Geins, Eva
Thema: Eine Welt, Hilfsbereitschaft
M1: PNP, 13.05.2009, Nr. 109, S.35
„Indien lebt in mir weiter“
Die Aichaerin Eva Geins arbeitete elf Monate an einer Schule - Von der Offenheit der Menschen beeindruckt
Von Sabine Süß
Aicha vorm Wald. Wenn Eva Geins auf das vergangene Jahr zurückblickt, dann schweifen ihre Gedanken weit: Einen großen Teil des Jahres hat sie in Indien verbracht - die 20-Jährige hat dort ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert. Profitiert haben davon nicht nur die Kinder, die sie unterrichtet hat, sondern auch sie selber: „Es war eine großartige Erfahrung“, schwärmt sie.
Nach dem Abitur am Gymnasium Freudenhain stand für Eva Geins fest: „Ich wollte nicht sofort studieren, sondern erst einmal etwas Soziales machen.“ Ein Jahr im Ausland sollte es sein - und über den Salvatorianer-Orden stieß sie auf ein Angebot in Indien: An der Grundschule im Dorf Gajapathinagaram im Bundesstaat Andhra Pradeshwo unterstützte sie die Novizinnen an der dortigen Grundschule, anschließend arbeitete sie drei Monate an einer Behindertenschule in Kerala.
Wäsche waschen mal ganz ohne Maschine
Untergebracht war Eva in dem kleinen Dorf bei den Salvatorianerinnen, die dort vor sechs Jahren eine Grundschule aufgebaut haben. Die 20-Jährige unterstützte die Novizinnen bei ihrer täglichen Arbeit: „Ich habe in der Kindergartenstufe mitgeholfen, wo die Lehrerinnen zum Teil sehr viele Kinder zu betreuen haben“, erzählt Eva Geins. Singen, malen und Hausaufgaben korrigieren gehörte zu den Aufgaben der Aichaerin, die diese Erfahrungen aktuell bestens nutzen kann: Sie studiert Sonderpädagogik an der Uni Würzburg. „Ich habe schon nach dem Abi gewusst, dass ich Lehrerin werden will, aber die Zeit in Indien hat mich in meinem Wunsch bestärkt“, sagt sie.
Auch ältere Schüler unterrichtete sie - in Musik und Kunst. Nebenbei unterstützte sie die Schulverwaltung und erledigte viel Arbeit am Computer.
Viel Zeit für sich selbst hatte sie während ihres Aufenthalts in dem kleinen Dorf Gajapathinagaram nicht: Morgens frühstückte sie gemeinsam mit den Schwestern, um 9 Uhr war dann Schulbeginn. „Die Schule startet mit einem assembly, wie man es aus englischen Filmen kennt“, erzählt Eva: Alle Schüler versammeln sich auf dem Schulhof zum gemeinsamen Begrüßungsritual. Bis 12 Uhr war Unterricht, nach dem Mittagessen ging es bis 16 Uhr weiter. „Und danach hatte ich Freizeit“, sagt sie. Doch wie soll man die nutzen, in einem kleinen Dorf, 70 Kilometer von der nächsten Stadt entfernt? „Da hab ich dann eben erledigt, was so angefallen ist. Zum Beispiel meine Wäsche gewaschen - mit der Hand!“ Oder sie half den Schwestern in der Küche, ehe es Zeit zum gemeinsamen Abendessen war. Untergebracht war Eva auf dem Gelände des Salvatorianer-Ordens, in einem Zimmer über der Garage für die Schulbusse.
Nicht immer lief alles ganz reibungslos: „Zwischendurch musste ich einmal nach Sri Lanka ausreisen, weil es Probleme mit meinem Visum gab“, erzählt Eva. Doch alles ließ sich irgendwie regeln: „Die Menschen dort sind die freundlichsten und hilfsbereitesten Menschen, die mir je begegnet sind“, schwärmt sie. „Als ich so gesehen habe, wie die wildfremden Menschen einfach geholfen haben, habe ich mir gewünscht, das auch einmal so in Deutschland zu erleben. Ich habe mir vorgenommen, in Deutschland ebenso offen mit Ausländern umzugehen“, sagt sie.
Hilfsbereitschaft und ärmliche Verhältnisse
Diese Offenheit der Menschen hat Eva Geins am meisten beeindruckt. Immerhin haben es die Menschen in Gajapathinagaram, dem kleinen Dorf, nicht leicht: „Sie leben in sehr ärmlichen Verhältnissen. Das Dorf erfüllt wirklich alle Klischees: Alles ist sehr ländlich und traditionell geprägt.“
Die Verständigung war nicht ganz ohne: Denn in Indien wird in jedem Bundesstaat eine eigene Sprache gesprochen, in Evas Fall war es Tilugu. „Es war schon ein Vorteil, dass ich diese Sprache in der Vorbereitungszeit ein wenig gelernt habe“, meint Eva rückblickend. Zwar sprechen fast alle Inder englisch und in der Schule war ohnehin Englisch die Unterrichtssprache, so dass sie sich mit den älteren Kindern gut verständigen konnte. „Aber mit den Kindergartenkindern habe ich die Sprache quasi mitgelernt“, sagt sie. Eine Schwester gab ihr zudem Unterricht, so dass sie sich zuletzt im Kindergarten ganz gut in der Landessprache verständigen konnte. „Und es ist auch ein Vorteil, wenn ich mal in die Stadt gefahren bin und mich mit dem Taxifahrer ein wenig in seiner Landessprache unterhalten konnte. Das ist besser, als wenn man nur als Ausländer auftritt, der nicht mal ein bisschen was von der Sprache kann.“
Gefördert wurde Evas Einsatz durch das Programm „weltwärts“. Dazu gehört ein Taschengeld für die Helfer im Alter von 18 bis 27 Jahren, ebenso wie Vor- und Nachbereitung und ein Zwischenseminar. Für Eva war es eine wertvolle Erfahrung. „Diese Erfahrungen geben mir viel Halt“, sagt sie. Und sie hält auch immer noch Kontakt zu den Menschen in Indien. „Das ist nichts, was nach einem Jahr abgeschlossen ist. Indien lebt in mir weiter“, sagt sie und schmiedet auch schon wieder Pläne: Sie will auf jeden Fall noch einmal nach Indien fahren und ihre lieben neuen Bekannten besuchen.