Nutzerforschung
Die Universität Passau erforscht im Förderprojekt "Bidirektionales Lademanagement - BDL" die Kundenperspektive auf die zu entwickelnden Systeme und Funktionen. Das Teilprojektteam untersucht Wahrnehmungen, Präferenzen und Verhalten potentieller Nutzer und Nutzerinnen und adressiert damit eine wesentliche Forschungslücke im wissenschaftlichen Diskurs um intelligente Ladetechnologien. Während vereinzelte Studien zum bidirektionalen Lademanagement vorwiegend technische Aspekte beleuchteten, liegen bisher kaum Erkenntnisse zu Nutzereinstellungen und -verhalten vor (vgl. Sovacool et al., 2018). Zugleich weisen Studien auf dem Gebiet intelligenten unidirektionalen Ladens auf den hohen Stellenwert der Nutzerakzeptanz hinsichtlich einer erfolgreichen praktischen Implementierung entsprechender Lösungen hin (vgl. Schmalfuß et al., 2017; Will & Schuler, 2016). Sowohl aus wissenschaftlicher als auch praktischer Perspektive erscheint begleitende Nutzerforschung im Konsortialprojekt daher unerlässlich.
Innerhalb der Projektlaufzeit kommt ein Spektrum an quantitativen und qualitativen Methoden der Nutzerforschung zum Einsatz. Im Zuge einer Anforderungsanalyse werden mittels Desk Research und Experteninterviews zunächst konkrete Zielsetzungen und Anforderungen an die Nutzerstudien formuliert. Parallel zu Hard- und Softwareentwicklungen werden in den ersten beiden Projektjahren mittels quantitativer Nutzerpräferenzanalysen sowie experimenteller Usability-Tests Empfehlungen zur Anreiz- und Angebotsgestaltung abgeleitet, welche direkt in die Planung und Konzeption der Gesamtsystemarchitektur einfließen. Im dritten Projektjahr evaluieren Testkunden und -kundinnen das System im Pilotbetrieb zu mehreren Zeitpunkten hinsichtlich seiner Handhabbarkeit und Anreizkompatibilität. Basierend auf diesen Untersuchungen lassen sich auch erste Aussagen zum Nutzungsverhalten potentieller Kunden und Kundinnen treffen. Über alle Studien hinweg werden unterschiedliche Nutzergruppen im privaten und Unternehmenssektor sowie verschiedene Anwendungsfälle (= Use Cases) der bidirektionalen Ladetechnologie berücksichtigt.
Aus den Forschungsergebnissen werden Handlungs- und Gestaltungsempfehlungen mit Blick auf das Ziel einer hohen Nutzerakzeptanz abgeleitet. Für die Unternehmenspraxis liefert das Teilprojekt damit einen essentiellen Beitrag zum Markthochlauf angestrebter Energie-Dienstleistungen sowie zur Reduktion kundenseitiger Hemmnisse. Zugleich lassen die geplanten Analysen auch einen bedeutsamen wissenschaftlichen Mehrwert erwarten. So werden die Ergebnisse in Form von Publikationen in Fach- und Transferzeitschriften aufbereitet und auf nationalen und internationalen Konferenzen und Fachtagungen präsentiert. Im Zuge der Ausbildung Studierender fließen die wissenschaftlichen Erkenntnisse zudem als Lehrinhalte in die Hochschulbildung ein. Nicht zuletzt wird die Bevölkerung durch begleitende Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich der Chancen und Potentiale der angestrebten Technologie im Bereich intelligenten Ladens informiert.
Das Team der Universität Passau wird im Teilprojekt "Nutzerforschung" inhaltlich und methodisch insbesondere durch die BMW Group, jedoch auch durch das Karlsruher Technologie Institut, die Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. sowie die Kostal Industrie Elektrik GmbH unterstützt.
Quellen
Schmalfuß, F., Kreußlein, M., Mair, C., Döbelt, S., Heller, C., Wüstemann, R., ... Krems, J.F. (2017). Smart charging in daily routine - expectations, experiences, and preferences of potential users. In J. Liebl (Hrsg.), Grid integration of electric mobility (S. 33-47). Wiesbaden: Springer.
Sovacool, B., Noel, L., Axsen, J., & Kempton, W. (2018). The neglected social dimensions to a vehicle-to-grid (V2G) transition: A critical and systematic review. Environmental Research Letters, 13(1), 2-19.
Will, C. & Schuller, A. (2016). Understanding user acceptance factors of electric vehicle smart charging. Transportation Research Part C: Emerging Technologies, 71, 198-214.