Pauli, Sonja und Werner
Thema: Behinderung
PNP vom 05.12.2006, Nr.280, S.15
Menschen mit Behinderung vorbildlich integriert
Bayernweit spitze: Freyunger Unternehmen Pauli Heizungsbau erhält "JobErfolg"-Preis 2006
von Jan Dermietzel
Freyung. Aus 50 Bewerbungen bayerischer Betriebe ist die Firma Pauli in Freyung für den „JobErfolg“-Preis 2006 ausgewählt worden. Am vergangenen Sonntag, dem „Welttag der Menschen mit Behinderung“, haben ihn Bayerns Sozialministerin Christa Stewens und Landtagspräsident Alois Glück in Rosenheim überreicht.
„Pauli hat sich gegen die Bewerbungen mehrerer in Bayern ansässiger Großkonzerne sehr überzeugend durchgesetzt“, erklärte Anita Knochner, Behindertenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, gegenüber der PNP. Denn Pauli überzeuge nicht nur mit der „phänomenalen Quote“ von 22,2 Prozent Schwerbehinderten unter den Angestellten. Über die formalen Kriterien hinaus attestiert die Jury der Firma Pauli, „dass hier Integration von Menschen mit Behinderung zum Betriebsalltag geworden ist“. Und zwar in einer Firma, die gesetzlich gar nicht zur Förderung Schwerbehinderter verpflichtet ist. Besonders begeistert zeigte sich Knochner, dass Pauli sogar einen Auszubildenden mit schwerer Behinderung eingestellt hat: „Und das in einem Handwerksbetrieb.“
Ebenfalls in einem Handwerksbetrieb nahm die Geschichte für Pauli ihren Lauf. Beim Bäcker um die Ecke sprach ihn im Herbst 2004 der querschnittsgelähmte Hans Königseder beim Einkaufen an: Ob er nicht Arbeit für ihn habe. Er sei Wirtschaftsinformatiker und könne sich um Paulis EDV kümmern. Königseder hatte selbst einmal ein Dutzend Angestellte. Seit einem Autounfall vor zehn Jahren sitzt er im Rollstuhl. Die Arme kann er bewegen. Die Finger nicht. Die Computertastatur bedient er mit einem Hilfsinstrument.
„Es kann jeden von uns treffen“, sagt Werner Pauli. Sein Vater ist seit einem Schlaganfall vor zwölf Jahren halbseitig gelähmt; seine Mutter pflegt ihn seitdem. Widmen würde Werner Pauli seinen „JobErfolg“-Preis am liebsten der Mutter. „Aber er gebührt der Firma, das heißt: den Mitarbeitern. Wir ziehen hier alle an einem Strang.“ Dass neben Hans Königseder noch drei weitere Menschen mit schwerer Behinderung auf Paulis Gehaltsliste stehen, hält der 38-Jährige für Zufall. „Die haben sich alle regulär beworben. Im Vorstellungsgespräch hat sich dann jeweils herausgestellt, dass ein Handicap vorliegt. Hervorragende fachliche Eignung war aber jeweils auch vorhanden.“
Pauli streitet nicht ab, dass die Zusammenarbeit mit Behinderten überdurchschnittliche Rücksichtnahme erfordere und oft mehr Zeit koste. „Die Betriebswirtschaft allein ist aber nicht das Leben“, sagt Pauli, „wenn ich einem Menschen das Gefühl geben kann, gebraucht zu werden“.
Viele Arbeitgeber, kommentiert VdK-Pressesprecher Michael Pausder, wüssten gar nicht, dass der Staat eine Vielzahl an Fördermöglichkeiten bietet (siehe InfoKasten). Und viele unterschätzten die Motivation, die ein Behinderter mit an den Arbeitsplatz bringt. „Der Drang, sich beweisen zu wollen, ist bei Menschen mit Handicap oft viel ausgeprägter.“