Hirschenauer, Sebastian
Thema: Glaubenszeugnis
M1: PNP, 06.07.2011, Nr. 153, S. 27
Das Versprechen ist eingelöst, die Kapelle fertig
Einweihung in Großthann zum 200. Hofjubiläum – Schon die Eltern wollten ein Kirchlein bauen
Von Carmen A. Laux und Werner Neustifter
Fürstenzell. „Vor allem denen, die den Kontakt zur Kirche verloren haben, würde ich wünschen, dass sie so etwas erleben“, sagt Sebastian Hirschenauer und meint den Bau seiner Hofkapelle. Hinter der Idee dazu steht eine Geschichte, die 1956 begann.
Nach der Geburt des dritten Sohnes wurde die Mutter von Sebastian Hirschenauer schwer krank. „Ich war damals erst drei Jahre alt, kann mich aber noch an die Wochen und Monate erinnern, als wir um sie gebangt haben“, erzählt der Erstgeborene. Als sie nach langen Krankenhausaufenthalten nach Hause kam, war nicht nur die Freude groß, sondern auch die Dankbarkeit. „Damals beschlossen meine Eltern, eine Kapelle zu bauen“, sagt der Hoferbe.
Doch in der Landwirtschaft änderten sich zu der Zeit die Strukturen: Es gab kaum noch Arbeitskräfte, die Eltern waren allein mit der Hofarbeit, brauchten Maschinen, die gekauft werden mussten. Investiert wurde auch ins Wohnhaus − immerhin sind die Hirschenauers seit 1811 in Großthann daheim. „Es fehlten einfach immer Zeit und Geld, um die Kapelle bauen zu können“, fasst Sebastian Hirschenauer zusammen.
Doch in Vergessenheit geriet das Vorhaben nie: „Über all die Jahre haben wir immer wieder Gegenstände für die Kapelle zusammengetragen und gelagert“, erzählte der Hofbesitzer den 150 Gästen der Kapelleneinweihung. Die Granitsäulen am Eingang etwa stammen aus dem in den 1960er Jahren aufgelösten Pferdestall. Und die Marienstatue im Innenraum der Kapelle stammt von einem Wegkreuz, das einst an der Holzbacher Straße stand.
Wie wichtig den Eltern die Kapelle war, zeigte sich bei der Hofübergabe 1981. Ihr ausdrücklicher Wunsch: Sohn Sebastian solle einmal realisieren, wozu sie nicht gekommen waren.
Doch dem Hoferben, der im gleichen Jahr heiratete, ging es ähnlich wie seinen Eltern in jungen Jahren: Zunächst hatten der Betrieb, den der Jungbauer mit seiner Frau Maria auf Schweinezucht umstellte und auf 80 Hektar vergrößerte, und die eigene Familie Vorrang: Nach Sohn Sebastian, heute 29 Jahre, kam Tochter Sabine (28). Nachzügler Johannes ist jetzt acht Jahre alt. „Über Jahre war wieder vieles wichtiger als die Kapelle“, so der Landwirt. Trotzdem: Vergessen hat er sein Versprechen den Eltern gegenüber nicht. Auch über ihren Tod hinaus − 1988 starb der Vater, 1999 die Mutter − fühlte er sich dem verpflichtet. Und mit jedem Jahr, in dem nichts passierte, wurde die Belastung größer. Keinesfalls wollte er einmal eingestehen müssen: „Ich hab es auch nicht geschafft, das mit der Kapelle.“
2010 war es dann soweit: Beim Landratsamt erfuhr der Kirchenpfleger von Fürstenzell, dass die Errichtung einer Kapelle im Außenbereich, wo er wohnt, eine baurechtliche Grauzone ist. „Wir sind so verblieben: Wenn die Kapelle jemanden stört, reichen wir eine Baugenehmigung nach.“ Den richtigen Platz für das Kirchlein auf Hirschenauers Grund suchte die Familie zusammen mit dem früheren Fürstenzeller Pfarrer, Maristenpater Manfred Stein, und fand ihn direkt neben dem Weg zum Hof, angrenzend an den Obstgarten. Im Sommer 2010 wurde der Bau gestartet, um rechtzeitig 2011 fertig zu sein. Denn es stand nicht nur das Jubiläum „200 Jahre Hirschenauer in Großthann“ an, sondern auch der 30. Hochzeitstag von Maria und Sebastian Hirschenauer.
Kaum war die Baugrube ausgehoben, kamen die Arbeiten wegen der Ernte sofort wieder zum Erliegen. Erst im Spätherbst ging es weiter bei teils eisigen Temperaturen. Noch im Winter wurde im eigenen Wald eine Tanne für den Dachstuhl gefällt und zum Trocknen und Abbinden gebracht. Wegen widrigen Wetters im Frühjahr und kleineren Problemen bei der Bauausführung − die Hirschenauers machten das Meiste selbst mit Hilfe von Freunden und Bekannten − war schnell klar, dass der geplante Einweihungstermin verschoben werden musste. „Eigentlich wollten wir so fertig sein, dass wir noch eine Maiandacht abhalten können. Aber das war nicht ganz zu schaffen“, so der Erbauer.
Tagsüber ist fürBesucher geöffnet. Dafür weihte Fürstenzells Pfarrer Christian Böck jetzt im Auftrag von Bischof Wilhelm Schraml die neu errichtete Kapelle ein − im Rahmen einer großen Feier in Großthann. Im Anschluss wurde in der geschmückten Maschinenhalle gefeiert, gegessen, geratscht und der flotten Musik der Gruppe „Pfalsau’nd“ zugehört.
Dass die Veranstaltung bei Sonnenschein stattfinden konnte, war fast ein kleines Wunder. Denn es hatte bis in die Morgenstunden des Festtages hinein geregnet und als um 3.30 Uhr die letzten Gäste aufbrachen, setzte der Regen auch wieder ein.
Tagsüber steht die Kapelle Besuchern offen. Wer nach seinem Gebet eine kleine Botschaft hinterlassen möchte, kann sie in dem aufliegenden Kapellenbuch notieren. Der erste Eintrag stammt von Bürgermeister Franz Lehner.