Schneider, Hannelore
Thema: Ehrenamt
M1: PNP, 16. 07.2010, Nr. 136, S. 14
Die Super-Nanny der Westler
Hannelore Schneider vom DJK war eine der ersten Frauen unter Fußball-Funktionären
Von Sandra Hatz
Fiebern, jubeln und trösten, putzen und waschen für die DJK Passau-West, das alles hat Hannelore Schneider schon gemacht. Sie erlebte die Höhen genau wie die Tiefen des Fußballs und sie zehrt heute in den schlechteren von den einmal sehr guten Zeiten des Vereins. Seit 16 Jahren ist die 56-Jährige Jugendleiterin und eigentlich hatte sie schon aufgehört. Doch als die Nachfolgerin nach kurzer Zeit zurücktrat, war die „super Hanni“ der Westler wieder da.
Vielleicht wäre es um die Fußballjugend in vielen Vereinen besser bestellt, wenn mehr Vorstände so denken und auch danach handeln würden wie Hannelore Schneider: Fußball bedeutet für sie Fairness, Ehrlichkeit, gegenseitiger Respekt. Das ist es, was sie den jungen Sportlern vermitteln will. Das treibt sie an. „Den Kindern soll’s Spaß machen. Dann kommt der Erfolg.“
Es war die schöne Gemeinschaft bei West, die sie als junge Frau begeisterte, als sie ihren Freund und ab 1973 dann Ehemann Heinz Schneider anfeuerte. Nach dem Spiel setzten sich Spieler und Partnerinnen zusammen, feierten oder bauten sich gegenseitig wieder auf. Treue Zuschauerin war Hannelore Schneider auch, als Sohn Johannes - er ist 1982 geboren - bei den Westlern spielte. Die Schneiders sind Westlers durch und durch. Auch Tochter Christina (26) - sie trainiert die Damenmannschaft.
Ende der 80er Jahre suchte die Vorstandschaft eine Jugendleiterin. Hannelore Schneider sagte Ja - und musste sich in der Männer-Domäne erst einmal behaupten. Sie war eine der ersten Frauen, die in der Region etwas zum Mitreden hatten, wenn es um die Belange der Fußball-Jugend ging. „Die Männer schimpfen viel, aber oft hintenrum. Ich habe immer gleich meinen Mund aufgemacht. Da hieß es dann schon, was schnabelt die denn, eine Frau. Die versteht doch nichts vom Fußball,“ erzählt Hannelore Schneider. Als engagierte Managerin der Jugendabteilung und schließlich auch als 2. Vorsitzende hat sie das Gegenteil bewiesen und sich in der Fußball-Welt Passaus und der Region Anerkennung verschafft.
Die Westler waren in den besten Jahren. Die 1. Mannschaft spielte in der Bezirksliga sowie C-, B- und A-Junioren in der Bezirksoberliga. Der Nachwuchs zog mit. Zeitweise waren 15 Mannschaften von der F- bis zur A-Jugend in den verschiedenen Klassen vertreten. Die Trikots landeten Woche für Woche in der Waschmaschine des Vereins - bei Hannelore Schneider. Die Jugendleiterin war und ist bis heute Mädchen für alles. Dazu gehört Kloputzen genauso wie Chauffieren.
Der Höhepunkt für Hannelore Schneider als Fußball-Frau war die Meisterschaft der B-Junioren der Westler in der Bezirksoberliga. Auf den Aufstieg in die Bayernliga aber verzichteten die Westler letztlich. „Da konnten wir nicht mithalten. Das konnten wir uns das nicht leisten“, erklärt Hannelore Schneider und seufzt: „Vielleicht war es ein Fehler - ich weiß es nicht.“
Jedenfalls war die DJK Passsau-West ein paar Jahre der erfolgreichste Verein der Stadt und der Region. Dann strudelte die Fußballabteilung in den Teufelskreis, in den alle geraten, wenn der Erfolg ausbleibt. Talentierte Spieler wechseln zu Vereinen, die in höheren Klassen spielen. „Das fängt schon in der F-Jugend an…,“ bedauert Hannelore Schneider. Es macht sie wütend, wenn getrickst wird, wenn Vereine nicht ehrlich miteinander umgehen. „Das ist nicht gut, weil die Kinder nicht das lernen, worum es im Fußball gehen sollte. Um Fairness.“ Knallhart: Es geht ums Geld. Und das mangelnde Geld ist es, das die kleinen Vereine kaputt macht, etwa weil sie umgangen werden, wenn es etwa um Ausbildungsvergütung geht. Der Verband müsste sich einmischen, meint Hannelore Schneider: „Aber der schützt nur die großen - und die kleinen schauen mit dem Ofenrohr ins Gebirge“.
Neben dem derzeit dominanten FC Passau, der für junge Fußballtalente unter anderem eine Hausaufgabenbetreuung anbietet, ist es schwierig zu bestehen. Deshalb hat die DJK Passau-West mit der Spvgg Hacklberg eine Jugendfördergemeinschaft (JFG). Hannelore Schneider würde sich wünschen, dass irgendwann einmal alle acht Passauer Fußballvereine diese Arche für den Nachwuchs mit bestücken.
„Wenn ich die ganz Kleinen seh’, mit welchem Eifer, Gespür und Teamgeist die spielen, dann geht mir einfach das Herz auf,“ beschreibt Hannelore Schneider. Die Kinder würden Begeisterung und Spaß mitbringen - leider verlieren viele von ihnen im herrschenden Fußball-Betrieb genau diesen Antrieb. Die einen hören auf, andere lassen sich zahlen.
Es gibt ein Leben neben dem Fußball. Auch für Hannelore Schneider. Sie betreut alte Menschen. Einkaufen, spazieren gehen. „Das ist vielleicht der Ausgleich. Andererseits sind die alten Menschen Kindern wieder sehr ähnlich. Und mit beiden muss man respektvoll umgehen.“ Das Engagement für die Senioren hat Hannelore Schneider aber auch schon an den Rand ihrer Belastbarkeit gebracht. „Da habe ich dann zwischendurch mal gesagt, ich brauche noch etwas anderes.“ Seitdem arbeitet sie in einem Passauer Modehaus.
Bei den Westlern aber hat die Jugendleiterin demnächst noch etwas anderes vor. Ein erstmals nicht ehrenamtliches Projekt: Hannelore und Heinz Schneider übernehmen im Herbst die Wirtschaft des Vereinsheims. Leicht wird es nicht. Dennoch hoffen die Schneiders vor allem wieder den Geist der Westler zu wecken, nach dem Motto, das sie sich schon einmal ins Logo geschrieben haben: Ein Verein mit Herz für die ganze Familie.