Ament, Julie
Thema: Drittes Reich
M1: PNP, 09.11.2011, Nr. 258, S.21
Vergangen, aber nicht vergessen
Gruppe "Vergangen.Heut" initiiert Schüler-Projekt − Regionale Aufarbeitung der NS-Zeit
Von Elke Zanner
Jedes Jahr am 9. November erinnert auch Passau an die Opfer der Nationalsozialisten im Dritten Reich mit einer Gedenkfeier am Mahnmal am Inn. So wird es auch heute sein. An dem Tag, an dem sich die Reichspogromnacht von 1938 jährt, bringt sich dabei erstmals eine Gruppe ein, die sich "Vergangen.Heut" nennt. Sie beschäftigt sich mit dem Nationalsozialismus in der Region.
Jura-Student Fritz Marquardt (21) hat nach dem Abitur in Israel Friedensdienst gemacht. Dort lernte er Simon Gansinger, einen Studenten aus Linz, kennen. Beide stellten fest, dass sie nicht nur in benachbarten Regionen studierten, sondern sie auch ein gemeinsames historisches Interesse verband: die NS-Zeit. Im Mai gründeten sie die Gruppe "Vergangen.Heut" mit Gleichgesinnten, die sich alle dafür engagieren, dass das Thema nicht in Vergessenheit gerät. 12 Mitglieder hat die Gruppe mittlerweile, acht aus Oberösterreich, vier aus Passau. Dazu gehört zum Beispiel auch Julie Ament (21), die in Passau Staatswissenschaften studiert. Das Thema Nationalsozialismus interessiert sie seit ihrer frühen Jugend. "Wenn man mitbekommen hat, was das war, ist es keine Frage, dass man dranbleiben muss", sagt sie.
Recherchen haben die Studenten ins Stadtarchiv geführt. "Wir wollen uns ja selbst fortbilden, denn wir wissen wenig über den Nationalsozialismus in Niederbayern und Passau", sagt Fritz Marquardt. Die Gruppe möchte herausfinden, welche Unterschiede es hinsichtlich der Aufarbeitung des Themas in den beiden Regionen gibt. Eine weitere wichtige Aufgabe sieht "Vergangen.Heut" aber auch in der Sensibilisierung von Schülern. Darauf zielt das Projekt, das die Studenten heute mit Unterstützung von Stadtarchivar Richard Schaffner initiieren.
Dazu werden die Schülerinnen der 10. Klasse des Gisela-Gymnasiums am Vormittag in die Kommunale Medienzentrale eingeladen. Dort halten Richard Schaffner und Zeitzeugin Irene von Kutzschenbach Vorträge. Hinterher machen sich die Schülerinnen mit Mitgliedern von "Vergangen.Heut" auf in die Innenstadt. Hier werden sie an Orte geführt, die im der NS-Zeit in Passau eine besondere Rolle spielten, wie etwa das Haus in der Brunngasse, in der einst Adolf Hitler wohnte, oder Gebäude, in denen jüdische Geschäfte waren. Das soll das Interesse der Schülerinnen wecken. "Es berührt die Menschen viel mehr, was vor ihrer eigenen Haustür passiert ist", sagt Julie Ament. Im Rahmen ihrer Tour durch die Stadt werden die Schülerinnen Einheimische wie Touristen befragen, welche Rolle das Thema Nationalsozialismus in ihrem Leben spielt und ob sie sich heute noch damit auseinandersetzen. Die Ergebnisse der Umfrage wird "Vergangen.Heut" auswerten.
Die Gedenkfeier der Stadt am Mahnmal am Inn findet heute um 13 Uhr statt. OB Dupper wird zusammen mit Vertretern der Stadt und der Kirchen einen Kranz niederlegen. Mitwirken werden auch das ASG und die Staatliche Wirtschaftsschule, die als "Schulen ohne Rassismus" zertifiziert sind. Die Gruppe "Vergangen.Heut" wird bei der Feier eine kurze Rede halten.
M2: Bild von Julie Ament und Fritz Marquardt
M3: Didaktische Impulse
1. Erstellt ein Mind-Map zum Thema Nationalsozialismus. Dabei geht es darum, wesentliche Aspekte aus dieser Zeit wieder ins Gedächtnis zu rufen.
2. Versetzt euch in die Lage der Betroffenen. Welche Emotionen könnten diese empfunden haben? Welche Psalmen können mit diesen Gefühlen in Verbindung gebracht werden?
2. Diskutiert in der Klasse, wie man heute zur Aufarbeitung der Geschehnisse beitragen kann. Bezieht euch dabei vor allem auf den oben angegebenen Zeitungsartikel.
3. Setzt euch mit den Personen Julie Ament und Fritz Marquardt auseinander. Welche Eigenschaften zeichnen Personen aus, die sich gegen den Nationalsozialismus engagieren? Verfasst in diesem Zusammenhang einen Brief, der eure Meinung zum Ausdruck bringt.