Dillinger, Dr. Johann
Thema: Eine Welt, Freiwilligendienst
M1: PNP, 29.07.2017
Lebensaufgabe Augenlicht
Seit 20 Jahren hilft Augenarzt Johann Dillinger sehbehinderten Menschen in Afrika - In der Rente will er das noch verstärken
von Florence Ertel
Traunstein/Passau. Wenn Johann Dillinger von seinem Hobby spricht, dann redet der Traunsteiner Augenarzt nicht vom Golfspielen oder Bergwandern. Der 71 Jahre alte, gebürtige Passauer reist mehrmals im Jahr nach Afrika, um sehbehinderten - meist blinden - und augenkranken Menschen zu helfen. Vor 20 Jahren operierte er das erste Mal in Uganda, unentgeltlich und in seinen Praxisurlauben, Patienten mit Grauem Star und holte ihnen mit neuen Linsen das Augenlicht zurück. Weder war die Krankenstation für solche Eingriffe ausgestattet, noch war das Personal geschult. "Ich habe alles mitgenommen, was man für die Operation braucht. Freitag Landung, Samstag auspacken, Patienten untersuchen, Montag waren schon die ersten zehn Operationen gemacht", erzählt er.
Mit 71 noch lange kein Rentner
Zu seinem 65. Geburtstag hat Johann Dillinger einen Teil seiner Praxis seinem Sohn Tobias übergeben, der seitdem die Operationen durchführt. Der Vater hält noch Sprechstunden. Seit zwei Jahren suchen sie vergeblich einen Nachfolger, "damit ich öfter nach Afrika fahren kann", so Johann Dillinger. Er ist sich sicher: "Dort kann ich noch viel tun." Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation sind in Entwicklungsländern 153 Millionen Menschen sehbehindert. Ihnen bleibt der Zugang zum Arbeitsmarkt und zur Bildung verwehrt. Viele Menschen sehen nichts oder nur schlecht, weil sie nicht korrigierte Sehfehler haben, die jedoch mit einer angepassten Brille leicht behoben werden können.
In seiner Freizeit hat Johann Dillinger bis heute über 30 Hilfseinsätze geleistet, Augenkliniken in Toroto, Uganda, und in Kibosho, Tansania, mit aufgebaut sowie afrikanische Kollegen ausgebildet. Jeder zweite Blinde in Entwicklungsländern leidet am Grauen Star, der durch eine 15-minütige Augenoperation geheilt werden kann. "Wir haben viele freudige Erlebnisse gehabt, als wir Patienten nach der Operation die Augenbinde abgenommen haben und zum Beispiel Mütter nach jahrelanger Blindheit das erste Mal ihre Kinder gesehen haben", sagt Dillinger. Zu seinem besonderen Hobby fand er, als der Onkel einer seiner Arzthelferinnen als Prior ein Kloster in Toroto, Uganda, übernahm. So entstand der Kontakt zu dem bayerischen Optiker Wolfgang Gindorfer, der auf dem Klostergelände mit der Christoffel-Blindenmission eine Optikwerkstatt und eine Augenklinik aufbaute und seit 25 Jahren mit dem "Licht für die Welt"-Programm Menschen mit Sehfehlern hilft. Jedoch stellte der Optiker fest, dass er den Leuten, die an Grauem Star litten, mit einer Brille nicht helfen konnte, und holte sich operierende Augenärzte nach Toroto.
Die Hilfsorganisation "Licht für die Welt" ist mit 181 Projekten in Afrika, Asien, Lateinamerika und Ozeanien aktiv und leistet Hilfe zur Selbsthilfe, indem augenärztliche und optische Fachkräfte ausgebildet werden. "Die soziale Dimension dieser Unterstützung ist enorm, bedeutet diese Hilfe doch nicht nur eine Verbesserung der Lebensqualität, sondern auch eine volle Teilhabe an der Gesellschaft", so der Verein. Im Jahr 2016 führte die Hilfsorganisation mehr als 106 000 Augenoperationen durch und ermöglichte mehr als 9100 Kindern mit Behinderung eine schulische Ausbildung: "Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft, die allen offen steht und niemanden zurücklässt."
Bundesverdienstkreuz für sein Engagement
Bei Augen-Operationen sollte es für Johann Dillinger nicht bleiben. Die gute Zusammenarbeit mit Wolfgang Gindorfer habe ihn motiviert, weitere Projekte in Angriff zu nehmen. Er ist in zahlreichen Hilfsorganisationen aktiv, unter anderem ehrenamtlich im Vorstand von "Licht für die Welt" tätig, der die Optischen Werke Passau seit fünf Jahren Brillenfassungen für Tausende Menschen in Entwicklungsländern spenden. Mit dem "Aktionskreis Ostafrika" unterstützt Dillinger ähnliche Projekte in Tansania, aber auch beispielsweise den Bau von Brunnen oder Mittagsküche in Kindergärten. Im Komitee zur Verhütung von Blindheit arbeitet er mit vielen Augenärzten zusammen, die ähnliche Projekte in Entwicklungsländern unterstützen. Für seinen Einsatz in Afrika erhielt er 2003 das Bundesverdienstkreuz.