Klein, Christian
Thema: Lebensretter, Eigeninitiative, Nächstenhilfe
M1: PNP, 13.09.2017, Nr. 211, S. 33
Der Lebensretter vom Strand
Pockinger Christian Klein war mit seiner Freundin in Tunesien im Urlaub - und rettete einem Mädchen das Leben
von Maximilian Senff
Pocking. "Wir wollten eigentlich nur kurz die Füße ins Wasser halten", fängt Christian Klein (22) an, die Geschichte einer unglaublichen Rettungstat zu erzählen, "dann ist meine Freundin auf eine Gruppe von 100 Menschen am Strand aufmerksam geworden". Das erscheint den beiden, die gerade ihren letzten Urlaubstag in Mahdia (Tunesien) verbringen, komisch. Als sie den Kreis der Badegäste erreichen, erblicken sie in der Mitte liegend ein regungsloses Mädchen. "Sie hatte keinen Puls und keine Atmung. Ich habe sie dann reanimiert und etwa 20 Minuten betreut, bis erst Militär, Polizei und dann der Rettungsdienst kamen."
Mädchen kam nicht gegen die Meeresströmung an
Dem Mädchen gehe es mittlerweile wieder gut. "Das ist das Schönste. Da spielen so verdammt viele Faktoren zusammen", sagt der 22-jährige Pockinger. Er hat der jungen Tunesierin das Leben gerettet. Christian Klein ist im zweiten Lehrjahr Auszubildender beim Rettungsdienst - ein Umstand, der dem 18-jährigen tunesischen Mädchen wahrscheinlich das Leben gerettet hat. "In unserer Ausbildung ist die Reanimation das A und O", sagt er unaufgeregt. Klein macht nicht den Eindruck, als fühle er sich als Held. Er betont immer wieder, was für ein riesiger Zufall alles war.
"Es herrschte ein Sturm am Mittelmeer", erzählt Christian Klein, "eigentlich war Badeverbot. Ein 18-jähriges Mädchen ist nicht gegen die Meeresströmung angekommen. Das Ertrinken an sich haben wir gar nicht mitbekommen, Ersthelfer haben sie aus dem Wasser gezogen. Als wir zu der Menschengruppe, die meine Freundin am Strand entdeckt hat, geeilt sind, habe ich schon gesehen, dass das Mädchen ungesund, klinisch tot aussah." Der Rettungsdienstler reanimiert das regungslose Mädchen zwei bis drei Minuten. "Dann hat sie wieder Puls entwickelt", erzählt Klein, "ich konnte sie auf die Seite drehen und weiter beatmen. Das ganze Wasser kam dann raus. Sie hatte Schnappatmung. Das ist eigentlich ein Muster, das man kurz vorm Sterben sieht. Deswegen dachte ich, sie ist vielleicht hirntot." Noch etwa 20 Minuten betreut der 22-jährige das Mädchen anschließend weiter, bis der tunesische Rettungsdienst übernimmt - kommunizieren konnte er mit ihr in der Zeit noch nicht.
"Ich habe mittlerweile Kontakt über Whatsapp und Facebook mit ihr. Es geht ihr gut. Einmal am Tag muss sie noch ins Krankenhaus zur Sauerstofftherapie, dreimal am Tag nimmt sie Antibiotika. Sie war heilfroh und hat sich mehrmals bedankt. Das erwarte ich überhaupt nicht, aber es ist natürlich trotzdem schön", sagt Klein. Die Verbindung zwischen den beiden stellte ein Vertreter des tunesischen Ministeriums für Jugend und Sport her. "Der hat ihr meine Handynummer zugesteckt", erzählt der Pockinger. "Man muss sich mal vorstellen, bei so einem Unfall durch Zufall vor Ort zu sein und dass die Person dann auch noch überlebt. Das ist wie ein Sechser im Lotto, ein zweiter Geburtstag", sagt Christian Klein bescheiden.
Das Land Tunesien wird dem Lebensretter eine besondere Ehre erweisen. Direkt nach dem Vorfall kam der Ministeriums-Vertreter in das Hotel des deutschen Pärchens. Für Klein steht bald wieder eine Tunesien-Reise an: "Ich werde in naher Zukunft ein offizieller Gast der tunesischen Regierung sein", erzählt er.