Sendner, Walter
Thema: Seelsorge, Hospiz, Tod
M1: PNP, 15.10.2016, Nr. 239, S. 46
Er ist da, wenn das Dunkel kommt
Walter Sendner kümmert sich in der Diözese um Hospizseelsorge und Trauerbegleitung
von Gudrun Wanninger
Passau. Walter Sendner saß in seinem kleinen Büro am Domplatz, als es an der Tür klingelte und ein Unbekannter draußen stand, der mit ihm über den Tod sprechen wollte. Über seinen Tod, von dessen unerwarteter Nähe er grade erst im Krankenhaus erfahren hatte. Der junge Mann war unheilbar krank. In der Klinik hatte man nicht viel mehr für ihn tun können als ihm Broschüren von Hospizvereinen und Selbsthilfegruppen mitzugeben. "Bischöfliches Ordinariat, Hospizseelsorge und Trauerbegleitung" steht auf Sendners Visitenkarte. Ein Rettungsanker für einen, der plötzlich den eigenen Tod nahen spürt.
Sendner ist ein besonnener Mann. Wenn er durch die Gänge im Haus St. Maximilian neben dem Dom geht, genießt er es, seine Füße auf altes Gemäuer zu setzen und zu wissen, dass der Platz Geschichte atmet. Er mag den Geruch von Eintopf und Bohnerwachs, der durch die Gänge wabert. Und er mag es, sich bei einer Tasse Tee zu unterhalten. Das tat er dann auch mit dem Unbekannten. Das erste Gespräch dauerte zwei Stunden und endete mit einem Wunsch: Der Sterbenskranke wollte noch einmal an seinem Lieblingsplatz sein. Sendner packte ihn in Decken und fuhr ihn hin. Er war bei ihm, als dem Mann dort Szenen aus seinem Leben wieder lebendig wurden. "Das hat ihn versöhnt", sagt er.
Sendner kann das. Dabeisein, den Kummer der anderen aushalten. Schweigen und dann im richtigen Moment das Richtige sagen. Als Kirchlicher Bildungsreferent kümmert er sich um Männerseelsorge, Seniorenseelsorge, Trauer- und Hospizarbeit in der Diözese Passau. Er koordiniert gemeinsame Termine und Aktivitäten, vermittelt Ansprechpartner, hält Referate in Selbsthilfegruppen und führt auch selbst Gespräche mit Hilfesuchenden. Diesen Sommer etwa hat Sendner eine Männer-Bootsfahrt auf dem Regen angeboten, aber auch ein Treffen mit Eltern verstorbener Kinder. Zurzeit ist der "Kerzenlichttag" in Planung, bei dem am zweiten Adventssonntag in der Kirche Mariahilf Eltern ihrer verstorbenen Kinder gedenken. Wenn Sendner über die verwaisten Eltern redet, spricht er von ihren Lebensplänen, die mit dem Kind gestorben sind, von ihren "gekappten Träumen". Sendner ist selbst Familienvater, hat einen erwachsenen Sohn. In seinem Büro hängt ein indianischer Traumfänger. Böse Träume soll er abwenden. Doch die Geschichten, mit denen Sendner zu tun hat, sind wie böse Träume, die Wirklichkeit geworden sind.
Warum macht er das und woher nimmt er die Kraft dafür? "Die Frage nach dem Warum stelle ich mir nicht", sagt der 60-Jährige. "Jeder hat Ressourcen, Begabungen und seine Mission, die er erfüllen muss, um das Gefühl zu haben, dass es gut ist." Seine Mission sei es, zu verkünden, dass wir in einer wunderbaren Welt leben und einen wunderbaren Schöpfer haben. "Wenn ich es schaffe, Leute im Boot zu halten und fürs Christsein zu begeistern, dann habe ich meine Mission erfüllt", sagt er. Doch auch er brauche Menschen, die ihn aufwärmen und Licht machen, wenn die Stimmung dunkel zu werden droht. Ablenkung findet der Vilshofener beispielsweise in seiner Bläsergruppe. "Ich bin ein schlechter Musiker, aber ein leidenschaftlicher", sagt er und lächelt.
Das Leben mit Gott fing für Sendner schon mit dem Ministrieren an. Er war Mitglied in katholischen Jugendorganisationen, aktiv als Betreuer bei den Pfadfindern. Die Freude an der Jugendarbeit führte Sendner, der aus dem Raum Würzburg stammt, 1978 in die Diözese Passau. 1980 eröffnete er das Kirchliche Jugendbüro in Osterhofen. Mit 28 leistete er seinen Zivildienst im Altenheim St. Antonius in Osterhofen – und kehrte nur ein Jahr später als Leiter der Einrichtung wieder dorthin zurück. 28 Jahre lang leitete er das Haus. 2012 kam er als Kirchlicher Bildungsreferent nach Passau.
Sendner ist ein Nachspürer, ein Infragesteller. Einfache Feststellungen versieht er gerne mit einem Fragezeichen. An der Oberfläche zu bleiben liegt ihm nicht. Den Hilfesuchenden begegnet er bedächtig. "Wir hecheln durch den Tag und merken erst, wie wichtig der Atem ist, wenn er uns ausgeht", mahnt er. Wenn er in seiner Arbeit von den Erlebnissen der Trauernden erfährt, stockt ihm selbst oft der Atem. Er versucht dann, Halt zu geben, da zu sein. "Es geht dann darum, neuen Atem zu schöpfen, Vertrauen ins Leben zu gewinnen – auch wenn es erschüttert ist."
M2: Foto von Walter Sendner
M3: Didaktische Impulse
1. Wenn Trauer, Angst und Tod hereinbrechen: Male ein Gefühlsbild, das zwei Seiten beinhaltet - einerseits stellst du deine Assoziationen zu Tod, Trauer und Angst kreativ dar, auf der anderen Seite gestaltest du deine persönlichen "Lichtträger" durch schwierige Zeiten; Dinge, womit du dir selbst etwas Gutes tust bzw. womit auch Mitmenschen dir und du deinen Mitmenschen in Trauerphasen helfen kannst.
Wenn du magst, darfst du einem deiner MitschülerInnen anschließend dein Gefühlsbild vorstellen.
2. "Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, den leiblichen Tod" - Der hl. Franz von Assisi singt mit dieser Zeile in seinem Sonnengesang ein Lob auf den Tod. Führt in eurer Klasse ein kleines Schreibgespräch durch, in dem ihr euch mit der Wichtigkeit vom Tod für das Leben und den Wert, den das Leben durch Trauer, Tod und Verlust bekommt, auseinandersetzt.
Mögliche Impulse für dieses Schreibgespräch (jeweils auf ein DIN A4 Blatt entweder ganz oben oder in die Mitte geschrieben, sodass jeder Schüler und jede Schülerin je eine Aussage auf jedes Blatt schreiben kann):
1) Wenn es keinen Tod gäbe, dann...
2) Der Tod lehrt mir folgendes für mein Leben: ...
3) Trauer und Verlust zeigen mir: ...
4) "Glück im Unglück" oder "pures Glück" ? Welche Rolle Unglück für mein Glücklichsein spielt: ...
3. "Alles hat seine Zeit": Auch in der Bibel (Koh 3, 1-15) wird dem Sterben eine Zeit im Leben zugemessen. Lies dir die Bibelstelle einmal aufmerksam durch und verfremde sie anschließend:
Schreibe dein eigenes "Alles hat seine Zeit"-Gedicht, in der du dich mit deiner Zeit beschäftigst; mit dem, worin du gerne Zeit investierst/ investieren würdest und welche Träume, Wünsche und Ziele du für die Zukunft hast - und was die jeweiligen "Gegenspieler" davon sind, weswegen du z.B. deine Hobbies unterbrechen musst, deine Wünsche sich vllt. nicht erfüllen werden/können, etc.
Findest du bei deinen "Gegenspielern" Dinge, die sich entweder ganz, bis zu einem gewissen Grad oder für begrenzte Zeit abstellen ließen? Falls ja, nimm dir gerne in Zukunft vor, diese Dinge so zu verändern (falls möglich), dass du dir mehr Zeit schaffen kannst für die Dinge, die bislang für dich zu kurz kamen bzw. die du unbedingt machen oder einmal ausprobieren willst!