Holzhacker, Laura
Thema: Eine Welt, Hilfsbereitschaft, Nächstenhilfe
M1: PNP, 30.10.2013, Nr. 251, S. 36
Vom Bayerwald nach Kamerun
Laura Holzhacker (21) aus Untergriesbach arbeitet für elf Monate als Entwicklungshelferin
Von Laura Holzhacker
Untergriesbach. Seit ihrer Jugend zieht es die Untergriesbacherin Laura Holzhacker in fremde Länder. Sie hat schon in Indien gelebt, in Frankreich studiert. Ihr bisher größtes "Abenteuer" erlebt sie zur Zeit aber in Kamerun, wo sie als Entwicklungshelferin arbeitet. Die 21-Jährige erzählt, wie sie die ersten Wochen ihres Freiwilligendienstes erlebt.
Hitze, Fußballfieber, exotische Naturräume, bunt gemusterte Stoffe, allgegenwärtige Musik, aber auch Staus, Ungeziefer oder Erkältungen. Das sind nur ein paar meiner ersten Eindrücke von Kamerun und sie zeigen, wie vielseitig dieses Land ist. Seit mittlerweile zwei Monaten lebe ich in Douala, der größten Stadt Kameruns, in der ich meinen elfmonatigen Freiwilligendienst verbringen werde.
Zuständig für Internet und Jugendliche Douala ist eine riesige Stadt im französischsprachigen Landesteil, die meinem Orientierungssinn einiges abverlangt. Angesichts der vielen Industriegesellschaften merkt man, dass es sich um das wirtschaftliche Zentrum des Landes handelt. Das Hauptverkehrsmittel ist das Taxi, das wie ein kleiner Bus auf seiner Strecke bis zu fünf Passagiere aufsammelt: drei nehmen auf den Rücksitzen Platz und zwei teilen sich den Beifahrersitz, was ein bisschen eng, aber durchaus machbar ist. Das Taxifahren hat wenig mit dem europäischen Taxibetrieb zu tun. Besonders zu den Stoßzeiten morgens und abends steckt man in Douala im Stau – ein guter Grund, eines der zahlreichen Motorradtaxis zu benutzen, die sich zwischen den wartenden Autos einfach durchschlängeln.
Im Kurs zu Themen des Umweltschutzes hilft die 21-Jährige bei der Aufklärung im Unterrichtsraum der Hilfsorganisation mit.
Wochentags arbeite ich als Freiwillige bei dem gemeinnützigen Verein "Duca", Donner une chance à l‘avenir , was heißt "der Zukunft eine Chance geben", einer kamerunischen Partnerorganisation von Brot für die Welt. "Duca" kümmert sich um bedürftige Jugendliche und vergibt Stipendien für berufliche Ausbildungen, die in Kamerun kostenpflichtig sind. Meine Aufgaben in der Organisation sind abwechslungsreich: So kümmere ich mich um die Internetseite (www.duca-cameroun.org), gebe einen Kurs zu Umweltthemen, gestalte mit Kollegen wöchentlich stattfindende Debatten zu gesellschaftlichen Themen, die wir mit den Jugendlichen führen, übersetze Dokumente aus dem Französischen oder helfe bei der Öffentlichkeitsarbeit des Vereins mit.
Im Vergleich zum Leben in Deutschland ist vieles anders in Kamerun, sei es eben der Verkehr, die Mentalität oder so simple Sachen wie Einkaufen, was auf großen offenen Märkten stattfindet, auf denen man um den Preis für Obst und Gemüse feilscht, und Kochen. Gerade das fasziniert mich. Zur kamerunischen Küche muss ich sagen, dass ich nicht mit einer solchen Vielfalt an Lebensmitteln und schmackhaften Gerichten gerechnet hatte. Typisch sind Soßen, die auf Basis von Erdnusspaste gemacht werden und denen Gemüse oder Blätter und eigentlich immer Fleisch oder Fisch angefügt werden. Dazu werden Kochbananen, verschiedene Wurzeln oder Knollen, Reis, Couscous aus Mais oder Maniok serviert. Beim gemeinsamen Kochen habe ich schon festgestellt, dass mein deutscher Umgang mit Öl, Knoblauch oder auch Peperoni sehr viel vorsichtiger ist als der kamerunische.
Wie zu Hause wurde auch in Kamerun gewählt: Parlaments- und Kommunalwahlen standen an. Die Wahlergebnisse wurden bisher noch nicht offiziell verkündet, allerdings ist es wahrscheinlich, dass die Regierungspartei RDPC als Sieger aus diesen Wahlen hervorgeht.
Übersetzt Dokumente aus dem Französischen Die RDPC ist die Partei des seit 1982 amtierenden Präsidenten Paul Biya, der zweite Präsident seit der Unabhängigkeit Kameruns in den 60er Jahren.
Letztendlich kann ich nach den ersten Wochen gut erahnen, wie vielfältig dieses Land, das oft Afrika in Miniatur genannt wird, tatsächlich ist: Auf kurzen Reisen am Wochenende habe ich den Westen Kameruns, den englischsprachigen Landesteil, erkundet und die Städte Kumba und Bamenda besichtigt. Beide sind wesentlich ruhiger als Douala, von beeindruckenden Naturräumen umgeben und weisen ein anderes Klima auf. In Bamenda, auf über 1000 Meter Höhe gelegen, ist es richtig kühl – in Afrika muss es also nicht immer heiß sein.
Douala allerdings gilt als eine der stickigsten Städte Kameruns, was besonders in der bald einsetzenden Trockenzeit anstrengend sein wird. Während es in Deutschland kälter wird, kündigt sich hier in Kamerun das Ende der Regenzeit an: die Temperaturen steigen und es regnet seltener.
Die Großstadt Douala war ursprünglich Sitz eines Fischervolkes. Durch die Entwicklung hin zum wirtschaftlichen Landes-Zentrum siedelten sich Angehörige verschiedenster Stämme an. Auch religiöse Vielfalt und friedliches Nebeneinander von Christentum und Islam ist in Kamerun erlebbar: Am 15. Oktober fand beispielsweise die "Fête du Mouton", das Fest des Schafes statt, ein Fest, für das jede muslimische Familie ein Schaf schlachtet. Im ganzen Land wurde der Festtag zum Feiertag ausgerufen und nach kamerunischer Sitte wurde auch der Montag zum offiziellem Feiertag erklärt.
M2: PNP, 27.01.2014, Nr. 32, S. 21
Feiern und Freudenfeste am großen Wasser
Untergriesbacherin Laura Holzhacker lebt und arbeitet seit August als Entwicklungshelferin in Kamerun
Untergriesbach. Seit ihrer Jugend zieht es die Untergriesbacherin Laura Holzhacker in fremde Länder. Sie hat in Indien gelebt, in Frankreich studiert. Ihr bisher größtes "Abenteuer" erlebt sie seit August aber in Kamerun, wo sie als Entwicklungshelferin arbeitet. Die 21-Jährige erzählt in regelmäßigen Abständen in der PNP, wie sie ihren Freiwilligendienst erlebt:
"Während in Deutschland nun Winter herrscht, man sich in mehrere Kleidungsschichten einwickelt, laufe ich hier weiter in T-Shirts, Röcken und Sandalen herum. Seit Mitte Dezember hat in Kamerun die Trockenzeit begonnen. Vor allem in der dicht besiedelten Großstadt Douala staut sich die Hitze.
Weihnachten ohne Kitsch und Kommerz Schon alleine wegen des für mich recht unweihnachtlichen Wetters kam bei mir so gut wie keine Weihnachtsstimmung auf. Das Fest verläuft in Kamerun insgesamt besinnlicher und ohne die bei uns übliche große öffentliche Aufmerksamkeit. Weihnachten wird vielmehr im christlichen Sinne als Geburt Jesu gefeiert. Geschenke gibt es nur für kleine Kinder und dabei auch in Maßen. Zur Dekoration werden in Kamerun zwar Christbäume aufgestellt, allerdings nur kleine Plastikbäume, die bunt geschmückt werden. Ansonsten spürt man von der Kommerzialisierung des Festes nichts. Ein Einblick in kamerunische Bräuche: Traditionelle Tänze auf einer Gedenkfeier für verstorbene Familienangehörige eines Freundes im Westen des Landes.
Ich habe die Weihnachtszeit in Bafang, einer ländlich geprägten Stadt im hügeligen Westen Kameruns, bei der Familie einer Freundin verbracht. Heiligabend war kein besonderer Abend, denn der Großteil der Kameruner feiert erst am 25. Dezember – dem übrigens einzigen Weihnachtsfeiertag. Am Feiertag also wurde die Geburt Christi mit einem reichlichen Festessen gefeiert, bei dessen Zubereitung ich mithelfen konnte. Abgesehen vom Essen lief der Tag allerdings ziemlich gewöhnlich ab, die Mutter der Familie musste – trotz des Feiertages – nachmittags sogar auf den Markt gehen, um Waren zu verkaufen.
Laura mit einer Arbeitskollegin auf einer Baustelle. Sie drehten dort eine Reportage über einen ehemaligen Auszubildendenden der Hilfsorganisation "DUCA", der dort als Maurer angestellt ist.
In letzter Zeit habe ich außerdem vielen traditionellen Festen beigewohnt, darunter einer Gedenkfeier für verstorbene Angehörige eines Freundes, der dem Volk der Bamileke im Westen angehört, dem Ngondo-Fest des Volkes der Douala, zwei Hochzeiten und einer Taufe. All dies bot mir einen faszinierenden, tiefer gehenden Einblick in die Landeskultur. Besonders bei der Gedenkfeier und beim Ngondo-Fest konnte ich die eigentliche Kultur des Landes unberührt von westlichen Einflüssen erfahren. Diese für mich so fremden Riten beeindruckten mich durch die überlieferten Tänze, die traditionelle Kleidung und die ausgelassene Freude der Kameruner. Anders als bei einer Beerdigung ist so eine Gedenkfeier ein fröhliches Ereignis, an dem ohne Trauergefühle an die Verstorbenen erinnert wird.
Das Ngondo-Fest, das am 1. Dezember in Douala stattfand, ist das wichtigste Fest des Volkes der Sawa, eines Fischervolkes, zu denen unter anderen der in Douala ansässige Stamm der Douala gehört. Den Sawa wird eine besondere Verbindung zum Element Wasser nachgesagt, so dass das Fest auch am Ufer des Wouri-Flusses stattfand. Es gibt Bootsrennen, Kämpfe, man kann in einem aus einem Baumstamm geschnitzten Kanu den Fluss erkunden und als traditioneller, mystischer Höhepunkt des Festes gilt der Gang des Stammeshäuptlings unter Wasser, um die Botschaft der Ahnen hervorzuholen. Dieses Jahr verhieß die Botschaft dem Stamm Frieden, Stabilität und viele Nachkommen.
Auch "Beerdigung" kein trauriger Anlass Für das Ngondo-Fest wurde ein eigener Stoff entworfen mit dem Festspruch "Jalatane o Mbale" (was übersetzt soviel wie "gemeinsam in der Wahrheit" heißt). Männer tragen den Stoff wie einen Wickelrock um die Taille gewickelt, Frauen lassen sich einen cabas, ein weites, fallendes Kleid daraus schneidern.
In meiner Einsatzstelle bei der kamerunischen Nicht-Regierungsorganisation DUCA, die sich im Bereich der beruflichen Ausbildung benachteiligter Jugendlicher engagiert, haben wir zwischenzeitlich den ersten Schwung Jugendliche nach ihrer erfolgreich absolvierten Grundausbildung verabschiedet. Alle 15 Jugendlichen haben Engagement, Motivation und Durchhaltevermögen bewiesen und erhalten somit ein Ausbildungsstipendium. Dies bedeutet, dass die DUCA die in Kamerun fälligen Ausbildungsgebühren übernimmt. In verschiedenen Betrieben und Zentren beginnen die Jugendlichen nun ihre berufliche Ausbildung und können so ihre Chancen erhöhen, auf dem umkämpften kamerunischen Arbeitsmarkt einen Job zu finden.
Anfang Dezember hat eine neue Gruppe Jugendlicher die Grundausbildung in der DUCA aufgenommen. Als Freiwillige in der Organisation werde ich weiter meinen Kurs zur Sensibilisierung für Umweltthemen geben, die Jugendlichen als Tutorin während ihrer Ausbildung begleiten und wöchentliche Gesellschaftsdebatten mitgestalten. Daneben habe ich mit einer Kollegin für die Öffentlichkeitsarbeit unserer Organisation Videoreportagen gedreht. Dabei haben wir Jugendliche besucht, die dank der DUCA-Stipendien ihre Ausbildung erfolgreich abschließen konnten und nun einen Arbeitsplatz gefunden haben.
Als Gast sofort in Familien integriert Generell fühle ich mich nach fast sechs Monaten Aufenthalt in Kamerun sehr wohl und bin besonders von der Gastfreundschaft der Kameruner tief beeindruckt und dankbar darüber. Diese ermöglicht es mir, nicht nur direkt und authentisch etwas über die Lebensrealitäten der Menschen zu erfahren oder bei traditionellen Ereignissen die kamerunische Kultur näher kennenzulernen, sondern trägt auch dazu bei, dass ich mich mittlerweile hier richtig heimisch fühle. Obwohl ich zunächst als Fremde angekommen bin, wurde ich mit großer Herzlichkeit empfangen, in Familien integriert und habe bereits enge Freundschaften geschlossen. Ich hatte nie das Gefühl, nicht willkommen zu sein oder mich aufzudrängen – im Gegenteil, die Menschen freuen sich über mein Interesse an der Kultur und geben ihr Bestes, mich diese erleben zu lassen."
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M3: Bilder von Laura Holzhackers Auslandsaufenthalt
Bilder PNP 2013
Bilder PNP 2014
M4: Didaktische Impulse
1. Inwieweit werden die elf Monate in Kamerum zur persönlichen Entwicklung von Laura Holzhacker beitragen?
2. Schreibe einen Motivationsbrief an Laura Holzhacker, für den Fall, dass sie irgendwann weniger Kraft für die Ausübung ihrer Tätigkeit hat!
3. Was spricht für bzw. gegen das soziale Engagement im Ausland? Welche Eigenschaften sollte eine solche Person aufweisen (z.B. Ausdauer, Kraft, Mut)?
4. Könntest du dir vorstellen, nach deiner Schulzeit oder nach dem Arbeitsleben ins Ausland zu gehen, um arme Menschen in den Entwicklungsländern zu unterstützen? Diskutiert in der Klasse!
5. Sucht in eurer Umgebung nach Menschen, die sich nach der Schule auch sozial engagieren. Interviewt sie nach ihren Motiven!