine Noreen
Ich dachte mir, als ich ihr das schrieb, ehrlich nichts Schlimmes dabei; aber wenn man genauer darüber nachdenkt, ist Noreens Reaktion sehr verständlich und auch nicht unbegründet. Das war aber eigentlich auch das einzige Mal, dass mir etwas derartiges herausgerutscht ist; man lernt mit der Zeit ziemlich gut, was man sagen darf und was nicht.
Während Noreen in der Klinik war, schrieb ich ihr eigentlich jeden 2. Tag, aber meistens ohne Antwort darauf zu bekommen, weil es Noreen oft wegen der Punktionen viel zu schlecht dazu ging. Wenn Noreens Vater ihr meine Mails nicht regelmäßig ausgedruckt hätte und wenn ich ihr nicht weitergeschrieben hätte, wären wir meiner Meinung nach nie richtige Freundinnen geworden, weil man sich doch einfach zu fremd wird, wenn man mehrere Wochen nichts voneinander hört, sich noch nicht gut kennt und zur Verständigung nur auf E-Mails angewiesen ist.
Ich bekam durch Noreens Mails, die sie vom Krankenhaus aus mit einem Laptop schrieb auch mit, dass sehr viele kranke Freunde von ihr starben, am Schluss auch noch ihre beste Freundin. Damals war Noreen vollkommen mutlos, aber ihre Mail nach ein paar Tagen klang dann doch schon wieder viel zuversichtlicher, obwohl sie mir auch schrieb, dass sie in den letzten Tagen viel darüber gedacht habe, ob nicht alles viel leichter wäre, wenn sie selbst ebenfalls nicht mehr leben würde.
Aus dieser Mail möchte ich euch auch einen kleinen Teil zeigen, weil ich finde, dass man daran sehr gut sieht, was Menschen mit dieser Krankheit so durch den Kopf geht:
Bei mir dreht sich im Augenblick leider alles nur um diese scheiß Krankheit und wenn ich dann deine Mails lese, weiß ich dann, dass es eigentlich genau das ist, was ich wieder will ... nervige Lehrer in der Schule, mit Freunden etwas unternehmen, dort übernachten, einfach wieder LEBEN. Wenn ich das dann so bei dir lese, wird der Wunsch, dies alles auch wieder tun zu können, noch viel größer. Auch wenn ich dir das noch nicht gesagt habe, aber du verstärkst mit deinen Mails meinen Wille[n], diese Normalität wieder zu erreichen.
Leider war diese Mail vorerst aber für 5 Wochen die letzte: Ich schrieb Noreen weiterhin ca. jeden 2. Tag und nach eineinhalb Wochen erhielt ich von Noreens Vater eine Mail, in der stand, dass Noreen einen geeigneten Knochenmark-Spender gefunden hat und sie nun auf die bevorstehende Transplantation vorbereitet wird. In dieser Mail stand auch noch, dass Noreens einzige Niere nicht richtig arbeitet und dass Noreen, wenn sie diese Therapie durchhält, eine reale Chance hat wieder gesund zu werden. Ich war nach dieser Mail nicht unbedingt froh, weil ich dauernd daran denken musste, dass, wenn Noreen diese Therapie nicht durchhält, alles aus ist.
Das Warten in den nächsten Wochen war für mich ziemlich unerträglich, vor allem, wenn ich jeden Tag meine Mails abrief, ihr ungefähr jeden 2. Tag schrieb und immer noch keine Nachricht von Noreen da war. Und als ich dann am 23. Mai endlich die Nachricht bekam, dass es Noreen besser geht und die Zellen angewachsen sind, war ich so froh, dass ich vor lauter Erleichterung erst mal einen großen Heulkrampf bekam.
Aus dieser Mail möchte ich euch auch noch unbedingt einen Teil zeigen, ich musste zu Hause aber erst lange suchen, welchen ich nehmen sollte, weil ich mich über diese ganze Mail so freute, dass ich alle Teile geeignet finde. Aber dafür habe ich mich entschieden:
Es ist zwar sehr anstrengend, weil ich nicht richtig sitzen kann, aber ich möchte dir jetzt unbedingt schreiben. Ach man Leah, ich habe mich über jede einzelne Mail so gefreut und konnte nicht zurückschreiben. Weißt du was? Ich habe 400 Leukos! Die Zellen sind angewachsen. Oh Leah, wenn das so weitergeht, komme ich vielleicht bald aus dem Schleusenzimmer raus. Ich bin auf dem Weg gesund zu werden. Na, wie findest du das? Ich fühle mich zwar noch sehr schwach, aber ich bin richtig glücklich. Du hast mir immer und immer wieder geschrieben und meine Mutter hat mir die letzten Mails alle vorgelesen, weil ich noch nicht mal mehr lesen konnte. Du hast mich aber trotzdem nicht vergessen, obwohl ich nicht zurückgeschrieben habe. Ach Leahchen, immer wenn meine Mutter vorgelesen hat, habe ich in Gedanken alles nachvollzogen. Manchmal habe ich auch geheult, als ich gehört habe, was du so alles gemacht hast. Ich war dann unheimlich traurig, weil ich hier liegen musste und nichts tun konnte. Das hat mir Kraft gegeben, denn durch deine Mails hast du mir gesagt, dass ich all das nicht mehr erleben kann, wenn ich mich aufgebe. Du glaubst gar nicht, was du durch deine Mails alles bei mir ausgelöst hast. Ich danke dir dafür! - Jetzt schreibe ich dir wieder öfter, denn ich hoffe ganz doll, dass es mir mit jedem Tag besser geht. Deine Noreen
In den folgenden Mails schickten wir uns dann gegenseitig Fotos und machten uns sogar schon aus, dass wir, sobald Noreen aus dem Schleusenzimmer raus ist, das erste Mal telephonieren und uns vielleicht sogar schon in den Sommerferien treffen.
Aber nach diesen 3 Mails bekam ich plötzlich wieder keine Antwort von Noreen, ich schrieb und schrieb und konnte einfach nicht verstehen, warum sie schon wieder nicht antwortete und was mit ihr los war.
ca. 1 Monat später bekam ich von Noreens Freundin die für mich unbegreifliche Antwort auf meine Fragen, das ist ein Teil daraus: ...
Wie soll ich es dir sagen? Erst ging es Noreen ja besser, aber dann hat sie Fieber bekommen und die KMP hat ergeben, dass es wieder neue Krebszellen gab. Es ging ihr jeden Tag schlechter, und dann ist sie gestorben...
Dass ich darüber sehr traurig war und auch immer noch bin und dass ich das alles eigentlich immer noch nicht richtig fassen kann, brauche ich euch hier sicher nicht zu erzählen. Im Nachhinein bin ich aber ganz, ganz froh, Noreen kennen gelernt zu haben und ich habe mich schon über jede einzelne Mail von Noreen so gefreut, dass ich keine Sekunde unserer Freundschaft irgendwie bereut hätte.
Ich bin mir sicher, dass ich Noreen niemals vergessen werde!!!
Hast du eine Frage zum Thema? - Oder vielleicht willst du Leah einfach mal auf diesen Artikel hin schreiben? — Besuch Sie doch einfach über die Seite von http://www.onko-kids.de/
LEUKÄMIE - INFO-PAGE von Leah Spitzenpfeil (G8a)
Was ist Leukämie?
Leukämie ist eine bösartige Erkrankung der blutbildenden Organe. Dabei produziert das Knochenmark unreife weiße Blutkörperchen, die sich ganz schnell und unkontrolliert vermehren. Sie verdrängen bald die gesunden weißen Blutkörperchen, roten Blutkörperchen und Blutplättchen. Das ist natürlich nicht gut, weil diese nach und nach ihre eigentlichen Aufgaben, wie z. B. den Körper vor Infektionen zu schützen, nicht mehr erfüllen können.
Die Leukämie kann im schlimmsten Fall zum Tod des jeweiligen Patienten führen. Zur Zeit überleben jedoch ca. 70 % der erkrankten Kinder und 40 % der erkrankten Erwachsenen.
Wie behandelt man Leukämien?
Im wesentlichen werden Leukämien mit Chemotherapie und eventueller Bestrahlung und/oder Knochenmarkstransplantation behandelt.
Auf welchen Homepages kann ich mich weiter über Leukämie informieren?
Es gibt viele sehr gut gestaltete Kinderseiten und Erfahrungsberichte von Patienten, aber auch Homepages, die sich nur mit der medizinischen Seite der Leukämie befassen. Die folgenden beinhalten beides:
- http://www.chemo-kids.de/ ist die Homepage von Noreen und Alicia. die über ihre Leukämieerkrankungen berichten. (Ist echt einen Klick wert!)
- http://www.onko-kids.de/ ist eine von krebskranken Kindern und Medizinern erstellte Homepage, die unter anderem zur Kommunikation krebskranker Kinder dient.
- http://www.carreras-stiftung.de/ ist eine hauptsächlich über die Krankheit und Behandlungsmethoden berichtende, sehr informative Homepage.
Welche guten Jugendbücher gibt es, die sich mit dem Thema Leukämie befassen?
Diese 3 Bücher habe ich selbst gelesen und kann sie nur weiterempfehlen:
- Das Jahr mit Anne - von Nina Rauprich. In diesem Buch erzählt die Autorin aus der Sicht der Schülerin Sabine über deren Jahr mit der leukämiekranken Anne. (Ein super Buch!!!)
- Wer nicht kämpft hat schon verloren - von Martina Amann. Die 19-jährige Autorin erzählt von ihren Erlebnissen und ihrem Alltag mit Leukämie.
- Ein Elefant gab mir die Hand - von Mavi Moor. Die mit 13 an Leukämie erkrankte Autorin beschreibt ihre Krankenhausaufenthalte und ihr Leben mit der Krankheit.
Leukämie ist:
L eben
E insamkeit
U ngewissheit
K rankheit
Ä nderung des Bewusstseins
M angel an Erythrozyten (= rote Blutkörperchen)
I rre werden / Isolation
E inigung
M3: Leah erzählt von ihrer Freundin Julia
Ich möchte euch gerne von meiner kleinen Freundin Julia erzählen:
Letztes Jahr bekam ich im April folgende Mail:
„Hallo Leah, ich heiße Julia und bin 4 Jahre alt. Meine Mama schreibt für mich, weil ich noch nicht schreiben kann. Ich surfe aber schon im Internet und habe mit Mama zusammen deine Nachricht auf der Kinderkrebshilfe Homepage gefunden. Ich hatte einen Wilmstumor, der am 26. März durch Operation entfernt wurde. Davor habe ich schon 4 Wochen Chemo bekommen und jetzt bekomme ich noch 27 Wochen Therapie. [...]
Ich freue mich schon auf deine Antwort! Herzliche Grüße und alles Gute für dich von Julia"
Ich habe diese Mail total lieb gefunden und mich sehr darüber gefreut. Deshalb habe ich Julia auch gleich geantwortet. Ich schicke ihr zu meinen Mails meist noch eine Geschichte mit, damit ihr nicht so langweilig ist. Manchmal auch Spiele oder Bilder... Ich hätte nie gedacht, dass wir uns so gut und so lange verstehen würden, aber jetzt ist schon ein ganzes Jahr vergangen und wir schreiben uns immer noch regelmäßig. Julia kann jetzt schon selbst ihren Namen tippen und wenn ihre Mama ihr die Buchstaben zeigt, dann schreibt sie sogar schon ganze Mails alleine. Manchmal tippt sie auch einfach irgendwelche Buchstaben wild durcheinander, das sieht dann so aus:
„Hallo liebe lEah
mir geht es gut. Julia
jhsdfuzwerjsdhsuier kbhs jkefksfezhurnk wu
Leah Julia
Ksdfjiowers 4123sf47 sd shuheriu 2+2=4 ( <- Julia kann auch schon rechnen!)
DeEine Julia"
Über diese Mails freue ich mich dann immer ganz besonders!
Julia war die ganze Therapie über sehr tapfer. Trotz der Chemo hat sie nicht gejammert und war immer gut gelaunt. Es hat mich sehr beeindruckt, wie selbstverständlich sie mit ihrer Krankheit umgegangen ist. Kleine Kinder sind oft leichter zu therapieren, weil sie ihre Krankheit leichter annehmen als Erwachsene und weil sie sich einfach dazu entscheiden zu kämpfen, egal wie es aussieht. Ich habe jetzt ein paar Kommentare von Julia zu ihrer Krankheit für euch:
„Mir geht es ganz gut. Die Chemozwerge wirbeln in mir herum und machen alle Krebszellen in mir kaputt. Die haben es wirklich nicht leicht, müssen überall nach bösen Zellen suchen. Aber weißt du, mein Doktor W. hat immer genau die richtigen Chemozwerge für mich. Deshalb geht es mir trotz Chemo ganz gut."
„Meine Haare habe ich jetzt bis auf ein paar Strähnchen alle verloren, aber das ist nicht schlimm und ich hoffe, dass ich später rote Haare bekomme, wie Mama."
„Die Chemo war doof. Ich musste gestern Abend das erste Mal brechen und habe heute morgen erst wieder damit aufgehört. Jetzt bin ich schon wieder fröhlich. Habe gerade mein Dreirad geputzt. Nudeln habe ich auch schon gegessen. Oma ist da und hat etwas vorgelesen und mit mir gespielt. Am Liebsten bin ich einfach fröhlich."
„Hast du dem Christkind schon einen Wunschzettel geschickt? Ich ja. Ich hab mir gewünscht, dass ich nie mehr Krebs habe und nie mehr Chemozwerge brauche. Dann habe ich mir noch einen Puppenwagen gewünscht und einen Bademantel für meine Puppe und dann noch was zum Basteln und zum Dekorieren für mein Kinderzimmer."
Am vierten November bekam Julchen ihre allerletzte Chemo und ihr Professor hat sie sehr gelobt. Julchen war nämlich eines der wenigen Kinder, die diese lange Chemo ohne große Probleme überstanden hat. Keine Isolierung, Blutwerte nie zu niedrig, keine Entzündungen, keine anderen Krankheiten, eben alles prima!
Leider wars das aber doch noch nicht ganz. Kurz vor Weihnachten bekam Julia wegen den von den Chemos geschwächten Abwehrkräften noch eine heftige Lungenentzündung und sie musste fast zwei Wochen im Krankenhaus liegen. Aber Julia ist stark und sie hat es geschafft rechtzeitig zu Weihnachten wieder nach Hause zu kommen.
Vor ein paar Tagen war wieder eine große Nachuntersuchung und die zeigte, dass alles in Ordnung ist. Die Ärzte und Schwestern erkennen Julchen nur noch an ihrer Mama, weil sie jetzt wieder so gesund und kräftig aussieht. Julia ist ihren Port los, sie kann wieder hüpfen (ihre Nerven in den Beinen wurden durch die Chemo geschädigt), Julchen hat ihren 5. Geburtstag gefeiert, die Haare wachsen wieder und sie geht wieder ganz normal in den Kindergarten.
Julia hat es geschafft!
Und jetzt möchte ich euch noch vorlesen wie Julias Mama die Krankheit ihrer Tochter erlebte. Christiane ist wirklich eine unheimlich tolle Mutter gewesen und sie hat viel von ihrer positiven Einstellung auf Julia übertragen. Wenn Christiane nicht gewesen wäre, hätten Julia und ich nie Freundinnen werden können.
Liebe Leah,
ich danke Dir für deine Zeit, die DU immer wieder geopfert hast, um für Julia da zu sein. Ich bin sehr dankbar für alle die Menschen, die Julia in der ganzen Zeit Freude und Liebe geschenkt haben, nur so war es möglich, ihr ihre Freude zu erhalten. Sie ist überhaupt ein so tapferes und freudiges Mädchen, nie war sie traurig oder mutlos, immer fröhlich und immer zum Lachen aufgelegt. Ich bin so dankbar für mein kleines Mädchen, ich bin so dankbar, daß ich sie ein zweites Mal geschenkt bekommen habe.
Die mütterliche Angst ist so übergroß, das eigene Kind zu verlieren, es verschleiert einem das Gehirn, man kann an kaum etwas anderes denken, man hat einfach eine unglaubliche Angst. Mein Traum wurde fast zerstört, mein Kind, mir fast entflogen in die Wolken in den Himmel. Wie ein Schmetterling in die Freiheit.........
Sie hat ihre Freiheit gefunden, ihre Freiheit von der Krankheit, Julia hat es geschafft, Julia hatte Krebs und sie hat ihn besiegt. Sie ist so unglaublich stark!
Alles Liebe und Gute für Dich liebe Leah,
Christiane und Julia
M4: Bilder von Leah
M5: Methodische Impulse
1. Bearbeitet folgende Impulse:
- Ausgewählte Briefe von Leah sichten.
- Den Zeitungsbeitrag und den Schülerzeitungs-Beitrag von Leah selbst lesen, Fragen an Leah sammeln.
- Eine Liste erstellen: was „gibt“ Leah, was „gewinnt“ sie durch ihre Aktion?
- Die Homepage http://www.onko-kids.de/ aufsuchen und selbst einen Brief an ein krankes Kind schreiben.
- Leah zu einem Gespräch einladen.
2. Lest Mt 20, 29-34 (Die Heilung von zwei Blinden bei Jericho) bzw. Mt 9, 1-8 (Die Heilung eines Gelähmten) und notiert, wie Jesus mit kranken Menschen umgeht.
3. Schreib Deine persönlichen Erfahrungen mit Krankheit und Kranken auf und überleg dir, wie du damit umgegangen bist und dich gefühlt hast.
4. Kurze Information zu Leah Spitzenpfeil (Basis: Homepage)
5. Beschreibe Leah mit geeigneten Adjektiven! – Die Antworten werden an der Tafel gesammelt.
6. Emailauszug von Noreen (einem krebskranken Mädchen) an Leah wird vorgelesen:
„Bei mir dreht sich im Augenblick leider alles nur um diese scheiß Krankheit und wenn ich dann deine Mails lese, weiß ich dann, dass es eigentlich genau das ist, was ich wieder will ... nervige Lehrer in der Schule, mit Freunden etwas unternehmen, dort übernachten, einfach wieder LEBEN. Wenn ich das dann so bei dir lese, wird der Wunsch, dies alles auch wieder tun zu können, noch viel größer. Auch wenn ich dir das noch nicht gesagt habe, aber du verstärkst mit deinen Mails meinen Wille[n], diese Normalität wieder zu erreichen.“
7. Stell Dir vor, dein Leben würde sich vom einen auf den anderen Tag durch eine schwere Krankheit komplett ändern. Überlege dir, wie du dir wünschen würdest, dass deine Freunde / Bekannten /Familie mit dir umgehen sollten. Schreibe deine Gedanken anschließend in die Sprechblasen.
Im Anschluss wird mit den Schülern über die in den Sprechblasen geäußerten Gedanken gesprochen.
(Simone Haderer / Ursula Krieger)
M6: Ausstellungstafel
Die Ausstellungstafel entstammt der Wanderausstellung "Tolle Typen heute", die ausgeliehen werden kann. Weitere Informationen siehe Wanderausstellung