Blumenstingl, Barbara
Thema: Eine Welt, Entwicklungszusammenarbeit
M1: PNP, 28.12.2018, Nr. 299, S. 21
"Die Möglichkeiten fehlen"
Die Passauer Musikschulleiterin Barbara Blumenstingl unterstützt in ihrer Freizeit den Aufbau einer Musikschule in Uganda
von Daniela Pledl
"Wie es mit Afrika weitergeht, entscheidet über die Entwicklung der ganzen Welt", ist sich Barbara Blumenstingl, Passauer Flötistin und Leiterin der Städtischen Musikschule, sicher. Eigentlich ist sie, wie sie betont, kein besonders großer Fan von Fernreisen. Unlängst hat sie sich in ihrem Urlaub trotzdem aufgemacht, vom kalten Deutschland in das über 25 Grad warme, tausende Kilometer entfernte Uganda. Ihre Flöte mit im Gepäck.
In Masaka, unweit vom Victoriasee, unterrichtete sie knapp eine Woche lang – zusammen mit Kollegen der Regensburger Musikschule – Kinder an der Querflöte.
Musik fördert das Selbstbewusstsein Im Freien. Zu der dortigen internationalen Musik- und Sprachschule gehört aktuell nämlich nur ein Einzimmer-Gebäude. Und das beherbergt die Verwaltung. Ein Zelt gibt es noch und neugebaute Toiletten – allerdings ohne fließendes Wasser. Mehrere hundert Schüler besuchen laut Blumenstingl die Einrichtung, die eng mit der allgemein bildenden Schule zusammen arbeitet. Nicht alle Eltern können sich für ihren Nachwuchs eine solche Förderung leisten. Auch viele Aids-Erkrankte und Waisen sind unter den Kindern.
Der "Förderverein für Musik und Kultur Uganda" setzt sich daher für den Erhalt der Schule ein, die offiziell den Namen "International School of Music Languages and Studio Production" (IMLS) trägt. Langfristig soll ein Neubau erfolgen. Joseph Wasswa gilt als Initiator des Projekts. Der Regensburger Kirchenmusiker und Kulturwissenschaftler stammt aus Uganda.
Die Passauer Flötistin Barbara Blumenstingl wurde vom Leiter der Regensburger Musikschule, Wolfgang Graef, auf das Projekt aufmerksam gemacht. "Ich hatte einfach das Bedürfnis, zu helfen", sagt sie. "Die Kinder sind so aufgeschlossen, wissbegierig, so lernbegeistert. Das hat mich beeindruckt!" Sogar in den wohlverdienten Pausen werde ununterbrochen weitergeübt.
Die Idee hinter dem Projekt: Musik berührt alle Menschen, egal welcher Herkunft. Sie schlägt Brücken. "Und sie stärkt das Selbstbewusstsein der Kinder", sagt Blumenstingl. "Doch die Möglichkeiten fehlen."
Unterricht im Freien mit wenig Ausstattung. Als die Musiklehrerin beim Unterricht im Freien zur Ablage der Flötenkästen etwa einen Tisch brauchte, war nur ein dreibeiniger verfügbar. Ein Baumstumpf musste die vierte Ecke stützen. Bei Regen muss der Unterricht unterbrochen werden. "Einfach warten, bis es aufhört. Von den Menschen in Uganda können wir Gottvertrauen und Gelassenheit lernen", sagt Blumenstingl. Das deutsche Reiseteam, zu dem Blumenstingl zählte, unterrichtete nicht nur, es brachte auch neue Instrumente mit und schulte die heimischen Musiklehrer in "Instrumentaltechnik". Noch immer sei der Kontakt mit den Lehrern, per WhatsApp, rege. Am Ende des Aufenthalts veranstalteten die Schüler für ihre europäischen Gäste ein Abschlusskonzert, auch einheimische Tanz- und Percussionseinlagen präsentierten sie – ganz zur Freude der Reisetruppe, wie Blumenstingl berichtet.
Die Leiterin der Passauer Musikschule hat letztlich sogar eine Patenschaft übernommen, für einen ernsten Jungen, wie sie sagt, der besonders aufmerksam im Unterricht war, sich um jüngere Mitschüler kümmerte, und an der Querflöte bereits "eine Haltung wie ein Profi" vorwies: Kasegera Wyclif, 13 Jahre alt und Waise.
Neben Patenschaften gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Kinder vor Ort zu unterstützen, etwa durch einmalige Spenden für den Bau der neuen Musikschule und den Erwerb von Instrumenten. Auch können Benefizkonzerte oder Spendenläufe zugunsten des Projekts organisiert werden. Wer selbst vor Ort tätig werden möchte, kann sich zum Freiwilligendienst melden.
M2: PNP, 11.08.2020, Nr. 184
Wenn in Uganda die Bayernhymne erklingt
Barbara Blumenstingl, Leiterin der Städtischen Musikschule, unterrichtete Flöte und Querflöte im afrikanischen Busch
von Elke Fischer
Einfach so zum Urlaub nach Uganda fliegen? Das käme für Barbara Blumenstingl, Leiterin der Städtischen Musikschule, nicht in Frage. Aber als es darum ging, dort etwas Hilfreiches, Sinnvolles beizutragen, zögerte sie keine Sekunde. "Da war ich sofort dabei", erzählt die heute 54-Jährige und erinnert sich nur allzugerne zurück an die Woche in den Allerheiligenferien 2018 und 2019.
Zweimal war die Passauerin gemeinsam mit der Regensburger Sing- und Musikschule in Masaka unweit des Victoriasees, um dort Flöte zu unterrichten. Der Regensburger Schulleiter Wolfgang Graef, den sie vom Landesausschuss Jugend musiziert kennt, hatte bei ihr angefragt, weil er eine Flötistin brauchte, berichtet Barbara Blumenstingl, wie der Kontakt zustande kam.
Kein fließendes Wasser, Tisch mit nur drei Beinen. Wichtig dabei der Grundtenor: "Wir sind nicht als musikalische Kolonisatoren runtergeflogen, sondern als Musiker, die etwas aufbauen wollen", betont sie.
Weil die Begeisterung der Kinder und Jugendlichen so groß war, hat sie dann von früh bis spät Block- und Querflöte unterrichtet. Wenngleich: So einfach war das nicht, wie man sich das vielleicht vorstellen könnte. So musste sich die Passauerin erst einmal daran gewöhnen, dass die Musikschule kein fließendes Wasser hat. Und als sie um einen Tisch bat, um die Flöten darauf abzulegen, hatte dieser nur drei Beine. "Bei uns unvorstellbar", schüttelt sie den Kopf.
Apropos Instrumente: Es gab im Vorfeld eine Großspende, so dass in Containern sogar einige Klaviere in das afrikanische Land geliefert wurden. Auch Geigen waren darunter. Schwierig allerdings gestaltet es sich, sie in ihrer Funktion zu erhalten, hat sie festgestellt. Denn die klimatischen Bedingungen im afrikanischen Busch bekommen den zartbesaiteten Instrumenten nicht. "Sie gingen aus dem Leim", erzählt sie. Auch die Querflöten mögen die Feuchtigkeit nicht. So ist es nicht verwunderlich, dass Barbara Blumenstingl bei ihrem ersten Besuch elf Flöten im Einsatz hatte, ein Jahr später waren es nur mehr knapp die Hälfte, weil fünf beim Reparieren waren.
Nichtdestotrotz: Die Kinder wechselten sich halt beim Unterricht ab. Bis zu zwölf Schüler haben gelernt, dem schönen Instrument der Querflöte wohlklingende Töne zu entlocken. Und bei den Blockflötenkindern kamen an die 30 in den Genuss eines fundierten Unterrichts.
Gewöhnungsbedürftig freilich war es schon, dass man zur Übungsstunde keinen abgeschlossenen Raum hat, in dem man in Ruhe proben kann. Wenn 20 Meter neben dir die Schlagzeuger toben und die Trompeten tröten, ist das alles andere als einfach. Aber das hat den Feuereifer und die Freude am Musizieren nicht bremsen können. Denn alle hatten nur ein Ziel vor Augen: Das große Abschlusskonzert mit 120 Musikern. "Zu dem Ereignis sind sogar der Bürgermeister und der katholische Bischof gekommen", bemerkt Blumenstingl.
Kanons haben die Musiklehrer mit den Kindern eingeübt und neben einheimischen Liedern durfte natürlich eine Hommage an die Freunde aus Deutschland nicht fehlen. Da hatten alle großen Spaß dabei. "So ist die Bayernhymne sehr gut angekommen", erzählt Barbara Blumenstingl, ebenso die Ode an die Freude. Und eine Überraschung hatten die Buben für ihre Lehrerin auch parat: Sie haben in Buchstaben die Noten der Deutschlandhymne aufgeschrieben und geübt. "Ich hab sie auch gleich erkannt", erzählt sie lächelnd.
Was den Musikunterricht angeht, ist Uganda ein weißer Fleck auf der Landkarte. Musiklehrer gibt es einige wenige, allerdings nur in Kampala, aber die kann sich keiner leisten. Außerdem ist die Hauptstadt mit 140 Kilometern zu weit entfernt.
Deshalb hat das Team aus Deutschland den afrikanischen Lehrern, die sich ihr Musikerwissen selbst angeeignet haben, Technik vermittelt. "Eigentlich sollten sie ja in den Pfingstferien heuer für vier Wochen zu uns nach Deutschland kommen", berichtet Blumenstingl. Aber dann kam Corona.
Wann der nächste Besuch in dem afrikanischen Land für die deutschen Musiker wieder möglich sein wird, steht noch in den Sternen. Die Leiterin der Städtischen Musikschule mag sich gar nicht ausmalen, wie die Instrumente bis dahin aussehen werden. Denn wer soll sie in der Zwischenzeit reparieren? "Wir hatten deshalb extra Geigen- und Klavierbauer mit dabei", sagt sie.
Wenn sie an Uganda denkt, kommt Wehmut auf. Groß ist der Schatz an Erfahrungen, die sie mit nach Hause nehmen durfte. Und nur allzu gerne wäre sie ein weiteres Mal bei "ihren" Kindern. "Mir war besonders wichtig, dass wir etwas Sinnvolles für die Kinder und damit für die Zukunft dieses so wunderschönen, aber auch so armen Landes (zumindest arm an Besitz und Geld) tun konnten. Viele Kinder sind Aidswaisen und bekamen hier eine Chance, ihr Selbstwertgefühl zurückzugewinnen."
Schulhaus sollte heuer fertig werden, dann kam Corona. Schwer beeindruckt hat sie die unglaublich positive und vertrauensvolle Lebenseinstellung der Menschen dort, fernab jeden sorgenvollen Versicherungs- und Absicherungsdenkens. Die Erkenntnis dieser Reisen war auch: Jeder kann vom anderen etwas lernen. Begeistert war die Musikerin natürlich von dem Körper- und Rhythmusgefühl der Afrikaner. "Das macht ihnen so leicht niemand nach", schwärmt Blumenstingl. Überhaupt: "Die Spielfreude und die Lernbegier der Kinder, ihr Eifer, alles richtig zu machen. Einfach unglaublich!"
Bei allen Schwierigkeiten ist sie positiv gestimmt, dass in dem armen Land etwas vorangeht. "Denn mit Hilfe von Spenden haben wir es geschafft, dass aus dem einen Raum zum Musikunterricht mittlerweile ein Schulhaus entstehen kann. Eigentlich sollte es heuer fertig werden, aber jetzt kam Corona dazwischen", seufzt sie.
"Die Menschen dort sind von der Pandemie sehr gebeutelt. Da wirst du verprügelt, wenn du nach 18 Uhr noch auf der Straße unterwegs bist", weiß sie, die regelmäßig Kontakt zu Norah Nakato hält. Mit der Lehrerin tauscht sie sich regelmäßig via Whatsapp aus. Norah hat jetzt in Corona-Zeiten eine Minischweinezucht eröffnet, um sich über Wasser zu halten. Außerdem verkauft sie Tomatenpflanzen und baut ein Appartementhaus aus selbstgebrannten Ziegeln, das sie eines Tages vermieten möchte, wenn wieder die Normalität einzieht in dem Landstrich nahe des berühmten Victoriasees.
M3: Bilder von Barbara Blumenstingl
M4: Didaktische Impulse
1. Barbara Blumenstingl hat eine Patenschaft für Kasegera, einen Jungen aus Uganda, übernommen. Überlege dir, inwiefern durch die Patenschaftsübernahme dem Jungen geholfen werden kann. Mache dir dazu einige Notizen. Überlege dir anschließend Motive, die gewinnbringend für den Paten sein könnten und notiere die auch kurz. Vergleiche anschließend mit deinem Banknachbarn die erarbeiteten Ergebnisse.
2. Verfasse einen Brief an eines der Kinder aus Uganda. Berichte in dem Brief über dein Leben, zum Beispiel, ob du ein Instrument spielst und stelle auch Fragen an das Kind über sein Leben in Uganda und den Musikunterricht dort.
3. Barbara Blumenstingl schreibt im Rahmen der Bitte um Freigabe des Beitrags und der Bilder für die Local-heroes-Homepage an den Verantwortlichen, dass sie sich „für die Überschrift ‚… im afrikanischen Busch‘ geniert“; diese wurde redaktionell hinzugefügt.
Der Kolonialismus des 19. und 20. Jahrhunderts stellt eine historische Bürde für Hilfsprojekte für die Eine Welt dar. Unser Bild von Entwicklungsländern ist nicht immer frei von Stereotypen und Vorurteilen, die von einem Überlegenheitsdenken geprägt sein können.
Untersucht den Text daraufhin, wo Wertschätzung für die Menschen in Masaka / Uganda zum Ausdruck kommt, aber auch, wo evtl. eine typische westlich-eurozentrische Sicht deutlich wird! Formuliert einen korrekten Untertitel!