Metzl Katharina
Thema: Eine Welt, Entwicklungszusammenarbeit, Sozialarbeit, Freiwilligendienst, Jugend, Missionsarbeit: Katharina Metzl – Eine MaZlerin
M1: Vorstellung des Local Heros: Katharina Metzl – Eine Missionarin auf Zeit (Projekt von Simone Haderer)
1.1 Passau und seine Partnerdiözese Alagoinhas, Brasilien
Der 08. Juli 2009 war ein wichtiger Tag für die Diözesen Passau und Alagoinhas in Brasilien, denn an diesem Tag konnten beide gemeinsam auf eine 40 Jahre andauernde Partnerschaft zurückblicken. Wie diese Partnerschaft zustande kam, wie sie sich im Laufe der Jahre zu mehr als nur einer Partnerschaft entwickelt hat und was das Ganze mit Katharina Metzl zu tun hat, erfahrt Ihr im weiteren Verlauf.
In Brasilien, dem größten Land Südamerikas, sind die Gegensätze zwischen Armut und Reichtum unvorstellbar groß. Nur ca. ein Drittel der Bevölkerung ist Teil des Wirtschaftskreislaufes, wohingegen der größte Teil der Menschen in der so genannten Schattenwirtschaft tätig ist oder am Existenzminimum in extremer Armut lebt. Auch die katholische Kirche hatte sich mit diesem Problem auseinanderzusetzen. Mit dem zweiten Vatikanischen Konzil bekamen die Bemühungen, das kirchliche Leben durch die katholische Mission zu verstärken zentrale Bedeutung. Außerdem soll sich die Kirche um die Menschen mit ihren realen Nöten sorgen. Vor allem die Kirchen in Lateinamerika haben dies aufgegriffen und 1968 beschloss die Bischofskonferenz in Medellin die Option für die Armen und den Einsatz für Solidarität und Gerechtigkeit als vorrangiges Ziel.
Auch in Passau war die konziliare Aufbruchstimmung zu spüren und die Kapläne Gerd Brandstetter (geb. 1935 in Neuötting, Lkr. Altötting) und Kasimir Spielmann (geb. 1932 in Altötting), begleitet von seiner Schwester Anna, entschieden sich, als 1. Brasilienteam in die Mission zu gehen. Nach einem Sprachkurs machten sie sich im Februar 1969 auf den Weg nach Alagoinhas, Brasilien – damals noch mit einem Frachtschiff und nicht mit dem Flugzeug. Um Alagoinhas, das ca. dreimal so groß ist wie das Bistum Passau und ungefähr die gleiche Katholikenzahl hatte, aber nur 18 Pfarreien und 20 Priester, sollte mit ihrer Unterstützung eine neue Diözese aufgebaut werden. Unterkunft fanden die drei vorerst im kleinen Pfarrhaus beim Bischofsvikar und somit war es die erste wichtige Aufgabe ein neues Pfarrhaus zu bauen. In ihrem ersten Kontaktbrief schrieben sie:
„Wir haben kein Pfarrhaus, daher wohnen wir bei Dom José Cornelius. Der gebürtige Belgier, der schon dreißig Jahre im Kongo gearbeitet hatte, zuletzt als Erzbischof von Elisabethville, ist eine große Hilfe für uns. Wir sind dabei, uns einzuleben. Wenn wir mit Liebe und Behutsamkeit zu handeln verstehen, immer erst den nächsten Schritt machen und nicht den übernächsten, dann hoffen wir, mit der Hilfe Gottes viel Gutes bewirken zu können“ (Kontaktbrief 1).
Der Pfarrhausbau war zugleich aber auch eine gute Gelegenheit in der Zusammenarbeit mit einheimischen Bauarbeitern ihre Sprache kennen zu lernen und zu sehen, wie die Menschen aufblühen, wenn sie wichtig sein dürfen und Ausländer ihnen nicht als Kolonialherren gegenübertreten.
Das Team musste allerdings neben den priesterlichen Aufgaben und der Katechese auch viel Praktisches anregen und fördern und es war entscheidend, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben und stützende Gemeinschaften aufzubauen. Die Zuständigkeiten wurden aufgeteilt und Pfarrer Kasimir Spielmann übernahm das Amt des Pfarrers und nach der Errichtung der Diözese wurde er 1974 Generalvikar und Diözesancaritasdirektor. Seine Schwester Anna kümmerte sich neben dem Haushalt und Kirchenchor um die Bildungsarbeit, insbesondere bei Frauen, und Gerd Brandstetter, in Brasilien bekannt als Padre Geraldo, setzte sein Hauptaugenmerk auf soziale Projekte.
1970 wurde das Team durch Kaplan Ludwig Jungbauer erweitert.
Aber was hat die vier überhaupt dazu bewegt, nach Brasilien in die Mission zu gehen? Über ihre Motive schreiben sie im 4. Kontaktbrief unter anderem:
„Die Antwort ist einfach: wir gehen nach Südamerika, um dort zu leben; genauer: um dort mit den Menschen zu leben. Wir haben uns in Löwen gegenseitig gefragt, warum wir über Jahre hin von diesem Wunsch nicht losgelassen wurden. Wir mussten uns eingestehen: wir wissen es selber nicht. Eines allerdings wurde deutlich: jeder von uns ist einmal irgendwie von Jesus Christus berührt worden [, denn Jesus hat uns fasziniert mit seinem Programm und mit seiner Lebensweise]. Und es ist so: wenn man IHM einmal den kleinen Finger gereicht hat, dann will Er nicht nur den Arm haben, sondern gleich die ganze Person.“
Es war allerdings von Anfang an vereinbart war, dass die Teams nur auf Zeit in Alagoinhas bleiben und wieder in die Diözese Passau zurückkehren und somit kam es 1986 zum Wechsel. Dem neuen Team gehörte u.a. der Kaplan Josef Göppinger (geb. in Kastl, Lkr. Altötting) an. Nach der Einarbeit in Alagoinhas, bei der er sich besonders um die soziale Gerechtigkeit für ausgebeutete Frauen kümmerte, ging er 1991 nach Rio Real. Dort gelang es ihm mit armen Landarbeitern eine Genossenschaft aufzubauen, die dann fair gehandelten Orangensaft in bayerische Weltläden liefert. 1994 kehrte auch er ins Bistum Passau zurück.
Die Tradition der Passauer Priester in Alagoinhas ist aber nicht ganz abgebrochen. Padre Geraldo kehrte 1986 nach Brasilien zurück, baute in der Diözese Guarabira ein Kinderdorf auf und lebt noch heute dort. Auch Kasimir Spielmann reist bis heute noch regelmäßig nach Brasilien und Josef Göppinger war von 2001 bis 2007 erneut dort und hat neben der Pfarrei Conde die Diözesancaritas geleitet.
Inzwischen wird die Partnerschaft auf einer anderen Ebene verstärkt weitergeführt: Über 50 junge Menschen sind schon als Missionare und Missionarinnen auf Zeit (MaZler) in Brasilien gewesen und pflegen so die Kontakte weiter. Eine von ihnen ist Katharina Metzl, die ich stellvertretend für alle MaZler als Local Hero vorstellen möchte.
1.2 Katharina Metzl – Eine MaZlerin
Am 01. September 2006 waren wir zum letzten Mal alle zusammen. Katharina Metzl, damals 19 Jahre alt und gerade das Abitur in der Tasche, feiert eine Abschiedsparty mit all ihren Freunden. Der Grund: Ihr Weg sollte sie einen Tag später nach Brasilien führen. Ziel: Conde, Alagoinhas. Rückflug: ein Jahr später. Dass es die gebürtige Kastlerin (Lkr. Altötting) einmal so weit in die Welt hinaustragen würde, haben ihre Familie und Freunde einige Jahre zuvor wohl noch nicht gedacht.
Die Idee dazu hatte Katharina 2005, als Pfarrer Josef Göppinger, der zu dieser Zeit noch die Pfarrei Conde leitete, im Rahmen des Weltjugendtages mit einer Gruppe brasilianischer Jugendlicher nach Deutschland kam und die Jugendlichen in der Pfarrei Kastl zu Gast waren. Unter anderem wohnten 2 Mädchen für eineinhalb Wochen bei Katharina. Nach den vielen schönen Erfahrungen in dieser Zeit nimmt Katharina bald mit ehemaligen Freiwilligen Kontakt auf und beginnt sich ausführlicher über die Möglichkeit, ein Jahr als Missionarin auf Zeit im Ausland zu verbringen, zu informieren. Durch die Verbindung zu Josef Göppinger entschied sie sich für die Pfarrei Conde.
Bevor es aber nach Brasilien gehen konnte, absolvierte Katharina über ein Jahr immer wieder Vorbereitungskurse bei den Steyler Missionaren.
Als es endlich soweit war überwiegt die Vorfreude über den Abschied und Katharina freute sich auf ein neues Land, eine fremde Kultur und ihre Aufgaben, vor allem darauf „mit Kindern verschiedenen Alters im Kinderheim Erfahrungen zu sammeln“. Neben ihrer Tätigkeit als „Sozialmutter“ von 9 Kindern, gehören u.a. die Mitarbeit in der Pfarrei, der Besuch einer Landwirtschaftsschule, die Mission und die Organisation und Vorbereitung einer Jugendreise des Bistums Passau nach Alagoinhas zu ihren Aufgaben.
Über ihre Erlebnisse berichtet Katharina in regelmäßigen e-Mails und hält ihre Familie und Freunde in Deutschland so auf dem Laufenden.
Auch für Katharina hatte die Zeit in Brasilien nach knapp einem Jahr ein Ende. Katharina hat das Land und viele Menschen dort lieb gewonnen und der Abschied fiel schwer. In ihrer letzten e-Mail schreibt sie:
„Ich fühle mich in Conde sehr wohl und das Weggehen fällt mir sehr schwer, denn ich habe viele Freunde gefunden, mir hat die Arbeit Spaß gemacht und alle waren immer sehr offen und herzlich. Die letzten Tage auf den Abschied zu warten ist sehr schwer und doch freu ich mich wieder auf euch alle...."
Denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.......in diesem Sinne abraços
Katharina“
Heute studiert Katharina Religionspädagogik an der katholischen Universität Eichstätt. Seit ihrer Rückkehr war sie noch einmal 2 Monate in Brasilien und das wird sicher nicht das letzte Mal gewesen sein.
M2: Praxisversuch
2.1 Anwendungsbereiche
Der Projektentwurf „Katharina Metzl – Eine MaZerin“ wurde in einer katholischen Jugendgruppe in Kastl (Landkreis Altötting) erprobt. Anwesend waren 7 Jungs und 4 Mädchen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren. Daher ist der Entwurf in vorliegender Form neben Jugendgruppen wohl eher für höhere Jahrgangsstufen angemessen. Insgesamt eignet sich die Arbeit mit einem „lokalen MaZler“ aber auch für niedrigere Jahrgangsstufen und zu verschiedenen Themenbereichen.
Aus dem Lehrplan für das 8-stufige Gymnasium in Bayern:
K 6.2 Kinder in der Einen Welt: Kinder des einen Gottes
„Die Schüler erkennen aus christlicher Sicht, dass Kindern auf der ganzen Welt das Recht auf freie Entfaltung, Bildung und Lebenschancen zusteht. Die Begegnung mit Kindern aus anderen Kulturen bereichert das eigene Leben und kann den Blick öffnen für die weltweite Gemeinschaft als Kinder des einen Gottes. Dieses Verständnis bahnt einen verantwortlichen und solidarischen Lebensstil an.“
Alltag von Kindern in aller Welt:
- ihre Chancen und Probleme
- Familie, Ausbildung, Freizeit, Kirche
- Not und Ausbeutung von Kindern
Anregungen:
- einen „lokalen Mazler“ einzuladen, um einen Einblick in das Leben von Kindern und Jugendlichen in ärmeren Ländern zu geben
- weiterführend könnten die Schüler u.a. eine Patenschaft für ein Kind übernehmen oder sich eine Aktion überlegen, um ein Projekt finanziell zu unterstützen.
K 10.1 Gewissen konkret: Verantwortung für das Leben übernehmen
Die Jugendlichen „erkennen, dass Christen dem Einsatz für die Menschenwürde und den unbedingten Schutz des Lebens verpflichtet sind. Konkrete Schritte sozialen Handelns können sie auch außerschulisch erproben.“
dem Leben dienen:
- professionelle und ehrenamtliche Arbeit von kirchlichen Organisationen, z. B. Caritas
- Wertbewusstsein entwickeln
K 12.2 Ethische Kompetenz aus christlicher Sicht: aktuelle Herausforderungen
„Heutige ethische Positionen und globale Herausforderungen haben auf den Einzelnen in seinem privaten Leben wie auch in seiner gesellschaftlich-politischen Rolle großen Einfluss und stellen ihn mitunter vor schwierige persönliche Entscheidungen. Im Religionsunterricht werden die Schüler dabei unterstützt, diese Urteilsbildung verantwortungsvoll wahrzunehmen und sich im ethischen Diskurs einzubringen.“
Von der Haltung zur Tat:
- Bedeutung christlicher Tugenden (1 Kor 13,13) für ethisches Handeln anhand einer Leitfigur, z. B. A. Kolping, O. Romero, Sr. Emmanuelle, oder einer anderen vorbildhaften Persönlichkeit (local heroes)
2. 2 Artikulationsschema
Katharina Metzl – Eine Mazlerin
(120 Minuten)
Feinziele:
- Die Jugendlichen sollen die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen aus anderen Teilen der Welt kennen lernen.
- Die Jugendlichen sollen eine mögliche Form des sozialen Engagements junger Menschen (anhand von Katharina Metzl) kennen lernen.
- Die Jugendlichen sollen zum Nachdenken über ein mögliches eigenes soziales Engagement im Rahmen ihrer Möglichkeiten angeregt werden.
Artikulations-Stufe | Lerninhalte | Medien/ Sozialform |
---|---|---|
1. Motivationsphase | Ø Der Einstieg erfolgt über eine Dilemma-Geschichte: „Zwei Wochen Urlaub mit Freunden oder ein Jahr Brasilien?“ Ø Im Anschluss werden die eigene Entscheidung und die Ratschläge von Freunden und Familie, einschließlich der jeweiligen Motivation notiert. Ein Kästchen wird freigelassen und das AB bis zum Ende der Stunde beiseite gelegt. Ø Die Jugendlichen fertigen Plakate an, auf die sie Fragen und Dinge, die sie über Brasilien wissen, schreiben. | M3 Erzählung
GA |
Lernzielangabe | „Katharina Metzl – Eine MaZlerin“ | Beamer |
2. Erarbeitungsphase | Ø Katharina Metzl stellt sich den Jugendlichen kurz vor. Ø Die Jugendlichen präsentieren Katharina die angefertigten Plakate. Ø Katharina geht auf die Statements ein, räumt Klischees und Vorurteile aus, und beantwortet den Jugendlichen Fragen. Des Weiteren veranschaulicht sie ihre Erzählungen mit Bildern von ihrer Zeit in Brasilien. | Sitzkreis Sitzkreis Sitzkreis Gespräch PPP |
3. Sicherung | Ø Rückgriff auf das AB zur Dilemma-Geschichte: Die Jugendlichen tragen nach den Erzählungen von Katharina noch einmal ihre Entscheidung und Motivation in das freie Kästchen ein. Ø Eine Woche später erhalten die Jugendlichen den Auftrag, einen Brief an Katharina zu schreiben. | M4 AB Dilemma-Geschichte EA EA |
3. Materialien und Arbeitsaufträge
Dilemma-Geschichte:
„Zwei Wochen Urlaub mit Freunden oder ein Jahr Brasilien?“
Stell dir vor, du hast gerade deinen Schulabschluss gemacht und erfolgreich bestanden. Deine Eltern haben dir zur Belohnung eine 2-wöchige Reise nach Wahl versprochen, die du mit Freunden machen darfst. Kurzfristig bekommst du allerdings das Angebot, für ein Jahr als MaZler nach Brasilien zu gehen.
Wie würdest du dich entscheiden, für zwei Wochen Urlaub mit Freunden, oder für ein Jahr Brasilien? Was würden dir Freunde und Verwandte raten?
Arbeitsauftrag: Trage auf dem Arbeitsblatt in ein Feld deine Entscheidung ein und begründe sie! Schreibe in die weiteren Felder die Ratschläge deiner Eltern, Geschwister, Verwandten und Freunde und gib auch hier Gründe für deren Aussagen an! Lass ein letztes Feld frei.
Plakate:
Arbeitsauftrag: Erstellt in Dreiergruppen jeweils ein Plakat, auf dem ihr Dinge notiert, die euch zu Brasilien einfallen. Schreibt außerdem Fragen auf, die ihr zum Land Brasilien, zu den dort lebenden Menschen und zur Arbeit als MaZler habt!
Briefe:
Arbeitsauftrag: Der Besuch von Katharina liegt jetzt schon ein paar Tage zurück. Wie hat dir das Gespräch mit ihr gefallen? Welche Gefühle hattest du dabei? Glaubst du, dass dir die Erfahrungen von Katharina für dein eigenes Leben helfen können?
Schreibe einen kurzen Brief an Katharina. Denk dabei an deine Gedanken und Gefühle während dem Gespräch!
M3: Ergebnisse
3.1 Dilemma-Geschichte
Wie würdest du dich entscheiden, für zwei Wochen Urlaub mit Freunden, oder für ein Jahr Brasilien? Was würden dir Freunde und Verwandte raten?
Simon, 15
Ich | Wenn ich das Angebot bekommen würde, würde ich mich für Brasilien entscheiden. |
Maa | Nein, da bist du zu lange von zuhause weg. |
Papa | Mach das, das ist eine Erfahrung fürs Leben! |
Bruder | Naja, das musst du wissen. |
Freunde | Du wärst eine lange Zeit weg und wir würden dich vermissen. |
Ich II | Meine Entscheidung bleibt |
Tab. 1
Anmerkung: Die gefettete Zeile repräsentiert jeweils die Entscheidung nach dem Gespräch mit Katharina.
Chrissi, 16
Ich | Ich weiß nicht. Da müsste ich mich gut vorbereiten und Geld sparen. |
Mama | Sie wäre traurig, würde mir aber beim organisieren helfen. |
Papa | „Spinnst du? Zoin dua i’s’da ned!“ |
Schwester | Sie würde nicht wollen, dass ich gehe und heulen. |
Oma und andere Verwandte | Meine Oma wäre zwar traurig, würde mir aber Geld dazu geben und für mich beten. Meine anderen Verwandten würden mir auch Geld dazu geben, wen ich es machen möchte. |
Freunde | Sie würden mich vermissen, wenn ich es mache und hätten weniger Spaß ohne mich. |
Klassenkameraden | Sie würden eine Abschiedsparty organisieren. |
Ich II | Ich schätze diese Arbeit, aber ich würde sie trotzdem wegen meiner Familie und meinen Freunden nicht machen. |
Tab. 2
Chrissy, 18
Ich | Ich würde sofort 1 Jahr machen, wegen den Erlebnissen und den neuen Erfahrungen und Eindrücken, die man gewinnt. |
Mama | Sie wäre nicht begeistert davon, weil es ihrer Meinung nach zu gefährlich ist und sie hätte Angst um mich. |
Papa | Er wäre demgegenüber zwar zunächst skeptisch, würde mir aber dazu raten. |
Schwester | Sie wäre begeistert und würde mich dabei unterstützen. |
Oma/Opa | Sie hätten Angst, würden mich aber unterstützen. |
Andere Verwandte | Sie würden mich auch unterstützen, weil sie das selbst zum Teil schon mal gemacht haben. |
Freunde | Sie wären auch begeistert und würden mir auf alle Fälle dazu raten. Sie fänden es toll, würden es aber zum Großteil niemals selber machen. |
Ich II | Meine Entscheidung hat sich bestätigt. |
Tab. 3
Julia, 16
Ich | Ich würde das Angebot nicht annehmen, weil ich nicht so lange von Familie und Freunden getrennt sein will und weil ich mich alleine in einem fremden Land nicht wohl fühlen würde. |
Eltern | Sie würden meine Entscheidung auch gut finden, da sie, denke ich, der Meinung sind, erst einmal Geld zu verdienen oder eine Ausbildung zu machen. |
Bruder | Er würde meiner Entscheidung auch zustimmen, da wir oft etwas zusammen machen und wir uns eigentlich immer recht gut verstehen. |
Oma/Opa | Sie würden mir raten zuzusagen, da es anderen Menschen hilft und eine gute Lebenserfahrung wäre. |
Verwandte | Ich denke, da wären die Meinungen geteilt. |
Freunde pro | Wenn sie etwas Ähnliches vorhaben, oder schon erlebt haben, würden sie mich bestimmt umstimmen wollen, das Angebot anzunehmen. |
Freunde contra | Wenn ich jetzt meinen Abschluss machen würde, würden sie meine Entscheidung nicht zu gehen gewiss gut finden, da sie mich denke ich, vermissen würden. |
Ich II | Ich finde so ein Jahr und die Arbeit ziemlich faszinierend, aber ich würde immer noch nicht teilnehmen, weil ich einfach ein totaler Familienmensch bin. |
Tab. 4
Andi, 16
Ich | Es wäre interessant, aber ich würde mich für die 2 Wochen Urlaub entscheiden, weil mir ein ganzes Jahr zu lange wäre. |
Mama | Das ist eine tolle Sache, aber du bist lange weg. |
Papa | Ich fände es gut, wenn du das machst, weil es eine soziale Sache ist. |
Schwester | Sie würde es an meiner Stelle auch nicht machen, weil es ihr auch zu lange wäre. |
Großeltern | Sie fänden es schade, wenn ich so lange weg wäre, aber fänden es auch toll, wenn ich es machen würde. |
Verwandte | Sie fänden es toll und würden mir dazu raten. |
Freunde | Die glauben, dass es sehr interessant wäre, würden mich aber vermissen. |
Ich II | Die Arbeit dort als MaZler hört sich interessant an, aber ich würde es immer noch nicht machen, weil es mir zu lange wäre. |
Tab. 5
Carina, 16
Ich | Ich würde zusagen, weil meine Schwester selbst schon dort war, es ihr gut gefallen hat und es eine tolle Erfahrung für sie war. |
Mama | Ich glaube, sie würde den Urlaub vorziehen, weil sie ein ganzes Jahr zu lange findet. |
Papa | Er findet ein ganzes Jahr « Pause » zu lang und fände es besser, wenn ich erst meine Ausbildung mache. |
Schwester | Sie würde mir raten, das Angebot anzunehmen, weil sie selbst schon 3 Wochen dort war und ihr Brasilien gut gefällt. |
Oma | Für sie wäre ich zu lange weg, aber sie würde mich trotzdem unterstützen. |
Opa | Er würde bei meiner Entscheidung voll hinter mir stehen. |
Freundin Julia | Sie würde es toll finden, wenn ich es machen würde, aber sie findet ein ganzes Jahr zu lang. |
Ich II | Ich würde immer noch fahren, weil ich es interessant finde, anderen in einem anderen Land zu helfen. |
Tab. 6
Martin S., 16
Ich | Nein. Ich bin nicht berufen dafür. Ich könnte nicht ein ganzes Jahr von zuhause weg sein. |
Eltern | Mama: „Nein, du spinnst ja.“ Papa: „Es ist deine Sache, aber dir geht ein Jahr ab. Mach besser zuerst eine Ausbildung.“ |
Geschwister | Bruder: „Is mia wurscht, guad, dasst a Jahr weg bist.“ Schwester: „Egal, es ist deine Entscheidung.“ |
Freunde | Oh Mann, nein! |
LandJugend | Was Besseres könnte Dir nicht passieren! |
Unterkastler Blasmusik | Das geht gar nicht! Ohne dich geht nichts. |
Gott | Geh, tue etwas Gutes. |
Ich II | Nein. Es ist zwar traurig, dass so viele Menschen in Brasilien unter der Armutsgrenze leben müssen und man ihnen dadurch helfen könnte, doch ich bin nicht der Typ dafür. |
Tab. 7
Karin, 17
Ich | Ich sage zu, weil ich neue Dinge, ein neues Land, eine neue Kultur kennen lernen kann. Außerdem kann man Menschen helfen. Diese Chance bekomm ich nur einmal. |
Mama | Mama sagt, dass ich ihr sehr fehlen würde und es teuer ist. Sie findet es aber eine einmalige Möglichkeit, Erfahrungen und Erkenntnisse über die Situation dort zu gewinnen. |
Papa | Er sagt: „Mach es und sammle Erfahrungen.“ |
Schwester | Sie eifert nach, weil sie es nicht durfte und würde mir raten, es zu machen, weil es eine große Möglichkeit ist, etwas Neues zu erfahren. |
Oma | Sie hat Angst, dass wir uns vielleicht nicht mehr sehen, wenn es ihr schlechter gehen sollte. Aber sie würde mir raten, es zu machen. |
Freund | Auch wenn ich ihm fehlen würde und es schwer wäre, die Zeit zu überstehen, würden er mir zustimmen, auch wenn er nicht wirklich möchte, dass ich so lange weggehe. |
Freunde | Sie würden mich vermissen und fänden es eine lange Zeit. Sie sagen aber auch, dass es die Freundschaft stärkt und man seine Grenzen kennen lernt. |
Ich II | Ich würde das Angebot annehmen, weil es eine einmalige Chance ist. Man lernt Neues kennen, kann Hilfe leisten und Menschen unterstützen. Ich wäre aber auch traurig, weil ich ganz alleine bin. |
Tab. 8
Martin M., 16
Ich | Nein, ich würde das Angebot nicht annehmen, weil ich zu lange von Kastl weg wäre und in Brasilien zu wenig los ist. |
Mama | Mach das mit Brasilien. Du kannst sie Welt und die Lebensqualität dort kennen lernen. |
Papa | Was soll man denn in Brasilien machen? Allerdings könntest du ein fremdes Land kennen lernen. |
Bruder | Nein, weil es in Brasilien keine Unterhaltung gibt. |
Oma | Ja, mach das, dann kannst du die Religion in Brasilien kennen lernen. |
Oma | Nimm das Angebot an. Es ist eine interessante Reise und du kannst eine fremde Kultur, eine andere Mentalität und neue, andere Menschen kennen lernen. |
Opa | Ja, du kannst dort eine neue Kultur, Kunst, usw. kennen lernen. |
Ich | Nein, weil mir das Leben in Deutschland besser gefällt als in Brasilien. |
Tab. 9
Pascal, 16
Ich | Es wäre eine interessante Reise und ich könnte neue Erfahrungen sammeln. Aber ich kann nicht gut mit Kindern arbeiten. |
Eltern | Nimm die Stelle als Mazler an. Es ist eine einmalige Chance und eine einmalige Erfahrung. |
Schwester | Ja geh. Es ist eine Erfahrung fürs Leben und du kannst mit Kindern arbeiten. |
Schwester | Du würdest damit Hilfe für die Welt leisten. |
Oma | Geh nach Brasilien, das ist eine einmalige Chance und interessant. Urlaub kannst du immer machen. |
Freund | Nein, das ist sicher langweilig und zu lang. |
Freund | Das musst du selbst entscheiden. |
Ich II | Ich bin glaub ich nicht genug sozial engagiert und mag immer noch keine Arbeit mit Kindern. Aber: Vielleicht wäre es doch ganz lustig. Ich kann mich nicht entscheiden. |
Tab. 10
Didaktischer Impuls:
Angenommen, du hättest die Wahl: Deine Eltern finanzieren dir entweder vier Wochen Strandurlaub am Mittelmeer oder eine zweiwöchige Reise nach Alagohinhas.
Wofür würdest du dich entscheiden? Wovon hängt deine Entscheidung ab?
3.2 Plakat
Dinge, die mir zu Brasilien einfallen:
1.
2.
3.
Fragen, die ich an Katharina habe:
- Wie viele Einwohner hat Brasilien?
- Wie ist die Landessprache?
- Gibt es noch unbekannte Stämme?
- Wo steht das KKG-Haus?
- Was ist ein MaZler genau und was macht man als MaZler?
- Wer kümmert sich um die Versorgung und Unterkunft während des Jahres?
3.3 Ein Brief an Katharina
Brief 1
Liebe Katharina,
durch deinen Besuch habe ich einen Einblick bekommen wie es ist, ein Jahr in Brasilien zu leben. Ich finde es gut das sich manche Menschen für solche Dinge einsetzen, ich jedoch würde es aber nicht tun, da mir ein Jahr ohne Freunde und Verwandte zu lange wäre.
Schöne Grüße,
Andi
Brief 2
Liebe Katha,
das Gespräch mit dir war sehr interessant. Ich selbst habe mir schon nach dem Vortrag von Franz Bauer, der auch in Brasilien war, Gedanken über das Thema gemacht. Es würde mich schon reizen ein Jahr in Brasilien zu verbringen, aber ob ich eine so lange Zeit ohne Freunde und Familie ertragen würde weiß ich nicht. Im Moment will ich es nicht, wegen der vorher genannten Gründe. Wie ich mich jedoch nach dem Abitur entscheiden würde kann ich nicht sagen. Meiner Meinung nach ist es aber immer vorteilhaft, wenn man mit einem Erfahrenen über so ein Thema reden kann. Dabei kann man eventuelle Fragen stellen und Missverständnisse vermeiden. Für mein eigenes Leben habe ich gelernt, dass es erstens dieses Angebot gibt und zweitens, dass es auch von Menschen in meiner Umgebung angenommen wird.
Mit vielen Grüßen,
Simon
Brief 3
Hallo Katharina!!!
Mich hat es gefreut, dass du Dir für uns Zeit genommen hast! Zu Beginn des Gespräches ist mir aufgefallen, dass du sehr selbstbewusst bist und eine gewisse Ausstrahlung hast! Mir war das
Thema MaZler neu und es war somit sehr interessant! Das Gefühl zu haben, man könnte eigentlich viel Gutes tun und armen oder bedürftigen Kindern helfen, tut es aber nicht, machte mich ein wenig stutzig… Deine Erfahrungen gabst du informativ wieder und ich glaube, Du hast uns alle sehr beeindruckt und uns staunend gemacht!
Ich traue es mir aber selbst nicht zu, ein GANZES Jahr von Zuhause weg zu sein und ich denke ich hätte auch nicht genug Kraft, das alles auszuhalten! Darum bewundere ich deine Arbeit und es gibt mir viel: immer wieder einen Kick, wenn ich an dich denke, und ich wieder mal
etwas Gutes für die Menschheit tun könnte.
Schöne Grüße,
Martin
Brief 4
Liebe Katharina,
Ich fand das Gespräch mit dir sehr interessant. Es hat mir gezeigt, dass man auch mit wenig Sprachkenntnissen oder Erfahrungen, speziell mit Kindern, doch etwas erreichen bzw. helfen kann. Na klar ist es als erstes schwer damit klar zu kommen, dass man von der Familie und Freunden getrennt ist. Doch eines hat es doch, so einen Schritt nach vorne zu machen: Man sammelt viele Erfahrungen für sein Leben, nimmt es bewusster war. Man sieht wie die Leute in einem anderen Land leben, mit wenig Geld, vielleicht kein richtiges Dach über dem Kopf und welche Unterschiede zwischen dem eigenen und dem fremden Land sind.
Ich hatte ein gutes Gefühl dabei, zu sehen wie sich andere Leute, besonders Kinder freuen, wenn sich jemand um sie kümmert. Wie sie noch klein waren wurden sie weggegeben oder irgendwo ausgesetzt und erfuhren keine Liebe, Geborgenheit und kein Gefühl, erwünscht zu sein. Jetzt, da sie in einem Heim leben, bekommen die Kinder Liebe so weit es möglich ist, da noch andere Kinder da sind. Sie spüren dass sie erwünscht und willkommen sind. Das gab mir das Gefühl, dass es den Kindern gut geht und sie es Dank solcher Menschen wie Dir gut haben.
Liebe Grüße,
Karin
Brief 5
Liebe Katha,
ich möchte mich noch einmal recht herzlich bedanken für den kleinen Vortrag, in dem ich viel über das Leben der Kinder und Erwachsenen aus Brasilien erfahren habe.
Mich beeindruckt vor allem, wie du es so lange ohne Familie und Freunde ausgehalten hast. Das ist der einzige Punkt, der mich daran hindert so eine lange Reise auf mich zu nehmen. Ich fahre gern in den Urlaub, jedoch reichen mir 3 Wochen vollkommen. Trotzdem finde ich es sehr gut, dass immer noch viele Menschen aus den "reichen„ Ländern in Entwicklungsländer fahren und sich dort ehrenamtlich engagieren.
Mit freundlichen Grüßen
Chrissi Häring
M4: Auswertung
4.1 Dilemma-Geschichte
Für den Einstieg in diese Gruppenstunde wurde bewusst eine Dilemma-Geschichte gewählt. Die Jugendlichen sollten durch diese angeregt werden, einen eigenen Standpunkt zu finden und diesen begründen zu können. Mittels der weiteren von ihnen kreierten Meinungen und Ratschläge von Freunden und Familienangehörigen, konnten weitere Werteoptionen einfließen, ohne dass sich die Jugendlichen „outen“ mussten. Ein weiterer Vorteil der Dilemma-Geschichte besteht darin, dass den Jugendlichen ein Entscheidungszwang auferlegt worden ist und diese „Entscheidungssituationen erfordern Handlungen, die wiederum moralisch begründet werden müssen.“[1] Es gab also kein Entkommen.
Die Überlegungen wurden von jedem schriftlich auf einem vorgefertigten Arbeitsblatt festgehalten, wodurch jeder gezwungen war für sich selbst zu denken.
Insgesamt haben sich 4 Jugendliche für Brasilien entschieden, 4 gegen das Angebot nach Brasilien zu gehen, einer für den Urlaub und einer war unentschlossen. Auffallend ist, dass sich nur ein einziger (vgl. Tab. 5) offensichtlich für den Urlaub entschieden hat, der in der Dilemma-Situation dem freiwilligen Jahr in Brasilien als Alternative gegenüberstand. Bei allen anderen, die sich gegen Brasilien entschieden haben, wurde der Urlaub gar nicht mehr zur Sprache gebracht und sie beantworteten für sich mehr oder weniger die Frage, „Würde ich ein Jahr nach Brasilien wollen oder nicht?“.
Bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse, lassen sich einige Regelmäßigkeiten erkennen.
Die größte Rolle spielen die zeitliche Komponente und die emotionale Ebene. Die meisten derer, die sich gegen Brasilien entscheiden, führen als Begründung an, dass ein Jahr eine zu lange Zeit sei und dass sie nicht so lange von zuhause weg sein möchten. Auch bei denjenigen, die den einjährigen Aufenthalt in Brasilien bejahen, wird die „lange Zeit“ immer wieder genannt, jedoch meist als Argument eines Verwandten oder Freundes/einer Freundin.
Auf emotionaler Ebene werden meist Ängste, das Alleinsein in einem fremden Land, Traurigkeit und das Gefühl des Vermissens genannt. Interessant ist hierbei, dass es nie darum geht, dass der-/oder diejenige jemanden vermissen würde, sondern meist die Freunde genannt werden, die einen vermissen könnten. Ebenso ist es mit den Ängsten. Keine/r der Jugendlichen schreibt, dass er/sie Ängste hätte, sondern meist sind es die Eltern und Großeltern, die genannt werden. Eine Ausnahme machen Julia (vgl. Tab.4) und Karin (vgl. Tab.8), die für sich selbst das Gefühl des Alleinseins ins Spiel bringen, für die eine ein Grund nicht nach Brasilien zu gehen und für die andere eine „hinnehmbare Begleiterscheinung“. Eigene Gefühle werden also großteils nicht genannt, sondern Freunden und Familie zugeschrieben. Eine mögliche Erklärung hierfür wäre, dass es Jugendlichen in diesem Alter wohl meist schwer fällt, über Gefühle zu sprechen, noch dazu über solche der Angst, Traurigkeit, des Vermissens, was von Gleichaltrigen als Schwäche angesehen werden könnte. Dieser Erklärungsversuch ist allerdings rein spekulativ.
Einen weiteren großen Raum nimmt die Ebene der Erfahrungen ein, die man machen könnte. Die meisten sprechen von einer interessanten Zeit, einer Erfahrung fürs Leben, einer einmaligen Chance. Immer wieder kommt ins Spiel, dass man Erfahrungen sammeln und neue Eindrücke gewinnen, dass man eine andere Welt, eine andere Kultur, eine andere Lebensqualität kennen lernen könnte. Vor allem wird dies von denjenigen als persönliche Motivation gesehen, die sich für Brasilien entscheiden würden. Bei denen, die das Angebot eher ablehnen würden, findet man diese Argumente wieder verstärkt seitens der Freunde und Familienangehörigen.
Außerdem sind es gewisse Wertvorstellungen, die immer wieder als Argument angeführt werden. Ein Jahr freiwillig nach Brasilien zu gehen verbinden die meisten damit, anderen Menschen zu helfen, einen sozialen Dienst oder Gutes zu tun und andere Menschen in einem anderen Land zu unterstützen und all das ist für sie etwas Positives, bzw. Gutes.
In zwei Einzelfällen (vgl. Tab.3 und 6) werden zusätzlich noch Vorerfahrungen ins Spiel gebracht – einmal Verwandte, die selbst schon für längere Zeit im Ausland waren und einmal die Schwester, die Brasilien bereits für einige Wochen besucht hat – welche die Entscheidung für Brasilien jeweils positiv beeinflussen.
Abschließend zur Auswertung der Dilemma-Geschichte ist noch zu sagen, dass es durchaus auffällig ist, dass die Jugendlichen ausnahmslos ihre Meinung für oder gegen Brasilien nach dem Gespräch mit Katharina nicht geändert, sondern beibehalten haben.
An dieser Stelle erscheint es sinnvoll, einen genaueren Blick auf die lernpsychologischen Modelle zu werfen, die sich mit der Frage nach der Wirkung von Vorbildern auseinandersetzen[2] und im Buch „Lernen an (außer)gewöhnlichen Biografien von Prof. Dr. Hand Mendl beschrieben werden.
Beim verhaltenstheoretischen Lernen an Modellen, u.a. auch Imitationslernen, Beobachtungslernen oder Vorbild-Lernen genannt, werden die Aspekte der Bewunderung und Nachahmung miteinander verbunden. Die Bewunderung oder Begeisterung für Jemanden stellt hierbei kein Problem dar, jedoch muss die blinde Nachahmung des gesamten Verhaltens einer Person, bzw. das Imitationslernen kritisch betrachtet werden. Von Personen vorbildhafte implizierte Werte können nicht auf Kinder und Jugendliche Übertragen werden.[3] Vielmehr sollen die Kinder und Jugendlichen „die Wertoptionen kennen lernen (…), sie übernehmen und sich dazu bekennen (…) und darüber hinaus entsprechende Einstellungen und Haltungen entwickeln“[4].
Beim Lernen am Modell steht gegenüber der ersten Lernebene der reinen Nachahmung die zunehmende Reflektion und kritische Auseinandersetzung mit dem Verhalten eines Vorbilds. Es geht also nicht mehr um die Nachahmung eines Vorbilds, sondern darum, einem Modell nachzufolgen und einzelne Entscheidungssituationen dieses Modells gegebenenfalls aufs eigene Leben zu übertragen. Es sollen hierbei keine Werte auf die Jugendlichen übertragen werden, sondern sie sollen den Jugendlichen bewusst und von ihnen in konkreten Entscheidungssituationen kritisch reflektiert werden.[5]
Der diskursethische Ansatz geht noch einen Schritt weiter und es soll von einer direkten Verhaltensübernahme gänzlich abgesehen werden. Die Vorbilder „dienen [vielmehr] als Spiegelungsfolien für die eigene Wertentwicklung“[6]. Es geht nicht mehr darum, sich so zu verhalten wie ein Modell, sondern darum sich darüber Gedanken zu machen, inwiefern Momente im Handeln des Modells zur Entwicklung eigener Wertkonzepte beitragen können. Die Jugendlichen sollen lernen selbständig Entscheidungen zu treffen und zu begründen und dies unter Einbezug einer fremden Biografie.[7]
Wie bereits erwähnt, haben die Jugendlichen ihre jeweilige Entscheidung nach dem Gespräch mit dem Local Hero nicht geändert. Die Briefe zeigen deutlich, dass sie zwar etwas Bewundernswertes im Handeln Katharinas erkannt haben und dennoch fallen sie nicht in das Schema des reinen Nachahmens, sondern definieren klar ihre eigenen Grenzen und begründen diese.
Quellen:
[1] Mendl, Hans, Lernen an (außer)gewöhnlichen Biografien. Religionspädagogische Anregungen für die Unterrichtspraxis, Donauwörth 2005. S.75
[2] ebd., S.51
[3] vgl. Mendl, S.51-58
[4] ebd., S.58
[5] ebd., S.59-63
[6] ebd., S.63
[7] ebd., S.63 f.
4.2 Plakat
Zur Auswertung des Plakates nur wenige Worte. Ein Blick auf die Schlagwörter zeigt, dass zum einen relativ großes Vorwissen zu Brasilien vorhanden ist, sei es durch den Religionsunterricht in der Schule, die Vorträge anderer Mazler oder die zahlreichen Projekte und Spendenaktion im Landkreis AÖ für Brasilien. Hinzu kommen die typischen, über die Medien transportierten Vorstellungen, wie Samba und Fußball, und Vorurteile wie, „immer zu viel zu essen und große Fernseher“.
Die Fragen an Katharina sind zweigeteilt: auf der einen Seite die Fragen direkt zu Brasilien und auf der anderen Seite diejenigen zur konkreten Arbeit und Zeit als Mazler in Brasilien.
4.3 Briefe an Katharina
Die Briefe, die von den Jugendlichen an Katharina geschrieben wurden, nachdem ein wenig Zeit vergangen war, spiegeln im Grunde vieles noch einmal wieder, was bereits auf den Arbeitsblättern zur Dilemma-Geschichte formuliert wurde und verstärken dies. Es wird deutlich, dass die Jugendlichen für sich etwas aus dem Gespräch mit Katharina mitgenommen haben und dies in unterschiedlichster Form – sei es, dass sie die Möglichkeit als Mazler ins Ausland zu gehen kennen gelernt haben, einen Einblick in die Arbeit als Mazler in Brasilien gewinnen konnten, das Leben anderer Menschen nahe gebracht wurde, oder dass man auch mit nur einfachen kleinen Dingen den Menschen dort eine Freude machen kann.
Außerdem sprechen sie Katharina Bewunderung und Wertschätzung gegenüber Menschen wie ihr aus, die sich für andere Menschen einsetzen.
M5: Rezeption und Anregungen zur Weiterarbeit
Insgesamt ist die Gruppenstunde sehr gut verlaufen. Durch die Dilemma-Geschichte wurde das Interesse der Jugendlichen geweckt und es wurde schnell die Frage gestellt, was es mit dem Ganzen auf sicht hätte und was als nächstes passieren würde. Die darauf folgende Anfertigung der Plakate, bevor der Local Hero ins Spiel gebracht wurde, war insofern dienlich, dass die Jugendlichen bereits formulierte Fragen und Aussagen vor sich hatten, die dann nach der Vorstellung von Katharina sofort gestellt werden konnten und es entwickelte sich ein entspanntes, interessantes und informatives Gespräch zwischen allen Beteiligten.
Mit dem Verfassen eines Briefes an Katharina wurde den Jugendlichen mit einem gewissen zeitlichen Abstand ein weiterer Anreiz gegeben, noch einmal über das ganze Thema nachzudenken und sich noch einmal ganz allein damit auseinanderzusetzen.
Die ersten beiden Feinziele wurden wie die Auswertungen zeigen meines Erachtens erreicht. Für den nächsten Schritt, noch über Möglichkeiten des eigenen sozialen Engagements im Rahmen seiner Möglichkeiten nachzudenken, fehlte aufgrund des langen Gespräches die Zeit. Allerdings wäre es eine mögliche Form der Weiterarbeit, die Jugendlichen in einem nächsten Schritt zu fragen: „Wie kann ich im kleinen die Welt verändern? Was tue ich vielleicht bereits (bewusst oder unbewusst) und was könnte ich konkret tun, um Kinder und Jugendliche in einem andern Land zu unterstützen?“
Weiter Möglichkeiten zur Weiterarbeit wären z.B. Katharina zu bitten, noch einen Antwortbrief an die Jugendlichen zu schreiben, die Freunde und Eltern wirklich zu fragen, was sie sagen würden, dies notieren und mit den eigenen Vorstellungen vergleichen, ein Patenschaftsprojekt zu unterstützen, einen Kuchenverkauf zu organisieren und das Geld zu spenden oder eine Projekt-Woche zu Brasilien auszuarbeiten.
Ziel dieses Projektes sollte es unter anderem sein zu erproben, inwiefern sich Local Heroes eignen, um an ihnen zu lernen. Ganz bewusst wurde deshalb darauf verzichtet, das Wort „Vorbild“ oder einen der anderen Begriffe in den Raum zu stellen, um die Jugendlichen nicht von Anfang an in eine bestimmte Richtung zu leiten. Erfreulicherweise haben die Jugendlichen von selbst Vorbildhaftes im Handeln Katharinas erkennen können ohne in das verhaltenstheoretische Muster des blinden Nachahmens zu fallen.
Für mich persönlich war es ein spannender Versuch, der mir eine neue, sehr interessante Form des Arbeitens mit fremden Biografien gezeigt hat, auf dich ich im Religionsunterricht gerne zurückgreifen werden.
Weitere Materialien
M5 Interview mit Katharina
Wann ist Dir die Idee gekommen, für ein Jahr als Missionarin auf Zeit nach Brasilien zu gehen?
2005,während Brasilianer in unserer Pfarrei zu Gast waren. Als dann ehemalige Freiwillige von ihrer Arbeit erzählten, war ich sehr begeistert und begann mich eingehender darüber zu informieren. Schließlich habe ich dann im Winter die Vorbereitung als Missionarin auf Zeit mit den Steyler Missionaren begonnen.
Was war Deine Motivation?
Ich wollte eine fremde Kultur kennen lernen und auch daran teilhaben. Mich hat es sehr interessiert, wie Pfarreiarbeit in Brasilien aussieht und ich habe mich darauf gefreut mit Kindern verschiedenen Alters im Kinderheim Erfahrungen zu sammeln.
Wie haben deine Familie und Freunde reagiert?
Die meisten haben mich unterstützt und sich mit mir gefreut. Natürlich gab es auch Stimmen, die gesagt haben, es sei ein verlorenes Jahr. Aber ich denke man muss auch mit solchen Meinungen umgehen lernen.
Gab es auch Zweifel und wenn ja, welche?
Also vor meinem Einsatz hatte ich natürlich ab und zu Zweifel: wird das mit der Verständigung klappen, wie wird man aufgenommen?, wird man Anschluss finden. Aber die Zweifel waren nie so groß, dass ich mir gedacht hätte, es ist besser es sein zu lassen. Im Einsatz selber, haben sich die meisten Zweifel in Wohlgefallen aufgelöst.
Wie sah die Vorbereitung aus?
Die Vorbereitung begann ca. 1 Jahr vor dem eigentlichen Einsatz. Die Steyler bieten ein umfangreiches, sehr interessantes Vorbereitungsprogramm an. Es beginnt mit einem Orientierungsseminar, in der die ganze Vorbereitung vorgestellt wir und in dem auch geschaut wir ob MaZ auch das Richtige für einen ist. Weiter geht es mit einem länderspezifischen Seminar in dem Themen zu dem jeweiligen Land behandelt werden.
Es folgte eine (K)losterwoche. Während der Karwoche haben wir im Klostern in Steyl mitgelebt. Wir haben uns mit Themen wie Solidarität und Armut auseinandergesetzt. Besonders geschaut haben wir auf „Armut in Deutschland“. Wo finden wir sie und was sind Gründe dafür. Wie haben auch einen Obdachlosentreff besucht und bei einem Integrationsprojekt für Obdachlose und Langzeitarbeitslose mitgeholfen.
Als nächstes folgte ein Identitätsseminar. Da ging es viel um uns selbst. Die Fragen die sich stellten: Wer bin ich? Was sind meine Erwartungen, meine Stärken und Schwächen.
Während der Pfingsttage waren wir wieder in Steyl und haben dort am Pfingstfest teilgenommen. Unsere Aufgabe war es die Kinderbetreuung zu organisieren.
Den Abschluss bildete dann ein 2-wöchiges Blockseminar in Steyl. Dort wurden noch einmal auf alle für den Einsatz relevanten Themen eingegangen: Medizinische Versorgung, Verhaltensregeln, Erwartungen noch mal abgeklärt. Es ging um Kulturschock und allgemein was es heißt sich auf andere Kulturen einzulassen. Es gab einen Sprachtest, der einem selbst zeigen sollte, wie fit man ist. Und auch 3 tage lang Exerzitien, Zeit einfach alles noch einmal zu reflektieren. Den Abschluss bildete ein großer Aussendungsgottesdienst. Es war eine sehr schöne Zeit. Unsere Gruppe war sehr homogen und wir treffen uns heute noch ab und zu.
Wie waren die letzten Tage zuhause für Dich?
Ich konnte es zuhause kaum mehr erwarten. Es gab zuhause noch einen Aussendungsgottesdienst und ein Abschiedsfest, was für mich sehr wichtig war, um mich von allen zu verabschieden. Aber ich war sehr froh als es endlich losging, ich hatte mich so lange damit auseinander gesetzt und als ich dann endlich los bin hat doch meine Vorfreude über den Abschied überwogen.
Wie waren der Start und die Zeit in Brasilien?
Ich war zuerst eine Woche an meiner Stelle, hab mir alles angeschaut und bin viel mitgelaufen. Die Leute waren sofort offen und haben sich um mich gekümmert. Danach war ich 4 Wochen in der Diözesanhauptstadt um nochmals einen Sprachkurs zu machen. Es war eine ganz aufregende Zeit, alles war neu und fremd, aber ich denke, ich hatte einen sehr guten Start.
Meine Zeit in Brasilien war sehr abwechslungsreich und sehr selten langweilig. Ich denke ich habe viel mehr von den Leuten bekommen als ich jemals hätte geben können. Natürlich wird das Leben dort auch irgendwann zum Alltag und es gibt nicht immer nur schöne Tage aber die Mehrheit der schönen Tage hat doch überwogen.
Wie ist es Dir beim Abschied in Brasilien gegangen?
Der Abschied in Brasilien war eine sehr wichtige Zeit für mich und ich hab sie auch gut vorbereitet. Ich habe mich von allen wichtigen Menschen persönlich verabschiedet, habe sie noch mal zuhause besucht. Ich habe mit den Kindern im Heim eine eigene Abschiedfeier gehabt. Wir haben etwas gekocht was sie gerne mögen und uns dann Fotos von dem gemeinsamen Jahr angeschaut. Mit meinen Freunden gab es eine Abschiedsparty und jeder bekam zur Erinnerung ein Foto. Es war sehr schwer sich zu verabschieden, aber dadurch dass es diese festen Feiern und die Abschiedsbesuche gab fiel es mir leichter. Aber endgültig verabschieden konnte ich mich wohl erst ein Jahr später als ich nochmals für 2 Monate in Brasilien war.
Wie würdest du diese Erfahrung rückblickend beschreiben und inwiefern glaubst Du, hat dich diese Zeit geprägt/verändert?
Es war eine tolle Erfahrung. Ich hab viel gelernt, durfte viel kennen lernen und auch sehr viel staunen. Manches beängstigt einen am Anfang, was am Schluss für einen zur Routine wird. Man lernt seine Grenzen kennen und wird gelassener in vielerlei Hinsicht. Oft war es schwer, wenn zwei Kulturen aufeinander geprallt sind oder wenn etwas für mich ganz neu war. Aber genau an diesen Situationen wächst man.
Ich denke ich bin ein Stück selbständiger und erwachsener geworden. Ich bin gelassener in manchen Dingen geworden. Aber auch meine Einstellung hat sich verändert. Ich weiß jetzt, dass sich viel an den Strukturen des Landes ändern muss für eine gerechtere Verteilung der Ressourcen. Deswegen engagiere ich mich wie viele MaZler in Deutschland weiter. Dies ist in vielen Bereichen möglich: Bildungsarbeit, Spendenaktionen, Fortbildungen.
M6 e-Mail Ausschnitte
Über die 2 Seiten Brasiliens
„Mir geht es ziemlich gut. Ich habe mich glaube ich gut eingelebt und schon viele Bekanntschaften gemacht! Der Portugiesisch Unterricht läuft ganz gut soweit und Eva, unsere Lehrerin, ist einfach ne Wucht! Heute Nachmittag funktionieren wir unsere Stunde um und lernen Samba und perfektionieren unsere Farro Künste.
Es gibt aber schon auch krasse Seiten hier und die Armut und das Elend sind etwas, an das man sich nicht so leicht gewöhnen kann! Und manche Geschichten machen mich einfach wütend, wie z.B. eine Frau, die sich prostituiert und ihre Kinder mit zur Kinderprostitution nimmt! Zwei wurden bereits von der Polizei erschossen und zwei sitzen im Gefängnis! Solche Geschichten nehmen einen natürlich mit, vor allem, wenn man weiß, es passiert vor deiner Haustür. Ich versuche in den täglichen Geben (3x) hier meine Eindrücke zu sortieren und es hilft mir wirklich sehr viel!“
Über die Arbeit im Abrigo
„Olá aus dem schönen Brasilien!
So, jetzt ist es noch ein Monat bis Weihnachten und die Weihnachtsstimmung will und will sich nicht einstellen. Das liegt wahrscheinlich an den etwas tropischeren Temperaturen hier und selbst wenn es regnet, schwitzt man trotzdem immer gleich! Ansonsten kann ich mich gesundheitlich nicht beklagen, es geht mir blendend.
Meine Arbeit im Abrigo läuft gut und macht sehr viel Spaß! Letzte Woche haben wir mit den Kindern und allen Sozialmüttern einen Ausflug an einen etwas weiter entfernten Strand gemacht, der den klangvollen Namen Costa Azul besitzt! Das Wetter war ideal! Der Himmel war bedeckt und wir bekamen die Kinder fast gar nicht mehr aus dem Wasser!
Innerhalb des Abrigos haben wir einige Veränderungen geplant! So wollen wir eine Kuschelecke einrichten und den Garten wieder sauber machen! Damit haben wir auch schon begonnen und einen ganzen Vormittag altes Holz und Müll auf die Strasse zum Abtransport geräumt! Nachmittags war dann das ganze Holz schon fast wieder weg, die Leute benutzen es als Feuerholz!
Und noch eine Neuerung gibt es, ich und Magdalena arbeiten jetzt im Wechsel als Sozialmütter! Das heißt im Klartext, 24 Stunden im Abrigo arbeiten. Eine Tag möchte ich euch kurz beschreiben! Die Schicht beginnt um 7 Uhr morgens nachdem die Kinder gefrühstückt haben. Dann habe ich ungefähr eine halbe Stunde bis Stunde Zeit mit ihnen zu spielen. Dann geht’s daran dass Mittagessen vorzubereiten, was eine echte Herausforderung darstellt, da ich weder Erfahrung mit dem Kochen von brasilianischem Essen habe, noch mit den Mengen (immer hin für 13-14 Personen), aber Soraia, die Koordinatorin des Abrigos hilft mir viel! Um 10 Uhr muss ich zwischendurch noch ein zweites Frühstück für alle vorbereiten. Das bedeutet Saft machen Kekse oder Obst auf Teller verteilen. Um zwölf ist dann Mittagessen und es ist nicht immer leicht die Bande im Zaum zu halten! Danach schlafen die Kinder und ein Großteil ist in der Schule. Dann habe ich Zeit mit Florisvaldo, unserem Baby, oder den Großen zu spielen. Um drei werden die Kleinen dann geweckt und es gibt einen kleinen Lunch, wieder mit Suco (Saft) und so. Dann kann man auch schon beginnen das Abendessen (auch warm) vorzubereiten. Nachdem Abendessen wird noch etwas gespielt und dann werden die Kinder ins Bett gebracht. Ich kann danach noch etwas wach bleiben. Nachts schlaf ich mit den Kindern zusammen (und mit 6 Kindern in einem Zimmer und geschlossenem Fenster kann es schon mal sehr heiß werden) und muss mich darum kümmern, dass sie auch nachts ihre Medizin nehmen und sie wickeln, wenn sie nass sind. Naja, am nächsten Tag heißt es dann um halb 6 aufstehen, Kinder aufwecken, Frühstück machen und um sieben endet dann normalerweise unsere Schicht. An Tagen, an denen wir nicht Sozialmütter sind, spielen wir viel mit den Kindern und versuchen sie individuell zu fördern!“
M6: PNP, 15.09.2010, Nr. 214, S.22
Wiedersehen mit Freunden in Brasilien:
Passauer Jugendliche besuchen über Austauschprogramm Partnerdiözese Alagoinhas
Die Diözesen Passau und Alagoinhas verbindet seit mehr als 40 Jahren eine Partnerschaft, die sich vor allem auf die Missionsarbeit in der brasilianischen Diözese konzentriert. Im letzten Jahr durften Passauer Jugendliche eine Gruppe brasilianischer Jugendlicher als ihre Gäste aufnehmen. Jetzt wurde der Austausch vollendet, Diözesanjugendpfarrer Andreas Rembeck entsandte eine Delegation mit 26 Passauern aus der Jugendarbeit auf ihre große Reise. Über sprachliche und kulturelle Grenzen hinaus konnten dabei Freundschaften geschlossen und gefestigt werden.
Von München gelangte die Gruppe per Flugzeug über Lissabon nach Salvador, wo sie von den beiden Passauer Missionaren Georg Pettinger und Bernhard Kraus sowie den beiden ehemaligen Missionarinnen auf Zeit Magdalena Beier und Katharina Metzl empfangen wurde. Per Bus reisten die Passauer in die Diözese Alagoinhas, wo sie im Diözesanzentrum für die ersten beiden Tage ihre Unterkunft fand. Besucht wurden hier unter anderem die Außenstelle von Taize und die Kathedrale St. Antonius, bei deren Bau die Gründer der Partnerschaft, Kasimir und Anna Spielmann, Gerd Brandstetter und Ludwig Jungbauer, finanzielle Unterstützung geliefert hatten. Hier fand auch gleich am ersten Tag das Fest des Wiedersehens mit den brasilianischen Freunden statt, die Passau im letzten Jahr besucht hatten.
Sitio de Conde, traumhaft direkt am Meer gelegen, war für weitere fünf Tage die Bleibe der jungen Delegation. Es folgten mitreißende Gottesdienste, eine Lavage - ein Fest, das afrikanischen Kult mit dem katholischen Glauben verbindet -, der Besuch eines kleines Fischerdorfs und auch der erschütternde Bericht von Bruder Fernando, eines Zeitzeugen und Opfers der brasilianischen Militärdiktatur. Besucht wurde auch das von Sklaven gegründete Dorf Subauma. Dort war gerade Tag der eucharistischen Anbetung der Jugend, der im bahianischen Stil mit viel Musik und Tanz begangen wurde. Jugendgruppen aus allen 25 Gemeinden der Pfarrei von Missionar Bernhard Kraus waren gekommen, die Prozession zur Kirche erinnerte die Passauer ein wenig an Bilder vom Karneval in Rio: Allen voran fuhren der Kaplan und die Band auf einem Lastwagen mit großer Musikanlage und stimmten die Jugendlichen auf Gottesdienst und Anbetung ein.
Am nächsten Tag gab es ein Kontrastprogramm, den Touristenort Praia do Forte, in dem sich langsam auch internationaler Tourismus ausbreitet. Mit einer Kajaktour oder einer Waldwanderung konnten die Passauer die brasilianische Natur hautnah erleben und genießen.
Auf der Linha Verde, der Küstenstraße entlang des Atlantiks, reiste die Gruppe nach Salvador, eine alte Sklaven- und ehemals Hauptstadt, die von Kontrasten zwischen Arm und Reich gezeichnet ist. Hier erkundete die Gruppe die Altstadt, besuchte historische Gebäude und erlebte das brasilianische Großstadtleben hautnah, bevor es dann schweren Herzens Richtung bayerische Heimat ging. Nicht nur die ganz andere Lebens- und Denkweise als im abendländischen Kulturraum, sondern auch die einzigartige Landschaft und die herzliche Art der Brasilianer werden vielen in Erinnerung bleiben.
M7: Ausstellungstafel
Die Ausstellungstafel entstammt der Wanderausstellung "Tolle Typen heute", die ausgeliehen werden kann. Weitere Informationen siehe Wanderausstellung