Geiger, Nicole und Sabrina
Thema: Nächstenhilfe, Lebensretter
M1: PNP, 21.12.2009, Nr. 296, S.12
Mutige Schwestern retten Mann vor Kältetod
Er hatte bei minus 14 Grad im Freien übernachtet - Nicole (9) und Sabrina (13) Geiger sorgten sich um ihn.
Von Isabel Metzger
Zwiesel. Nicole (9) und Sabrina (13) Geiger sind kleine Heldinnen. Weil sie aufmerksam und mutig waren, haben sie einem hilflosen Mann das Leben gerettet. Die beiden Schwestern aus Zwiesel fanden den 59-Jährigen unter einem Fußgängersteg am Ufer des Regens - völlig unterkühlt und in lebensbedrohlichem Zustand. Er hatte bei minus 14 Grad im Freien übernachtet.
Der Mann aus dem Zwieseler Ortsteil Innenried war seit Freitagabend vermisst worden. Sein Neffe hatte Alarm geschlagen, nachdem der Onkel gegen 14 Uhr das Haus verlassen hatte und nicht mehr heimgekommen war. Der 59-Jährige war ansonsten zuverlässig, sein Verschwinden nannte der Neffe, der mit ihm in einem einsamen Anwesen im Wald lebt, gegenüber der Polizei „höchst ungewöhnlich“.
„Wir hatten Angst vor ihm“
Eine Suchmannschaft der Zwieseler Polizei, der Feuerwehr und der Bergwacht durchkämmte angrenzende Waldstücke. Schleierfahnder, Beamte der Bundespolizei und Polizisten aus der benachbarten Regener Inspektion suchten im Stadtgebiet von Zwiesel unter anderem sämtliche Lokale ab. Auch ein Polizeihubschrauber wurde angefordert. Bis 2 Uhr in der Früh durchforsteten die Einsatzkräfte bei klirrender Kälte die Region - ohne Erfolg. Dann brachen sie die Suche ab.
Nicole und Sabrina hatten in der Zwischenzeit den Vermissten gesehen, ahnten jedoch nicht, dass nach ihm fieberhaft gesucht wurde. Die Schwestern waren am Abend Schlitten fahren. Dabei fiel ihnen unter der Brücke ein Mann auf, der „so komische Geräusche gemacht hat“, erzählt Nicole. „Es hörte sich an wie ein Bär“, ergänzt Sabrina. Den Schwestern war der Mann nicht geheuer, „wir haben uns erschrocken und hatten Angst vor ihm“, erinnert sich die Neunjährige. Daheim erzählten sie ihrer Mutter von der Begegnung. „Der Mann kann vielleicht nur schlecht reden“, versuchte sie ihre Töchter zu beruhigen.
Denen ließ das Ganze aber keine Ruhe. „Ich hab am nächsten Morgen zur Sabrina gesagt: ,Hoffentlich ist dem Mann nichts passiert!‘“, erzählt Nicole. Die Mädchen fassten sich ein Herz, nahmen ihren Mischlingshund „Bobby“ als „Beschützer“ mit und gingen zurück zur Brücke, die nicht weit entfernt von ihrem Elternhaus ist. Und ihr ungutes Gefühl sollte den Kindern Recht geben: Der Mann lag unter dem Fußgängersteg und bewegte sich nicht. Nicole: „Wir sind sofort heimgerannt zur Mama, wir dachten, er ist erfroren.“
„Den Kindern verdankt er sein Leben“
Die Mutter schnappte ihr Handy, eilte zur Brücke und sprach den Hilflosen an. Er lebte noch. Die Frau alarmierte den Rettungsdienst, der den völlig Unterkühlten ins Zwieseler Krankenhaus brachte. Ihm gehe es inzwischen gut, sagte Polizeihauptkommissar Josef Stadler gestern und betonte: „Dem Mut und der Sorge der Kinder verdankt der Mann wohl sein Leben.“ Warum der 59-Jährige am Freitag nicht mehr heimgekehrt ist, konnte Stadler nicht sagen. Nicole, Sabrina und ihr Papa Christian Geiger haben ihn gestern Nachmittag im Krankenhaus besucht. Natürlich ist der Vater stolz auf seine mutigen Töchter. Ihr Engagement hält Christian Geiger jedoch nicht für außergewöhnlich: „Es ist doch selbstverständlich, dass man jemandem hilft, wenn dieser Hilfe braucht.“