Kronpaß, Anna-Lea
Thema: Entwicklungszusammenarbeit, Eine Welt, Freiwilligendienst, Sozialarbeit
M1: Berichte von Lea aus dem Kongo - PNP, 17.09.2011
Ein Abenteuer mit Massai, Löwen und Kisuaheli
Anna-Lea Kronpaß aus Bad Griesbach verbringt ein Jahr in Afrika als Missionarin auf Zeit − Ein erster Bericht über ihre Eindrücke
von Anna-Lea Kronpaß
Bad Griesbach. Ein ganzes Jahr verbringt Anna-Lea Kronpaß in Afrika. Am 7. August ist sie losgeflogen, erst mal nach Tansania, wo sie vier Wochen lang Kisuaheli gelernt hat .Nun wird es weiter gehen nach Kolwezi im Süden Kongos, wo sie an einer Missionsschule Französisch unterrichten wird und auch in einer Ambulanz für unterernährte Kinder arbeitet. Die PNP begleitet die 19-Jährige bei ihrem Unternehmen „Missionare auf Zeit“, ein Projekt der Salvatorianer. Jeden Monat wird Anna-Lea über ihre Erlebnisse in Wort und Bild berichten. „Mambo ndugu, Hallo Freunde! Mein erster Monat in Afrika und somit mein Monat in Tansania ist schon fast wieder vorbei. Es war wirklich eine wahnsinnig schöne, interessante und eindrucksvolle Zeit hier. Obwohl wir von Montag bis Freitag, von acht Uhr in der Früh bis vier Uhr nachmittags (natürlich mit zwei Teepausen und einer Mittagspause) Unterricht hatten, der auch manchmal sehr anstrengend war, haben wir auch total viel erlebt und einiges von den Einheimischen hier mitbekommen. Mir hat es hier so gefallen, dass ich gar nicht mehr von Tansania wegwill, obwohl ich jetzt natürlich auch gespannt bin, was mich dann im Kongo erwarten wird und wie groß die Unterschiede zu Tansania sind. Anstrengend war der Unterricht in Kisuaheli, weil wir oftmals an einem Tag zwei ganze Lektionen durchgenommen haben, vormittags immer Grammatik und nachmittags „Abfragen“ von den Lehrern – aber das Tempo ist natürlich auch verständlich, wenn sie uns in vier Wochen eine komplett neue und andere Sprache beibringen sollen.
Eine neue Sprache in vier Wochen
Unsere Lehrer hier sind ziemlich jung, also zwischen 20 und 30 Jahre alt, und deswegen hatten wir mit denen richtig viel Spaß und sie haben viel mit uns unternommen. Eine hat uns mit zu sich nach Hause genommen und ihre Mutter hat extra für uns Ugali, eine traditionell afrikanische Speise aus Mehl und Wasser, gekocht. Außerdem sind unsere Lehrer auch manchmal mit uns in die nächste Stadt Morogoro gefahren und wir konnten uns traditionelle afrikanische Frauenkleider (Kanga und Kitenge) kaufen, uns die Haare flechten lassen oder auch mal abends in eine Bar gehen. Einmal an einem Vormittag haben wir eine kleine Wanderung entlang eines Flusses und Wasserfalls einen Berg hinauf gemacht. Das war echt schön, weil man sich vorkam wie in einem Dschungel. Aber eines der tollsten, aufregendsten und faszinierendsten Erlebnisse war der Besuch in einem Massai-Dorf.
Einer unserer Lehrer ist Massai, deswegen konnten wir dort hinfahren und bei einemtraditionellen Fest zuschauen. Und es war wie im Film: große, dünne Männer in traditioneller Kleidung (zwei um den Körper geschlungene Tücher), einen langen Stock in der Hand und Messer im Gürtel. Und dann haben sie zu tanzen und springen angefangen. Echt beeindruckend. Die Männer machen ganz tiefe Töne und die Frauen singen dazu, und dann stellen sich alle in einem Kreis auf und ein paar Männer gehen immer wieder in die Mitte und springen kerzengerade sehr hoch in die Luft, als seien sie federleicht. Das muss man selbst erlebt haben, die Stimmung ist schwer in Worte zu fassen. Man wird einfach sofort von dem Tanzen und Singen mitgerissen. Und als Weiße darf man zuschauen und sogar selbst mal versuchen zu tanzen und zu springen.
In der letzten Woche in Tansania waren wir noch im Mikumi-Nationalpark auf Safari und in einem Snakepark. An diesem Tag haben wir wirklich fast alle bekannten afrikanischen Tiere in freier Wildbahn entdecken können: Zebras, Antilopen, Büffel, Giraffen, Elefanten, Affen, Schlangen und sogar einen Löwen mit seinen Weibchen. Das war auch ein sehr aufregender und spannender Tag. Noch zu erwähnen wären alltägliche Erlebnisse wie Daladala fahren: Also ein Daladala ist ein Kleinbus, mit dem man sehr billig von Ort zu Ort fahren kann, in den sich aber fast immer mindestens doppelt so viele Leute hineinzwängen wie eigentlich reinpassen würden. Meistens geht nicht einmal mehr die Tür zu. Unser Lehrer hat uns dazu einmal den passenden Spruch verraten: „A Daladala never gets full!“ (Ein Dadala ist niemals voll). Und zum Schluss ein tansanisches Sprichwort, das auch das Leben hier bestimmt: „Haraka haraka haina baraka“ (Eile, Eile bringt keinen Segen). In diesem Sinne mache ich mich jetzt auf den Weg weiter in die Demokratische Republik Kongo und werde von dort wieder berichten.“
M2: PNP, 14.10.2011
Tränen trocknen und Französisch lernen
Anna-Lea Kronpaß verbringt ein Missionars-Jahr in Afrika −Momentan hilft sie in einem Kindergarten
Bad Griesbach. Ein ganzes Jahr verbringt Anna-Lea Kronpaß in Afrika. Am 7. August ist sie losgeflogen, erst mal nach Tansania, wo sie vier Wochen lang Kisuaheli gelernt hat. Nun ging es weiter nach Kolwezi im Süden Kongos, wo sie an einer Missionsschule Französisch unterrichten wird und auch in einer Ambulanz für unterernährte Kinder arbeitet. Die PNP begleitet die 19-Jährige bei ihrem Unternehmen „Missionare auf Zeit“, ein Projekt der Salvatorianer. Jeden Monat berichtet Anna-Lea über ihre Erlebnisse in Wort und Bild.
„Bonjour mes amis! Hier bin ich wieder, und dieses Mal aus meiner neuen Heimat Kolwezi in der Demokratischen Republik Kongo. Ich bin jetzt schon einen Monat im Kongo und es gefällt mir wahnsinnig gut. Meine Partnerin und ich sind am 4.September mit dem Flugzeug von Dar es salaam über Nairobi nach Lubumbashi geflogen. Beim Landeanflug sah man nur eine einzige geteerte Straße – ich habe innerlich gehofft, dass wenigstens die Landebahn geteert sei. Das war sie zum Glück auch und wir sind gut angekommen.
„Pole pole“ – immer mit der Ruhe
Dann wurden wir von vier unserer Schwestern und einem Pater am Flughafen abgeholt und zum Haus der Salvatorianerinnen in Lubumbashi gebracht. Dort wurden wir sehr herzlich von 15 weiteren Schwestern begrüßt und haben bei ihnen neun Tage verbracht − mehr oder weniger freiwillig, da unser Auto länger zur Reparatur war, als geplant. So wurden wir gleich mit dem afrikanischen „pole pole“ (langsam, langsam) begrüßt. Nur kein Stress. In Lubumbashi konnten wir ein Krankenhaus, einen Tiergarten und eine Bierbrauerei (deren Rohstoffe größtenteils aus Deutschland importiert werden) besichtigen und haben uns mit den Schwestern angefreundet, von denen einige mit uns weiter nach Kolwezi gefahren sind.
Von der Stadt Lubumbashi war ich positiv überrascht: Es gibt doch ein paar geteerte Straßen und schöne Gebäude, Kirchen und auch viele Supermärkte mit europäischem Standard. Da spürt man halt noch sehr die belgische Kolonialzeit. Mit unseren Schwestern waren wir in Lubumbashi auch noch in unserer ersten, richtigen kongolesischen Sonntagsmesse, in der viel getanzt und gesungen wurde. So hat man kaum gemerkt, dass man über drei Stunden in der Kirche war. Alles in allem war es die längste, lauteste, fröhlichste und lebhafteste Messe, die ich je miterlebt habe. An einem Dienstag ging es endlich weiter nach Kolwezi. Mit einem vollbeladenen Jeep, sechs Schwestern, einem Pater und uns zwei ging es auf die Reise. Die Strecke von Lubumbashi nach Kolwezi beträgt 350 Kilometer, es ist jedoch nur die erste Hälfte der Strecke geteert und dann beginnt die sehr schlechte und sehr holprige Sandpiste, die unsere Reise um vier auf elf Stunden verlängert hat.
Auf dem letzten Viertel hatten wir eine Reifenpanne und mussten irgendwo im Nirgendwo auf der Straße rumsitzen und auf einen Mechaniker mit Ersatzteilen warten. In unserem Communauté wurden dann wir wieder herzlich begrüßt. Linda und ich haben zu zweit ein Zimmer, sogar mit einem eigenen, gut ausgestatten Bad − in dem jedoch die Wasserleitungen nicht funktionieren, weswegen Duschen, Waschen und Klospülen mit Wassereimern erledigt wird. Die Anlage, in der wir hier wohnen, ist sehr schön und groß, hier leben 22 Schwestern. Es ist fast paradiesisch, da wir direkt vor unserer Tür Papaya-, Mango-, Zitronen- und Avocadobäume haben. Die Schwestern bemühen sich sehr um uns, wir bekommen sogar oft eigenes Essen wie Kartoffeln, Pommes, Nudeln, Reis oder Hühnchen, da sie selbst jeden Tag Bukari und Fisch essen. Bald konnten wir unsere Arbeit beginnen. Linda arbeitet im „centre uzime“ („Zentrum Leben“), einer Einrichtung für Mütter und ihre meist unterernährten Kinder. Dort werden schwangere Frauen untersucht und die Babys gewogen, geimpft, und aufgepäppelt.
Die Arbeit mit Kindern macht Spaß
Ich arbeite in der ersten Klasse des Kindergartens der Salvatorianerschule (Ecole maternelle salvator). Die gesamte Schulanlage umfasst einen Kindergarten, eine Primär- und eine Sekundarschule, wo jedoch auf Grund der hohen Schülerzahl die Jüngeren vormittags und die Älteren nachmittags unterrichtet werden. Mein Arbeitstag dauert von halb acht Uhr morgens bis ein Uhr mittags. Ich kann mit einer Schwester dorthin zu Fuß gehen und helfe dann der Kindergartentante in meiner Klasse. Im gesamten Kindergarten sind 280 Kinder und in meiner Klasse 82. Da sie in der ersten Klasse jedoch erst drei Jahre alt sind, und für sie die Erfahrung „Schule“ noch sehr neu und ungewohnt ist, ist eine meiner Hauptaufgaben bis jetzt noch Tränen trocknen. Doch hauptsächlich wird den Kindern auf spielerische Art Französisch beigebracht. Mir macht die Arbeit mit den Kindern sehr viel Spaß und ich habe auch schon einige kleine Freunde gefunden − an mir hängen pro Hand immer mindestens zwei Kinder, die oft fasziniert über meine weißen Arme streicheln. Ich bin jetzt schon gespannt, was mich noch alles hier in Kolwezi und in der Arbeit mit den Kindern erwarten wird. Bis zum nächsten Mal, eure ,tantin lea‘, wie mich die Kinder im Kindergarten nennen.“
M3: PNP, 14.11.2011
Ein Picknick im Busch und tanzende Schwestern
Anna-Lea Kronpaß half im vergangenen Monat ein Haus zu renovieren, feierte und betreute 98 Kinder
Bad Griesbach. Ein ganzes Jahr verbringt Anna-Lea Kronpaß in Afrika. Am 7. August ist sie losgeflogen, erst mal nach Tansania, wo sie vier Wochen lang Kisuaheli gelernt hat. Nun ging es weiter nach Kolwezi im Süden Kongos, wo sie an einer Missionsschule Französisch unterrichten wird und auch in einer Ambulanz für unterernährte Kinder arbeitet. Die PNP begleitet die 19-Jährige bei ihrem Unternehmen „Missionare auf Zeit“, ein Projekt der Salvatorianer.
Jeden Monat berichtet Anna- Lea über ihre Erlebnisse in Wort und Bild. „Jambo yenu aus dem Herzen Afrikas! Es ist November und die Temperaturen werden von Tag zu Tag heißer. Wir freuen uns über jeden kurzen Schauer und sogar Gewitter, egal wie schlimm es regnet. Das bietet nämlich wirklich eine willkommene Abkühlung. Wenn ich morgens zur Schule gehe (mittlerweile gehe ich schon alleine, ohne Begleitung einer Schwester), weiß ich nie ob ich einen Regenschirm oder Sonnencreme mitnehmen soll, weil das Wetter hier sehr wechselhaft ist, vor allem am Anfang der halbjährigen Regenzeit. Apropos Schule- Gerade habe ich festgestellt, dass laut Klassenliste in meiner 1. Klasse doch nicht 82 Kinder, sondern 98 sind! Aber egal.
Mittlerweile habe ich meine Klasse jedenfalls schon sehr lieb gewonnen und kenne auch schon einige Namen. Der Tagesablauf: In der Früh, etwa von acht bis halb neun, gibt es eine Art Morgenanimation mit allen 280 Kindern des Kindergartens im Freien, bei der man singt, tanzt oder über den Schulhof läuft. Anschließend stellt man sich in Reihen auf zum Beten (ein Vaterunser und drei Ave Maria) und zum Begrüßen. Ich habe jetzt auch schon zwei Mal bei der Morgenanimation mit allen Kindern ein paar Lieder gesungen. Danach gehen alle Kinder in ihre Klassen und der Unterricht beginnt.
Jede Woche haben wir ein neues Thema, außerdem ein dem Thema entsprechendes Lied und eine „recitation“, eine Art Reim zum Thema. Jeweils an Montagen gab es bereits zwei „Exkursionen“. Zum Thema Familie haben wir eine Familie zu Hause besucht, um den Kindern Vater, Mutter und Kinder „vorzustellen“ und ihnen die einzelnen Räume zu erklären. Jeden Freitag bekommen die Kinder zudem eine Hausaufgabe in ihr Heft geschrieben. Am Montag in der Früh werden dann die Hefte am Schultor wieder eingesammelt. Obwohl in der ersten Klasse immer noch häufig Chaos und Lärm herrscht, fühl’ ich mich trotzdem sehr wohl hier, und ich glaube, die Kinder haben sich auch schon an mich gewöhnt. Demnächst werde ich zusammen mit einer Schwester einen Monat in der zweiten Klasse arbeiten. Was sonst noch passiert ist? Wir haben ziemlich viel mit unseren Schwestern gefeiert, zum Beispiel Geburtstage, Feiertage von Heiligen, Abschiede und Begrüßungen oder das Ablegen von Gelübden. Dazu gehört immer gutes Essen, Bier, Musik und Tanz. Es wird wirklich immer getanzt. Und ich war einfach sehr überrascht, als bei uns im Wohnzimmer plötzlich alle Schwestern angefangen haben zu tanzen. Sie haben in den DVD-Player irgendwelche Musik- DVDs eingelegt und dann die Videoclips nachgetanzt. Das ist wirklich immer total lustig.
Nur ist es sehr peinlich, wenn Linda und ich mittanzen sollen, weil wir mit den Afrikanerinnen einfach nicht mithalten können. Die bewegen sich alle so rhythmisch und wackeln dazu mit den Hüften. Im Oktober haben wir auch das 50. Jubiläum unserer Pfarrei „Mariapolis“ hier in Kolwezi gefeiert − mit einer Messe im Freien mit einem neuen Längenrekord von fünf Stunden und einer anschließenden Feier in der Anlage der Schule.
Am Sonntag darauf war eine Marienwallfahrt. Wir sind etwa eineinhalb Stunden zu einer Mariengrotte auf einem Berg gegangen, um wiederum im Freien eine Messe zu feiern. Dann wurden wir auch noch oft eingeladen, zum Beispiel zum Abendessen beim Vizebürgermeister von Kolwezi. Und wir haben außerdem einen Mann kennengelernt, der sehr viele Projekte leitet wie den Bau von mehreren Schulen. Der hat uns auf seine Farm mitgenommen, wo er Tomaten und Ananas anbaut. Das war echt schön, da die Farm mitten im afrikanischen Busch liegt. Da hatten wir auch das Gefühl, wirklich in Afrika zu sein. Wir haben es einfach genossen in der Natur und nicht in der Stadt zu sein (obwohl man sich Kolwezi nicht wie unsere Großstädte vorstellen darf). Gegessen haben wir im Freien.
Das war total schön. Und ich liebe die Geräusche hier draußen, nichts außer Grillen und die Gesänge von Paradiesvögeln. Vergangenen Samstag sind wir mit zwei Schwestern, einem Pater und drei Novizinnen in das Ferienhaus unserer Schwestern gefahren. Man fährt etwa eine Stunde mit dem Auto. Das Haus liegt ebenfalls im Busch, zudem gibt es einen wunderschönen See. Da haben wir aber dann den ganzen Tag gearbeitet, neue Dachbalken eingesetzt und innen und außen neu gestrichen. Innen natürlich in den Salvatorianer- Farben hellblau und weiß. Wirklich jedes Haus der Schwestern ist innen blau-weiß, bis hin zu Geschirr, Tischdecken und der Couch. Das Haus wurde von den Schwestern schon lange nicht mehr genutzt, deswegen haben wir jetzt angefangen, es neu herzurichten. Und vielleicht können wir dann dort auch mal ein Wochenende verbringen.
Wir haben am See Fische gekauft, die wir dann gleich gegrillt und vor dem Haus gegessen haben. Der ganze Tag hat wirklich total Spaß gemacht, auch wenn wir abends sehr müde waren und am nächsten Sonntag erst in die spätere Messe um zehn Uhr gegangen sind. Ich fand es toll, auch mal was Praktisches zu machen und so den Schwestern wirklich helfen zu können. Da hat man echt ein gutes Gefühl und spürt,dass man langsam dazugehört. Schöne Grüße und alles Gute Eure DaLea, wie mich die Kindergartentanten nennen. Da ist eine Abkürzung für Dada und bedeutet auf Swahili Schwester.
M4: PNP, 09.12.2011
Zwischen Nikolaus und Präsidentschaftswahl
Missionarin Anne-Lena Kronpaß schreibt aus dem Kongo − PNP begleitet die 19-Jährige bei ihrem einjährigen Projekt
von Anna-Lena Kronpaß
Bad Griesbach. Ein ganzes Jahr verbringt Anna-Lea Kronpaß in Afrika. Am 7. August ist sie losgeflogen, erst mal nach Tansania, wo sie vier Wochen lang Kisuaheli gelernt hat. Nun ging es weiter nach Kolwezi im Süden Kongos, wo sie an einer Missionsschule Französisch unterrichten wird und auch in einer Ambulanz für unterernährte Kinder arbeitet. Die PNP begleitet die 19-Jährige bei ihrem Unternehmen „Missionare auf Zeit“, ein Projekt der Salvatorianer. Jeden Monat berichtet Anna- Lea über ihre Erlebnisse in Wort und Bild. „Ich hoffe, es geht euch allen so gut, wie mir hier im Kongo. Der November war wirklich mal wieder ein sehr ereignisreicher Monat hier in Kolwezi, auch auf Grund der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen. Vielleicht ist das sogar bis nach Deutschland durchgedrungen.
Präsident in spe wird verehrt wie ein Star
Am 28. November wurde der neue Präsident samt Abgeordneten für die demokratische Republik Kongo gewählt, und am6. Dezember werden die Ergebnisse verkündet. Bei unseren Schwestern gibt es seit Wochen kein anderes Thema mehr und auch ich bin jetzt echt schon gespannt. Das liegt sicher auch an einem meiner spannendsten Erlebnisse bisher hier im Kongo. Und zwar haben Linda und ich den jüngsten Präsidenten der Welt (behaupten zumindest unsere Schwestern), der in den letzten zehn Jahren der Präsident der D.R. Kongo ist, gesehen: Joseph Kabila. Für seinen Wahlkampf kam er nach Kolwezi, um eine kurze Rede zu halten. Wir sind alle zu dem winzig kleinen Flughafen von Kolwezi gefahren und haben ihn dort empfangen.
Es war an dem Tag natürlich die ganze Stadt auf den Beinen (Kolwezi hat mindestens 500 000 Einwohner), auch am Flughafen, deswegen war es ein riesengroßes Gedrängel und Geschubse, als dann Kabila wirklich kam. Eswurde auch nichts abgesperrt und er ging einfach zu Fuß durch die Menge, mit ein paar bewaffneten Soldaten vor ihm. Da war ich mal wieder total erstaunt. Seitdem sind Linda und ich Kabila- Fans und haben sogar Kopftücher und Handyaufkleber von ihm. Der ganze Tag war einfach ein riesen Ereignis für uns. Die Stadt war so belebt, als wäre ein Fußball- WM-Finale gewesen. Überall liefen die Menschen mit Fahnen, T-Shirts, Kopftüchern, Hüten und Vuvuzelas von Kabila herum und haben Banner geschrieben wie „Willkommen in Kolwezi“.
Und es waren sehr viele junge Leute unterwegs, was bei uns wegen einer Wahl nie der Fall wäre. Da war ich wirklich positiv überrascht. Diese tausenden von Jugendlichen haben sich zu Hunderten auf die Ladeflächen von Lkw gedrängt oder sich einfach an vorbeifahrende Autos hinten drangehängt, nur um so nah wie möglich zum Flughafen und zu Kabila zu kommen. Sehr wagehalsig und sehr gefährlich. Am Tag von Kabilas Besuch war in ganz Kolwezi keine Arbeit, genauso wie am Tag der Wahlen. Ich hatte dann unverhofft noch zwei Tage schulfrei, weil unsere Lehrer am Mittwochvormittag, ohne dass man den Termin vorher wusste, abgeholt wurden, um drei Tage lang für die Wahlen ausgebildet zu werden weil heuer fast alle Lehrer von fast allen Schulen in Kolwezi bei den Wahlen mithelfen mussten. Das ist mal wieder typisch afrikanisch verplant. Deswegen war an dem Mittwoch ein bisschen Chaos in der Schule. Und wenn die nächsten zwei Tage keine Schule ist, kann auch kein Kindergarten sein, da die meisten Kinder von ihren älteren Geschwistern zur Schule begleitet werden.
Weihnachtsgefühle im warmen Kongo
Ja, es kann hier echt schnell passieren, dass keine Schule ist. Genauso wie die Kinder schnell mal nach Hause geschickt werden, wenn etwa die Haare der Mädchen nicht frisch geflochten sind (die müssen ja alle dieselbe Frisur haben), wenn sie keine ganz weißen Socken tragen, oder wenn am Mittwoch, dem Sport-Tag, an dem sie ganz weiß angezogen sein müssen, die Schuhe schwarz sind. Ich muss schon zugeben, dass ich das alles ein bisschen übertrieben finde, aber es ist auch klar, dass hier, wenn man pro Klasse 80 Schüler hat, eine größere Disziplin herrschen muss. Wenn ich jetzt schon bei Schule bin, kann ich auch gleich vom Kindergarten weitererzählen.
An einem Tag hatten wir das Thema Ernährung. Da haben wir für alle 300 Kinder Reis mit Bohnen (typische Mahlzeit hier, schmeckt auch mir total gut) gekocht und an alle verteilt. Das fand ich total süß, wie alle Kinder mit ihren Tellern am Boden vor den Klassen saßen und gegessen haben. Am 6.Dezember kam auch noch der Nikolaus samt Knecht Ruprecht, der an alle Kinder Geschenke und Süßigkeiten verteilt hat. Dafür musste unsere Direktorin extra für eine Woche nach Lubumbashi fahren, um 300 Spielzeuge zu finden. Das hätte ich nie gedacht − vor allem, weil das ja auch alles eine Frage des Geldes ist. In unserer Schulanlage ist alles Material für die Schüler von UNICEF gespendet. Für die Nikolausgeschenke mussten wir alle Eltern nach ein bisschen Geld fragen, sonst könnten wir uns das nicht leisten. Und dann gibt es immer noch einige, die nicht mal das Schulgeld bezahlen können. So kommt dann auch bei mir hier Weihnachtsstimmung auf, obwohl es ja auf Grund des warmen Wetters nicht so weihnachtlich ist wie daheim. Aber Linda und ich haben schon für die Schwestern und für uns einen Adventskranz gebastelt und zünden da jetzt jeden Sonntag eine Kerze an. Und wir waren auch schon mit unserer Oberschwester in Kolwezi unterwegs und haben furchtbar kitschige Weihnachtsdeko für unser Kloster gekauft. Ach ja genau, und Butterplätzchen haben wir für die Schwestern gebacken und sie waren ganz begeistert von Zuckerguss, das kannten sie nämlich gar nicht.“
M5: PNP, 02.02.2012
Traumstrände und Alptraum-Busfahrten
Anna-Lea Kronpaß berichtet von der Weihnachtszeit im Kongo und einer ereignisreichen Reise nach Tansania
von Anna-Lea Kronpaß
Bad Griesbach. Ein ganzes Jahr verbringt Anna-Lea Kronpaß in Afrika. Am 7. August ist sie losgeflogen, erst mal nach Tansania, wo sie vier Wochen lang Kisuaheli gelernt hat. Dann ging es weiter nach Kolwezi im Süden Kongos, wo sie an einer Missionsschule Französisch unterrichtet und auch in einer Ambulanz für unterernährte Kinder arbeitet. Die PNP begleitet die 19-Jährige bei ihrem Unternehmen „Missionare auf Zeit“, ein Projekt der Salvatorianer. Regelmäßig berichtet Anna-Lea über ihre Erlebnisse in Wort und Bild.
Präsidentenwahl ohne Unruhen
„Hallo meine lieben Freunde in Deutschland! Hier bin ich endlich wieder, nach einer längeren Winterpause. Zwei Tage nach Weihnachten sind wir ja für vier Wochen nach Tansania gefahren, deswegen konnte ich mich so lange nicht melden. In der Zwischenzeit ist allerdings einiges passiert. Als erstes wurde wirklich wieder Joseph Kabila um Präsidenten gewählt und es gab auch keine weiteren Unruhen, zumindest in unserer Region nicht. Nur leider wurde das Datum der Ergebnisbekanntgabe ziemlich oft verschoben, so dass wir nicht wie angekündigt am 6. Dezember, sondern erst am 17. Dezember Bescheid wussten. Linda und ich sind trotzdem für zwei Tage daheim geblieben, weil uns das per E-Mail von der deutschen Botschaft in Kinshasa so geraten wurde. Kabilas Herausforderer Tschisekedi wollte nämlich seine Niederlage nicht wirklich hinnehmen und dachte, er könnte sich einfach selber zum Präsidenten erklären.
Das hat aber nicht so geklappt. Dann kam Weihnachten – und das wird auch im Kongo gefeiert. Bei der Nikolausfeier kam der Heilige samt Knecht Ruprecht, und wir sind gemeinsam mit allen Kindern ein wenig spazieren gegangen und haben Nikolauslieder gesungen. Und dann bekamen alle Kinder noch Geschenke. Am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien durften dann alle Mädchen und Buben in ihren Sonntagskleidern kommen. Nach der Messe haben wir gemeinsam gegessen und dann noch Musik aufgelegt und getanzt. Eine richtig schöne Überraschung an Nikolaus war für Linda und mich, dass wir zum Schluss auch ein Geschenk bekommen haben, und zwar haben sie extra für uns einen knielangen Rock mit passender Bluse dazu nähen lassen. So schön und so ein süße Idee, ich war richtig überrascht und gerührt. Und durch diese kleinen Feiern im Kindergarten war ich dann doch auch ein bisschen auf Weihnachten eingestimmt, obwohl das hier natürlich etwas schwieriger ist, als daheim, da es nicht kalt ist und es keine Weihnachtsmärkte gibt. Am24.Dezember haben wir den ganzen Vormittag unser Wohnzimmer und die Kapelle dekoriert. Wir haben auch zwei Krippen aufgestellt und hier im Kongo muss bei jeder Krippe eine echte Palme daneben stehen, das fand ich auch sehr interessant.
Am Tag vorher durften Linda und ich für alle 22 Schwestern ihre Geschenke einpacken, das war auch total schön, da kamen wir uns ein bisschen vor wie Weihnachtswichtel. Wir zwei bekamen eine Tisch-Kongofahne und den 50-Jahre-Jubiläumskanga von unseren Schwestern, den sie selber auch immer an Feiertagen anhaben. Auch mal interessant an Weihnachten, nicht in Schal, Mütze, Stiefeln und Mantel eingepackt zu sein. Am nächsten Tag ging es für Linda und mich schon auf unsere Reise nach Tansania. Zuerst mit dem Bus von Kolwezi nach Lubumbashi und dann zwei Tage später weiter. In Lubumbashi sind wir in einen mehr oder weniger „luxuriösen Reisebus“ gestiegen und 40 Stunden später kamen wir wirklich heil in Dar es salaam (Tansania) an. In Bagamoyo, Tansania, hatten wir ja dann unser Zwischenseminar. Das war wirklich megaschön und interessant. Zuerst weil wir unsere Freundinnen wieder getroffen haben, mit denen wir die vier Wochen Sprachkurs in Tansania schon verbracht hatten und weil es dann auch richtig interessant war, sich mit anderen Jugendlichen auszutauschen, die in derselben Situation sind wie wir. Wir haben über schöne Erlebnisse und auch über Probleme gesprochen. Außerdem haben wir noch eine Woche Strandurlaub gemacht. Denn es ist wirklich paradiesisch schön dort. Eine echte Postkarten- Idylle: Grüne Palmen, weißer Sandstrand und türkises Meer. wenn dort Ebbe ist, legen die Frauen im Watt Seegrasfelder an. Bei Flut fangen sie darin das Seegras ein, ernten es und verkaufen es als Viehfutter.
57 Stunden für die Rückfahrt
Leider ging es dann schon bald wieder zurück − und die Rückfahrt hatte es in sich. Hatten wir bei der Hinreise schon 40 Stunden im Bus gesessen, dauerte die Rückfahrt 57 Stunden. An einer Grenze standen wir 17 Stunden, an der zweiten etwa acht Stunden. An der sambischen Grenze wurden auch fast alle Sitze, bis auf fünf Reihen, aus dem Bus heraus montiert und dafür der ganze Bus mit Waren und Koffern vollgeladen. Sogar der Gang war bis nach vorne mit Zeug vollgestellt, so dass wir dann zum aussteigen immer über alle Sitze klettern mussten. Ich glaube viele Geschäfte im Kongo nutzen diese „Reisebusse“, um Waren für ihre Läden zu importieren. Ich habe mich dann auch wahnsinnig auf meinen ersten Arbeitstag gefreut, und die Kinder haben mich auch noch nicht, wie ich befürchtet hatte, vergessen. Alle sind sie auf mich zugerannt und haben ‘Tantinte Lea‘ gerufen. Jetzt fange ich auch an, in der dritten Klasse zu arbeiten und nächsten Samstag bin ich sogar auf ein Fest eingeladen. So verabschiede mich auch schon wieder, melde mich aber ja schon nächsten Monat wieder. Bis dahin alles Gute, eure Lea.
M6: PNP, 13.03.2012
Wenn ein Müsli das schönste Geburtstagsgeschenk ist
Anna-Lea Kronpaß verbringt ein Jahr als Lehrerin in Afrika − Fasching und Geburtstag feiern im Kongo − Schwestern machen besonderes Geschenk
von Anna-Lea Kronpaß
Bad Griesbach. Ein ganzes Jahr verbringt Anna-Lea Kronpaß in Afrika. Am 7. August 2011 ist sie losgeflogen, erst mal nach Tansania, wo sie vier Wochenlang Kisuaheli gelernt hat. Dann ging es weiter nach Kolwezi im Süden Kongos, wo sie an einer Missionsschule Französisch unterrichtet und auch in einer Ambulanz für unterernährte Kinder arbeitet. Die PNP begleitet die 19-Jährige bei ihrem Unternehmen „Missionare auf Zeit“, ein Projekt der Salvatorianer. Regelmäßig berichtet Anna-Lea über ihre Erlebnisse in Wort und Bild. „Bonjour mes amis! Comment ça va? Mir geht es immer noch sehr gut hier. Während unseres ersten Monats im Kongo, nach unserer Tansaniareise, ist zwar nichts Großartiges passiert, dafür gab es aber einige kleine Feste, die uns das Leben hier im Kongo wieder schmackhaft gemacht haben. In den drei Wochen Tansania habe ich doch gemerkt, wie ich das Leben im Kongo schon vermisst hatte. Ich habe mich natürlich auch wieder sehr auf meine Arbeit gefreut. Ich bin jetzt seit drei Wochen in der dritten Klasse, was auch eine schöne Abwechslung darstellt.
Zählen und schreiben mit 107 Kindern
In der Klasse sind 107 Kinder, und momentan lernen wir bis neun zu zählen und zu schreiben. Die letzten zwei Wochen hatten wir das Thema ,häusliche Tiere‘ und in diesem Zusammenhang haben wir für alle Kinder Omelette gebacken. Unser Höhepunkt im Kindergarten war diesen Monat aber unsere Faschingsfeier. Es war das erste Mal, dass so etwas in unserem Kindergarten ausprobiert wurde, aber es hat super geklappt. Einen Tag vorher haben wir den Eltern und Kindern gesagt, dass sie am nächsten Tag nicht in ihrer Uniform kommen sollen, sondern sich verkleiden und schminken sollen. Einige Kinder waren total gut verkleidet, als König oder Krokodil, andere hatten auch einfach nur lustige Sachen an, wie einen Ganzkörperschlafanzug und eine Wintermütze. In der Schule haben wir sie dann noch im Gesicht bunt angemalt.
Dann sind wir mit allen 300 Kindern durch die Straßen spaziert, haben gesungen und getanzt, und wieder in der Schule angekommen, wurde in den Klassenzimmern gegessen und danach noch zu Musik getanzt. Am selben Abend hatten wir noch Karnevalfeier bei uns im Kloster. Fast alle Schwestern haben sich verkleidet, das heißt, sie hatten das typische Gewand für afrikanische Mamas an, oder einfach Jeans, kurze Röcke, Blusen − also eigentlich normale Sachen, aber für sie war es wie verkleiden. Leider wurde die Feier durch den täglichen Stromausfall um 23 Uhr beendet. Momentan wird täglich mindestens einmal der Strom abgestellt. Anscheinend liegt das daran, dass jetzt am Ende der Regenzeit schon zu wenig Wasser da ist (der Strom kommt ja aus Wasserkraftwerken vom Kongofluss und seinen Nebenflüssen), und deswegen Strom gespart werden muss. Es wäre auch nicht schlimm, nur leider weiß man vorher nie, wann der Strom kommt und wieder geht, und das ist dann schon nervig, wenn man zum Beispiel gerade im Internet arbeitet.
Dann hatten wir noch einen Freizeittag mit den Schwestern von unserem communauté. An einem Sonntag sind wir in der Früh nach Tshabula gefahren, dort hatten wir eine Messe und dann durften sich wieder alle Schwestern umziehen. Das heißt, sie konnten ihre Tracht und ihr Kopftuch ablegen und dafür Hosen, Röcke, Perücken und Schmuck tragen, sich schminken. Sie hatten wirklich sehr viel Spaß daran. Dann haben wir gegessen, getanzt, sind im Grünen rumspaziert, haben uns in die Wiesen gelegt, geratscht, gelacht, viele Fotos gemacht und einfach den freien Tag genossen. Dann wurden wir mit den Novizinnen eingeladen in ein Ferienhaus am Fluss Lualaba (Nebenfluss vom Kongo). Wir haben draußen über kleinen Feuern gekocht, haben zugesehen, wie die Fischer ihre Fischernetze einholen und durften sogar mit so einem Fischerboot (sieht aus wie so ein Holzkanu von Indianern) auf dem Fluss rumfahren.
Während unseres Spaziergangs haben wir dann andere ,wazungu‘ (also weiße Menschen) getroffen, das ist immer ganz schön, weil man sich gleich automatisch grüßt und einen kleinen Smalltalk anfängt, nur weil man Leute mit der gleichen Hautfarbe gefunden hat. Es war eine sehr interessante Bekanntschaft: Ein Engländer, der da am Fluss sein Ferienhaus hat und sonst in einer Firma hier arbeitet. Er erzählte uns, dass ihm seine Tochter aus England jedes Jahr einen Container mit Kinderkleidung, Spielzeug und Kleidung für Mütter schickt und hat uns angeboten, dass er unseren Schwestern auch was davon abgeben will, so dass wir es in unseren Einrichtungen verteilen können.
Der erste Geburtstag fern der Heimat
Mein schönster Tag im Februar war aber mein 20. Geburtstag am 27. Es war mein erster Geburtstag alleine − also auch ohne meine ältere Schwester, die am gleichen Tag wie ich Geburtstag hat−, aber es war wirklich etwas ganz Besonderes. In der Früh um sechs haben mich die Schwestern zu Ehren meines besonderen Tages zu ihrer Messe in unsere Kapelle eingeladen und danach sind alle mit mir singend in den Essenssaal eingezogen. Dort am Essenstisch hatte ich dann den ganzen Tag einen Ehrenplatz, an dem viele Karten, ein Plastikblumenstrauß und eine Schale voll Bonbons standen. Am Abend habe ich dann sogar noch ein Geschenk bekommen, und zwar ein richtiges Müsli − das ist hier leider kaum zu finden und wenn, dann richtig teuer. Im Kindergarten wurde ich dann auch noch ein wenig gefeiert. Ein Mädchen hatte am gleichen Tag Geburtstag und so haben alle Kinder für uns gesungen. Am Nachmittag hat mir Linda noch einen Schokokuchen gebacken und wir hatten glücklicherweise Strom, so dass ich auch mit meiner Familie daheim skypen konnte. Also es war wirklich rundum ein sehr gelungener, sehr fröhlicher und besonderer Tag für mich.
M7: PNP, 11.04.2012
Von großen Festen und traurigen Tagen
Anna-Lea Kronpaß verbringt ein Jahr als Missionarin in Afrika − Thema „Tod“ wird ganz anders behandelt − Frauentag wird groß gefeiert
von Anna-Lea Kronpaß
Zufallsbekanntschaft hat Wort gehalten
Bad Griesbach. Ein ganzes Jahr verbringt Anna-Lea Kronpaß in Afrika. Am 7. August 2011 ist sie losgeflogen, erst mal nach Tansania, wo sie vier Wochenlang Kisuaheli gelernt hat. Dann ging es weiter nach Kolwezi im Süden Kongos, wo sie an einer Missionsschule Französisch unterrichtet und auch in einer Ambulanz für unterernährte Kinder arbeitet. Die PNP begleitet die 19-Jährige bei ihrem Unternehmen „Missionare auf Zeit“, ein Projekt der Salvatorianer. Regelmäßig berichtet Anna-Lea über ihre Erlebnisse. „In der ersten Märzwoche kam wirklich der Engländer, den wir an einem Ausflugstag zufällig getroffen hatten und der uns mit Sachspenden unterstützen wollte, mit zwei Toyota Landcruisern voll mit Plastiktüten. Darin waren Kinderkleidung für Säuglinge bis Teenager, Gewand für Erwachsene, Schuhe, Bettbezüge, Vorhänge, Spielzeug, Bücher und Kuscheltiere. Ich dachte echt mich trifft der Schlag, als ich das alles gesehen habe. Wir haben den Mann nur einmal zufällig zehn Minuten gesprochen, und dann bringt er uns wirklich so viele schöne Dinge.
Zwei Tage später haben wir schon angefangen, es zu verteilen. Zuerst waren wir im Centre Uzima, wo Linda arbeitet, und haben allen Müttern, die mit ihren unterernährten Kindern in dem Programmsind, Kleidung für ihre Kinder gegeben. Wir hatten so viel, dass wir sogar jedem Kind zwei bis drei Teile geben konnten. Das hat schon echt glücklich gemacht. Dann sind wir ins Krankenhaus in einem Vorort von Kolwezi gefahren, wo auch Schwestern von uns arbeiten. Da standen schon hunderte Kinder und Jugendliche vor dem Tor und haben uns jubelnd empfangen. Leider waren es viel zu viele, und wir hatten nicht mehr so viel für Jugendliche, so dass wir einigen nichts Passendes geben konnten. Das tat mir wirklich leid, da wurde mir nur noch bewusster, dass man nie allen helfen kann. Dann ist leider noch etwas sehr Trauriges passiert, was mich sehr berührt hat. Die Mutter der polnischen Schwester, die hier schon seit drei Jahren als Missionsschwester tätig ist, ist nach langer Krankheit gestorben. Der Tod ist hier ein Thema, das mich immer begleitet. Es vergeht kein Monat, ohne dass Angehörigen von unseren Schwestern krank werden oder sterben.
Und als ich von Tansania zurück kam, musste ich erfahren, dass ein Mädchen aus meiner Kindergartenklasse gestorben ist. Ich werde hier mit dem Tod viel mehr konfrontiert als zu Hause. Aber der Tod einer Mutter ist doch der tragischste Tod, den ich hier bis jetzt so hautnah miterlebt habe. Zumal die Schwester von ihrer Heimat und ihrer Familie genauso weit entfernt ist wie wir. Sie konnte sie nicht begleiten. Als wir das erfahren haben, sind wir gleich alle zu ihr gegangen und haben einen Rosenkranz gebetet. In dem Moment war ich echt so froh, einfach beten zu können, weil ich nicht gewusst hätte, was man sonst in so einem Moment Tröstendes sagen kann. Und weil die Schwester eben nicht die Möglichkeit hatte, so schnell nach Hause zu fliegen, habe wir die kongolesische Trauerzeit deuil (französisch = Trauer) bei uns im Kloster gemacht, da ja die Schwestern hier ihre zweite Familie sind. Das läuft so ab, dass vom Tag des Todes an bis zum Tag der Beerdigung jede Nacht alle Angehörigen mit der Trauernden Person in einem Raum schlafen und man so lang wie möglich versucht wach zu bleiben, man singt, man tanzt man macht ein paar Scherze, um der trauernden Person zu zeigen, dass sie nicht alleine ist.
Am letzten Abend blieben alle nach der Messe bei uns und es wurde noch zusammen ein Glas Bier getrunken und Popcorn gegessen, um zu begehen, dass die Trauerzeit vorbei ist. Die Afrikaner gehen mit Trauer wirklich sehr anders um. Dann sind aber auch wieder schönere Sachen passiert. Linda und ich haben eine Geburtstagsfeier bekommen, zusammen mit einer anderen Schwester, die im März Geburtstag hatte. Die Schwestern haben sich so bemüht, es schön zu machen, den ganzen Tag gekocht und gebacken, den Salon schön hergerichtet, noch zwei Schwestern aus Bukama und zwei Postulantinnen und Novizinnen eingeladen und wir haben sogar noch mal Geschenke bekommen. Ich war unglaublich gerührt. Am letzten Schultag vor den Osterferien haben wir mit all unseren 300 Kindern einen Ausflug nach Tshabula ins Ausbildungshaus der Salvatorianerbrüder gemacht. Am Vortag sind wir Lehrer in der Schule geblieben und haben noch für alle Kinder Reis und Fleisch gekocht, und am Freitagfrüh ging es dann in einem großen Reisebus nach Tshabula. Dort haben wir dieKinder rumgeführt, die Brüder haben Kühe, Schweine, Hühner, einen Gemüsegarten, Fischteiche, eine Autogarage und eine Schreinerei. So konnten wir viel zeigen und erklären, was wir auch gerade in der Schule gelernt haben.
„Warum bist du eigentlich weiß?“
Es war auch das erste Mal, dass mich ein Mädchen aus meiner 3. Klasse gefragt hat, warum ich eigentlich weiß bin und warum meine Nase so spitz ist. Sie hat dann versucht, meine Nase runter zudrücken, damit sie wie ihre aussieht. Und dann wurde noch fasziniert festgestellt, dass Lindas Haare anders sind als meine, also blond und nicht schwarz. Ich musste schon ein bisschen grinsen, aber wie erklärt man einer Vierjährigen plausibel, warum bei uns alle Menschen weiß sind?
Ich war am Abend fast ein bisschen traurig, dass jetzt Ferien sind und ich zwei Wochen nicht in die Schule gehen kann. Obwohl ich in der letzten Zeit doch auch schwierige Tage mit meiner dritten Klasse hatte. Vor allem, wenn ich alleine in der Klasse war, konnte ich mich bei hundert Kindern nicht richtig durchsetzen. Und weil ich auch nie schlage oder siewirklich schimpfe, haben die Kinder natürlich auch nicht so viel Respekt vor mir wie vor der richtigen Lehrerin. Aber es wurde auch wieder besser, und sobald die richtige Lehrerin wieder in der Klasse ist, geht es auch gut. Der Weltfrauentag am 8. März wurde hier richtig gefeiert. Es gab eine Parade für alle Frauen und sieben verschiede Stoffmodelle, aus dem sie sich Gewänder nähen ließen. Linda und ich durften das Gleiche anziehen und sind mitmarschiert. So waren wir aber DER Blickfang, einige Frauen haben uns auch beglückwünscht, dass wir uns so gut kongolesisch gekleidet haben −wie richtige kongolesische Mamas.“
M8: PNP, 09.05.2012
Wenn Hilfe und Ohnmacht nah beieinander liegen
Anna-Lea Kronpaß verbringt ein Jahr als Missionarin in Afrika − Unterernährte Kinder werden aufgepäppelt, aber manche sind zu schwach
von Anna-Lea Kronpaß
Bad Griesbach. Ein ganzes Jahr verbringt Anna-Lea Kronpaß in Afrika. Am 7. August 2011 ist sie losgeflogen, erst mal nach Tansania, wo sie vierWochenlang Kisuaheli gelernt hat. Dann ging es weiter nach Kolwezi im Süden Kongos, wo sie an einer Missionsschule Französisch unterrichtet und auch in einer Ambulanz für unterernährte Kinder arbeitet. Die PNP begleitet die 19-Jährige bei ihrem Unternehmen „Missionare auf Zeit“, ein Projekt der Salvatorianer. Regelmäßig berichtet Anna- Lea über ihre Erlebnisse. „Der Monat April ist mal wieder total schnell vergangen. Nach den intensiven Osterfestlichkeiten hatte ich insgesamt zwei Wochen Osterferien, aber die meiste Zeit war ich mit Linda in der Arbeit Zu meinen habe ich wieder in der CPS (consultation pre-scolaire) gearbeitet und an einem Tag 120 Babys gewogen. Außerdem war ich noch bei den Neueinschreibungen dabei.
Untersuchungen ganz ohne Technik
Dann konnte ich aber auch zum ersten Mal bei der CPN (consultation prenatale) zusehen, der Untersuchung der schwangeren Frauen. Das ist doch sehr interessant, weil das ohne jegliche technische Geräte abläuft. Der Bauch wird per Hand abgetastet und es wird versucht, den Kopf des Babys durch den Bauch in Händen zu halten. Dann wird die ungefähre Größe des Kindes mit einem normalen Maßband abgemessen, und dann versucht man noch mit einem einfachen kleinen Trichter den Herzschlag der Mutter und des Kindes zu hören. Anschließend wird der Mutter noch der Blutdruck gemessen, und das war es auch schon wieder. Und das jeden Monat bis zur Geburt. Das heißt, die Mütter sind außer bei der Geburt nie im Krankenhaus. Und dann war ich auch zum ersten Mal bei dem ,nutririon‘-Programm für die unterernährten Kinder dabei. Fast jeden Tag kommen die Mütter mit ihren Kindern und bereiten Milch und Brei aus gestampften Sojabohnen, gemischt mit Wasser und Zucker zu.
Wenn wir kein Soja kaufen konnten, gibt es nur warme Milch mit Zucker. Das wird dann an alle Kinder verteilt, sie essen einen Teil schon im Centre. Und dann bekommen sie noch einen kleinen gefüllten Topf mit nach Hause. Teilweise kann man richtig beobachten, wie die Kinder dadurch stärker werden, aber ich habe leider auch ein paar Fälle gesehen, die mir richtig ans Herz gegangen sind. Ein kleiner Junge, ein Jahr und drei Monate alt, sah richtig schlimm aus. Er hatte einen vergleichsweise zum Rest des Körpers großen Kopf und einen aufgeblähten Bauch, aber seine Arme und Beine waren wirklich nur Haut und Knochen, so dünn wie Steckerl. Er konnte auch überhaupt nichts tun außer sitzen, er hatte nicht einmal die Kraft, mit der Hand nach was zu greifen. Und dieser Junge kommt auch immer nur mit seiner älteren Schwester, weil die Mutter es anscheinend nicht für nötig hält. Als er krank war, wollten wir ihn ins Krankenhaus bringen, aber seine Schwester meinte nur, die Mutter würde das nicht wollen. Vielleicht, weil einfach auch nicht das Geld da ist. Da zerreißt es einem das Herz.
Unterrichten in der dritten Klasse
Am 16. April gingen dann wieder Schule und Kindergarten los. Ich habe mich dafür entschieden, für den Rest des Jahres in der dritten Klasse zu bleiben, da es dort am meisten Arbeit gibt, weil es ja die Finalisten sind und sie auf die Grundschule vorbereitet werden müssen. Außerdem komme ich mittlerweile total gut mit den Kindern zurecht, und mit der Lehrerin verstehe ich mich auch super.
Wir hatten jetzt das Thema ,Markt und Geschäfte‘ und sind auch auf einen echten Markt zur Besichtigung gegangen. Schließlich kauft man Gemüse, Kartoffeln, Fisch und Palmöl auf dem Markt und nicht in den kleinen Geschäften. Außerdem bringen wir den Kindern neben den Vokalen noch bei, ihre Namen zu schreiben, damit sie sich in der Grundschule nicht so hart tun. Aber das ist doch sehr viel Arbeit. Leider fragen sie mich so auch alle zwei Minuten, ob das so richtig ist, und bei 107 Kindern weiß man irgendwann nicht mehr, wo vorne und hinten ist. „Tantine Lea“ kann ich dann bei Unterrichtsende auch nicht mehr hören. Aber es macht mich ja auch gleichzeitig sehr stolz. Linda und ich haben uns zwei Hasen von Franziskanerbrüdern gekauft.
Die wohnen jetzt im Hühnerstall. Das Männchen heißt Schiller, das Weibchen Vivaldi. Sohaben unsere Schwestern, wenn wir abreisen, noch ein lebendiges Andenken an uns und auch ein bisschen deutsche Kultur. Dann gab es leider wieder einen Todesfall, der dieses Mal aber ganz Kolwezi in große Trauer versetzt hat. Ein junger Pfarrer aus Kolwezi ist nach einer Krebserkrankung im Krankenhaus in Lubumbashi gestorben. In seiner Pfarrei war auch wieder vier Tage ,deuil‘, wo sehr viele Leute in der Kirche geschlafen haben, unter anderem zwei Schwestern von uns. Linda und ich waren bei der Messe dabei, bei der der Sarg mit seiner Leiche von Lubumbashi in die Kirche nach Kolwezi kam. Das war nochmal eine ganz andere Art von Trauer.
Ich habe angefangen, im Kirchenchor zu singen. Wir proben fast jeden Tag, mindestens vier Mal die Woche. Also die Afrikaner haben aber die Musik wirklich im Blut und im Herzen, mehr als wir Europäer auf jeden Fall. Bei der Sonntagsmesse war auch wieder eine Massen-Taufe, dieses Mal aber von Babys. Es hat mir richtig viel Spaß gemacht und ich will trotz der vielen Arbeit gerne dabeibleiben. Und somit verabschiede ich mich auch schon wieder aus Kolwezi und sage: Bis nächsten Monat.
M9: Neue Aktion - PNP, 12.03.15, Nr. 59, S. 31
"Papa, bitte tu was!"
Chefarzt-Tochter initiiert Hilfsaktion für Mädchen aus Tansania – OP in Traunstein, Reha in Rotthalmünster
von Karin Seidl
Vilshofen. Die Mutter stirbt bei der Geburt eines Kindes, der Vater gibt das Mädchen im Waisenhaus ab. Annajoyce hat eine angeborene Fehlbildung des Rückenmarks. Sie merkt nicht, wann sie auf die Toilette muss. "Sie ist ständig urin- und stuhlverschmiert", erklärt Dr. Ludwig Kronpaß, Chefarzt der Gynäkologie am Krankenhaus Rotthalmünster. Doch dem Mädchen aus Tansania kann geholfen werden. Im Sommer soll es nach Deutschland fliegen, dann wird es operiert. Der Eingriff findet in Traunstein statt, zur Reha ist sie in Rotthalmünster.
Fast ein halbes Jahr lebt die 23-jährige Vilshofenerin Anna-Lea Kronpaß mit 21 Waisenkindern im Nikolaushaus in Kemondo, Tansania, eines der ärmsten Länder der Erde. Das Nikolaushaus, geführt und gegründet von einer deutschen Sozialpädagogin, ist Zuhause für vernachlässigte, kranke und behinderte Kinder. Mit ihnen arbeitet die Tochter von Dr. Ludwig Kronpaß, die an der Universität Regensburg "Soziale Arbeit" studiert. Ein Mädchen fällt ihr besonders auf: Annajoyce. "Lieb ist sie, zurückhaltend, intelligent. Sie geht vormittags zur Schule. Mir wird schnell klar: Sie hätte eine Chance, selbstständig leben zu können." Bei den anderen Kindern sind die körperlichen oder geistigen Behinderungen zu schwerwiegend, als dass ein Eingriff etwas ändern könnte.
Noch während ihrer Zeit in Tansania schildert die junge Frau Annajoyces Schicksal ihrem Papa. Sie schickt ihm Bilder. Sie erzählt ihm von ihr. Und kaum zurück in Deutschland, sagt sie: "Papa, tu was, Du kennst dich doch aus!" Der Chefarzt der gynäkologischen Abteilung am Krankenhaus Rotthalmünster kann sich vorstellen, dem Mädchen zu helfen. Annajoyce ist mit "Spina bifida", einer Fehlbildung des Rückenmarks, geboren worden. Sie lebt mit einer eingeschränkten Funktion der Hüftgelenke und hat keine Kontrolle über Stuhl und Harn. "Das ist sozial natürlich ein Riesenproblem", sagt Dr. Kronpaß.
Eine OP kann helfen, ist aber in Tansania unmöglich. Also fängt der Papa an zu recherchieren. "Ich habe rumgefragt. Dann ist mir gesagt worden: ,Ich kenn da einen ganz tollen Menschen, der operiert so etwas‘", erzählt Papa Dr. Kronpaß.
Der "tolle Mensch" ist gar nicht mal so weit weg. Dr. Bernd Peter Geffken arbeitet am Klinikum Traunstein. "Ich habe ihn angerufen. Zufällig ist er grad aus Tansania zurückgekommen und meinte: Ja, er kennt die Verhältnisse dort ganz gut." Schnell wird klar: Für die Traunsteiner Klinik sind Eingriffe an Kindern aus Krisengebieten kein Neuland, auch, dass sie die Operationen kostenlos durchführen. "Ich habe unsere Geschäftsführung kontaktiert", sagt Dr. Kronpaß. Werner Geiger, der damalige Geschäftsführer der Landkreis Passau Gesundheitseinrichtungen, sei von der Idee, dem Mädchen zu helfen, sofort begeistert gewesen. Auch am Krankenhaus Rotthalmünster wird der mehrwöchige Aufenthalt nach der OP – zur Konsolidierung des Gesundheitszustands und Reha – umsonst sein.
Mit Kosten von rund 10000 Euro rechnet der Chefarzt. "Dabei machen die Flüge gut die Hälfte aus." Annajoyce wird am 31. Juli mit einer Begleitperson in München landen, der Rückflug ist am 26. September.
Was die Ärzte erwartet, wird sich zeigen. Je nach Befund wird das Mädchen nach der OP ein bis zwei Wochen in Traunstein bleiben, dann kommt es nach Rotthalmünster. "Für uns ist das eine Premiere", verkündet Dr. Kronpaß. Noch nie zuvor hat das Krankenhaus einen kleinen Patienten aus Afrika umsonst behandelt.
Die ersten 500 Flyer, die über das Hilfsprojekt aufklären, sind bereits verteilt. 1000 hat Dr. Kronpaß nachdrucken lassen, auch davon sind 400 schon wieder weg. "Wir sind auf Spenden angewiesen, denn für die Kosten für die Hin- und Rücktransporte mit Begleitperson und für medizinische Hilfsmittel müssen wir selbst aufkommen."
Spendenkonto Krankenhaus Rotthalmünster, Dr. Ludwig Kronpaß; Verwendungszweck: Annajoyce. IBAN: DE27 7405 0000 0000 0050 09; BIC: BYLADEM1PAS.
M10: PNP, 04.01.2017, Nr. 3, S. 31
Auf dem Weg nach Afrika - und zurück ins alte Leben
Junge Erwachsene berichten von ihrem Leben als Missionarinnen auf Zeit - Freiwillige gesucht - Bewerbungen bis 15. Januar möglich
von Karin Seidl
Rotthalmünster. Man darf davon ausgehen, dass der Chefarzt der Gynäkologie am Krankenhaus Rotthalmünster, Dr. Ludwig Kronpaß, stolz ist auf seine Tochter Anna-Lea. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, verfolgt sie ihr Ziel unerbittlich. Schlagzeilen machte die junge Frau, als sie voriges Jahr alles daran setzte, dem damals zehnjährigen Mädchen Annajoyce zu helfen. Die Kleine aus Tansania führte ein Leben am Rande der Gesellschaft, infolge einer Krankheit konnte sie weder Stuhl noch Urin halten. Die Chefarzt-Tochter organisierte Spenden und Hilfe. So konnte das afrikanische Mädchen in Bayern operiert werden und erholte sich am Krankenhaus Rotthalmünster. Jetzt ist Anna-Lea Kronpaß wieder gefragt. Als Coach will sie die Werbetrommel rühren für das Freiwillige Soziale Jahr. Sie selbst hat als 19-Jährige als Missionarin auf Zeit ein Jahr im Kongo verbracht. Seitdem lässt sie der afrikanische Kontinent nicht mehr los.
Interesse am sozialen Jahr im Ausland sinkt
Von 2011 bis 2012 war Anna-Lea Kronpaß in der Demokratischen Republik Kongo. Noch immer arbeitet die junge Frau – inzwischen Mitte 20 – ehrenamtlich für die Freiwilligen-Arbeit für FSJ im Ausland. "In unserem Organisationsteam merken wir aber, dass die Bereitschaft für ein FSJ im Ausland in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat", sagt sie. Schade findet sie das, denn: "Die Erfahrungen, die ich dort gemacht habe, sind einzigartig."
Auch Pater Georg Fichtl beobachtet diesen Trend mit Sorge. Er ist Missionsdirektor bei der deutschen Provinz der Salvatorianer und Ansprechpartner für die jungen Erwachsenen, die sich für ein FSJ interessieren. Es ist noch nicht allzu lange her, da konnten die Pater für ihre Auslandseinsätze aus dem Vollen schöpfen. Die Gymnasialreform mit ihrer Umstellung vom G9 aufs G8 hatte zu einer Abiturientenschwemme geführt. Andere fühlten sich mit 17 noch zu jung für die Universität. Die Möglichkeit, sich bei einem Freiwilligen Sozialen Jahr erst mal die Zeit zu geben, sich selbst kennenzulernen, wurde dankend angenommen. "Jetzt stellen wir aber fest, dass die junge Generation scheinbar in erster Linie möglichst schnell Karriere machen will", bedauert Pater Georg. "Dabei ist die Welt so unfassbar bunt, wenn man sich traut, über den Tellerrand hinauszuschauen."
Anna-Lea Kronpaß möchte ihre Zeit in Afrika nicht mehr missen, genauso wie Melanie Simon. Die Münchnerin studiert inzwischen, engagiert sich aber genauso wie Anna-Lea weiter ehrenamtlich als Coach. Für sie war vor allem der Perspektivenwechsel prägend. Ein Perspektivenwechsel, der ihr heute hilft zu verstehen, wie sich Flüchtlinge in Deutschland fühlen müssen. "Ich fühlte mich in Afrika fremd. Das Land war fremd, die Kultur, die Sprache." "Mzungu mzungu" – "eine Weiße, eine Weiße" – diese Wörter hat Melanie Simon tausendmal gehört, als sie 2013/14 als Missionarin auf Zeit ein Freiwilliges Soziales Jahr in Tansania absolviert hat. Es hat sehr lange gedauert, bis sie sich daran gewöhnt hatte, dass sie diejenige war, die durch ihre Hautfarbe Aufsehen erregt hat.
Die junge Frau lernt, sich in die Dorfgemeinschaft zu integrieren. Rasch lernt sie die Landessprache Swahili. Und sie bemerkt: Die Dorfbewohner waren stolz darauf, die Möglichkeit zu haben, eine junge Frau aus Europa, aus Deutschland kennenlernen zu können. "Das haben alle als Bereicherung empfunden. "
"Zurück in Deutschland war das Gefühlschaos perfekt", erinnert sie sich. Das Zurück in das alte Leben gelingt schleppend. Alltägliche Dinge erscheinen ihr plötzlich als große Herausforderungen. Einkaufen in einem großen Supermarkt – das hat sie nun überfordert. "Es hat sich so falsch angefühlt. Diese riesige Auswahl an Gütern empfand ich als befremdlich."
Leben in der Fremde geht nicht ohne Hilfe. "Wenn man in einer fremden Kultur leben muss, ist man auf die Unterstützung der Einheimischen angewiesen", sagt sie. "Wenn dann auf einmal Unterschiede, aber vor allem auch Gemeinsamkeiten akzeptiert werden, ist das eine wunderschöne Erfahrung." Integration sei nicht immer einfach, "aber wenn sie gelingt, ist sie für alle Beteiligten umso schöner".
Wer nun neugierig geworden ist, wie Anna-Lea Kronpaß oder Melanie Simon ein Freiwilliges Soziales Jahr zu absolvieren, kann sich noch bis zum 15. Januar beim Auslandsfreiwilligendienst "MaZ" bewerben. Informationen dazu finden sich im Internet unter www.cosamaz.de. Am 14.Januar findet in Nürnberg ein Orientierungstag statt. Näheres gibt es auch unter Tel. 0911/940577200.
M11: PNP, 14.11.2017
Begeisterte gesucht
Anna-Lea Kronpaß wirbt für "MissionarIn auf Zeit" - Bewerbungen bis 15. Januar möglich
Rotthalmünster/Vilshofen. Ihre Zeit in der Demokratischen Republik Kongo hat Anna-Lea Kronpaß für immer verändert. "Es war für mich eines der spannendsten, eindrucksvollsten und auch glücklichsten Jahre bisher", sagt die 25-jährige Sozialpädagogin. Von 2011 bis 2012 war die damals 19-jährige Tochter von Dr. Ludwig Kronpaß, dem ehemaligen Chefarzt der Gynäkologie am Krankenhaus Rotthalmünster, als Missionarin auf Zeit (MaZ) in Afrika. Für sie ist es daher selbstverständlich, sich noch immer ehrenamtlich für "MissionarIn auf Zeit" zu engagieren. Vor allem, weil sie und ihr Team spüren, dass die Bereitschaft für ein Freiwilliges Jahr im Ausland von Jahr zu Jahr abnimmt.
Auch voriges Jahr hat Anna-Lea Kronpaß kräftig die Werbetrommel für "MaZ" gerührt. Ein junger Mann wurde durch den PNP-Bericht auf dieses Thema aufmerksam und absolviert nun gerade ein Jahr auf den Philippinen und eine junge Frau ist gerade in Tansania.
"Für dieses Jahr bin ich unglaublich dankbar", resümiert die 25-Jährige heute. "Es hat mir auf persönlicher, zwischenmenschlicher als auch auf religiöser Ebene sehr viel gebracht." Die Einflüsse aus ihrem Jahr in Afrika spürt sie noch heute: Kleidung kauft sie nun zu 70 Prozent Second-Hand, Handys hat sie aus Schubladen von Freunden "gerettet". Sie isst, wenn sie Hunger hat – und schätzt es wert, dass es bei uns volle Teller gibt – genauso wie Wasser im Überfluss.
Die Salvatorianer sind in über 40 Ländern weltweit aktiv. In einigen dieser Projekte können junge Erwachsene zwischen 18 und 27 Jahren für ein Jahr als Freiwillige mithelfen. Auf diesen Freiwilligendienst, den die Salvatorianer seit zehn Jahren durchführen und jetzt zusammen mit den Comboni-Missionaren anbieten, werden die jungen Erwachsenen intensiv vorbereitet und begleitet.
Bis zum 15. Januar kann man sich bei den Salvatorianern und Combonis für einen Freiwilligendienst ab Sommer 2018 bewerben. Kurzentschlossene können noch an den Orientierungstagen (2. Dezember und 13. Januar) in Nürnberg teilnehmen. Weitere Informationen und Berichte der Freiwilligen gibt es auf dem "MaZ-Blog" www.cosamaz.org oder auf der Website www.salvator-missionen.org.
Ansprechpartner für Fragen zum Freiwilligendienst und zur Bewerbung ist Pater Georg Fichtl, p.georg@salvator-missionen.org oder per Handy unter 0151/17464916.
M12: PNP, 21.08.2019, Nr. 192, S. 33
Nachhaltige Hilfe für ein Leben in Würde
Spenden von 2015 für Annajoyce reichen aus, um jetzt die weitere Schulbildung zu ermöglichen
von Carmen Keller
Rotthalmünster. Ein Satz hat das Leben von Annajoyce entscheidend zum Guten verändert: "Papa, tu was, Du kennst dich doch aus." Mit diesem Hilferuf aus Afrika der Studentin Anna-Lea Kronpaß an ihren Vater, den Arzt Dr. Ludwig Kronpaß, im Sommer 2014 begann eine Hilfsaktion für das behinderte Mädchen aus Tansania, das mit "Spina bifida", einer Fehlbildung des Rückenmarks, auf die Welt kam. Damals hatte Annajoyce keine Perspektive für ein normales Leben. Die eingeschränkte Funktion der Hüftgelenke und vor allem die vollkommene Stuhl- und Harninkontinenz hätten sie in dem afrikanischen Land für immer aus dem gesellschaftlichen LebenVor Kurzem gab esein Wiedersehen ausgeschlossen. Heute ist Annajoyce 13 Jahre alt und "eine charmante junge Frau geworden", wie Dr. Kronpaß nach einem Wiedersehen mit dem Mädchen sichtlich erfreut versichert.
Gemeinsam mit seiner Tochter Anna-Lea hat er die junge Afrikanerin kürzlich in Tansania besucht. "Dass es Annajoyce gut geht, hat sie auch den Menschen aus dem Landkreis Passau zu verdanken", ist der in Bad Griesbach lebende Mediziner überzeugt. Über 36000 Euro waren nach einem Spendenaufruf, unter anderem in der Passauer Neuen Presse, im Jahr 2015 zusammengekommen. Weil man mit weit weniger Geld auskam, kann Annajoyce nicht nur weiterhin mit medizinischem Hilfsmaterial versorgt, sondern zusätzlich die Ausbildung des Mädchens finanziert werden. Aktuell habe man noch rund 18000 Euro zur Verfügung, informiert Dr. Kronpaß. Zu Beginn der Hilfsaktion im Jahr 2015 studierte Anna-Lea Kronpaß "Soziale Arbeit" an der Universität Regensburg und absolvierte ein Praxissemester in Tansania, heute arbeitet die 27-Jährige in München bei einer Ganztagesschule für körperlich und geistig behinderte Kinder. Der Gynäkologe Dr. Kronpaß, der ein Netzwerk der Hilfe knüpfte, war Chefarzt der Abteilung Frauenheilkunde im Kreiskrankenhaus Rotthalmünster, heute ist er Pensionist. Annajoyce war damals ein Kind ohne Perspektive, heute schmiedet sie Zukunftspläne.
2015 war Annajoyce kostenlos von Kinderchirurgie-Spezialisten in Traunstein operiert worden. Mit Erfolg. Im Kreiskrankenhaus Rotthalmünster hatte die ebenso kostenlose Nachversorgung stattgefunden. Das gesammelte Geld hatte man in erster Linie für die Flüge gebraucht.
M13: Image-Film zum MaZ-Dienst
M14: Bilder von Anna-Lea Kronpaß
Bilder, Vilshofener Anzeiger, 06.08.2011, Nr. 180, S.24
Bilder, Tränen trocknen und Französisch lernen, 14.10.2011
Bilder, Ein Picknick im Busch und tanzende Schwestern, 14.11.2011
Bilder, Zwischen Nikolaus und Präsidentschaftswahlen, 09.12.2011
Bilder, Traumstrände und Alptraum-Busfahrten, 02.02.2012
Bilder, Wenn ein Müsli das schönste Geburtstagsgeschenk ist, 13.03.2012
Bilder, Von großen Festen und traurigen Tagen, 11.04.2012
Bilder, Wenn Hilfe und Ohnmacht nah beieinander liegen, 09.05.2012
Bilder aus der PNP vom 15.03.15, Nr. 59, S. 31
- Bilder aus der PNP vom 13.01.17, Nr. 3, S. 31
Bild zur PNP vom 14.11.2017
Bilder aus der PNP, 21.08.2019, Nr. 192, S.33
M15: Didaktische Impulse
1. Könntest du dir vorstellen, nach deiner Schulzeit oder nach dem Arbeitsleben ins Ausland zu gehen, um arme Menschen in den Entwicklungsländern zu unterstützen? Diskutiert in der Klasse!
2. Sucht in eurer Umgebung nach Menschen, die sich nach der Schule auch sozial engagieren. Interviewt sie nach ihren Motiven!
3. Besucht die Homepage von Anna-Lea Kronpaß- www.kongolea.wordpress.com.