Aulinger, Alexander
Thema: Lebensretter, Lebensschutz, Notfallseelsorge
M1: PNP, 02.12.2017, Nr. 277, S. 43
Er ist zur Stelle, wenn die Helfer Hilfe brauchen
Pfarrer Alexander Aulinger hat als Seelsorger der Feuerwehr schon einiges miterlebt und steht seinen Kameraden im Auftrag des Landkreises bei
von Franz Bauer
Thyrnau. "Auch Helfern muss manchmal geholfen werden. Denn nur wenn sie seelisch gesund sind, kann die Gesellschaft wirklich von ihnen profitieren." Diesem Credo folgt Alexander Aulinger als Seelsorger der Feuerwehren im Landkreis Passau schon seit vielen Jahren. Jetzt hat Landrat Franz Meyer den jungen Pfarrer offiziell zum allerersten "Kreisbrandmeister für Seelsorge" ernannt (siehe Bericht unten). Meyer und Kreisbrandrat Josef Ascher war diese Berufung ein besonderes Anliegen, zumal der gebürtige Regener wie kein anderer Feuerwehrdienst und geistliche Arbeit vereint.
Zwölfköpfiges Team unterstützt ihn
Seit acht Jahren ist der 39-jährige Aulinger geweihter Priester, seit 2014 steht er dem Pfarrverband Straßkirchen vor, wo er durch seinen leidenschaftlichen Einsatz für Land und Leute bereits unentbehrlich geworden ist. Der Feuerwehr aber, seinem zweiten großen Steckenpferd, ist er schon viel früher, mit 15 Jahren, beigetreten: "Ich war schon immer feuerwehrverrückt. Es ist einfach eine große Familie, in der jeder jedem hilft", fasst Alexander Aulinger seine Erfahrungen zusammen. "Und weil in der Feuerwehr sowieso Bedarf an Seelsorge besteht, haben sich meine beiden Passionen gut zusammengefügt."
Bevor er in seine neue Stelle als Kreisbrandmeister berufen wurde, hatte ihn die Regierung von Niederbayern 2015 zum Bezirksfeuerwehrpfarrer berufen. Und auch in Eichendorf, wo er seine Priesterweihe empfangen hatte, wirkte er als Seelsorger der örtlichen Feuerwehr - "ich bin da wohl wirklich stark verwurzelt", sagt Aulinger und lächelt.
In seiner neuen Position ist er jedoch nicht auf sich allein gestellt, sondern wird von einem zwölfköpfigen Team unterstützt, mit dem er die Feuerwehren im gesamten Landkreis Passau betreut. Die Hilfe erfolgt auf Abruf: Ein Anruf genügt und die Seelsorger erscheinen direkt beim Einsatz oder versuchen, in der Nachbesprechung offene Probleme und Ängste zu lösen. "Es geht um Situationen, die nicht ohne Weiteres zu bewältigen sind", beschreibt Aulinger sein Wirkungsfeld. "Oft genügt es einfach nicht, nach einem Einsatz eine interne Besprechung abzuhalten und dann einfach so weiterzumachen als wäre nichts gewesen." Tatsächlich laufe man als Feuerwehrmann oder -frau relativ leicht Gefahr, an die eigenen Grenzen zu geraten. "Das müssen oft gar nicht die offensichtlich harten Fälle sein", gibt der Pfarrer zu bedenken. "Häufig sind das Kleinigkeiten, die einen langen Schatten hinter sich herziehen. Man weiß beim Einsatz einfach nie, was einen erwartet."
Sein Angebot an die Mitglieder der Feuerwehren ist es, ein Vertrauensmann zu sein, mit dem man über alles reden kann. Bisher, das heißt seit Frühjahr diesen Jahres, wurde seine Mannschaft fünfmal zu größeren Einsätzen gerufen. Zumeist Verkehrsunfälle, bei denen es Schwerverletzte oder Tote zu beklagen gab. "Das steckt man nicht so einfach weg. Am schlimmsten ist es natürlich immer dann, wenn Kinder involviert sind. Oder wenn es um Angehörige oder Freunde geht, die in irgendeiner Weise am Unfall teilhatten", erklärt der Seelsorger. Theoretisch können auch die Einsatzkräfte selbst in Lebensgefahr geraten - etwa bei einem Großbrand. Aber das sei zum Glück bisher nicht der Fall gewesen, sagt Aulinger. "Aber alles ist denkbar. Katastrophen sind niemals auszuschließen", warnt er mit einigem Nachdruck, wobei er sich auch auf das Zugunglück in Bad Aibling oder das Simbacher Hochwasser bezieht. "Da sieht man als Helfer Dinge, die schwer zu verkraften sind." Er selbst will die Helfer auf seine Weise unterstützen. "Dabei ist es häufig gar nicht nötig, viel zu reden und auf die Betroffenen einzuwirken. Es ist vielmehr gefragt, einfach da zu sein und zuzuhören. So wird zum einen gewährleistet, dass sie ihren Gefühlen Luft lassen. Andererseits sehen so auch die anderen, dass die Seelsorge erfolgsversprechend ist und lassen sich selbst darauf ein."
"Auch der Mensch muss einsatzfähig sein"
Freilich gebe es auch Feuerwehrleute, die jegliche Hilfeleistung ablehnen. "Derartige Ressentiments werden aber immer mehr abgebaut", kann Aulinger beobachten. "Die Akzeptanz ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Heute lässt es die Gesellschaft eher zu, dass ein Betroffener seine Probleme äußert als früher." Aulinger selbst hat ebenfalls einen geistlichen Begleiter, der ihm die Belastung, die sich durch die Seelsorge-Arbeit ergibt, abnimmt. "Es ist ja nichts, wofür man sich schämen muss", versichert Aulinger selbstsicher. Der Erfolg gibt ihm recht: "Unsere Feuerwehren sind in einwandfreier Verfassung."
Zudem machen sie einen so guten Eindruck, dass die Idee eines Kreisbrandmeisters für Seelsorge für ganz Niederbayern zum Vorbild werden soll. "Bisher haben das nur wenige Kreise. Aber es ist angedacht, dass das Amt flächendeckend eingeführt wird", sagt Aulinger. "Schließlich muss nicht nur die Technik, sondern auch der Mensch einsatzfähig sein."
M2: Foto von Alexander Aulinger
M3: Didaktische Impulse
1. Schreibt einen Brief an Alexander Aulinger, in dem ihr ihm eure Meinung zu seinem Engagement schildert! Geht dabei darauf ein, was ihr an seiner Arbeit "schön" und was "schwierig" findet und ob ihr euch diese seelsorgerliche Tätigkeit für euch selbst auch vorstellen könntet. Bringt dabei Argumente an, die eure Position stützen.
2. "Oft genügt es einfach nicht, nach einem Einsatz eine interne Besprechung abzuhalten und dann einfach so weiterzumachen als wäre nichts gewesen". Setzt euch in 4er-Gruppen zusammen und überlegt euch gemeinsam, wie Seelsorger das Leid der Menschen, die sie betreuen, verarbeiten können! Schreibt eure Ideen auf einem kleinen Plakat auf und stellt sie euch danach gegenseitig in der ganzen Klasse vor.
3. "Auch der Mensch muss einsatzfähig sein": Überlege dir, wer oder was in deinem Leben dir Kraft spendet, insbesondere für schwierige Situationen. Verschaffst du dir in deinem momentanen Alltag genügend Zeit dafür? Falls nicht, kläre die Gründe dafür und denke darüber nach, was du vielleicht besser machen könntest.