Krompaß, Eva
Thema: Ehrenamt, Jugend, Kirchliches Engagement
M1: PNP, 31.03.2018, Nr. 76, S. 47
Die jüngste Pfarrgemeinderätin im Kreis
Eva Krompaß wurde mit 16 Jahren in das Amt gewählt – Kirchliches und weltliches Leben im Einklang
von Benedikt Schneider
Neuhaus am Inn. "Eigentlich denkt man ja, nur alte Menschen sind gläubig und junge können mit der Kirche nichts mehr anfangen", sagt Eva Krompaß und lächelt. Dass dem nicht so ist, dafür ist die 16-Jährige selbst das beste Beispiel: Die fröhliche Schülerin ist seit der zweiten Klasse Ministrantin und wurde jetzt als jüngstes Mitglied des Landkreises in den Pfarrgemeinderat gewählt. In einem Alter, in dem andere Jugendliche nichts mit Gott zu tun haben wollen.
Wer jetzt aber denkt, man hat es bei der 16-Jährigen mit einer zugeknöpften, erzkonservativen Christin zu tun, liegt völlig falsch: Eine aufgeweckte junge Frau mit dunkelblondem Pferdeschwanz, moderner Brille und Zahnspange öffnet die Haustür einer Doppelhaushälfte in der Ortsmitte von Neuhaus, begrüßt per Handschlag und geht voraus in den zweitenAuch ihre Mutter war lange im Pfarrgemeinderat Stock. "Ganz nach hinten durch und dann links, da können wir uns hinsetzen. Die Schuhe kannst du anlassen", sagt sie oben angekommen, als hätte sie schon dutzende Male Gäste durch ihr Haus geführt.
In der kleinen, aber gemütlichen Küche wartet ihre Mutter Andrea bereits auf der Eckbank. "Einmischen will ich mich nicht", gibt sie gleich Entwarnung, "aber dabei sein wollte ich schon. Wer weiß, was sie sonst erzählt", sagt Andrea Krompaß mit einem schelmischen Blick auf ihre Tochter. Eva lacht und weiß den Scherz ihrer Mutter, die selbst 28 Jahre lang im Pfarrgemeinderat Mitglied war, einzuordnen.
Die Zwei verstehen sich bestens, das spürt man. Neben ihrem Glauben haben Mutter und Tochter noch viel mehr gemeinsam: An der Eckbank lehnt die Gitarre von Andrea Krompaß, die auch Eva spielen kann. Musik ist ein wichtiger Teil des Lebens der Schülerin, die die Q11 des Fürstenzeller Maristengymnasiums besucht. Das Cajon – eine Kistentrommel aus Peru, die mit den Händen gespielt wird – hat sie sich selbst beigebracht und in ihrer ohnehin schon vollgepackten Freizeit singt sie "in ein paar Chören. Im Chor meiner Schule, im ehemaligen Kinderchor und natürlich im Kirchenchor von Neuhaus", zählt sie auf. Daneben ist sie noch bei der Feuerwehr, im Tennisverein und – natürlich – als Ministrantin aktiv. "Nein, viel daheim ist sie nicht", stellt die Mutter im Hintergrund fest und lacht – vielleicht ein bisschen wehmütig.
Natürlich Ministrantin. Doch so selbstverständlich wie für die 16-Jährige ist das nicht für jeden. Schon seit neun Jahren ministriert sie in Neuhaus, also seit der zweiten Klasse. "Eigentlich geht das vor der Kommunion gar nicht, aber mein Bruder war schon dabei und ich sowieso immer in der Kirche. Da wollte ich lieber auch ministrieren, das macht mehr Spaß."
Die Freude und die Gemeinschaft sind das, was sie mit der Kirche verbindet. "Kirche ist für mich nicht das Typische, das junge Leute oft darunter verstehen: dass jeder sündig ist und man nichts machen darf. Mir geht es um Nächstenliebe, darum, dass man sich umeinander kümmert, füreinander da ist."
Und Gott? "Gott ist ein Prozess, den jeder in sich hat. Man hat immer Gutes und Schlechtes in sich und muss sich immer wieder entscheiden, was man daraus macht, wie man handelt." Die 16-Jährige hat sich viele Gedanken darüber gemacht, was sie glaubt und was sie will. "So genau habe ich mir das noch gar nicht überlegt", sagt ihre Mutter dazu – "aber es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass da immer jemand ist."
Die Gemeinschaft, die durch den Glauben an Gott entsteht, motiviert Eva. Zusammen mit ihrem 19-jährigen Bruder leitet sie mittlerweile ihre Ministrantengruppe, organisiert Krippenspiele und nimmt an Gruppenleiterkursen im Ministrantenreferat des Bistums Passau teil.
Nun gibt es aber für viele Jugendliche in dem Alter weit wichtigeres als die Kirche. Weggehen zum Beispiel. "Das macht sie genau so wie die anderen", wirft ihre Mutter ein. Ein Konflikt zwischen kirchlichen und weltlichen Verpflichtungen entsteht dabei nicht. "Nur das Aufstehen am Sonntag fällt manchmal ein bisschen schwer", gesteht die 16-Jährige und lacht.
Trotzdem stellt sich die Frage, ob jemand wie Eva auch Anfeindungen ausgesetzt ist, wenn man so aktiv in der Kirche ist. "Klar gibt es Menschen, die schlecht darüber reden. Früher hab’ ich mich dann immer rausgeredet und gesagt: ‘Wer sagt denn, dass ich das glaube? Ich bin ja nur dabei.‘ Heute gehe ich da mehr in die Offensive. Und wenn jemand blöd daher redet, kann ich genau so blöd zurückreden." Die Schülerin hat genug Selbstvertrauen: "Viele Mitschüler zum Beispiel sind überrascht, wenn ich davon erzähle und freuen sich, dass ich so viel Spaß daran habe. Einige outen sich sogar und erzählen, dass sie auch glauben, manchmal sogar beten."
Kirche soll "aktiv und lebendig bleiben"Aber auch darüber hinaus hat Eva Krompaß schon die Erfahrung gemacht, dass sich junge Menschen weit mehr Gedanken über Gott und die Welt machen als man vermuten würde: "Als ich mal in einer Umfrage mit dem Ministrantenreferat in der Passauer Fußgängerzone Menschen auf ihren Glauben angesprochen habe, kamen die negativen Kommentare eher von den Älteren. Die jungen Leute um die 30 waren dagegen offen und haben gerne über ihren Glauben gesprochen", erzählt die Schülerin.
Eva ist es wichtig, dass die "alles unterdrückende Kirche" aus den Köpfen der Menschen verschwindet. Denn: "Das kann so sein, muss aber nicht." Im Pfarrgemeinderat kann sie ihren Teil dazu beitragen, hofft sie – auch wenn ihr noch gar nicht so ganz klar ist, welchen Umfang ihre Aufgaben in dem neuen Amt haben werden. Ideen hat sie trotzdem: "Mit mehr Veranstaltungen vor allem für Jugendliche wieder Nachwuchs gewinnen", bringt sie es auf den Punkt. "Damit die Kirche aktiv und lebendig bleibt."
M2: Bild von Eva Krompaß
M3: Didaktische Impulse
1. Welche Gründe nennt Eva Krompaß, die für sie entscheidend waren, sich noch mehr in der Kirche zu engagieren? Überlegt zunächst in Einzelarbeit und sprecht anschließend in der Klasse darüber.
2. Überlegt in Gruppen, wie ihr euch in euerer Schule oder Gemeinde engagieren könntet, damit wieder mehr Jugendliche Freude daran haben, ihren Glauben zu leben. Welche Programme könnte man anbieten? Fasst die Ideen eurer Gruppe auf einem Plakat zusammen und vergleicht euer Plakat danach mit den Ideen der anderen Gruppen in der Klasse und argumentiert, welche Angebote leicht umzusetzen wären und wo es Schwierigkeiten geben könnte.