Schwester Jéromîne
Thema: Berufung, Eine Welt, Evangelische Räte
M1: PNP, 13.03.2010, Nr. 60, S.37
Das „Grüß Gott“ verbindet - rund um die Welt
Warum sich Schwester Jérômine aus Madagaskar in Niederbayern heimisch fühlt - „Gott rief mich in ein anderes Land“
Von Caroline Holzschuher
Fürstenzell/Ortenburg. Afrikanische Frohnatur trifft bayerische Gemütlichkeit: Schwester Jérômine Kompé aus Süd-Madagaskar hat im südlichen Landkreis ihr neues Zuhause gefunden. Für ihren Glauben hatte sie vor acht Jahren den Inselstaat im Indischen Ozean verlassen und seitdem erfahren: Die Unterschiede zwischen beiden Kulturen sind zwar groß, aber nicht unüberwindbar.
Trotzdem: Als sie 2002 von der afrikanischen Atlantikinsel Madagaskar über Frankreich nach Niederbayern kam, war sie skeptisch. „Ich bin schwarz, ihr seid weiß - ihr schaut mich gar nicht an“, schildert sie ihre Bedenken von damals über das reiche Deutschland. Doch kaum war sie im Kloster St. Scholastika der Benediktinerinnen der Anbetung in Neustift bei Ortenburg angekommen, erlebte sie eine Überraschung: „Hier grüßt mich jeder. Das ist anderswo nicht so.“
Berufung: Ein lebenslanger Prozess
Und gerade das bayerische „Grüß Gott“ gefällt ihr besonders. „Man merkt, wie wichtig der Glauben hier war. Schade, dass man es in der Praxis nicht mehr sieht“, bedauert die 33-Jährige. Denn der „liebende Gott“ gehört für sie schon immer dazu.
„Die Berufung an sich ist geheimnisvoll und besteht aus vielen Etappen. Ich sehe es als lebenslangen Prozess.“ Begonnen hat dieser bei Jérômine Kompé sehr früh. Die Mutter betete viel mit ihr und den elf Geschwistern. Darüber hinaus besuchte sie einen Kindergarten und eine Grundschule der katholischen Kirche - obwohl sie damals noch evangelisch war.
Dann die erste Entscheidung: Fasziniert vom Sakrament der Kommunion, konvertierte sie mit sieben Jahren zur katholischen Kirche. „Ich wollte dem liebenden Gott aber auch etwas schenken“, erinnert sie sich an ihre Jugendzeit und ihren Entschluss, ins Kloster einzutreten. Das war ein Schock für die Eltern, die meinten, die Tochter könne sich doch auch in der evangelischen Kirche engagieren und daheim beten.
„Man betet in einer Gemeinschaft aber anders. Die Liebe Gottes wird im Kloster auf eine eigene Weise spürbar“, versuchte sie ihrer Familie damals zu erklären. Schweren Herzen gab diese der jungen Frau ihren Segen. „Um es meiner Familie leichter zu machen, hat mich Gott weggerufen - in ein anderes Land“, ist sich Jérômine sicher.
So fand sie sich nach einigen Probetagen in verschiedenen Orden fernab der Heimat 2001 bei den Benediktinerinnen der Anbetung in Frankreich wieder. „Mir gefiel ihre Ausrichtung auf das Anbeten und die Arbeit für den Nächsten.“ Daher beschloss sie, bei dieser Schwesternschaft zu bleiben. Die Sprache - kein Problem: Französisch ist Amtssprache in Madagaskar.
Ganz anders war es, als man sie ein Jahr später in das Kloster St. Scholastika nach Neustift sandte: Sie lernte erst hier Deutsch - und zwar die Schriftsprache. „Die Mitschwestern in der Küche habe ich aber trotz Lernens nicht verstanden“, schildert sie ihre kuriose Situation im niederbayerischen Kloster. „Ich habe mich gefragt: Sprechen die kein Deutsch?“ Sie lacht. Mit der Zeit gewöhnte sie sich an den Dialekt, meistens versteht sie ihn heute auch.
Reis - ein bisschen Heimat auf dem Teller
Die deftige Hausmannskost jedoch liegt ihr mitunter schwer im Magen. „Zuhause haben wir drei Mal täglich Reis gegessen: Morgens, mittags, abends. Kleine Portionen“, erzählt die Afrikanerin. Schweinshaxen mit Kraut - ein Kontrastprogramm. „Knödel bekomme ich auch bist jetzt nicht runter.“ Ansonsten isst sie alles, von Kraut über Spaghetti bis hin zu Kartoffeln - Hauptsache, es gibt Reis dazu. Ein kleines bisschen Madagaskar für den Teller sozusagen.
Heimweh ist Dank Internet und Telefon kein Problem für die 33-Jährige. „Und es wird nie langweilig durch das Gebet und die Arbeit.“
Das glaubt man gerne: In Deutschland machte Schwester Jérômine 2005 bis 2009 eine Ausbildung zur Kinderpflegerin und gehört seit letztem Sommer offiziell zum Team des Kindergartens St. Maria in Fürstenzell, dessen Träger die Benediktinerinnen sind.
Die Rasselbande dort nahm die Frau mit der braunen Haut herzlich und mit vielen Fragen auf: Welche Hautfarbe haben deine Eltern - schwarz und weiß? Welche Haarfarbe hast du?
Das sind dann die Momente, in denen Schwester Jérômine über das 8500 Kilometer entfernte Madagaskar erzählt: Dort leben vorwitzige Lemuren (Affen mit den gestreiften Schwänzen) und in den Gottesdiensten tanzen die Menschen zu Ehren des Herrn. Danach bastelt sie mit den Kindern Spielzeug, so wie sie es einst im selben Alter in Madagaskar auch gemacht hat. „Ich erkenne dadurch immer, was ich daheim alles hatte.“
Zurück wird sie aber nicht mehr gehen - nur alle drei Jahre in ihrem Urlaub, wenn sie die Familie besucht. Denn im Sommer 2009 hat sie ihre Ewige Profess abgelegt: Nach sechs Jahren prüfen und geprüft werden hat sie damit dem Orden ewige Treue geschworen. „Es ist meine neue Heimat“, sagt sie mit einem breiten Lächeln und verabschiedet sich für heute von ihren Kindergartenkindern. Natürlich auf Niederbayerisch: „Pfiat di God“ - „Behüte dich Gott“.
M2: Bilder von Schwester Jéromîne aus Madagaskar und ihren Schützlingen
M3: Didaktische Impulse
1. Fasst die Gründe zusammen, die Schwester Jéromîne dazu bewegt haben, Madagaskar zu verlassen und nach Niederbayern zu gehen!
2. Schreibt einen Brief an Schwester Jéromîne mit Argumenten, was ihr an ihrer Arbeit schätzt!
3. Erstellt ein Akrostichon zum Thema "Auswanderung", "Einwanderung"...
zum Beispiel:
A...
U...
S....
W...
A...
N...
D...
E...
R...
U...
N...
G...
4. Beschreibt Schwester Jéromîne mit geeigneten Adjektiven! Die Antworten der Klasse werden an der Tafel gesammelt.