Beckers, Marie-Christin
Thema: Eigeninitiative, Schöpfung, Nachhaltigkeit
M1: "Schule und Kirche", Die Fachzeitschrift der Hauptabteilung Schule und Erziehung, September 2020, Nr. 191, S. 18-19
Umweltschutz als Postulat von Theologie und Naturwissenschaft
Warum ich mich für die Bewahrung der Schöpfung engagiere
von Marie-Christin Beckers
Vom Studium inspiriert. Oder: #UniteBehindTheScience
Meine Studienfächer – Katholische Religionslehre und Geographie – haben mir aufgezeigt, dass es wissenschaftlich gesehen keine Alternative zum
Einsatz zugunsten des Umweltschutzes gibt. Aus naturwissenschaftlicher Perspektive liegen die Fakten auf der Hand. Die Forscherinnen und Forscher wissen mit erschreckend hoher Wahrscheinlichkeit,
wie katastrophal es um die Zukunft auf diesem Planeten steht. Das verrät uns schon ein Blick in einen der IPCC-Berichte. Die christliche Sozialethik knüpft an diese Faktenlage an und leitet daraus umweltethische Forderungen ab, die vor allem durch christliche Normen begründet werden. Ausgehend vom Personalitäts- und Gemeinwohlprinzip sowie dem obersten Bewertungsgrundsatz der Gerechtigkeit fordert sie die Implementierung von Nachhaltigkeit als christliches Sozialprinzip und grundlegendes Leitmotiv unserer Zeit. Dieses Leitmotiv, das für Gesellschaft und Politik sowie gleichermaßen für Pastoral und Religionspädagogik gilt, braucht unser Engagement. Andernfalls bleiben intergenerationale Gerechtigkeit und eine Schöpfungsbewahrung de facto Utopie. Diese
grundlegende Zielsetzung, die von den Deutschen Bischöfen schon 1998 in einer Kommissionserklärung formuliert und von Papst Franziskus 2015 in seiner Enzyklika „Laudato si“ sowie dieses Jahr erneut in seinem nachsynodalen Schreiben „Querida Amazonia“ nachdrücklich affirmiert wurde, bliebe schlechthin ein Lippenbekenntnis.
Persönlich habe ich mir daher den Dreischritt „Sehen, Urteilen, Handeln“ zu Herzen genommen. Ich versuche, so gut wie möglich, mein eigenes Verhalten anzupassen, aber auch an ein entsprechendes politisches Handeln zu appellieren. Ich habe meine Ernährung zum Großteil auf pflanzliche Kost umgestellt, kaufe secondhand, fahre nicht mehr Auto und vieles andere mehr. Letztlich bin ich aber überzeugt, dass zwar jede und jeder Einzelne viel bewirken kann, wenn alle an einem Strang ziehen. Für eine ausreichend tiefgründige und weitreichende Transformation ist allerdings ebenso eine entsprechende politische Lenkung vonnöten. Daher habe ich mich im Januar 2019 der damaligen Schülerinnen und Schüler-Bewegung Fridays for Future angeschlossen.
Vom Desiderat der Nachhaltigkeit angetrieben. Oder: #FightEveryCrisis
Nachhaltigkeit hat viele Facetten. In der Bildung für nachhaltige Entwicklung werden gerne didaktisch reduzierte Modelle wie das Nachhaltigkeitsdreieck oder-viereck verwendet. Aus christlicher Sicht
dürfen wir bei aller Dringlichkeit ökologischer Veränderungen zumindest eine weitere Nachhaltigkeitsdimension nicht vergessen: die soziale Nachhaltigkeit. Das Wohl des Menschen – oder besser das Wohl der Menschheit – muss im Mittelpunkt stehen! Dieser Universalismus schließt auch Menschen in anderen Regionen der Welt ein und Menschen, die noch zu schwach sind, ihre Bedürfnisse kundzutun, ja sogar jene, die bisher noch ein Gedanke Gottes sind. Ich sehe es in meiner privilegierten Situation im Hier und Jetzt als Verpflichtung, den Jüngsten unserer Gesellschaft und den uns nachfolgenden Generationen eine Stimme zu verleihen – und wenn es sein muss, tue ich das lautstark in der Masse und mit einem Demoschild in der Hand. Die Corona-Krise zeigt uns, wie schnell die Politik zu reagieren vermag, wenn eine offensichtliche, akute Bedrohung unserer eigenen Gesundheit oder besonders des Lebens eines Teils der Bevölkerung vorliegt. Wenn aber nicht wir selbst – genau genommen nur noch nicht augenscheinlich – gesundheitlich gefährdet sind, wird einer allgemein bekannten Krise nicht die nötige Priorität eingeräumt. Es dauert Jahre bis Maßnahmen überhaupt eingeleitet werden und letztendlich werden diese dann nicht einmal konsequent umgesetzt.
Papst Franziskus kritisierte vor nunmehr fünf Jahren in seiner sogenannten „Umwelt-Enzyklika“ die vertane Chance einer nachhaltig orientierten Neujustierung infolge der Weltwirtschaftskrise. Ob der Ernst der Lage bei den bevorstehenden Wirtschaftshilfen abermals verkannt wird, bleibt abzuwarten. Die Klima-Krise wird – aufgrund der Lobbyarbeit umweltschädigender Branchen – politisch immer
wieder hinten angestellt. Das, obwohl weltweit tausende Klimaforscherinnen und Klimaforscher und andere Expertinnen und Experten seit Jahrzehnten gewissenhafte Untersuchungen mit ziemlich einheitlichen Vorhersagen veröffentlichen. Diese Ignoranz und Trägheit sind fatal, denn je später wir handeln, desto rigoroser muss die Notbremse gezogen werden. Einleuchtend wird auch dies durch die Erfahrungen anhand der Entwicklung der COVID-19-Pandemie. Ein „Flattening the curve“ gilt für Treibhausgasemissionen und dergleichen analog. Die Folgen ausbleibender oder zu spät ergriffener Maßnahmen hingegen werden nicht nur monatelang, sondern über Jahre und Jahrzehnte hinweg, teilweise sogar auf ewig spürbar bleiben.
Von einer christlichen Grundhaltung getragen. Oder: #LeaveNoOneBehind
Wir sollten dankbar sein für die Schönheit der Schöpfung und sie als Geschenk Gottes in Ehren halten. Ich setzte mich daher entschieden für die Bewahrung der Umwelt ein, denn ohne einen schnellstmöglichen Wandel unserer Denk-, Produktions- und Konsummuster wird vieles auf diesem Erdenrund, das uns der Schöpfer anvertraut hat, schon in wenigen Jahren nicht mehr existieren.
Schöpfungsverantwortung ist das Gebot der Stunde! Auch wenn wir Frieden und Gerechtigkeit im Diesseits ernsthaft anstreben wollen, müssen wir aus einem christlichen Standpunkt heraus Verant-wortung übernehmen, das heißt umdenken und im Dienst am Nächsten Nachhaltigkeit in die Tat umsetzen. Die oder der Nächste, das sind unsere Kinder und Kindeskinder, aber gleichermaßen auch die vielen Menschen und anderen Mitgeschöpfe, die weltweit schon heute durch die Folgen der Umweltzerstörung in existentielle Nöte geraten sind und oft durch globale Ausbeutungsketten nicht in der Lage sind, Resilienz aufzubauen. In diesem Sinne gehört es für mich unabdingbar zu den Zeichen der Zeit, eine Metanoia in puncto Nachhaltigkeit einzuschlagen – eine Umkehr zu einem Lebens- und Wirtschaftsstil, der mit Mensch und Umwelt dauerhaft verträglich ist. Für diese Umkehr trete ich ein und dafür gehe ich auf die Straße!
M2: Bild von Marie-Christin Beckers
M3: Didaktische Impulse
1. Lies den Beitrag zuerst genau durch. Sammle anschließend Gründe, weshalb sich Frau Beckers für die Bewahrung der Schöpfung engagiert. Ergänze zuletzt, im Austausch mit einem*r Partner*in, deine Notizen.
2. Für Marie-Christin Beckers gehört es "unabdingbar zu den Zeichen der Zeit, eine Metanoia in puncto Nachhaltigkeit einzuschlagen". Erläutere, was sie mit dieser Aussage meint und welche Umsetzungsformen möglich wären.
3. In welcher Form engagierst du dich für die Bereiche Nachhaltigkeit und Schöpfung? Überlege gemeinsam mit einem*r Partner*in, welche Verhaltensweisen ihr in eurem Alltag umsetzen könnt, die sich zugunsten des Klimaschutzes auswirken.
4. Inwiefern kann eure Schule einen Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit/Schöpfung/Klimaschutz beitragen? Lest als Inspiration den Beitrag "Bohne - natürlich unverpackt" in der Local heroes Datenbank durch. Welche weiteren Projekte und Umsetzungsmöglichkeiten fallen euch ein?