Muehlbauer, Alfred
Thema: Eine Welt, Nächstenhilfe
M1: PNP, 23.02.2010, Nr. 44, S.3
Ein Niederbayer im Einsatz für Tansania
Der Geisenhausener Elektroinstallateur Alfred Mühlbauer hilft als „Senior Experte“ in Afrika
Von Kerstin Straubinger
Geisenhausen. Jeden zweiten Tag fällt in Tansania der Strom aus. In den größeren Städten ist das Netz zwar stabiler, aber gerade in Krankenhäusern kann eine Unterbrechung der Elektrizität gefährliche Folgen haben. Dass sich die Stromversorgung im und rund um das Kibosho Hospital bessert, dafür sorgt ein Niederbayer: Elektroinstallateur Alfred Mühlbauer aus Geisenhausen bei Landshut. Der 69-Jährige ist seit 1989 „Senior Experte“ und derzeit zum fünften Mal in Afrika im Einsatz.
Verständigung per Zeichensprache
Der „Senior Experten Service“ (siehe Stichwort) sammelt die Kontaktdaten von Fachkräften im Ruhestand und vermittelt sie nach Anfrage an Unternehmen und Behörden im In- und Ausland. Ein Freund hatte Alfred Mühlbauer von dieser Stiftung erzählt, daraufhin meldete sich der Elektroinstallateur an. Sein Auftrag: Eine Notstromversorgung in Tansania aufbauen.
Mit seiner Arbeit beginnt der Rentner um 8 Uhr. Zusammen mit einheimischen Helfern erstellt er bis zu 7,5 Kilometer lange Stromfreileitungen. Alfred Mühlbauer bringt den Mitarbeitern bei, wie es geht. Gar nicht so einfach, ohne die Sprache Swahili zu können: „Ein bisschen was habe ich schon gelernt, ansonsten verständigen wir uns mit Englisch und Zeichensprache.“
Mit der Chefin des Kibosho Hospital gibt es dagegen keine Verständigungsprobleme. Die Ärztin hat in Deutschland studiert. Im Krankenhaus muss die Elektrik neu gemacht werden. Fällt wieder einmal der Strom aus, bleibt dem Personal nichts anderes zu tun, als das Notstromaggregat anzuwerfen. Das funktioniert nur mit Diesel, und der ist in Tansania fast so teuer wie in Deutschland.
Zu den Aufgaben des Rentners gehört auch, den Transport der benötigten Materialien ins Land zu organisieren. „Deutsche Firmen spenden zum Teil Material. Wenn wir das bezahlen müssten, würde sich der Transport nicht mehr lohnen“, erklärt Mühlbauer. Was vor Ort gekauft wird, stammt zum Teil aber aus China und das „sieht zwar oft deutsch aus, hat aber eine unglaublich schlechte Qualität“.
Damit er gute Arbeitsgeräte hat, heißt es vor jedem Flug nach Afrika richtig packen. Und dabei reizt er das Gewicht seines Gepäcks voll aus: 46 Kilogramm darf er mitnehmen. Seinen Koffer füllt er neben den Reiseutensilien für sechs Wochen auch mit Werkzeug, Schraubenziehern etwa. „Die lasse ich dann dort. Diesmal habe ich außerdem einen Laptop mitgenommen, den ein Bekannter gespendet hat“, erzählt der 69-Jährige.
Für seine Arbeit wird Mühlbauer mit einem Taschengeld von sieben Euro am Tag bezahlt, die Unterkunft bei Priestern, Essen und Flug sind frei. Dennoch, pro Aufenthalt legt Mühlbauer etwa 500 bis 1000 Euro drauf - und tut das gerne.
Dieses mal begleitet ihn erneut seine Frau auf der Reise. Immer wieder nimmt er Angehörige und Bekannte mit und zeigt ihnen „sein“ Afrika: Den Serengeti-Park, die Tiere dort und den Kilimandscharo, Afrikas höchstes Bergmassiv. Von Tansania ist Madlene Mühlbauer begeistert, davon, dass ihr Mann zweimal im Jahr für sechs Wochen weg ist, nicht immer. Denn die beiden betreiben ein Schreibwarengeschäft.
Alfred Mühlbauer will aber weiter für die SES nach Afrika fliegen. Die Arbeit ist die Bestätigung, dass er nach wie vor gebraucht wird. Außerdem kann er so den Menschen vor Ort helfen. Julia Haun, Pressereferentin des SES, erklärt: „Wir nennen das deshalb eine Win-win-Situation. Meist sind die Experten außerdem in Ländern unterwegs, in denen das Alter mehr geschätzt wird als bei uns.“ Als weiteren großen Vorteil sieht sie, dass andere Länder auf deutsche Produkte aufmerksam werden: „Es entstehen oft Kontakte zur deutschen Wirtschaft, was zu Exportaufträgen führen kann.“
Dass in Afrika noch viel zu tun ist, sieht Mühlbauer bei jedem seiner Einsätze. Ein kleiner Kulturschock war, dass die Menschen teilweise so arm sind, dass sie nur in Lehmhütten mit Strohdach leben und an Elektrizität gar nicht erst zu denken ist. Und wenn es die gibt, wird der Strom oft geklaut: „Die Zähler werden fast überall überbrückt.“ Ein stabiles Stromnetz? Fehlanzeige. Genau das will der „Senior Experte“ mit seinem Einsatz ändern. Schritt für Schritt.
Senior Experten Service
Der „Senior Experten Service“ (SES) ist die Stiftung der deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit. Der SES, eine gemeinnützige GmbH, verfügt über eine Datenbank mit derzeit 8000 ehrenamtlichen Fachleuten im Ruhestand, die auf Anfrage im In- und Ausland Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Meist sind Entwicklungs- und Schwellenländer die Einsatzorte. Seit Gründung des SES 1983 wurden mehr als 21 000 Einsätze in 160 Ländern durchgeführt.
M2: Bild vom Elektroinstallateur Alfred Mühlbauer bei der Arbeit
M3: Didaktische Impulse
1. „Wir nennen das eine Win-Win-Situation“: Was gewinnt Alfred Mühlbauer durch seinen freiwilligen Einsatz in Tansania?
2. Sucht in eurer Umgebung nach Menschen, die sich nach dem Arbeitsleben noch sozial engagieren und interviewt sie nach ihren Motiven!