Fischböck, Karl-Heinz
Thema: Glaubenszeugnis
M1: PNP, 15.09.2014, Nr. 212, S. 31
"Gottesdienst ist wie Jogging"
Karl-Heinz Fischböck geht sonntagfrüh regelmäßig in "seine" Enzersdorfer Kirche und tankt dort Kraft für die Woche
von Friederike Gabriel
Enzersdorf. "Das ist mein Platz." Fürs Pressefoto setzt sich Karl-Heinz Fischböck rechts in die sechste Reihe der neuen, hellen Holzbänke im frisch renovierten Kirchlein in Enzersdorf. Hierher kommt der 44-jährige Witzmannsberger, um Kraft zu tanken. Nach Möglichkeit jeden Sonntag. Denn die Regelmäßigkeit, davon ist er überzeugt, macht es aus.
"Im Gottesdienst hatte ich die besten Ideen", erzählt Fischböck strahlend. Sei es die, sein Haus in Holzständerbauweise zu bauen und eine Hackschnitzelheizung zu installieren – beides sorgte seinerzeit genauso für Unverständnis wie die Entscheidung, aus dem Zimmererberuf in den öffentlichen Dienst zu wechseln – heute ist Karl-Heinz Fischböck Betriebsleiter in der Kläranlage Witzmannsberg. "Bei all diesen Entscheidungen hatte ich ein gutes Gefühl." Auch für zwischenmenschliche Konflikte findet er während des Gottesdiensts Lösungen. "Die immer gleiche Lithurgie wirkt meditativ, die Gedanken können schweifen – eigentlich sollte man sie aufschreiben."
Eine Stunde kein Telefon, kein Radio, kein Fernsehen. Die Konzentration auf den Gottesdienst verschafft Karl-Heinz Fischböck die innere Ruhe und Energie für die kommende Woche. Zwar ist nicht jeder Sonntag gleich. Fischböck vergleicht es mit der körperlichen Fitness. "Da gibt es auch ein Auf und Ab." Gottesdienstbesuch sei wie Joggen, sagt er: Man muss es trainieren. "Als ich mit 30 zum ersten Mal fürs Fußballtraining gelaufen bin, dachte ich: Das schaffst du nicht. Aber ich hab weitergemacht. Und irgendwann hat es gut getan.
Kraft tanken geht nicht ohne Kraftaufwand, ist Fischböck überzeugt: "Auf der Couch ein Fußballspiel anschauen ist wunderbar erholsam. Aber Kraft gibt es mir nicht." Wo liegt der Energieaufwand beim Gottesdienstbesuch? "In Enzersdorf beginnt die Sonntagsmesse um halb neun", sagt Karl-Heinz Fischböck und grinst: "Da gehört schon was dazu!" Sogar in seiner Jugend, nach durchgemachten Samstagnächten, habe er – "meistens" – den Kirchgang am Morgen danach geschafft: "Ich hab mir gesagt, wenn der Beckenbauer um sieben Uhr käme, tät’ ich auch aufstehen."
Ministrant bis 27, Landjugendleiter, Pfarrgemeinderat, seit drei Jahren Mitglied der Kirchenverwaltung der Pfarrei Tittling: Die Kirche ist ein Teil von Fischböcks Leben. Vor allem die kleine Kirche in Enzersdorf, vor 60 Jahren erbaut, um den Witzmannsbergern die weiten Wege zum Gottesdienst zu ersparen, hat es ihm angetan. Als sie allzu renovierungsbedürftig wurde, nahm sich Fischböck der Sache an: Unter seiner Federführung wurde der marode PVC-Boden durch Jura-Kalkstein ersetzt, die knarzenden dunklen Bänke gegen neue aus hellem Holz ausgetauscht, das große Putzgemälde im Altarraum und der Anstrich innen und außen aufgefrischt, eine neue Heizung eingebaut.
"Wenn sie Enzersdorf zusperren, gehe ich nicht mehr in die Kirche – so dachte ich damals", erinnert sich Karl-Heinz Fischböck. Heute ist die Endzeitstimmung der Vernunft gewichen: "Irgendwann wird die Pfarrei Tittling Teil eines Pfarrverbands. Dann sind die Gottesdienste in Enzersdorf wohl einfach nicht mehr leistbar." Im Moment hält der Tittlinger Pfarrer Rudolf Kallmaier die Frühmessen in der Filialkirche – und dann um 10 Uhr die Gottesdienste in der Tittling Pfarrkirche.
Auch dort besucht Karl-Heinz Fischböck immer mal wieder die Messe – ein Kompromiss seinen beiden Töchtern, sieben und zehn Jahre alt, zuliebe, bei denen das Beckenbauer-Argument für die 8.30 Uhr-Messe nicht so recht zieht. Aber: "Die Ältere ministriert jetzt", freut sich Vater Fischböck, "und seither geht sie viel lieber in die Kirche."
Der Gottesdienst-Fan hat auch schon versucht, seine Freunde von dem Kraft spendenden Kirchgang zu überzeugen, wenn der eine oder andere mal wieder über Stress klagte – vergeblich. "Man ist schon Exot." Aber er lässt sich nicht abbringen: "Hinpredigen kann man die Leute nicht. Man muss mit gutem Beispiel vorangehen."
Gefragt nach Situationen, in denen er den Kirchgang besonders brauchte, schüttelt der 44-Jährige zuerst den Kopf: "Gott sei Dank stand es bei mir noch nie so an." Dann fällt ihm 2008 ein, das Jahr, in der er für die ÜW als Nachfolger von Bürgermeister Walter Dichtl antrat und, entgegen seinen Erwartungen, deutlich verlor. "Das waren intensive Gottesdienste", erinnert er sich, in denen ihm "vieles klar geworden" sei. Das Entscheidende: "Aggressive Gedanken wie ,Ich werf’ euch alles hin‘ gab es dabei nicht."
M2: Bilder
M3: Didaktische Impulse
1. "Gottesdienst ist wie Jogging." Überlege, was Gottesdienst für dich bedeutet!
2. Unterhaltet euch in der Gruppe, an welchen Orten ihr Kraft tanken könnt!