Klaus, Susanne*
Thema: Armenhilfe, Ehrenamt, Eigeninitiative, Eine Welt, Kinder
M1: PNP, 30.01.2016, Nr. 24, S. 35
Armen Menschen ein Lächeln schenken
Susanne Wimmer (26) hat gerade ihr Studium beendet - Nun fliegt die junge Zahnärztin nach Kenia, um dort mittellose Patienten zu behandeln
von Sabine Kain
Fürstenzell. "Hab ich auch eine Zahnbürste eingepackt?", fragt sich der Otto-Normal-Reisende kurz vor der Abfahrt zum Flughafen. Die 26-jährige Susanne Wimmer aus Voglarn wird sich Ende Februar vor ihrer Abreise nach Kenia wohl eher fragen: "Hab ich alle Zahnbürsten eingepackt?" Tütenweise hat sie Bürsten, Zahnpasta und Putzbecher zu Hause – und alles muss mit. Denn die junge Frau macht in Kenia nicht Urlaub. Sie wird dort als Zahnärztin arbeiten und ehrenamtlich mittellose Patienten behandeln.
Spendenstopp, sonst droht das Übergepäck
Erst im Dezember hat Susanne Wimmer ihr Studium in Regensburg abgeschlossen und tüftelt zurzeit an ihrer Dissertation. Noch bevor sie im Raum Passau eine Arbeitsstelle antritt, zieht es sie gemeinsam mit zwei Kommilitoninnen und einer Zahntechnikerin in die Ferne: Für den Hilfsverein "Dentists for Africa" (Zahnärzte für Afrika) fliegen sie nach Kenia, um dort in einer Praxis, die der Verein zusammen mit ansässigen Franziskaner-Schwestern aufgebaut hat, zu arbeiten. Bei mobilen Einsätzen in Schulen erklären sie den Kindern außerdem, wie man richtig Zähne putzt – und verteilen deutsche Kinderzahnbürsten.
Zwei große Plastiktüten voller quietschbunter Zahnpflegeprodukte haben Vereine, Schulen und Privatpersonen für Susanne Wimmers Afrika-Einsatz gesammelt. Die Utensilien sollen den kenianischen Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubern – und es vor Karies schützen, natürlich. Die junge Zahnärztin freut’s, trotzdem hat sie einen Annahmestopp für Sachspenden verhängen müssen. Die vier Frauen haben schließlich keinen Container gemietet, sondern müssen die Spenden im Gepäck mitnehmen. "Jede hat einen Rücksack mit ihren Sachen und einen Koffer voller Spendenartikel dabei", erklärt Susanne Wimmer.
Neben den Sachspenden der Fürstenzeller bekommen die Helferinnen auch Gratisproben von Fachfirmen für den Hilfseinsatz geschenkt. Auf gut Glück hatten sie 32 Firmen angeschrieben und waren positiv überrascht. Eine der ersten Zusendungen war ein stattliches Päckchen mit speziellem Kunststoff. "Damit kann man eine Menge Füllungen machen", sagt Susanne Wimmer und lacht.
Der Hilfsverein "Dentists for Africa" hat in seinen kenianischen Praxen zwar Material vor Ort, "aber die Leute dort haben uns auch gesagt, dass sie immer was gebrauchen können", sagt die 26-Jährige. Deswegen quetschen die vier Frauen alles in die Koffer, was noch im Gewichtslimit liegt, denn den Flug zahlen sie aus eigener Tasche. Manche Utensilien müssen sie selbst mitnehmen, wie ihnen gesagt wurde, etwa Mundschutz und vor allem Handschuhe. Die müssen von den Helfern zum eigenen Schutz nämlich doppelt übergezogen werden wegen der hohen HIV-Rate in Kenia. Durch die Nähe zum Viktoriasee ist Malaria weit verbreitet und vor unbegleiteten Ausflügen, vor allem nach Sonnenuntergang, wurden die Helferinnen auch gewarnt. "Das ist in der Gegend nicht sicher für Weiße. Und für Frauen schon gar nicht", sagt Susanne Wimmer. Trotzdem wollen die Medizinerinnen helfen. Auch deswegen hat die Fürstenzellerin diesen Beruf schließlich gewählt: "Ich wollte wissen, wie der Mensch funktioniert und wie man Kranken helfen kann."
100 Füllungen und 30 gezogene Zähne am Tag
Die Praxis in Kenia liegt am Rand einer Großstadt. Ein Ortskundiger holt die Deutschen ab und fährt sie hin. In einem Gästehaus der Franziskanerinnen können sie für kleines Geld wohnen und werden auch verpflegt. In der Praxis werden sie vermutlich viel zu tun bekommen: "In einem Erfahrungsbericht habe ich gelesen, dass jemand dort an einem Tag 100 Füllungen gemacht und 30 Zähne gezogen hat", sagt Susanne Wimmer. "Das ist für uns Studenten natürlich nicht die Regel. Aber wir sind dort ja nicht allein." Gleich 200 Patienten auf einen Schlag könnten die jungen Zahnärztinnen antreffen, wenn sie mit einer mobilen Einheit – einer Zahnarztpraxis auf Rädern – Dorfschulen in der Umgebung besuchen. Dass einige der Kinder wahrscheinlich noch nie einen Zahnarzt gesehen haben, kalkuliert Susanne Wimmer ein: "Dann kommen wir erstmal mit dem Kunststoffgebiss, erklären und machen Scherze." Sorgen, dass es mit der Verständigung nicht klappen könnte, hat sie nicht: Englisch ist Amtssprache "und beim Zahnarzt redet man eh nicht so viel", sagt sie und lacht.
Eigentlich wollte Susanne Wimmer Musicaldarstellerin werden. Seit seiner Gründung gehört sie dem Musicalverein Jägerwirth an, damals war sie gerade elf Jahre alt. Mit den Jahren kam dann die Erkenntnis: "Das ist eine sehr umkämpfte Branche. Also wollte ich lieber etwas Handfestes machen wie Zahnmedizin." Sie zog zum Studium nach Regensburg, übte dort zunächst an Kunststoffzähnen, später unter Anleitung an Patienten der Zahnklinik und machte schließlich ihr Examen. Für die praktische Prüfung hielt die Mama ihre Zähne hin.
In den nächsten beiden Jahren absolviert die Fürstenzellerin in einer Praxis in der Region ihre Assistenzzeit, später möchte sie sich im Passauer Land als Zahnärztin niederlassen. Doch bei aller Heimatverbundenheit packt die junge Frau auch ab und an das Fernweh. Als Au-pair-Mädchen war sie nach dem Abitur eine Weile in Madrid, mit einem Mietauto machte sie eine Rundreise durch die USA, 2014 besuchte sie eine Freundin in Peru – "und in Afrika war ich eben noch nicht", sagt sie unbekümmert. Deshalb soll die Reise auch mit einem Urlaub ausklingen. Zehn Wochen sind die vier Frauen in Afrika. Sobald ihre Arbeit für den Hilfsverein beendet ist und die nächsten ehrenamtlichen Ärzte übernehmen, erkundet das Quartett noch das benachbarte Tansania. Vielleicht ist es nicht der letzte Besuch in Afrika. Susanne Wimmer möchte auch danach noch viele Auslandseinsätze als Zahnärztin machen.
M2: PNP, 01.08.2018 , Nr. 176 , S. 23
Zahnbehandlung in Kambodscha – mit Mönchen
Die Passauer Zahnärztin Susanne Klaus reist im September nach Südostasien, um bedürftige Kinder zu behandeln
von Oliver Glombitza
Kambodscha: ein Land mit faszinierender Kultur, gastfreundlichen Menschen und großen Problemen. Trotz seines momentanen wirtschaftlichen Aufschwungs krankt das Gesundheitssystem des südostasiatischen Staates an allen Ecken und Enden. "Gerade die vielen Straßenkinder haben dort meist noch nie einen Zahnarzt besucht", sagt Susanne Klaus. Die Passauerin hat sich dazu entschlossen, Ende September nach Kambodscha zu reisen und fünf Wochen lang bedürftige Kinder zahnmedizinisch zu behandeln.
Genauer gesagt geht es mit dem "Mini-Molars"-Programm in die Hauptstadt Phnom Penh, wo Klaus Teil eines Hilfsprojekts buddhistischer Mönche wird, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Straßenkindern zu helfen. Es ist nicht ihr erster ehrenamtlicher Auslandseinsatz als Zahnärztin: Schon vor zwei Jahren zog es sie direkt nach ihrem Examen mit dem "Dentist for Africa"-Programm nach Kenia. Sechs Wochen Zahnbehandlungen in abgelegenen Bergdörfern statt dem Tüfteln an der Doktorarbeit in der niederbayrischen Heimat.
"Ich bin schließlich Zahnärztin geworden, um Menschen zu helfen", erklärt die 28-Jährige, die in Voglarn aufgewachsen ist, den Grund ihrer ehrenamtlichen Reisen. Diese Motivation begleitet sie schon seit frühester Kindheit, wie sie sagt, immerhin hat das ehrenamtliche Engagement ihrer Eltern Alois und Edith sie dahingehend nachhaltig geprägt. "Seit ich denken kann, habe ich mich mit meinen Eltern bei der Pfarrei Jägerwirth engagiert". Eine Anstrengung, die sich nun auch für die kambodschanischen Kinder auszahlt, denn 2500 Euro an Spenden kamen für den Trip der Zahnärztin nach Asien bereits bei der Pfarrei zusammen. Klaus ist zwar "nicht erzkatholisch", aber die christliche Nächstenliebe sei von kleinauf immer ein großer Faktor für sie gewesen. Quasi anerzogen. Die frühkindliche Motivation, Menschen zu helfen, zog sie schnell in den Beruf des Arztes: "Ich konnte mich zuerst nicht entscheiden, ob ich Medizin oder direkt Zahnmedizin studieren möchte, am Ende gab die Vielseitigkeit des Zahnarztberufs den Ausschlag." Und so entschlossen, wie sie ihr Fachgebiet wählte, liest sich auch ihr Lebenslauf wie ein Strich: Nach dem Abitur am Maristengymnasium in Fürstenzell ging es ohne Umschweife nach Regensburg zum Studium der Zahnmedizin, um nach ihrem Gastspiel in Kenia bei der Zahnarztpraxis Luger in Obernzell ihre Assistenzzeit zu beginnen. Doch einen Seitensprung musste ihr Traumberuf dann doch verkraften. "Ich spiele gern Theater und bin Teil eines Musicalvereins". In der beruflichen Findungsphase verschlug es sie so zu einem zweimonatigen Praktikum am Ludwigs-Festspielhaus in Füssen, das ein befreundeter Regisseur ermöglicht hatte. Eine Erfahrung, die sie nicht missen möchte, aber mehr als ein Hobby wird das Theater für sie nie werden können.
Ein Fehler scheint dies nicht zu sein. Die junge Medizinerin zeichnet im Gespräch in ihrem Büro in Obernzell vor allem eines aus: Professionalität. Ob es nun ernste oder belanglose Themen sind, man fühlt sich bei Klaus stets wie bei einer Besprechung im Patientenzimmer: Gut aufgehoben. Die neunteilige "Illustrierte Geschichte der Medizin" im Regal zu ihrer Linken tut ihr übriges.
Für die näherrückende Reise nach Südostasien erfährt Klaus Unterstützung von Familie, Freunden und Kollegen, etwas, das der Zahnärztin besonders wichtig ist. "Ich schätze das Gefühl von Gemeinschaft". Ihr Mann Timo, mit dem Klaus zusammen in Hacklberg wohnt, war zwar zuerst nicht begeistert von dem Vorhaben, doch letztlich hat er ihr volle Unterstützung zugesagt. Auch von den Kollegen erfährt Klaus viel Zuspruch, ihr zukünftiger Arbeitgeber, die Praxis Baitinger in Ortenburg, unterstützt ihr Engagement sogar finanziell. "Meine Eltern waren zwar erst überrascht, dass ich nach Kambodscha will, aber sie sind es ja von mir gewöhnt, dass ich viel und gern verreise." Tatsächlich zieht es die 28-Jährige oft hinaus aus ihrer Heimat. Die USA, Kanada, Peru, Panama, Kenia und Tansania sind nur einige der Lokalitäten, die die junge Zahnärztin bereits besucht hat. Aus dem beschaulichen Voglarn in die weite Welt. Nun also Kambodscha. "Asien fehlte noch auf meiner Liste", sagt Klaus, die offen zugibt, dass hinter ihrer Reise auch der Drang steckt, Neues zu entdecken.
Es wird nicht das letzte Mal sein, dass Klaus Zähne in fremden Landen zieht. "Es wäre toll, wenn ich solche Einsätze meine ganze Karriere über machen könnte". Auch in der Heimat will sie sich zukünftig engagieren, schließlich sind die zahnmedizinischen Projekte für Obdachlose "eine tolle Sache".
M3: Bilder von Susanne Klaus
M4: Didaktiksche Impulse
1. Welche verschiedenen Motive könnten Frau Susanne Klaus zu ihrer Zahnbehandlung anspornen?
2. Schreibt einen kurzen Dankesbrief an Frau Susanne Klaus mit Argumenten, was ihr an ihrer Arbeit schätzt.
3. Susanne Klaus wird eine Zeit lang in Kenia als Zahnärztin helfen und arbeiten. Kennst du noch andere Leute, die einen Freiwilligendienst im Ausland absolvieren (werden)/ absolviert haben? Erörtere ihre Beweggründe, ihre Motive und lass dir von ihnen ihre Erfahrungen schildern!
4. Stell dir vor, du kannst per Skype mit Susanne Klaus während ihres Kenia-Aufenthalts kommunizieren. Schreibe ihre Erfahrungen, die sie dir berichten könnte bzgl. ihrer Arbeit dort, wie es ihr gefällt, wie ihre Hilfe bei den Leuten ankommt und geschätzt wird, etc. auf und gestalte anschließend gemeinsam mit drei Klassenkameraden ein Plakat zum Thema: "Was es heißen kann, einen Freiwilligendienst im Ausland zu machen". Beleuchtet dabei sowohl positive als auch negative Aspekte.
5. Man muss nicht immer gleich auf eigene Faust ins Ausland gehen, um armen Menschen auf anderen Kontinenten zu helfen: Susanne Klaus Arbeit wird durch viele Sachspenden von Leuten aus ihrer Heimat und Umgebung unterstützt. Diskutiere mit deinem Banknachbarn: Gibt es noch andere Sachspenden, die in armen Ländern gebraucht werden könnten und die ihr sammeln könntet?
6. Wenn ihr wollt, könnt ihr eine Klassensammelaktion starten, um entweder Sachspenden für einen freiwilligen Helfer aus nächster Umgebung zusammenzutrommeln, der sie ähnlich wie Susanne Klaus an Arme weiterverschenkt, oder bei der nächsten öffentlichen Schulfeier/Tag der offenen Tür/ Projektwoche einen Flohmarkt veranstalten, bei dem ihr von euch nicht mehr gebrauchte Sachen verkauft und den Erlös an eine Hilfsaktion spendet.