Messer, Maximilian
Thema: Ehrenamt, Jugend
M1: PNP, 26.01.2014, Nr. 20, S. 22
"Ich trage gern Verantwortung"
Das Gespräch führte Christina Fleischmann.
Maximilian, viele Buben träumen davon, später einmal Feuerwehrmann zu werden. War das bei dir auch so?
Ja. In der dritten Klasse haben wir die Hauptwache besucht – die roten Autos, die tolle Ausrüstung. Und dann der Gedanke, ich kann jemandem helfen und etwas Sinnvolles tun. Das hat mich überzeugt. Von da an habe ich die Tage gezählt, bis ich zwölf geworden bin. Kurz nach dem Geburtstag bin ich dann in die Feuerwehr eingetreten.
Seit letzter Woche bist du Jugendsprecher der Passauer Feuerwehren. Was kommt da auf dich zu?
Ich muss ganz ehrlich sagen, das weiß ich selber noch nicht so genau. Ich schätze, dass es ähnlich laufen wird wie in der Schule, da bin ich Klassensprecher und Schulsprecher. Es wird darum gehen, zwischen den Jugendlichen und Erwachsenen die Kommunikation herzustellen, wenn Probleme auftreten sollten. Und ich darf bei den Jugendwart-Versammlungen teilnehmen, um dort die Belange der Jugendlichen zu vertreten.
Du bist also Sprachrohr für den Nachwuchs, und auch mitverantwortlich für die Jugendarbeit. Für viele in deinem Alter wäre das bestimmt zu viel Verantwortung.
Stimmt. Es ist mit Sicherheit eine Verantwortung, aber ich kenne das ja durch die Ämter in der Schule. Und ich trage gern Verantwortung. Ich arbeite mich da rein, versuche, das Beste zu machen, und stehe auch grade dafür. Ich habe in der Schule auch schon Rückschläge erlebt, als mal was daneben gelaufen ist. Aber mei, ich stehe dann eben vorne und sage, ja, ich war’s. Ist doof gelaufen, aber das nächste Mal machen wir’s besser.
Wie lief die Wahl zum Jugendsprecher ab?
Zwei Kandidaten waren aufgestellt. Dann gab es ganz normal eine geheime Wahl. Am Ende waren es 17 zu 16 Stimmen für mich. Also sehr knapp.
Wie wichtig ist die Jugendarbeit bei der Feuerwehr?
Meines Erachtens sehr wichtig. Die Leute werden nicht jünger, sondern älter, und die Jugendlichen werden immer weniger – Stichwort demographischer Wandel. Das heißt, wir müssen die wenigen Jugendlichen, die noch zur Verfügung stehen, für die Feuerwehr begeistern. Das Freizeitangebot explodiert ja förmlich, man kann alles machen, vom Wasserski bis zum Golfen. Da kann es sein, dass ehrenamtliche Organisationen wie die Freiwillige Feuerwehr langsam untergehen. Und das ist fatal.
Haben die Jugendlichen denn kein Interesse mehr am Ehrenamt?
Es ist teils mangelndes Interesse. Manche in meinem Alter wissen gar nicht, was wir eigentlich machen. Da gibt es leider Gottes diese weit verbreiteten Gerüchte: Feuerwehr ist gleich Saufverein. Das ist aber nicht so, es ist wesentlich mehr. Im letzten Jahr wurden in Passau fast 1800 Einsätze gefahren. Das ist einiges. Es ist eine Belastung und eine Verantwortung. Das ist der nächste Punkt: Viele Jugendliche wollen keine Verantwortung übernehmen. Die schauen, dass sie gute Noten haben und bestmöglich das Abitur schaffen. Aber der Rest interessiert nicht. Das Problem haben wir in der Schule auch. An der Schülermitverantwortung haben viele kein Interesse mehr, weil sie sagen, das ist zu viel Arbeit, zu viel Aufwand, zu viel Verantwortung, lieber nicht.
Viele Schüler sind, gerade im Gymnasium, auch sehr eingebunden mit der Schule. Kannst du verstehen, dass die sagen: In meiner raren Freizeit will ich nicht auch noch Verpflichtungen eingehen?
Teils, teils. Ich mache ja selbst das G8, aber ich habe genügend Zeit, dass ich mich in der Schule überdurchschnittlich engagiere und mich in der Freizeit bei der Feuerwehr engagiere. Ich habe auch Zeit, mal ins Theater oder in ein Konzert zu gehen, oder mit Freunden wegzugehen. Das funktioniert trotzdem noch. Es erfordert einfach eine gewisse Selbstdisziplin und ein gewisses Zeitmanagement. Und das ist auch ein Problem, das viele in meinem Alter haben, sich zu organisieren.
Warum klappt das bei dir?
Ich mach‘s aus Überzeugung, ich stehe dahinter. Mir macht es einfach Freude, jemandem helfen zu können. Seitdem ich 16 bin, fahre ich bei der Feuerwehr auch im Einsatzdienst mit. Ich habe auch das Hochwasser 2013 live erlebt, zehn Tage lang. Das war anstrengend. Man muss viel entbehren, auch Freizeit. Am vergangenen Dienstag, zum Beispiel, ging zum Mittagessen der Piepser. Alarm – also raus, das Essen bleibt stehen.
Hast du schon mal von Mitschülern die Frage gehört: Ist doch freiwillig, warum machst du das eigentlich?
Ja, die Fragen kommen. Zum Teil können sie es verstehen, zum Teil auch nicht. Es gibt Mitschüler, die können sich nie vorstellen, dass sie spät in der Nacht ausrücken, von Null auf Hundert, und zum Beispiel mit dem Atemschutzgerät in ein brennendes Haus reinrennen. Ich kann’s mir schon vorstellen. Wenn ich’s nicht mache, wer macht’s denn dann? Irgendjemand muss es machen. Ich lerne mir auch nebenbei viel an, recherchiere im Internet, tausche mich mit anderen Feuerwehrleuten aus. Das geht über die normalen Ausbildungsunterlagen hinaus. Ich bin da sicher eine Ausnahme, vielleicht sogar ein bisschen überengagiert.
Seitdem du 16 bist, darfst du bei Einsätzen mitfahren. Gab’s denn einen, den du nicht vergisst?
Hochwasser 2013. Wir waren viele Stunden im Einsatz und wenige daheim. Da waren Momente dabei… Wenn man zusehen muss, wie Leuten die Existenzgrundlage genommen wird, wenn ein gestandener Familienvater in seinem Haus sitzt und in Tränen ausbricht. Es war aber auch schön zu sehen, wie viele Hilfskräfte, auch zivile, bei den Aufräumarbeiten dabei waren. Die Solidarität war Wahnsinn.
Kurz nach der Flut bekam die Feuerwehr ein paar neue Mitglieder dazu. Warum erst nach so einer Katastrophe?
Da sind einfach alle Rettungsorganisationen verstärkt präsent. Es waren mehrere Hundert Einsatzkräfte vor Ort. Da beschäftigen sich viele mehr damit, und manche denken sich: Ist ja gar nicht so schlecht, was die da machen. Vielleicht könnte ich das auch.
Hat sich nach der Flut auch etwas in der Gemeinschaft verändert, innerhalb der Feuerwehr?
Würde ich schon sagen. Solche Erlebnisse schweißen zusammen. Man hat da viele Stunden miteinander verbracht, sogar mehrere Tage. Anders als bei einem Durchschnittseinsatz.
Wie sieht es momentan mit der Jugendarbeit aus? Gibt es da Verbesserungsbedarf?
Ich finde, die Passauer Feuerwehren sind momentan gut dabei. Die haben vor ein paar Jahren mit den Kinderfeuerwehren angefangen, das kann man nur unterstützen. Auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Werbung sind sehr gut. Also ich bin mit der Jugendarbeit eigentlich ganz zufrieden.
Gibt es trotzdem etwas, das du in deinem Jahr als Jugendsprecher erreichen willst?
Ich muss mich erst mal einarbeiten und mit den Jugendlichen Rücksprache halten. Ich habe ein paar Ideen. Einige Dinge könnte man vielleicht ein bisschen moderner gestalten, damit es für die Jugend noch ansprechender wird.
Weißt du schon, was du nach der Schule machen willst?
Mein Ziel ist es, Berufsfeuerwehrmann zu werden. Dazu brauche ich ein Studium oder eine Berufsausbildung. Ich liebäugle mit einer Ausbildung in etwas Technischem. Aber sicher bin ich mir noch nicht.