Irlbeck, Michael
Thema: Lebensretter, Nächstenhilfe, Zivilcourage
M1: PNP, 14.05.2014, Nr. 110
23 Patienten aus der Feuerhölle gerettet
von Verena Wannisch
Pfleger Daniel Ritter und Michael Irlbeck, Mainkofen:
Im Juni 2012 kommt es im Bezirksklinikum Mainkofen zur Tragödie: In einem Zimmer bricht Feuer aus, der Patient stirbt. Doch durch das beherzte Eingreifen der Pfleger Daniel Ritter (Landkreis Passau) und Michael Irlbeck (Landkreis Regen) können 23 weitere Patienten gerettet werden. Es war ruhig an jenem Morgen gegen 6.30 Uhr auf Station B 17oben des Bezirksklinikums Mainkofen. Die beiden Pfleger Daniel Ritter (26) und Michael Irlbeck (29) sind an jenem Junimorgen 2012 dabei, im Stützpunkt der Station die Übergabe von der Nacht- auf die Frühschicht durchzugehen. "Bei einem zufälligen Blick aus dem Fenster habe ich gesehen, wie aus dem Kippfenster eines Zimmers Rauch quillt", erinnert sich der Ortenburger Daniel Ritter.
Der Stützpunkt der Akutstation, die wie ein ,L‘ aufgebaut ist, liegt genau im Schnittpunkt der beiden Schenkel. Ein Blick auf die beiden Fensterfronten links und rechts des Stützpunktes sei problemlos möglich, beschreibt Irlbeck den Stationsaufbau.
In den folgenden 30 Minuten durchleben die beiden Pfleger einen wahren Alptraum. Als sie die Tür zum Zimmer am Ende des Flures öffnen, schlagen ihnen bereits hohe Flammen entgegen, das Zimmer ist voller Rauch. Ein Schock für die jungen Männer, denn im Bett befindet sich noch ein hilfloser Patient – an fünf Punkten ans Bett fixiert. Alle Patienten auf der geschützten, das heißt ,geschlossenen’ Station leiden an akuten schweren psychischen Erkrankungen. "Wir haben noch versucht, in das Zimmer hineinzugehen, um den Patienten zu retten", sagt Irlbeck, der aus Ruhmannsfelden stammt. Doch das Zimmer brennt bereits lichterloh, "uns schlug eine unglaubliche Hitze entgegen". Ein Durchkommen ist nicht mehr möglich.
In dieser Extremsituation denke man nicht über die Gefahr nach, die einem drohen könne, so Ritter. Und Michael Irlbeck ergänzt: "Ich habe intuitiv gehandelt." Die beiden sind nicht nur im Arbeitsalltag ein eingespieltes Team, sondern auch privat befreundet, sie verstehen sich blind. Während Irlbeck die Notfallnummern abtelefoniert, löst Ritter den Feueralarm aus und beginnt damit, die 23 Patienten, die auf der vollbesetzen Station untergebracht sind, zu evakuieren.
Keine leichte Aufgabe: Die meisten Patienten schlafen zu dieser frühen Morgenstunde noch. Zudem stehen manche der Patienten unter Medikamenteneinfluss und sind im Tiefschlaf. "Ich bin in jedes Zimmer rein, hab die Patienten geschüttelt, um sie wach zu bekommen und in den Eingangsbereich zu führen", erinnert sich Daniel Ritter. Dort eilt bereits Pflegepersonal aus anderen Stationen Irlbeck und Ritter zu Hilfe, um die Patienten in Sicherheit zu bringen.
Selbst als alle Patienten evakuiert sind, kämpfen sich die beiden Pfleger – da die Station mittlerweile stark verqualmt ist, zum Teil auf allen vieren krabbelnd – mehrmals zu den Zimmern durch, damit kein Patient übersehen wird. Die jungen Männer leisten ganze Arbeit, als die Feuerwehr schließlich eintrifft, sind bereits alle Patienten in Sicherheit.
Auf allen vieren durch den Qualm
Bis die beiden Lebensretter begriffen haben, was sie an jenem Morgen durchgemacht haben, vergehen viele Stunden. "Wir standen beide selbst unter Schock, haben uns nach der Evakuierung erst mal um unsere Patienten gekümmert, Medikamente verteilt – wir haben nur noch funktioniert", sagt der 29-jährige Irlbeck. Die jungen Männer erleiden eine mittelschwere Rauchvergiftung, Ritter verletzt sich am Knie – doch das bemerken sie erst Stunden später im Krankenhaus.
Stolz sind beide auf ihre Ehrung mit der Rettungsmedaille. Doch der Brand hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. "Obwohl wir alle anderen Patienten retten konnten, ist derjenige, in dessen Zimmer das Feuer ausgebrochen ist, gestorben – natürlich fragt man sich, ob wir ihn auch hätten retten können", sinniert Ritter noch zwei Jahre nach dem Unglück. Verarbeitet haben die Lebensretter jenen Junimorgen in Gesprächen miteinander. Das Erlebte hat Daniel Ritter und Michael Irlbeck noch enger zusammengeschweißt. "Jetzt wissen wir beide, wir können uns hundertprozentig aufeinander verlassen."
Die Brandursache konnte auch durch Ermittlungen der Kriminalpolizei nicht geklärt werden.
M2: Didaktische Impulse
- Entwerft eine Laudatio für die beiden Pfleger, die der Ministerpräsident bei der Verleihung der Rettungsmedaille halten könnte.
- Sammelt Begriffe / Adjektive an einer Pinnwand, die Daniel Ritter und Michael Irlbeck beschreiben und tauscht euch mit euren Mitschülern darüber aus.